Internationaler Sufi-Orden

Internationaler Sufi-Orden
Das geflügelte Herz des Sufi-Ordens

Der Internationale Sufi-Orden wurde von dem indischen Musiker und Religionsgelehrten Hazrat Inayat Khan mit rechtlichem Statut 1917 in London gegründet. Seit 1926 wird der Orden mit Hauptsitz in Suresnes (Frankreich) von Inayat Khans Sohn Pir Vilayat Inayat Khan geleitet. Von Inayat Khan war der Orden als Teil der Sufi-Bewegung konzipiert, der alle initiierten Mitglieder umfasste. Dieser "innere Zirkel" seiner Gefolgsleute durchliefen hier in mehreren Phasen einen Einweihungsweg.

Der Orden agiert unter dem Dachverband Federation of the Sufi Message.

Inhaltsverzeichnis

Geschichtliche Entwicklung

Der Tod Inayat Khans 1927 führte zu einem Streit über seine Nachfolge und schließlich zu einem Schisma, welches die unabhängige Entwicklung der International Sufi Movement und des Sufi Order International einleitete. Wo es anfänglich Inayat Khan als große Integrationsfigur vermochte, die unterschiedlichen Teile des enorm expandierenden Ordens zusammenzuhalten, so schaffte es in den 1930er Jahren niemand mehr die inneren Machtkämpfe beizulegen und die Einheit der Bewegung zu verteitdigen. Der älteste Sohn Inayat Khans, den sein Vater noch zu Lebzeiten als seinen Nachfolger bestimmt hatte, Pir Vilayat Khan übernahm aber erst 1957 die Leitung des Ordens der Sufi-Bewegung. Er löste den Orden sehr bald von den administrativen Strukturen der Bewegung und führte ihn somit in die Unabhängigkeit. Die Internationale Sufi-Bewegung betrachtete er als Konkurrenzorganisation und seinen Orden als "wahres" Erbe seines Vaters. Bei Betrachtung der inneren Struktur (siehe unten) und der Lehre des Ordens im Vergleich zur Internationalen Sufi-Bewegung lassen sich nur sehr geringe Unterschiede nachweisen. Beide Organisationen haben die gleiche Tradition und annähernd gleiche Lehre und Praxis. Zudem ist in den letzten Jahren eine vermehrte Kommunikation und Kooperation zwischen den Organisationen der gleichen Tradition zu beobachten, welche sich zum Beispiel 1997 in der Gründung eines Dachverbandes "Federation of the Sufi Message" ausdrückt. Die Verantwortlichen des Internationalen Sufi-Ordens haben sich jedoch aus nicht genannten Gründen noch nicht entschlossen, diesem Dachverband beizutreten. Im Jahre 2001 übertrug Pir Vilayat Khan die Leitung des Internationalen Sufiordens an seinen Sohn Zia Inayat Khan. Im Jahre 2004 starb Pir Vilayat Khan im Alter von 88 Jahren im Hause seines Vaters in Suresnes bei Paris. Seitdem hat sein Sohn alle Aktivitäten und Seminare seines Vaters weitergeführt, u. a. das seit 35 Jahren stattfindende Sommerretreat-Camp in den Schweizer Alpen.

Struktur und Aktivitäten des Ordens

Die nachfolgende Darstellung bezieht sich nicht nur auf den Internationalen Sufi-Orden sondern auch auf die Internationale Sufi-Bewegung, da die Struktur in beiden Fällen sehr ähnlich ist.

