Amerikanische Unabhängigkeitserklärung

Amerikanische Unabhängigkeitserklärung
Die Urkunde der Unabhängigkeitserklärung nach einem Druck aus dem Jahr 1823

In der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika (engl.: Declaration of Independence; offiziell: The Unanimous Declaration of The Thirteen United States of America) vom 4. Juli 1776 proklamierten die dreizehn britischen Kolonien in Nordamerika ihre Loslösung von Großbritannien und ihr Recht, einen eigenen souveränen Staatenbund zu bilden. Der größtenteils von Thomas Jefferson verfasste und vom Zweiten Kontinentalkongress verabschiedete Text stellt die Gründungsurkunde der USA dar und ist eines der bedeutendsten Dokumente der Staatsphilosophie.

Inhaltsverzeichnis

Entstehung

Vorgeschichte

Im Siebenjährigen Krieg hatten die 13 britischen Kolonien in Nordamerika ihre eigenen Interessen und die des Mutterlandes noch gegen die kolonialen Ambitionen Frankreichs verteidigt. Nach 1763 versuchte die britische Regierung, die Kriegskosten zum Teil durch die Erhöhung von Steuern und Abgaben in den Kolonien wieder hereinzuholen (Boston Tea Party). Die daraus entstandenen Spannungen verschärften sich im Laufe der Jahre und resultierten direkt in restriktiven Maßnahmen des britischen Parlamentes, den Intolerable Acts und Coercive Acts (1774).

Im Kern ging es um die Frage, ob die britische Krone das Recht habe, in den Kolonien Steuern zu erheben, ohne dass deren Einwohner im Londoner Unterhaus vertreten waren. Unter dem Schlagwort no taxation without representation („keine Besteuerung ohne parlamentarische Repräsentation“), das sich aus den politischen Theorien John Lockes herleitete, wuchs die Akzeptanz für den Gedanken der Unabhängigkeit. Ein einflussreicher Ausdruck dieser Gedanken war Thomas Paines Schrift Common Sense.

Die Trennung von Großbritannien

Die Unabhängigkeitserklärung wird dem Kontinentalkongress vorgelegt. Gemälde von John Trumbull (um 1816)

Um ihre Interessen gegenüber England gemeinsam geltend machen zu können, kamen Delegierte der Kolonien 1774 im Ersten Kontinentalkongress zusammen. Die Versammlung strebte einerseits eine friedliche Beilegung der Streitigkeiten an und appellierte an das britische Parlament, die Regierung und die Krone, um zu einer Kompromisslösung zu gelangen. Andererseits beschloss der Kongress einen Boykott britischer Waren.

Nach ersten gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Kolonisten und britischen Truppen im Jahr 1775 entschieden sich die im Zweiten Kontinentalkongress versammelten Vertreter von 12 der 13 Kolonien (die Deputierten aus Rhode Island fehlten) für die Trennung vom Mutterland. Die formelle Erklärung der Unabhängigkeit wurde bereits am 2. Juli 1776 verabschiedet. Sie folgte einer Resolution, die der Abgeordnete Richard Henry Lee aus Virginia eingebracht hatte.

Die heute bekannte Declaration of Independence war eine zwei Tage später verabschiedete Erläuterung dieses formalen Beschlusses und diente der moralischen und rechtlichen Legitimation für den Abfall von der britischen Krone und den Unabhängigkeitskrieg. Sie war von einem Vorbereitungskomitee entworfen worden, das aus Thomas Jefferson (Virginia), John Adams (Massachusetts), Benjamin Franklin (Pennsylvania), Robert R. Livingston (New York) und Roger Sherman (Connecticut) bestand. Ihr maßgeblicher Autor war Jefferson. Die übrigen Komiteemitglieder berieten ihn, nahmen jedoch nur redaktionelle und zum Teil gar keine Änderungen vor.

Der Kontinentalkongress diskutierte den Entwurf und strich die Verurteilung der Sklaverei aus dem Dokument, da es die Zustimmung der Bürger aus den sklavenhaltenden Kolonien finden sollte. Am 4. Juli 1776 nahmen die im Kongress versammelten Vertreter der dreizehn Gründerstaaten der USA die Erklärung an. Als Independence Day ist der 4. Juli bis heute der Nationalfeiertag der USA.

