John Cassavetes

John Cassavetes

John Cassavetes (griechisch Γιάννης Νικόλαος Κασσαβέτης; * 9. Dezember 1929 in New York City; † 3. Februar 1989 in Los Angeles) war ein US-amerikanischer Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Schauspieler. Er gilt als Begründer der Independent-Film-Szene der USA.

Inhaltsverzeichnis

Werk

John Cassavetes (eigentl. Ioannis Kassavetis) gilt als der geistige Vater des amerikanischen Independentfilms. Mit Filmen wie Schatten, Gesichter und Ehemänner wurde er in den 1960er Jahren zum eigenwilligen und innovativen Einzelgänger unter den neuen amerikanischen Filmemachern. Eine ungewohnt bewegte Handkameraführung, gelegentliche Unschärfen, bescheidener Umgang mit Kunstlicht, Bevorzugung von Originalschauplätzen und plötzlich abbrechende Szenen zeichneten Cassavetes Arbeitsstil aus und waren häufig die Konsequenz eines beschränkten Budgets und seiner Abneigung, die Technik über die Darsteller zu stellen. Andernorts wirkt die Kamera wie liegengelassen, betrunken oder neugierig. So gerne er Laien als Darsteller einsetzte, weil sie noch nicht so von der Arbeitsweise Hollywoods geprägt waren, so sehr setzte er auch Menschen für technische Aufgaben ein, die wenig Erfahrung hatten, damit sie ihm und seiner Inszenierung nicht im Weg standen.

Das wichtigste Element in Cassavetes Filmen waren die Schauspieler. Ein Schauspieler musste sich seiner Rolle völlig hingeben. Dafür waren ihm viele Mittel recht und so arbeitete er auch manipulativ, schrie die Darsteller an und spielte sie gegeneinander aus. Er ließ sie sich dafür ihre Rollen selbst erarbeiten und nannte dies Improvisation. Improvisation bedeutet für ihn aber nicht, dass es kein Drehbuch gegeben hätte oder die Dialoge improvisiert gewesen wären. Es ging viel mehr darum, dass er als Regisseur nicht den Darstellern vorzuschreiben hat, wie sie ihre Rolle zu sehen und zu spielen hätten. Die Richtung, in die sich so die Figuren entwickelten, führte oft dazu, dass Cassavetes die Drehbücher daran anpasste. Die meisten seiner Darsteller waren Freunde, frühere Kollegen von der Schauspielschule, Laien und Familienangehörige. Peter Falk, Seymour Cassel, Ben Gazzara und Gena Rowlands (mit der Cassavetes von 1954 bis zu seinem Tod verheiratet war) – um nur die Bekanntesten zu nennen. Cassavetes konnte dem Hollywoodstil wenig abgewinnen. Aufgrund seiner unkonventionellen Arbeitsweise und vielmehr noch wegen seiner rebellischen Art ist Cassavetes immer wieder mit Studiobossen und Geldgebern aneinandergeraten.

Cassavetes' Filme handeln von ganz normalen Leuten. Seine Figuren bewegen sich außerhalb der etablierten Kategorien von Gut und Böse. Er akzeptierte seine eigenen Schwächen, wie er die Schwächen seiner Figuren akzeptierte. Sie müssen ihr Leben nicht in Ordnung bringen, Unfähigkeit zur Kommunikation und emotionale Verwirrung werden nicht als Vorwurf dargestellt. Der Zuschauer erkennt sich selbst, ohne Schuld- oder Schamgefühle. Cassavetes befreite seine Filme von den Idealen wie Schönheit, Heldentum, Reinheit und Tugend. Er war ein Poet des Nichtperfekten und seine Kunst erzählt von dem, wie es ist – nicht von dem, wie es sein sollte.

Zitate

„Sagt was ihr seid. Nicht, was ihr gern wärt, und auch nicht, was ihr sein müsstet. Sagt einfach, was ihr seid. Das ist allemal genug.“

John Cassavetes

„Ich mache gern schwierige Filme, bei denen die Leute schreiend rauslaufen. Ich bin schließlich nicht in der Unterhaltungsbranche.“

John Cassavetes

„Niemand konnte arbeiten wie er. Niemand hat auch nur eine Ahnung, wie man so arbeiten kann wie er.“

Ben Gazzara[1]

Filmografie (Auswahl)

Regie

Darsteller

  • 1955: Die Nacht ist voller Schrecken (The night holds terror) – Regie: Andrew L. Stone
  • 1956: Ein Mann besiegt die Angst (Edge of the city) – Regie: Martin Ritt
  • 1956: Entfesselte Jugend (Crime in the streets) – Regie: Don Siegel
  • 1957: Vom Teufel geritten (Saddle the wind) – Regie: Robert Parrish
  • 1958: Schatten (Shadows)
  • 1962: Ein Kind wartet (A Child is waiting)
  • 1964: Der Tod eines Killers (The Killers) – Regie: Don Siegel
  • 1967: Das dreckige Dutzend (The Dirty Dozen) – Regie: Robert Aldrich
  • 1967: Rebellen in Lederjacken (Devil’s angels) – Regie: Daniel Haller
  • 1968: Die Unschlagbaren (Gli intoccabili) – Regie: Giuliano Montaldo
  • 1968: Mord auf der Via Veneto (Roma come Chicago) – Regie: Alberto di Martino
  • 1969: Rosemaries Baby (Rosemary's Baby) – Regie: Roman Polanski
  • 1969: So reisen und so lieben wir (If It's Tuesday, This Must Be Belgium) – Regie: Mel Stuart
  • 1971: Ehemänner (Husbands)
  • 1972: Columbo: Etude in Schwarz (Columbo: Etude in black)
  • 1973–1976: Mikey und Nicky (Mikey und Nicky) – Regie: Elaine May
  • 1975: Capone – Regie: Steve Carver
  • 1976: Zwei Minuten Warnung (Two-minute warning) – Regie: Larry Peerce
  • 1977: Opening Night
  • 1977: Ein ganz besonderer Ort (A very spezial place) – Regie: Richard Donner
  • 1978: Verstecktes Ziel (Brass Target) – Regie: John Hough
  • 1978: Teufelskreis Alpha (The Fury) – Regie: Brian de Palma
  • 1980: Ist das nicht mein Leben? (Whose life is it anyway?) – Regie: John Badham
  • 1981: Incubus – Mörderische Träume (The Incubus) – Regie: John Hough
  • 1982: Der Sturm (Eine überraschende Komödie) (Tempest) – Regie: Paul Mazursky
  • 1984: Love Streams

Drehbuch

Literatur

  • Andrea B. Braidt, Elisabeth Büttner (Hrsg.): John Cassavetes: filmmaker, Wien [u.a.], Böhlau, 2009.
  • Ray Carney (Hrsg.): Cassavetes über Cassavetes, Verlag der Autoren, 2003. ISBN 3-88661-256-2
  • Anja Streiter: Das unmögliche Leben. Filme von J. C. Traversen 2. Berlin: Vorwerk 8. ISBN 3-930916-04-5
  • Andrea Lang, Bernhard Seiter (Hrsg.): John Cassavetes – Director, PVS Verleger, Wien, 1993. ISBN 3-901196-064
  • Georg Alexander, John Cassavetes, Wolfgang Jacobsen, Peter W. Jansen, Christa Maerker: John Cassavetes, Carl Hanser Verlag, Reihe Film 29, München, Wien, 1983.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Oliver Baumgarten, Nikolaj Nikitin: Film ist Flitterwochen; Interview mit Ben Gazzara (etwa 2003).

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