Esoterische Schule

Das Herzstück der Bewegung bildet die esoterische Schule bzw. der Orden in dem sich die Schüler ihrem spirituellen Training widmen. Dabei durchläuft der Schüler einen Einweihungsweg, der jeweils mit einer Initiation in eine höhere Klasse verbunden ist. Auch diejenigen, welche sich nicht durch eine Initiation binden möchten, sind eingeladen, an Unterricht oder Vorlesungen teilzunehmen. Ob dies auch für höhere Klassen gilt bleibt fraglich. Die Ziele sind Training und Führung der Schüler auf ihrem "spirituellen" Weg. Es wird stets die Freiwilligkeit aller Beteiligten betont. Keine Übung ist verpflichtend. Keiner ist gezwungen sich initiieren zu lassen. Derjenige Schüler, der dies jedoch wünscht, sollte sich einem spirituellen Führer (guide) anvertrauen. Bei der Initiation spielt die Religionszugehörigkeit der Schüler keine Rolle.

Universeller Gottesdienst

Der universelle Gottesdienst geht ursprünglich auf die Theosophin und spätere Schülerin der Sufi-Bewegung Sophia Saintsbury-Green zurück. Er ist für Menschen aller Konfessionen und Religionen konzipiert und jeder kann daran teilnehmen. Im Verlauf des Gottesdienstes wird aus den Heiligen Schriften der großen Weltreligionen gelesen. Durch diesen interreligiösen Vergleich soll die wahre, einheitliche Essenz aller Religionen offengelegt werden, um die Einheit in der Verschiedenheit der großen Religionen deutlich zu machen. Der Gottesdienst, welcher von einem “Cherag“ (Priester) gehalten wird, besteht im Wesentlichen aus drei Teilen:

  1. Abbrennen von sechs Kerzen auf dem Altar. Dabei symbolisiert jede Kerze eine Weltreligion. Die siebente Kerze ist in der Mitte platziert und erhebt sich als “Gotteslicht“ über alle anderen. Auf dem Altar befinden sich außerdem die jeweiligen heiligen Schriften der Weltreligionen.
  2. Lesung aus den heiligen Schriften zur Erkenntnis der “Einheit in der Vielheit“.
  3. Einstellung auf den “Geist” jeder Religion durch Tanzen, Singen, Beten und Meditieren.

Bruder- bzw. Schwesternschaft

Die Bruder- und Schwesternschaft umfasst im Wesentlichen den Kreis der initiierten Muriden. Er bildet quasi den Lebenskern des Sufi-Netzwerkes von dem zahlreiche Aktivitäten ausgehen. Das Ziel der Schüler ist es Liebe, Harmonie und Schönheit auch über die Ordensgrenzen hinaus zu tragen. Aufgrund dieser Motivation haben sich zahlreiche Projekte gebildet, zum Beispiel Armenküchen, Zentren für Lebensberatung und Gesundheit, Kunst-Netzwerke, Entwicklungshilfeprojekte.

Heilorden

Der Heilorden beschäftigt sich mit allen Aspekten des spirituellen Heilens. Das Ziel solcher Orden ist es, Kranke, die darum gebeten haben, mit Hilfe göttlicher Kraft zu unterstützen und ihre Selbstheilungskräfte anzuregen. Dies soll begleitend zu einer Behandlung durch die evidenzbasierte Medizin geschehen.

Ziraat

Dieser Bereich scheint insgesamt für Außenstehende kaum einsichtig zu sein. Auf den Internetseiten der Bewegung wird hierzu wenig konkret von “Planetary consciousness“ gesprochen, das heißt die Erkenntnis der Göttlichkeit der Natur und der Willen zu ihrer Erhaltung. Diese Einsicht zur Gründung des “Ziraat” soll Inayat Khan 1927 gehabt haben. Seitdem wurden regelmäßig zeremonielle Veranstaltungen abgehalten, um die Schönheit und Göttlichkeit der Natur zu erfahren. Später gründeten sich vor allem in den USA zahlreiche Gruppen, die auch aktiven Umweltschutz praktizierten.

Ein damit verbundenes Schlagwort ist "Erdheilung". In Ritualen, die der Zoroastrischen Religion und den indigenen Religionen entnommen wurden, wird, ähnlich wie im Heilorden dem einzelnen Menschen, dem Planet Erde heilende, göttliche Kraft vermittelt.

Weblinks


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