Johann Heinrich von Dannecker

Johann Heinrich von Dannecker
Johann Heinrich Dannecker

Johann Heinrich von Dannecker (* 16. Oktober 1758 in Stuttgart[1]; † 8. Dezember 1841 in Stuttgart) war ein württembergischer Bildhauer des Klassizismus.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Der Sohn eines Stallknechts und Kutschers im Dienste des württembergischen Herzogs wurde 1771 in die „Militärische Pflanzschule“ auf der Solitude bei Stuttgart aufgenommen. Zunächst als Balletttänzer, bald als Bildhauereleve, besuchte Dannecker das herzogliche Institut, das 1773 zur Militärakademie und 1782, nach Stuttgart verlegt, als Hohe Karlsschule zur Universität erhoben wurde, bis 1780. Für seine künstlerische Ausbildung waren neben den Bildhauern Johann Valentin Sonnenschein (1749–1828) und Pierre François Lejeune (1721–1790) die Maler Adolf Friedrich Harper (1725–1806) und Nicolas Guibal (1725–1784), der Leiter der Künstlerfakultät, verantwortlich.

Gemeinsam mit Philipp Jakob Scheffauer (1756–1808), einem Mitschüler, wurde Dannecker mit Abschluss der Akademieausbildung zum Hofbildhauer bei lebenslanger Dienstverpflichtung ernannt und mit ersten, meist dekorativen Aufträgen betraut. Ein herzogliches Stipendium erlaubte den beiden Bildhauern 1783 einen zweijährigen Aufenthalt in Paris, wo sie durch Vermittlung von Nicolas Guibal im Atelier von Augustin Pajou (1730–1809) arbeiten konnten. Es folgten vier Studienjahre in Rom, die auf Dannecker wie Scheffauer künstlerisch prägend wirkten. Freundschaftlichen Umgang pflegten sie mit Antonio Canova (1757–1822) und dem Schweizer Bildhauer Alexander Trippel (1743–1793).

Evangelist St. Johannes in der Grabkapelle auf dem Württemberg

Neben kleineren Arbeiten entstand im Auftrag des württembergischen Herzogs eine großfigurige allegorische Skulpturengruppe (Jahreszeiten) aus Marmor für Schloss Hohenheim. Erste Anerkennung spiegeln Danneckers Ehrenmitgliedschaften der Akademien von Bologna und Mantua. Anfang 1790 kehrten Scheffauer und Dannecker nach Stuttgart zurück. Hier wurden die beiden Bildhauer zu Professoren der Hohen Karlsschule ernannt. Dannecker setzte seine Lehrtätigkeit nach der Aufhebung der Karlsschule 1794 in privatem Rahmen fort. 1829 wurde er Gründungsdirektor einer neuen Staatlichen Kunstschule in Stuttgart, der er bis 1838 vorstand.

Im Unterschied zu seinem Studienfreund Scheffauer war es Dannecker nach der Rückkehr aus Rom schnell gelungen, sich in Stuttgart vorteilhaft zu arrangieren, auch wenn dem Künstler in seinem Hofbildhaueramt nur selten attraktive Aufträge zuflossen. Durch Heirat mit der Kaufmannstochter Heinrike Rapp (1773–1823) materieller Sorgen enthoben, war Dannecker fest in das bürgerliche Gesellschaftsleben Stuttgarts integriert. Nach eigenen Plänen entstand 1808 ein Haus in prominenter Lage am Schlossplatz. Wohnung, Atelier, Kunstschule und Museum zugleich, wurde die so genannte Danneckerei in Kürze zu einem kulturellen Mittelpunkt der württembergischen Residenzstadt. Die künstlerische Arbeit Danneckers konzentrierte sich in dieser Zeit notgedrungen auf das Porträt.

Nach schaffensreichen Jahren, mit zahlreichen Bildnissen u.a. auch Terracotta-Arbeiten, eröffnete er seine Kunstschule, deren Direktor er wurde. Um 1835 begann seine geistige Umnachtung (in einem Anfall verstümmelt er seine Schillerbüste - das Modell blieb erhalten) und am 8. Dezember 1841 starb Johann Heinrich von Dannecker. Sein Grab liegt auf dem Stuttgarter Hoppenlaufriedhof.

Schillerbüste von Theodor Wagner (nach Johann Heinrich Dannecker)

Zu den Hauptwerken zählten hier die Schillerbüsten aus den Jahren 1793 und 1805 und das Selbstbildnis von 1797. 1803 entstand ein erstes Tonmodell der Ariadne auf dem Panther, die 1814 in Marmor ausgeführt werden konnte. Die Ariadne erreichte sogleich außerordentliche Popularität und wurde vielfach reproduziert; dennoch blieb sie eine der seltenen monumentalen Skulpturen des Bildhauers, der neben dem Maler Christian Gottlieb Schick (1776–1812) zu den bedeutenden Vertretern des schwäbischen Klassizismus gehört.

Im Innenraum der Grabkapelle auf dem Württemberg zieren Kolossalstatuen der vier Evangelisten die Wandnischen. Diese wurden von Dannecker (St. Johannes) und seinem Schüler Theodor Wagner zwischen 1820 und 1821 aus Carrara-Marmor gefertigt.

Weitere Werke

  • Mädchen mit dem toten Vogel (1790)
  • Die drei Grazien mit Amor (1795)
  • Büste Johann Caspar Lavaters (1802–1805)
  • Die auf einem Panther reitende Ariadne (1803-1814)
  • Grabstein für Eberhard Gmelin (1809)
  • Amor (1810–1815)
  • Ruhende Sappho (1812)

Anmerkungen

  1. Aus Angaben in der Personalakte der Hohen Karlsschule und im Taufbuch der Stuttgarter Stiftskirche lässt sich schließen, dass Dannecker nicht wie bisher oft angenommen am 15. Oktober 1758 in Waldenbuch, sondern einen Tag darauf in Stuttgart zur Welt kam, siehe Artikel in der Filder-Zeitung vom 30. Oktober 2008

Literatur

  • August Wintterlin: Dannecker, Johann Heinrich (von). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 4, Duncker & Humblot, Leipzig 1876, S. 741–744.
  • Max Schefold: Dannecker, Johann Heinrich v.. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, S. 509 f.
  • Adolf Spemann: Dannecker. Das Leben, das Werk, der Mensch. Berlin/Stuttgart 1909
  • Ellen Kemp: Ariadne auf dem Panther. Ausst.Kat. Liebieghaus. Museum alter Plastik. Frankfurt/Main 1979, ISBN 3-596-23969-9
  • Christian von Holst und Ulrike Gauss: Johann Heinrich Dannecker. Band 1: Der Bildhauer. Band 2: Der Zeichner. Stuttgart 1987, ISBN 3-922-60845-0
  • Christian von Holst: Schwäbischer Klassizismus zwischen Ideal und Wirklichkeit 1760–1830. Ausst.Kat. Staatsgalerie Stuttgart. Stuttgart 1993
  • Yvan Nagel: Johann Heinrich Dannecker 'Ariadne auf dem Panther'. Frankfurt am Main 1993, ISBN 3-596-23969-9
  • Thomas Blisniewski: „Zur Wollust einladend“ – Johann Heinrich Danneckers Ariadne auf dem Panther. In: ARTig. Die Zeitschrift für Kunstinteressierte. 5/2004, S.9-20
  • Axel Clesle: Danneckers Diener. SWB-Verlag, Stuttgart 2006, ISBN 3-938-71907-9

Weblinks


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