Zum Inhalt

Thomas Jefferson war der maßgebliche Autor der Unabhängigkeitserklärung
Deutsche Fassung

Die Unabhängigkeitserklärung besteht aus drei Teilen, die eine logische Argumentationskette bilden. Im ersten und bekanntesten Abschnitt beschreibt sie, inspiriert von der Philosophie John Lockes, einen naturrechtlichen Rahmen, um generell zu klären, welche unveräußerlichen Menschenrechte das Individuum besitzt und wann ein Volk das Recht hat, eine alte durch eine neue Regierungsform zu ersetzen. Im zweiten Teil führt der Text konkrete Handlungen der britischen Krone an, mit denen diese die natürlichen Rechte der Kolonisten dauerhaft und schwerwiegend verletzt und durch die sie ihren Anspruch auf deren weiteren Gehorsam verwirkt habe. Der dritte Teil besteht aus der Schlussfolgerung, dass die Loslösung vom britischen Mutterland notwendig und vom Naturrecht legitimiert sei und die 13 Kolonien fortan das Recht beanspruchten, als unabhängige und souveräne Staaten zu handeln.

Die Präambel

Bis heute wirkmächtig ist die naturrechtliche Begründung in der Präambel, die auf eine kurze Einleitung folgt:

“We hold these truths to be self-evident, that all men are created equal, that they are endowed by their Creator with certain unalienable Rights, that among these are Life, Liberty and the pursuit of Happiness. — That to secure these rights, Governments are instituted among Men, deriving their just powers from the consent of the governed, — That whenever any Form of Government becomes destructive of these ends, it is the Right of the People to alter or to abolish it, and to institute new Government, laying its foundation on such principles and organizing its powers in such form, as to them shall seem most likely to effect their Safety and Happiness. Prudence, indeed, will dictate that Gouvernments long established should not be changed for light and transient causes; and accordingly all experience hath shewn, that mankind are more disposed to suffer, while evil are sufferable, than to right themselves by abolishing the forms to they are accustomed. But when a long train of abuses and usurpations, pursuing invariably the same Object evinces a design to reduce them under absolute Despotism, it is their right, it is their duty, to throw off such Government, and to provide new Guards for their future security.”

Die erste deutsche Übersetzung der Unabhängigkeitserklärung veröffentlichte einen Tag nach ihrer Verabschiedung die deutschsprachige Zeitung Pennsylvanischer Staatsbote in Philadelphia. Sie gab diesen Abschnitt folgendermaßen wieder:

Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen wurden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt wurden, worunter Leben, Freiheit und das Streben nach Glückseligkeit sind. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten; dass sobald eine Regierungsform diesen Endzwecken verderblich wird, es das Recht des Volkes ist, sie zu verändern oder abzuschaffen, und eine neue Regierung einzusetzen, die auf solche Grundsätze gegründet, und deren Macht und Gewalt solchergestalt gebildet wird, als ihnen zur Erhaltung ihrer Sicherheit und Glückseligkeit am schicklichsten zu seyn dünket.
Zwar gebietet Klugheit, daß von langer Zeit her eingeführte Regierungen nicht um leichter und vergänglicher Ursachen willen verändert werden sollen; und demnach hat die Erfahrung von jeher gezeigt, daß Menschen, so lang das Uebel noch zu ertragen ist, lieber leiden und dulden wollen, als sich durch Umstoßung solcher Regierungsformen, zu denen sie gewöhnt sind, selbst Recht und Hülfe verschaffen. Wenn aber eine lange Reihe von Mißhandlungen und gewaltsamen Eingriffen auf einen und eben den Gegenstand unabläßig gerichtet, einen Anschlag an den Tag legt, sie unter unumschränkte Herrschaft zu bringen, so ist es ihr Recht, ja ihre Pflicht, solche Regierung abzuwerfen, und sich für ihre künftige Sicherheit neue Gewähren zu verschaffen.

In diesem Abschnitt werden erstmals in einem offiziellen Dokument allgemeine Menschenrechte postuliert, auch wenn sie in der späteren Verfassungspraxis zunächst nur frei geborenen, weißen Männern in vollem Umfang zugestanden wurden, nicht aber Frauen, Sklaven und freien Schwarzen. Ausgehend von diesem naturrechtlichen Rahmen stellt sie eine Vertragstheorie über die Legitimität von Regierungen auf und beschreibt zudem ein Widerstandsrecht gegen ungerechte Regierungen. Diese Grundannahmen gelten bis heute als maßgebend für den politischen Liberalismus.

Die Anklagen gegen die Britische Krone

Auf die Präambel folgt eine detaillierte Auflistung von Missbräuchen und Rechtsbrüchen, die der König von England nach Ansicht der Revolutionäre gegen die Bevölkerung der 13 Kolonien begangen hatte. Nach den wichtigsten Klagepunkten habe der König:

