Iwans Kindheit

Iwans Kindheit
Filmdaten
Deutscher Titel Iwans Kindheit[1]
Originaltitel Иваново детство
Produktionsland UdSSR
Originalsprache Russisch
Erscheinungsjahr 1962
Länge 95 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Andrei Tarkowski
Drehbuch Michail Papawa
Produktion G. Kusnezow
Musik Wjatscheslaw Owtschinnikow
Kamera Wadim Jussow
Schnitt Ljudmila Feiginowa
Besetzung
  • Kolja Burljajew: Iwan
  • Walentin Subkow: Capt. Cholin
  • Jewgeni Scharikow: Lt. Galzew
  • Stepan Krylow: Cpl. Katasonow
  • Nikolai Grinko: Lt. Col. Grjasnow
  • Walentina Maljawina: Mascha
  • Andrej Kontschalowski: Soldat

Iwans Kindheit (russisch Иваново детство, Iwanowo detstwo) ist der erste abendfüllende Spielfilm von Andrei Tarkowski mit Kolja Burljajew in der Rolle des Iwan.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Den Hintergrund von Iwans Kindheit bildet die Ostfront des Zweiten Weltkriegs, der Kampf der Roten Armee gegen die Invasion der Wehrmacht. Im Zentrum der Handlung steht das 12-jährige Kind Iwan. Mit einer Reihe von Traumsequenzen und über mehrere Gespräche hinweg stellt sich heraus, dass Iwans Eltern und seine Schwester von deutschen Soldaten getötet wurden. Er jedoch entkam und schloss sich einer Gruppe von Partisanen an. Die Gruppe wird später von deutschen Truppen in einem Wald eingekesselt. Um ihn in Sicherheit zu bringen, steckten die Partisanen ihn in ein Flugzeug. Nach der Flucht wurde Iwan in einem Internat aufgenommen, aus dem er ausbüchste und sich einer militärischen Einheit unter dem Kommando von Grjasnow anschloss.

Iwan ist in dieser Truppe versessen darauf, im Krieg zu kämpfen, und prädestiniert für Erkundung und Spionage. Grjasnow und Kameraden sehen ihn schon auf der Militärschule, auch, um ihn zu schützen. Iwan weigert sich beharrlich, von der Front wegzugehen, und flüchtet wieder zu den Partisanen, um zu kämpfen. So geben sie ihren Plan auf. Ebenso wird deutlich, dass Iwans Motivation darin begründet liegt, den Tod seiner Familie zu rächen.

Der Film stellt auch das Leben der Soldaten dar, denen Iwan begegnet. Ein Handlungsstrang zeigt den Kontakt zwischen Cholin und der Armee-Krankenschwester Mascha, und seine nicht von Erfolg gekrönten Annäherungsversuche. Der überwiegende Teil des Films spielt in einem Bunker, mit Offizieren, die angsterfüllt auf ihre Befehle warten, Operationen planen oder belanglos plaudern, wobei Iwan ungeduldig und angespannt seiner nächsten Aufklärungsmission harrt.

Gegen Ende begeben sich die Soldaten und Iwan auf eine heikle Erkundung, die in einem kleine Boot den Frontverlauf an einem Gewässer überqueren soll. Iwan, geht voraus und verschwindet im Gebiet der Deutschen, während die Soldaten im Kugelhagel neben dem Boot schwimmend zurückkehren. Der Film wechselt nach Berlin unter sowjetischer Besetzung nach dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft. Ein Offizier, mit dem Iwan zusammen war, erkundet ein Gefängnis für politische Gefangene, und findet Dokumente über den Verbleib Iwans, über seine Verhaftung und Exekution. Als der Soldat die Zelle betritt, in der er hingerichtet wurde, führt eine letzte Rückblende an einen Strand: Bei strahlendem Sonnenschein rennt Iwan dort neben seiner Schwester her. Die Kamera zoomt schließlich an den Stamm toten Baumes.

