Johann Michael Bossard

Johann Michael Bossard

Johann Michael Bossard (* 16. Dezember 1874 in Zug, Schweiz; † 27. März 1950 in Jesteburg) war ein schweizerischer Bildhauer.

Inhaltsverzeichnis

Lebensabschnitte Zug, München und Berlin

Prägend für sein späteres Leben waren zwei Ereignisse: der frühe Tod seines Vaters 1882 und der durch eine Infektion ausgelöste Verlust eines Auges 1885. Nach Beendigung der Primar- und Sekundarschule in Luzern und Zug begann er 1890 eine Lehre als Hafner in der Hafnerei Keiser in Zug. Neben der guten handwerklichen Ausbildung unterstützte man hier auch offenbar den Wunsch nach einer künstlerischen Ausbildung. Zu Ostern 1894 ging Bossard mit einem kleinen Stipendium für Zuger Bürger nach München, besuchte zwei Semester lang die Bildhauerklasse von Professor Hess an der Kunstgewerbeschule und wechselte dann an die Akademie zu Wilhelm von Rümann. Nach einer in der Zeitung kritisierten Ausstellung in München 1896 wechselte er praktisch fluchtartig nach Berlin, dem neuen Zentrum für Kunst und Kultur. Die ersten Jahre in Berlin waren entbehrungsreich, denn er erhielt kein Stipendium mehr, und seine Mutter bedurfte seiner finanziellen Unterstützung.

Erste Erfolge

In Berlin besuchte Bossard die Hochschule für bildende Künste, anschliessend die Malklasse von Professor Seeliger an der Unterrichtsanstalt des Kunstgewerbemuseums Berlin. Danach war Bossard vier Semester lang Meisterschüler von Arthur Kampf an der Berliner Akademie. Es stellten sich bald die ersten Erfolge mit Plastiken und grafischen Arbeiten ein (z.B. der grafische Zyklus Das Jahr 1904–1918). Durch Vermittlung des Berliner Kunstfreundes Max Lucke erhielt Bossard grössere Aufträge, so dass die finanzielle Not beendet war. Einer dieser Aufträge, das Grabmal Franke, Berlin St.Georgen Friedhof, ermöglichte Bossard 1905 einen Studienaufenthalt in Italien, in dessen Verlauf er die Monumentalplastik Das Leben konzipierte, die grosses Aufsehen erregte und von bekannten Kunstkritikern der damaligen Zeit, wie Friedrich Wolff, Adolf Grabowsky, Karl Storck und anderen überschwänglich gelobt wurde. Diese Gross-Skulptur kam jedoch nie zur endgültigen Ausführung und existierte nur als gut gemachtes Modell.

Lehrtätigkeit im Hamburg

Auf Grund verschiedener Plastiken, darunter z.B. „Die Wolke“, erhielt Bossard 1907 einen Ruf an die neu organisierte Kunstgewerbeschule (heute Hochschule für Bildende Künste) in Hamburg. Neben seiner Tätigkeit als Professor für Plastik, die er bis 1944 ausübte schuf Bossard in den Jahren 1909 bis 1911 zahlreiche Plastiken an öffentlichen Gebäuden Hamburgs, die heute noch zu sehen sind, ohne dass der Schöpfer dieser Plastiken in Hamburg bekannt wäre (z.B. Börsenuhr). Etwa 1911 hörte er mit diesen Arbeiten in Hamburg schlagartig auf, da Bossard um diese Zeit auf einem Grundstück in der Lüneburger Heide mit der Gestaltung eines „Gesamtkunstwerkes“ aus Architektur, Landschaftsgestaltung, Plastik und Malerei begann, welches als einzigartig in der Welt zu bezeichnen ist. Das Konzept für ein Gesamtkunstwerk stammt schon aus der Berliner Zeit, da Bossard schon in Berlin ein Grundstück erworben hatte, um darauf seine Vision zu verwirklichen. Auch am Zugersee stellte Frau Adelheid Page (Nestle?) in Cham ihm ein Grundstück zu diesem Zweck zur Verfügung.

Atelierhaus und Kunsttempel

1912 begann Bossard mit dem Bau des Atelierhauses in Lüllau. Die Arbeiten wurden durch die Wirren des Ersten Weltkrieges, an dem Bossard als deutscher Soldat in Frankreich als „Schildermaler“ teilnahm, unterbrochen. Auch die wirtschaftlichen Probleme nach dem Ersten Weltkrieg machten die Verwirklichung seiner Vorstellungen nicht einfacher. Auch in der Schweiz waren die Auswirkungen des Krieges zu spüren, und die vorher reichliche Unterstützung durch Adelheid Page (Cham) und auch Emil Hegg (Bern) fielen aus. Erst 1926, nach seiner Heirat mit seiner Schülerin Jutta Krull (1903–1996), begannen Bossard und seine junge Frau gemeinsam mit dem Bau des zweiten Objektes auf dem Grundstück in Lüllau, dem sogenannten Kunsttempel, den Bossard in seiner Werbeschrift an meine Freunde 1925 eindringlich beschreibt. Später wurden weitere Räume im Atelierhaus gestaltet und letztendlich bis zum Tode von Bossard so weit vervollkommnet, bis die Raumwirkung, die Bossard erzielen wollte, erreicht war.

Würdigung

Es fehlt immer noch eine kunstkritische Würdigung des Gesamtkunstwerkes Bossards, denn nach anfänglichen hervorragenden Kritiken am Anfang dieses Jahrhunderts (1906–1910) dauerte es bis 1924, bis wieder der Versuch unternommen wurde, das Werk Bossards zu analysieren (E. Seydow (1924)). Seit dieser Zeit hat es kein Kunstkritiker unternommen, sich dem Werk Bossards zu nähern. 1984 veranstalteten Lucke und Murawski die erste größere Retrospektive Bossards in Bonn.Laudator war Bazon Brock. 1986 erstellten Lucke und Murawski das einzige von Jutta Bossard autorisierte Werkverzeichnis, das als Typoscript vorliegt.Außerdem dokumentierten sie die Kunst am Bau Bossards in Hamburg und die von Bossard geschaffenen Grabmäler. Die letzte grosse Ausstellung hiess Ein Leben für das Gesamtkunstwerk und fand in Zug (und Oldenburg) 1986 statt.

Die Kunststätte Bossard

Nach dem Tode von Jutta Bossard im Oktober 1996 wurde das Werk von Johann und Jutta Bossard in eine Stiftung überführt, die mit Erfolg versucht, die Arbeiten Bossards aufzuarbeiten und in einem schönen Museumsbau in der alten Werkstatt zu präsentieren. Ein Teil der Kunststätte ist der Eddasaal. In seiner heutigen Form entstand zwischen 1930 und 1935, als Johann Bossard zusammen mit seiner Ehefrau Jutta und seinem Schüler Franz Hötterges sein ehemaliges Atelier künstlerisch ausgestaltete.

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