Johannes Itten

Johannes Itten
Johannes Itten

Johannes Itten (* 11. November 1888 in Süderen-Linden, Schweiz; † 25. Mai 1967 in Zürich) war ein Schweizer Maler, Kunsttheoretiker und Kunstpädagoge. Itten zählt zu der Zürcher Schule der Konkreten.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Itten war der Sohn eines Lehrers und Bergbauern und besuchte von 1904 bis 1908 das Lehrerseminar in Bern. Nach kurzer Tätigkeit als Lehrer in einem bernischen Dorf studierte er von 1909 bis 1910 an der Kunsthochschule in Genf. Vom akademischen Lehrbetrieb war er bitter enttäuscht. Er ging wieder nach Bern zurück, um sich dort in den Jahren 1910 bis 1912 als Sekundarlehrer in den Fächern Physik, Mathematik und Chemie ausbilden zu lassen. Im Wintersemester 1912/1913 studierte er erneut an der Kunstakademie in Genf. Itten belegte dort einen Kurs bei Eugéne Gilliard (1861–1921), wo er mit den geometrischen Formelementen und ihren Kontrasten in Berührung kam.

Von 1913 bis 1916 lebte der Künstler in Stuttgart. Er wurde Schüler von Adolf Hölzel an der Stuttgarter Akademie. Dort kam er auch mit Ida Kerkovius, Oskar Schlemmer, Willi Baumeister, Hermann Stenner, die dem Hölzel-Kreis angehörten, in Kontakt. Für Itten war Adolf Hölzel wegweisend, übernahm er doch dessen allgemeine Kontrastlehre und folgerichtig auch dessen Farbenkontrastlehre, ferner die Praxis der Bildanalysen, das Experimentieren mit abstrakten Collagen (Materialmontagen), die gymnastischen Übungen und das sog. automatische Zeichnen.[1]

Während des Ersten Weltkrieges übersiedelte Itten nach Wien, wo er zur Sicherung des Lebensunterhaltes eine eigene Kunstschule gründete. Über sein künstlerisches Schaffen und seine pädagogische Arbeit bilanzierte er:

„Geometrische und rhythmische Formen, Probleme der Proportionen und der expressiven Bildkomposition wurden durchgearbeitet. Neu waren die Aufgaben mit Texturen und das Ausarbeiten der subjektiven Formen. Neben der Lehre von den polaren Kontrasten brachten die Übungen zur Lockerung und Konzentration der Schüler erstaunliche Erfolge. Der schöpferische Automatismus wurde von mir als einer der wichtigsten Faktoren künstlerischen Schaffens erkannt. Ich selbst arbeitete an geometrisch-abstrakten Bildern, die auf sorgfältigen Bildkonstruktionen beruhten“

Itten[2]

In der Stadt an der Donau lernte der Künstler Walter Gropius kennen, der ihn 1919 als einen der ersten Lehrer an das Staatliche Bauhaus in Weimar berief. Itten war am Bauhaus von 1919 bis 1923 als künstlerischer Leiter (Formmeister mehrerer Werkstätten) tätig und prägte es durch den zusammen mit Gertrud Grunow aufgebauten Vorkurs. Vorübergehend war er auch Dozent für Wand- und Glasmalerei.

Nach Meinungsverschiedenheiten mit Walter Gropius schied Itten 1923 aus dem Bauhaus aus, um sich 1923 bis 1926 in Herrliberg bei Zürich der Mazdaznan-Tempel-Gemeinschaft anzuschliessen. Dort gründete er die Ontos-Kunstschule für Naturstudium, Komposition, Form- und Farblehre und Graphik sowie die Ontos-Werkstätten für Handweberei, Smyrna-Teppichknüpferei und Gobelins.[3]

1926 bis 1934 führte Itten eine eigene Schule in Berlin, 1932 bis 1938 die Höhere Fachschule für Textile Flächenkunst in Krefeld. Daneben wirkte er als Gastdozent an der Kunstgewerbeschule Stettin und war gemeinsam mit deren Leiter Gregor Rosenbauer Initiator der von 1930 bis 1933 bestehenden Künstlergruppe Das Neue Pommern.[4] Nach der Schliessung der beiden von Itten geführten Schulen durch die Nationalsozialisten wurde er 1938 Direktor der Kunstgewerbeschule Zürich, der heutigen Zürcher Hochschule der Künste. Ab 1943 leitete er die Textilfachschule und von 1952 bis 1956 das Museum Rietberg.