Stil und Interpretation

Tarkowski lässt die Handlung des Film wird häufig von Traumszenen unterbrechen, erzählt auf nicht-lineare Weise, wobei er wichtige Informationen erst nach und nach offenbart. [2] Dies und die Tatsache, dass Stimmungen und formale Elemente eine stärkere Rolle spielen als die Entwicklung der Handlung, wird oft als ein poetisches Element in Tarkowskis Werk bezeichnet, auch wenn dies in Iwans Kindheit nur ansatzweise entwickelt wird. So sind diese Tendenz im späteren Werk Tarkowskis noch stärker präsent.[3] Tarkowski schrieb später, dass es jedesmal Schwierigkeiten mit den Behörden gab, wenn er versuchte, die kausale Handlung durch poetischen Ausdruck zu ersetzen.[4] Der Film führte zu einer Kontroverse, in der Jean-Paul Sartre den Film gegen eine Kritik im italienischen kommunistischen Parteiorgan L'Unità verteidigte, in dem Tarkowski eine kleinbürgerliche symbolistische Ästhetik vorgeworfen worden war.[5]

Hintergrund

Der Film basiert auf der 1957 veröffentlichten Erzählung Iwan von Wladimir Bogomolow. Das von Michail Papawa verfasste Drehbuch sollte zunächst von Eduard Abalow (Abaljan) verfilmt werden; im Dezember 1960 wurden aber Abalows Dreharbeiten aufgrund der unbefriedigenden künstlerischen Qualität der Aufnahmen abgebrochen. Im Juni 1961 wurden die Dreharbeiten, nunmehr unter Tarkowskis Regie, wieder aufgenommen.

Rezeption

Ingmar Bergman schrieb über den Film: "Meine Entdeckung von Tarkowskijs erstem Film war wie ein Wunder. Plötzlich fand ich mich vor der Tür zu einem Raum stehen, dessen Schlüssel mir bis dahin nie gegeben worden waren. Es war der Raum, den ich immer betreten wollte und wo er sich frei und voller Leichtigkeit bewegte."[6]

Klaus Kreimeier führte in Andrej Tarkowskij[7] aus, der Film führe vor, „wie namenloses Leid in einem Menschen versteinern kann und von nun an sein Denken, sein Handeln, seine ganze Existenz bestimmt. […] Gewiß endet IWANS KINDHEIT tragisch, mit dem physischen Tod des Helden – lebendig aber bleiben die Potenzen, die in Iwan angelegt sind und anderen Menschen helfen können, zu sich selbst zu finden […] Zärtlichkeit trotz aller Verzweiflung und aller Schrecken: vielleicht besteht darin der Sinn des Opfers, dessen Geschichte dieser Film erzählt.“

Auszeichnungen

Filmfestspiele von Venedig 1962

San Francisco International Film Festival 1962

  • Golden Gate Award für die beste Regie für Andrei Tarkowski

Einzelnachweise

  1. Dieser Artikel basierte in der Erstfassung am 4. November 2008 in Teilen auf einer Übersetzung des Artikels aus der englischsprachigen Wikipedia in der Fassung vom 4. November 2008. Eine Liste der Autoren ist hier verfügbar.
  2. Vida T. Johnson, Graham Petrie: The films of Andrei Tarkovsky: a visual fugue. Indiana University Press, 1994, ISBN 0253208874, S. 77.
  3. Vida T. Johnson, Graham Petrie: The films of Andrei Tarkovsky: a visual fugue. Indiana University Press, 1994, ISBN 0253208874, S. 77.
  4. Natalia L. Rudychev: Tarkovsky' Thinking (Ivan's Childhood). In: Conference Proceedings of Hawaii International Conference on Arts and Humanities. Auf: http://www.hichumanities.org/AH2005.pdf (5242 - 5257).
  5. Jean Paul Sartre: Discussion on the criticism of Ivan's Childhood. Auf: Nostalghia.com.
  6. Ingmar Bergman - On Tarkovsky. www.nostalghia.com. Abgerufen am 13. Dezember 2007.
  7. Klaus Kreimeier: Iwans Kindheit. In: Filmzentrale. 1987, abgerufen am 4. November 2008. ; Klaus Kreimeier: Andrej Tarkowskij. Reihe Film, Band 39. Carl Hanser Verlag, 1987.

Weblinks


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