  • sich geweigert, notwendigen Gesetzen seine Zustimmung zu erteilen,
  • die Genehmigung solcher Gesetze vom Verzicht auf parlamentarische Rechte abhängig gemacht,
  • die Arbeit der Kolonialparlamente behindert und diese wiederholt unrechtmäßig aufgelöst,
  • die Einwanderung in die Kolonien behindert
  • die Rechtsprechung behindert und korrumpiert
  • die Bürokratie vergrößert
  • ohne gesetzliche Grundlage stehende Heere in Friedenszeiten unterhalten
  • ungesetzlich die Einquartierungen von Truppen befohlen
  • den Handel behindert
  • einen Krieg gegen die eigene Bevölkerung in den Kolonien begonnen; wörtlich: „unsere Seen geplündert, unsere Küsten verheert, unsere Städte verbrannt, und unser Volk ums Leben gebracht
  • ausländische Söldner ins Land gebracht, um „die Werke des Todes, der Zerstörung und Tyranney zu vollführen, die bereits mit solchen Umständen von Grausamkeit und Treulosigkeit angefangen worden, welche selbst in den barbarischen Zeiten ihres Gleichen nicht finden, und dem Haupt einer gesitteten Nation gänzlich unanständig sind“
  • und schließlich danach „gestrebt über unsere Grenz-Einwohner die unbarmherzigen wilden Indianer zu bringen, deren bekannter Gebrauch den Krieg zu führen ist, ohne Unterschied von Alter, Geschlecht und Stand, alles niederzumetzeln“.

Anschließend erklären die Verfasser, dass die Vertreter der Kolonien den König und das englische Volk immer wieder vor diesen Missbräuchen gewarnt und um ihre Abstellung gebeten hätten. Da man aber damit keinen Erfolg gehabt habe, sei es nun das Recht der Kolonien, ihre staatlichen Bindungen an das Mutterland zu lösen.

Die Schlusserklärung

Die gesamte Argumentation der Urkunde mündet schließlich in der eigentlichen Unabhängigkeitserklärung. Sie wiederholt den Wortlaut der Resolution, die zwei Tage zuvor vom Kontinentalkongress verabschiedet worden war. In einem zeitgenössischen, deutschsprachigen Druck des Dokuments [1] lautet der entscheidende Passus folgendermaßen:

Indem wir, derohalben, die Repräsentanten der Vereinigten Staaten von America, im General-Congress versammelt, uns wegen der Redlichkeit unserer Gesinnungen auf den allerhöchsten Richter der Welt berufen, so Verkündigen wir hiemit feyerlich, und Erklären, im Namen und aus Macht der guten Leute dieser Colonien, Daß diese Vereinigten Colonien Freye und Unabhängige Staaten sind, und von Rechtswegen seyn sollen; daß sie von aller Pflicht und Treuergebenheit gegen die Brittische Krone frey- und losgesprochen sind, und daß alle Politische Verbindung zwischen ihnen und dem Staat von Großbrittannien hiemit gänzlich aufgehoben ist, und aufgehoben seyn soll; und daß als Freye und Unabhängige Staaten sie volle Macht und Gewalt haben, Krieg zu führen, Frieden zu machen, Allianzen zu schließen, Handlung zu errichten, und alles und jedes andere zu thun, was Unabhängigen Staaten von Rechtswegen zukömmt.

Veröffentlichung und Unterzeichnung

Die Verabschiedung am 4. Juli verlieh der Erklärung Rechtskraft. Sie wurde sofort in zahlreichen Drucken in Umlauf gebracht und öffentlich verlesen. Eine Urkunde über die Resolution des Kontinentalkongresses wurde jedoch erst Ende Juli ausgefertigt und am 2. August von den meisten Delegierten unterzeichnet. Dieses Dokument ist heute das bekannteste Exemplar der Unabhängigkeitserklärung und wird im Nationalarchiv der USA in Washington D.C. aufbewahrt.

Im Namen der vormaligen Kolonien unterzeichneten die folgenden 56 Delegierten die Urkunde:

Für Connecticut:

Für Delaware:

Für Georgia:

Für Maryland:

Für Massachusetts:

Für New Hampshire:

Für New Jersey:

Für New York:

Für North Carolina:

Für Pennsylvania:

Für Rhode Island:

Für South Carolina:

Für Virginia:

Literatur

  • Angela u. Willi Paul Adams (Hg.), Die Amerikanische Revolution und die Verfassung 1754–1791, München 1987 (dtv dokumente) ISBN 3-423-02956-0
  • Gert Raeithel, Geschichte der Nordamerikanischen Kultur. Bd. 1: Vom Puritanismus bis zum Bürgerkrieg 1600–1860, o. O. 1987, ISBN 3-88059-658-1
  • Udo Sautter, Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika, 4. erw. Ausg., Stuttgart 1991, ISBN 3-520-44304-X
  • Zinn, Howard. Eine Geschichte des Amerikanischen Volkes. Band 2: Unabhängigkeitserklärung, Revolution und das Aufbegehren der Frauen. Schwarzerfreitag, 2006. ISBN 3-937623-52-3.

Weblinks

Siehe auch


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