Isabelle von Hennegau

Isabelle von Hennegau
Isabella von Hennegau

Isabella von Hennegau (oder Isabelle de Hainaut) (* wohl am 23. April 1170 in Lille; † 15. März 1190 in Paris) war eine Königin von Frankreich (seit 1180).

Leben

Isabella war die Tochter des Grafen Balduin V. von Hennegau und der Margarete I. von Flandern, der Schwester des Grafen Philipp I. von Flandern.

König Ludwig VII. von Frankreich lag Ende 1179 schon im Sterben und bestimmte seinen erst fünfzehnjährigen Sohn Philipp zum Nachfolger, der bald als Philipp II. August den französischen Thron besteigen sollte. Dieser wollte noch als Dauphin den dominanten Einfluss seiner Mutter Adela von Champagne und von deren vier Brüdern am Hof abschütteln und suchte beim Grafen von Flandern Unterstützung, der ihm seine Nichte Isabella zur Heirat vermittelte. Der Thronfolger verheimlichte zunächst seine Heiratsabsichten vor seiner Mutter und reiste nach Flandern. Seine von den Bischöfen Roger von Laon und Heinrich von Senlis geleitete Hochzeit mit der erst zehnjährigen Isabella fand am 28. April 1180 in der Abtei Sainte Trinité bei Bapaume statt. Die Braut brachte das Artois und andere Gebiete im südlichen Flandern als beträchtliche Mitgift in die Ehe ein, doch durfte ihr Onkel in diesen Ländereien weiterhin auf Lebenszeit regieren. Zurück in Paris ließ Philipp (II.) seine neugeschlossene Ehe verlautbaren. Adela widersetzte sich mit ihrer Champagne-Partei und rief sogar den englischen König Heinrich II., allerdings vergeblich, um Unterstützung an, musste aber schließlich die Entscheidung ihres Sohnes akzeptieren. Balduin V. betonte, um die Standesmäßigkeit seiner Tochter Isabella zu unterstreichen, dass er ein Nachfahre Karl des Großen war; somit sahen die Geschichtsschreiber seiner Zeit in dieser Heirat eine Vereinigung der Karolinger und der Kapetinger. Für Frankreich war außerdem wichtig, dass der flandrische Graf kinderlos und damit ohne Erben war.

Zu Christi Himmelfahrt (29. Mai) 1180 krönte der Erzbischof von Sens Isabella in der Basilika Saint-Denis. Sie wurde, als Ludwig VII. am 19. September 1180 starb, Königin von Frankreich. Ihr Haar war blond und sie hatte feine Gesichtszüge. Angeblich bewunderte sie ihren Gatten, konnte jedoch nicht seine Zuneigung gewinnen. Sein Ehrgeiz galt vor allem der Politik. Troubadoure aus der Champagne und Provence, z. B. Helimont, sangen der jungen Königin zu Ehren Lieder und veranstalteten für sie „Liebeshöfe“. In Paris stattete sie oft den Kirchen Besuche ab und spendete viel für die Armen.

Da Philipp August immer selbstbewusster eigenständig regieren wollte, verbündeten sich gegen ihn noch 1180 die Champagne-Partei und der flandrische Graf; es kam zu kriegerischen Handlungen. Doch konnte der französische König nach und nach die gegnerische Koalition sprengen. 1183 war im wesentlichen nur noch Philipp von Flandern als Feind übriggeblieben, allerdings weiterhin von Balduin V. von Hennegau unterstützt. Seinem Schwiegervater drohte nun Philipp August an, seine Gattin zu verstoßen. Isabella musste den Königspalast verlassen und einige Zeit in Senlis zubringen. Eine dort einberufene Synode sollte die Ehe annullieren (März 1184). Als Vorwand diente, dass der König die Ehe mit Isabella noch nicht vollzogen habe. Die Königin besuchte häufig die Kirchen von Senlis und zog als Büßerin, Gottes Gnade anrufend, durch die Straßen. Dadurch konnte sie ihre Beliebtheit bei den Untertanen so steigern, dass ihr Gatte, auch auf Druck seines Onkels väterlicherseits, Robert von Dreux, von einer Scheidung abkam. Isabella bearbeitete ihren Vater, den sie in Pontoise traf, im Sinne ihres Gatten. Bald darauf besuchte Balduin auch seinen Schwiegersohn im Schloss Berthily. Der flandrische Graf, der mehrmals militärisch geschlagen worden war, akzeptierte im Vertrag von Boves (Juli 1185), dass der französische König weiterhin die Anwartschaft auf das Artois behielt und Amiens sowie Gebiete im Vermandois in Besitz nahm.

Das erste Kind Isabellas wurde am 5. September 1187 geboren und später als Ludwig VIII. König von Frankreich. Die erst 20‐jährige Isabella starb am 15. März 1190 einen Tag nach der Geburt von Zwillingssöhnen (die ebenfalls nur vier Tage überlebten). Sie wurde, mit einem goldbestickten Messgewand bekleidet, in einer von Maurice de Sully, der den abwesenden französischen König vertrat, geleiteten Zeremonie mit viel Pomp in Notre-Dame de Paris begraben.

Literatur

  • A. d’Esneval: Isabelle de Hainaut. In: Dictionnaire de Biographie française. Band 18 (1994), Sp. 197f.
  • E. Lalou: Elisabeth 8). In: Lexikon des Mittelalters. Band 3, Sp. 1834f.
  • Gerd Treffer: Isabella von Hennegau. In: Die Französischen Königinnen. Regensburg 1996, S. 109-112.

Weblinks



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