Jens Franzen

Jens Franzen

Jens Lorenz Franzen (* 1937 in Bremen) ist ein deutscher Paläontologe. Zuletzt war er Leiter der Abteilung Paläoanthropologie und Quartärpaläontologie am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main. Er nahm an Fossilfundstätten in Deutschland – wie Messel, Dorn-Dürkheim und Eppelsheim – wissenschaftliche Grabungen vor und entdeckte viele bis dahin unbekannte fossile Säugetierarten, die er beschrieb und benannte. Seit dem 1. September 2000 ist er im Ruhestand und ehrenamtlicher Mitarbeiter der Abteilung Geowissenschaften des Naturhistorischen Museum Basel und am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main.

Inhaltsverzeichnis

Beruflicher Werdegang

Von 1968 bis 1969 war Franzen wissenschaftlicher Assistent am Geologisch-Paläontologischen Institut der Universität Freiburg i. Br., von 1969 bis 1970 wissenschaftlicher Assistent (DFG) von Prof. Dr. Gustav Heinrich Ralph von Koenigswald und von 1971 bis 1977 wissenschaftlicher Assistent am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main. In den Jahren von 1973 bis 1984 befasste sich Franzen mit der Initiierung und Organisation des Protestes der Internationalen Wissenschaft gegen eine Mülldeponie in der Grube Messel bei Darmstadt.

Zwischen 1975 und 1984 folgte der Aufbau und die Leitung des Grabungsprogramms des Forschungsinstitutes Senckenberg in der Grube Messel. 1987 fungierte er als wissenschaftlicher Berater der Gemeinde Messel beim Prozess vor dem Obersten Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel. Von 1977 bis 2000 war er Kustos und Sektionsleiter Paläoanthropologie am Forschungsinstitut Senckenberg, von 1982 bis 1999 Leiter der Abteilung Paläoanthropologie am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main und ab 1. Januar 2000 Leiter der Abteilung Paläoanthropologie und Quartärpaläontologie am Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt am Main und in Weimar. Von 1989 bis 2000 war er Mitglied und von 1992 bis 2000 Erster Vorsitzender des Wissenschaftsausschusses des Forschungsinstitutes Senckenberg, zugleich Mitglied des Verwaltungsrates der Senckenbergischen Naturforschenden Gesellschaft.

Er wurde 1998 Erster Preisträger der Friedrich von Alberti-Stiftung und 2003 Ehrenmitglied des Fördervereins Dinotherium-Museum Eppelsheim. Er hat das Konzept für das 2001 eröffnete Dinotherium-Museum in Eppelsheim geprägt, das den Namen des fossilen Rüsseltieres Dinotherium trägt.

Aktuelle Forschung

Franzen befasst sich mit paläogenen Equoidea (Palaeotherien, Equiden, Messeler Urpferde), den Primaten von Messel, außerdem mit den eozänen Säugetieren von Eckfeld/Eifel und den obermiozänen Großsäugern (Tapiridae, Chalicotherien von Dorn-Dürkheim, sowie mit der Säugetierchronologie des europäischen Eozäns und Obermiozäns.

Ausgrabungen und Expeditionen

Franzen nahm an Ausgrabungen und Expeditionen in Europa, Afrika und Amerika teil. Er grub in der Fossilienfundstätte Grube Messel bei Darmstadt in Hessen (1975–1984), in Dorn-Dürkheim in Rheinland-Pfalz (1973–1979, 1985–1986, 1989–1996) und in Eppelsheim in Rheinland-Pfalz (1996–2002). In Eppelsheim und Dorn-Dürkheim befinden sich Ablagerungen des Ur-Rheins (Dinotheriensande). Außerdem nahm Franzen paläontologische und paläoanthropologische Untersuchungen in Marokko (1971), Libyen (1972), Griechenland (1963, 1975) und Mexiko (1991, 1992) vor.

