Johann Joachim Kändler

Johann Joachim Kändler

Johann Joachim Kändler (* 15. Juni 1706 in Seeligstadt[1][2], Sachsen; † 18. Mai 1775 in Meißen) war der bedeutendste Modelleur der Meißener Porzellanmanufaktur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

„Dame und Kavalier“, modelliert 1744
Terrine aus dem Schwanenservice
Nymphe mit Konfektschale, modelliert von Kändler und J. F. Eberlein zwischen 1737 und 1741
„Kurprinz Friedrich Christian von Sachsen und Gemahlin Maria Antonia von Bayern“, modelliert 1747, Meißener Porzellanmuseum im Schloss Lustheim

Nach einer Lehre bei dem Bildhauer Thomae in Dresden wurde er 1731 von August dem Starken zum Hofbildhauer ernannt. Seine frühen Porzellan-Tiergruppen zeigen eine kraftvolle Umsetzung des Natureindrucks unter dem Einfluss der Dresdner Bildhauerei.

Der Ruhm der Meißner Manufaktur begründet sich auf Kändlers in technischer und ästhetischer Hinsicht vollendeten Porzellanplastiken. Am Schwanenservice für seinen Gönner, den Grafen von Brühl, entwickelte er die Kleinfigurenszene, die in Form von Aufzügen und Maskeraden das Gebrauchsgerät bereichert. Seine Arbeiten zeichnen sich durch eleganten Schwung und leichte Anmut aus und sind vollkommenster Ausdruck des Rokoko.

Kändler kam am 15. Juni 1706 als Sohn eines Pfarrers im sächsischen Fischbach zur Welt. Er wuchs in einem klassisch gebildeten Umfeld auf und verfügte daher über ausgezeichnete Kenntnisse der griechischen Mythologie. Dieses Wissen, viel handwerkliches Geschick und eine ausgezeichnete Beobachtungsgabe legten den Grundstein für Kändlers spätere Karriere, welche ihn bis an den Hof des Preussenkönigs Friedrich II. führen sollte. Der finanzielle Erfolg des Porzellankünstlers verlief dabei durchaus parallel zu seinem gesellschaftlichen Aufstieg. Doch obwohl er am Ende seines Lebens über mehrere Grundstücke sowie einen eigenen Weinberg verfügte, hinterließ er bei seinem Tod im Jahre 1775 hohe Schulden. Er wurde in aller Stille auf dem St.-Afra-Friedhof in Meißen beerdigt.

Kändlers beruflicher Werdegang begann bei dem berühmten Dresdner Hofbildhauer und Altarschnitzer Johann Benjamin Thomae (1682–1751), wo der Pfarrerssohn aus Fischbach in die Lehre ging. Bereits damals legte er viel Geschick und eine außergewöhnliche Auffassungsgabe an den Tag, was ihm bereits in jungen Jahren verantwortungsvolle Aufgaben einbrachte. Sein Talent blieb nicht unerkannt und am 22. Juni 1731 im Alter von 25 Jahren wurde er von der Porzellanmanufaktur Meißen als Modellierer eingestellt. Dort arbeitete er erst als Modellmeister, später als Leiter der plastischen Formgestaltung und schließlich als Arkanist. Den Höhepunkt seiner Laufbahn bildete zweifellos die Ernennung zum Hofkommissar im Jahre 1749.

Die Werke, die er im Auftrag Meißens schuf, veränderten die Porzellanherstellung nachhaltig. Seine frühen Skulpturen, welche in erster Linie Motive aus der Tierwelt wiedergaben, wurden für ihre Natürlichkeit und Eleganz gerühmt, welche sie vom Pathos der üblichen Darstellungen abhob. Das 1738 im Auftrag des Grafen von Brühl entstandene „Schwanenservice“, welches heute als ein Hauptwerk barocker Porzellankunst gilt, markierte seine Hinwendung zu dekorativen Kleinfiguren. Später orientierte sich Kändler vermehrt am höfischen Leben und ließ sich von der damals äußerst populären Theaterform der Commedia dell'arte inspirieren. Gemeinsam mit seinen Mitarbeitern schuf er ganze Gruppen kleiner Accessoires und Figürchen, welche die Schäferromantik des Rokoko wiedergaben und den Commedia dell'arte-Charakteren Leben einhauchten. Aus den mehr als tausend verschiedenen Motiven ragt vor allem die 1753 entstandene Affenkapelle heraus, welche Kändler als metaphorische Absage an jegliche Zwanghaftigkeit gesehen haben wollte. Mit dieser Huldigung an das aufklärerische Ideal des freien und vernünftigen Menschen traf er den Zeitgeist und schuf ein zeitloses Meisterwerk europäischer Porzellankunst. Die Affenkapelle hat bis heute nichts von ihrer Popularität eingebüßt und wird nach wie vor reproduziert. Von Kändler stammt die Kreuzigungsgruppe in der Schlosskirche Lauchhammer-West.

Neben seiner Tätigkeit als Plastiker hatte sich Kändler aber auch in anderer Funktion um Meißen verdient gemacht. Erst als Leiter der plastischen Formgestaltung, später dann als Geheimnisträger führte er die staatliche Porzellanmanufaktur durch die unruhige Zeit der österreichisch – preußischen Kriege und hielt die Produktion allen Widrigkeiten zum Trotz am Laufen. Nach fünfundvierzigjähriger Tätigkeit in der Manufaktur starb Johann Joachim Kändler am 18. Mai 1775 in Meißen.

Literatur

  • Helmuth Gröger: Johann Joachim Kaendler. Der Meister des Porzellans. Zur zweihundertfünfzigsten Wiederkehr seines Geburtsjahres. Jess Verlag, Dresden/Hanau 1956
  • Ingelore Menzhausen: ...es kann alles von Porcellain gemacht werden... Zum Gedenken an J.J.Kändlers 200. Todestag. in: Sächsische Heimatblätter, Heft 6/1975, S. 245-247
  • Rainer Rückert: Biographische Daten der Meißener Manufakturisten des 18. Jahrhunderts. Bayer. Nationalmuseum 1990, ISBN 3-925058-13-3
  • Otto Walcha: Meißener Porzellan. VEB Verlag der Kunst Dresden 1973, ISBN 3-364-00012-3
  • Carl Clauß: Kändler, Johann Joachim. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 15, Duncker & Humblot, Leipzig 1882, S. 76 f.

Weblinks

 Commons: Johann Joachim Kändler – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Seeligstadt. In: August Schumann: Vollständiges Staats-, Post- und Zeitungslexikon von Sachsen. 11. Band, Zwickau 1824, S. 43.
  2. Richard Steche: Seeligstadt. In: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen, 1. Heft: Amtshauptmannschaft Pirna. C. C. Meinhold, Dresden 1882, S. 81–82.

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