Johannes Itten und seine Frau Anneliese haben eine Tochter, die Prähistorikerin Marion Lichardus-Itten. Sie ist Präsidentin der Johannes-Itten-Stiftung.[5]

Ittens Farbtheorie

Farbkreis nach Johannes Itten (1961)

Durch seine Lehrtätigkeit und die Arbeit mit Studenten am Bauhaus wurde Johannes Itten zum Begründer der Farbtypenlehre. Itten betrieb neben seiner Lehrtätigkeit als Kunstmaler am Bauhaus Weimar auch Untersuchungen zur Wirkung von Farben. Dabei interessierte ihn als Maler das Zusammenwirken von Form und Farbe. Sowohl die Zuordnung von Farben zu Formen als das umgekehrte Verhalten brachte ihm bei der Zusammenarbeit mit seinen Schülern weiterführende Kenntnisse, die in seine Theorie einflossen.

Johannes Itten hat eine Farbenlehre (Hauptwerk: Kunst der Farbe) aufgestellt. Die ursprünglich von seinem Lehrer Adolf Hölzel entwickelte und später von Itten ausgearbeitete Theorie der „Sieben Farbkontraste“ wird an verschiedenen Kunsthandwerk- und Kunsthochschulen gelehrt.[6] Eine wichtige Vorarbeit zu Kunst der Farbe (1961) war der Vorkurs „Analysen alter Meister“. Er wurde zusammen mit der „Farbenkugel in 12 Tönen und 7 Lichtstufen“ in der Publikation „Utopia“ 1921 in Weimar veröffentlicht.

Religion

Itten war bekanntester Anhänger des Mazdaznan, einer durch Otoman Zar-Adusht Ha’nish begründeten Mischlehre aus zarathustrischen, christlichen und hinduistischen Elementen. So gestaltete Itten als seinen Beitrag zum ersten Bauhaus-Portfolio, zu dem auch Lyonel Feininger, Paul Klee, Lothar Schreyer, August Macke, Franz Marc, Heinrich Campendonk, George Grosz, Otto Gleichmann und Wassily Kandinsky beitrugen, ein Zitat

„Haus des Weissen Mannes: Gruss und Heil den Herzen welche von dem Licht der Liebe erleuchtet und weder durch Hoffnungen auf einen Himmel noch durch Furcht vor einer Hölle irregeleitet werden“

O.Z.Hanisch[7].

Werke

  • Johannes Itten: Analysen alter Meister. In: Bruno Maria Adler (Hrsg.): Utopia. Dokumente der Wirklichkeit. Utopia, Weimar 1921.
  • Johannes Itten: Kunst der Farbe, Otto Maier. Ravensburg 1961. (Nachauflagen)
  • Johannes Itten: Mein Vorkurs am Bauhaus, Gestaltungs- und Formenlehre. Otto Maier, Ravensburg 1963 (Nachauflagen)
  • Johannes Itten: Elemente der Bildenden Kunst. Studienausgabe des Tagebuchs. E. A. Seemann, Leipzig 2002, ISBN 3-363-00777-9.

Literatur

  • Harald Küppers: Schnellkurs Farbenlehre. Die historische Entwicklung. DuMont, Köln 2005, ISBN 3-8321-7640-3. Zu Johannes Itten S. 61 ff.
  • Harald Küppers: Harmonielehre der Farben. DuMont, Köln 2000, ISBN 3-7701-2192-9. Zu Johannes Itten S. 221 ff.
  • Willy Rotzler: Johannes Itten Werke und Schriften. Orell Füssli, Zürich 1972, ISBN 3-280-00008-4. (Werkverzeichnis aller ca. 1200 Werke).
  • Christoph Wagner: Das Bauhaus und die Esoterik: Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee. Kerber, Bielefeld/Leipzig 2005, ISBN 3-938025-39-5.
  • R. K. Wick: Johannes Itten. Kunstpädagogik als Erlebnispädagogik? Ed. Erlebnispädagogik, Lüneburg 1997, ISBN 3-89569-021-X.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. R. K. Wick: Johannes Itten. Kunstpädagogik als Erlebnispädagogik? Lüneburg 1997, S.18 f.
  2. Johannes Itten: Mein Vorkurs am Bauhaus, Gestaltungs- und Formenlehre. Otto Maier, Ravensburg 1963, S. 9
  3. R. K. Wick: Johannes Itten. Kunstpädagogik als Erlebnispädagogik? Lüneburg 1997, S. 21.
  4. Waldemar Diedrich: Frag mich nach Pommern. Gerhard Rautenberg, Leer 1987, S. 160.
  5. http://infocube.ch/de/p/5650246/lichardus-itten-marion
  6. Kritik der Farbenlehre von Johannes Itten/ Bilder farbig
  7. Quelle des Zitates

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