Mitgliedschaften

Franzen ist Mitglied bei zahlreichen renommierten Gesellschaften: Society of Vertebrate Paleontology, Paläontologische Gesellschaft, Oberrheinischer Geologischer Verein, Naturforschende Gesellschaft Freiburg i. Br., Archäologische Gesellschaft Hessen, Museumsverein Messel und Förderverein Dinotherium-Museum Eppelsheim.

Neu aufgestellte Taxa

Der Paläontologe hat zahlreiche fossile Säugetiere aus dem Tertiär – vor allem aus dem Eozän und Miozän – wissenschaftlich untersucht, beschrieben und ihnen einen Namen gegeben.

Neue Gattungen

  • Pseudopalaeotherium Franzen 1972
  • Messelobunodon Franzen 1981
  • Hallensia Franzen & Haubold 1986
  • Neufferia Franzen 1994
  • Lutzia Franzen 1994
  • Godinotia Franzen 2000
  • Eurohippus Franzen 2006

Neue Arten

  • Palaeotherium pomeli Franzen 1968
  • Pseudopalaeotherium longirostratum Franzen 1972
  • Messelobunodon schaeferi Franzen 1981
  • Messelobunodon ceciliensis Franzen & Krumbiegel 1980
  • Europolemur koenigswaldi Franzen 1987
  • Hallensia matthesi Franzen & Haubold 1986
  • Hallensia parisiensis Franzen 1990
  • Neufferia manderscheidi Franzen 1994
  • Lutzia eckfeldensis Franzen 1994
  • Lophiotherium sondaari Franzen 1999
  • Europolemur kelleri Franzen 2000
  • Plesiosorex roosi Franzen, Fejfar & Storch 2003

Neue Unterarten

  • Palaeotherium castrense robiacense Franzen 1968
  • Palaeotherium crassum robustum Franzen 1968
  • Palaeotherium muehlbergi praecursum Franzen 1968
  • Palaeotherium curtum villerealense Franzen 1968
  • Palaeotherium curtum frohnstettense Franzen 1968
  • Palaeotherium duvali priscum Franzen 1968.

Nach Franzen benannte Taxa

Zu Ehren von Franzen sind etliche fossile Tierarten benannt worden. Im Bereich der Gattungen und Untergattungen Franzenium n.g. (Casanovas-Cladellas & Santafé-Llopis 1989) und Franzenitherium n.subg. (Remy, J.A. 1992). Außerdem die neuentdeckten Arten Palaeotherium franzeni n.sp. (Casanovas-Cladellas 1980), Masillabune franzeni n.sp. (Erfurt & Haubold 1989), Neochelys franzeni n.sp. (Schleich 1993) und Tachypteron franzeni n.sp. (Storch, Sigé & Habersetzer 2002)

Wissenschaftliche Publikationen (Auswahl)

  • Neue Säugerfunde aus dem Eozän des Eckfelder Maares bei Manderscheid (Eifel). Mainzer Naturwiss. Arch., Bh 16: 189–211, 3 Abb., 3 Taf.; Mainz 1994
  • Die Equoidea des europäischen Mitteleozäns. Hallesches Jb. Geowiss., B 17: 31–45, 17 Abb.; Halle 1995
  • Ein Koprolith als Leckerbissen. Der siebte Primatenfund aus Messel. Natur u. Museum, 127 (2): 46–53, 5 Abb., 1 Tab.; Frankfurt a.M. 1997
  • Der sechste Messel-Primate (Mammalia, Primates, Notharctidae, Cercamoniinae). Senckenbergiana lethaea, 80: 289–303, 10 Abb., 2 Tab.; Frankfurt a.M. 2000
  • First fossil primates from the Eckfeld Maar, Middle Eocene (Eifel, Germany). Eclogae geologicae Helvetiae, 97: 213–220, 3 Text-figs., 3 Tables; Basel 2004
  • Die Urpferde der Morgenröte. Ursprung und Evolution der Pferde. I–XVII, 1–221, 167 Abb.; Spektrum Akademischer Verlag (Elsevier), Heidelberg 2007

Weblinks


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