Johannes Nider

Johannes Nider

Johannes Nider (* vor 1385 in Isny im Allgäu[1]; † 13. August 1438 in Nürnberg) war ein deutscher Theologe und Angehöriger des Dominikaner-Ordens. Als Kirchenreformer wird er zu einer der führenden Gestalten der Observanzbewegung gerechnet.

Sein um 1435/37 in lateinischer Sprache erschienenes Werk Formicarius bildet innerhalb der Geschichte der Hexenverfolgungen ein wichtiges Zeugnis, da Nider sich zu den abergläubischen Vorstellungen des ausgehenden Mittelalters über Hexerei, Nigromantie (Totenbeschwörung) und Besessenheit äußert. [2] Der ausschließliche Bezug von Niders Werk auf die Hexerei wurde allerdings vor allem in dessen Rezeption gemacht, da der Formicarius im ausgehenden 15. Jahrhundert und später häufig zusammen mit dem Hexenhammer abgedruckt wurde.[3]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Niders Vater, ein Flickschuster, starb sehr früh. Seine ersten Schuljahre verbrachte er vermutlich im lokalen Benediktinerklosters. 1402 trat er in den reformierten Dominikanerkonvent in Colmar im Elsass ein. Nider kam kurz darauf nach Worms und nach Strassburg, wo er vermutlich auf Johannes Mulberg traf. Ab 1422 studierte er in Köln und Wien und promovierte 1425 [4] und wurde 1428 Prior des Dominikanerklosters in Nürnberg. Nachdem Nider Köln verlassen hatte, wurde er auf das Konstanzer Konzil geschickt; dort kam er mit den Hussiten in Berührung. Der Hinrichtung von Jan Hus 1415 hat er vermutlich nicht beigewohnt, wohl aber anderen Hinrichtungen. Nach Ende des Konstanzer Konzils 1418 ging Nider möglicherweise nach Italien, wo er als Reformer tätig war, doch sein genauer Aufenthaltsort zu dieser Zeit ist unklar [5]; es folgt die Promotion in Wien 1425. Zwischen 1427 und 1429 war er Prior in Nürnberg, danach kommt er nach Basel, wo er die Observanz leiten soll. 1429 wurde er Prior des Basler Konvents, das er den Teilnehmern des Basler Konzils als Verhandlungsort zur Verfügung stellte und dessen Eröffnungsprediger er war. Er war eine der ganz wichtigen Figuren an diesem Konzil, in dessen Kontext auch sein Formicarius anzusiedeln ist: Er hat das Werk nach seiner Basler Zeit in Wien verfasst, wo er seit 1434 als Professor der Theologie wirkte; 1436 wurde er Dekan der dortigen theologischen Fakultät. Nider starb in Nürnberg am 13. August 1438.

Nider bemühte sich mit verschiedenen Schriften und Handbüchern um die Reform des Säkularklerus und erlangte Ansehen durch seinen Einsatz für die Kirchenreform und im Kampf gegen die Hussiten. Er war zeit seines Lebens ein eifriger Reformator der Klöster seines Ordens und ein Verfechter der "strikten Observanz". Er forderte auch von Laien ein Leben nach dem mönchischen Idealen. Sein Hauptwerk, der Formicarius (dt. Der Ameisenstaat), war eine der meistbenutzten Zitatenquelle im Hexenhammer des Heinrich Institoris, handelt aber nicht nur von Hexerei, sondern auch von anderen Themen, die den Klerus der Zeit und besonders die Reformer beschäftigten.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Bailey, Michael D.: Battling Demons. Witchcraft, Heresy and Reform in the Late Middle Ages, Pennsylvania 2003 (Magic in History), S. 14
  2. „Nider, Johannes“, aus: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin Moeller u. Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net (Seitenabruf am 26. Februar 2008)
  3. Bailey, Michael D.: Battling Demons. Witchcraft, Heresy and Reform in the Late Middle Ages, Pennsylvania 2003 (Magic in History), S. 3
  4. Bettina Wagner: Nider, Johannes OP, in: Lexikon des Mittelalters, Band 6, München 2003, Spalte 1136 gibt 1426 als Promotionsjahr an
  5. Bailey, Michael D.: Battling Demons. Witchcraft, Heresy and Reform in the Late Middle Ages, Pennsylvania 2003 (Magic in History), S. 17

Werke

  • De reformatione religiosorum seu status coenobitici
  • Vier und zwanzig guldin Harfen
  • De saecularium religionibus
  • De paupertate perfecta
  • Manuale confessorum
  • Praeceptorium divinae legis
  • Tractatus de morali lepra
  • De vigore consuetudinis et dispensatione canonica
  • De abstinentia esus carnium
  • Consolatorium timoratae conscientiae. - Köln : Drucker des Pseudo - Augustinus, De fide (GW 2953), um 1473. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Dispositorium moriendi
  • Tractatus de vera et falsa nobilitate
  • Tractatus de contractibus mercatorum (zur allgemeinen Seelsorge)
  • Formicarius
  • Contra heresim hussitarum (zur Hussitenfrage)
  • G.G.D. Mansi, Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio, 1757-98, Bd. 29, S. 441-44. 613-17. 633-34. 643-44) (Briefsammlung)
  • Sermones totius anni et de sanctis cum quadragesimali
  • Ein Verzeichnis der Schriften Niders sowie einen Überblick über die handschriftliche Überlieferung und die Drucke in: Thomas Kaeppeli, Scriptores Ordinis Praedicatorum medii aevi, Bd. 2, 1975, S. 500-15.

Literatur

Lexika

  • Michael D. Bailey: Nider, Johannes, in: Richard M. Golden (Hg.), Encyclopedia of Witchcraft, Santa Barbara, California 2006, Seite 826–828
  • Eugen Hillenbrand: Nider, Johannes O.P., in Kurt Ruh (Hg.), Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon, Band 6, 2. Auflage Berlin 1987, Spalte 971–977
  • Peter Segl: Johannes Nider, in: Neue Deutsche Biographie, Band 19, Berlin 1999, Seite 211ff.

Aufsätze und Bücher

  • Bailey, Michael D.: Battling Demons. Witchcraft, Heresy and Reform in the Late Middle Ages, Pennsylvania 2003 (Magic in History)
  • Andreas Blauert: Frühe Hexenverfolgung. Ketzer-, Zauberei- und Hexenprozesse des 15. Jahrhunderts, Hamburg 1989
  • Gábor Klaniczay: Entre visions angéliques et transes chamaniques: le sabbat des sorcières dans le Formicarius de Nider, in: Médiévales 44/2003, Seite 47-72 (Online verfügbar)
  • Gábor Klaniczay: The Process of Trance, Heavenly and Diabolic Apparitions in Johannes Nider’s Formicarius, in: Discussion Paper Series 65/2003, Seite 2–81 (Online verfügbar)
  • Werner Tschacher: Der Formicarius des Johannes Nider von 1437/38. Studien zu den Anfängen der europäischen Hexenverfolgungen im Spätmittelalter, (= Berichte aus der Geschichtswissenschaft), (Zugl.: Aachen, Techn. Hochsch., Diss., 1998), Aachen 2000 ISBN 3-8265-8141-5

Weblinks



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