Joachim Starbatty

Joachim Starbatty
Joachim Starbatty

Joachim Starbatty (* 9. Mai 1940 in Düsseldorf) ist emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Tübingen.

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Leben

Starbatty studierte an den Universitäten Freiburg und Köln. 1964 machte er sein Examen als Diplom-Volkswirt an der Universität zu Köln in Volkswirtschaftslehre mit Wahlpflichtfach Politische Wissenschaft. Von 1965 bis 1969 war er Wissenschaftlicher Assistent von Alfred Müller-Armack am Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln. 1967 wurde er in Köln bei Müller-Armack mit der Arbeit "Regionale Strukturpolitik in der sozialen Marktwirtschaft" zum Dr. rer.pol. promoviert. Von 1969 bis 1972 war er Wissenschaftlicher Mitarbeiter für allgemeine Wirtschaftspolitik und internationale Währungspolitik der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach seiner 1975 erfolgten Habilitation mit der Schrift "Erfolgskontrolle der Globalsteuerung. Konjunkturpolitik unter dem Einfluss der politischen Willensbildung" wurde er 1976 auf die Professur für Wirtschaftspolitik an die Ruhr-Universität Bochum berufen. 1983 wechselte er auf den Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftspolitik, an die Eberhard Karls Universität Tübingen. 1985/1986 war er Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen. Von 1990 bis 1994 war er Stellvertretender Sprecher des Tübinger Graduiertenkollegs „Vertiefung der Europäischen Integration“.

Von 1991 bis 1993 war Starbatty Mitglied des Gründungssenats und Vorsitzender der Gründungskommission „Wirtschaftswissenschaft“, zudem 1990 bis 1992 Gründungsdekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Starbatty hatte mehrere Gastprofessuren an der University of Washington (1991, 1995, 2002) und der Dōshisha-Universität (Japan; 1995) inne. 2006 wurde er emeritiert.

Wirken

Joachim Starbatty war seit 1980 Stellvertretender Vorsitzender, seit 1991 Vorsitzender des Vorstands und des Wissenschaftlichen Beirats der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft. Er ist seit 1986 Mitglied der Tübinger Forschergruppe der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Internationale Wirtschaftsordnung“.

Er war in den 1990er Jahren Mitglied und bei der Europawahl 1994 Listenkandidat der Partei Bund freier Bürger – Offensive für Deutschland.

Gemeinsam mit Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling und Karl Albrecht Schachtschneider reichte er 1997 eine Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht gegen die Einführung des Euro in der dritten Stufe der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion ein, die jedoch nicht erfolgreich war.[1]

Starbatty hat zahlreiche Arbeiten veröffentlicht, insbesondere zu den Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft. Über wissenschaftliche Publikationen hinaus veröffentlichte er Artikel unter anderem im Focus, der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) und im Handelsblatt.

Joachim Starbatty ist zusammen mit Michael Borchard (Konrad-Adenauer-Stiftung), Uwe Cantner, Andreas Freytag und Rupert Windisch (Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Jena), Nils Goldschmidt und Michael Wohlgemuth (Walter Eucken Institut), Gerd Habermann (Die Familienunternehmer – ASU), Martin Wilde (Bund Katholischer Unternehmer), Lars Vogel (Ludwig-Erhard-Stiftung) und Joachim Zweynert (Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut/Wilhelm-Röpke-Institut) Mitautor des 2008 initiierten Jenaer Aufruf zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft.[2][3] Starbatty wirkt auch nach seiner 2007 erfolgten Emeritierung weiter als Vorsitzender der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft und veranstaltet Kongresse.

Starbatty hat zusammen mit Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl Albrecht Schachtschneider und Dieter Spethmann gegen den Milliardenkredit für die Griechenland-Hilfe vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe Klage eingereicht. Nach deren Meinung verstösst ein entsprechendes Gesetz gegen EU-Recht und das deutsche Grundgesetz.[4] Von der kurz darauf getätigten 123-Milliarden-Zusage der Bundesregierung wusste er zum Zeitpunkt der Ablehnung noch nichts [5] Der Eilantrag wurde abgelehnt. Mittlerweile hat das Bundesverfassungsgericht die Klage[6] jedoch angenommen und den Beteiligten (Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat) zur Stellungnahme vorgelegt.[7]

Ein wichtiger Antrieb für Starbattys Wirken ist seine erste politische Erinnerung, die an die Währungsreform 1948. "Es ist meine erste politische Erinnerung", sagt Starbatty. "Wenn ich an Geld denke, ist das in meinem Kopf." Gelernt habe er daraus, wie das Angebot an Waren von der Stärke des Geldes abhänge.[8]

Im Juli 2011 reichte er, unter anderem mit Peter Gauweiler, beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde gegen den Rettungsfonds der EU ein,[9][10] die jedoch am 8. September 2011 zurückgewiesen wurde.[11]

Ehrungen und Auszeichnungen

  • Ehrendoktorwürde Dr. rer.pol. h.c. durch die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder (1995)
  • Alexander-Rüstow-Plakette (2003)

Werke (Auswahl)

  • Die englischen Klassiker der Nationalökonomie. Lehre und Wirkung, 1985, ISBN 3-534-05514-4
  • "Die ordnungspolitische Dimension der EG-Technologiepolitik", in: ORDO - Jahrbuch für die Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft, Bd. 38, 1987, S. 155-181
  • Währungsunion und Weltwirtschaft, Lucius & Lucius 1999, ISBN 3828200982, zusammen mit Wilhelm Nölling, Karl A. Schachtschneider
  • Soll und Haben, 50 Jahre Soziale Marktwirtschaft, Lucius & Lucius 1999, ISBN 3828201059, zusammen mit Knut W. Nörr
  • Wirtschafts- und Währungsunion auf dem Prüfstand. Schritte zur weiteren Integration Europas, 2001, ISBN 3-828-20045-1
  • Die Euro-Illusion, Rowohlt 2001, ISBN 3499230852, zusammen mit Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling, Karl A. Schachtschneider, Karl Albrecht Schachtschneider
  • Der Ökonom als Politiker. Europa, Geld und die soziale Frage, Lucius & Lucius 2003, ISBN 3828202675, zusammen mit Wilhelm Hankel, Karl A. Schachtschneider
  • Klassiker des ökonomischen Denkens: Von Platon bis John Maynard Keynes, Nikol 2008, ISBN 3-937-87292-2

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts: Verfassungsbeschwerde (2 BvR 50/98)
  2. Jenaer Aufruf zur Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft (deutsch)
  3. 60 Years Social Market Economy: Jena Manifesto (englisch
  4. „Dieser Mann will die Griechenland-Hilfe stoppen“, Tagesanzeiger, 4. Mai 2010
  5. Rüdiger Jungbluth: Der neue Teuro. In: Die Zeit 20/2010 vom 12. Mai 2010, S. 25
  6. Klageschrift im Volltext
  7. Wilhelm Hankel: „Danksagung an die Spender und Stand der Klage“
  8. Patrick Bernau: "Der Euro-Fighter", Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 5. Dezember 2010
  9. "Griechenland ist bereits pleite". In: Spiegel Online, 5. Juli 2011. Abgerufen am 17. Juli 2011. 
  10. „Gauweiler nimmt Pleite Griechenlands in Kauf“, Focus, 5. Juli 2011
  11. Bundesfinanzministerium begrüßt BVerfG-Entscheidung zum EU-Rettungsschirm

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