Juan de la Cierva

Juan de la Cierva
Portrait von Juan de la Cierva y Codorniu

Juan de la Cierva y Codorniu (* 21. September 1895 in Murcia; † 19. Dezember 1936 in der Nähe von London) war ein spanischer Ingenieur und Luftfahrtpionier.

De la Ciervas Forschungen haben maßgeblich zur Entwicklung des Hubschraubers beigetragen, der den von ihm entwickelten Autogiro ab dem Zweiten Weltkrieg ersetzte. Inzwischen werden Tragschrauber wieder vermehrt vor allem von Hobbypiloten eingesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Juan de la Cierva wurde als Sohn des Rechtsanwaltes, Bürgermeisters von Murcia und Kriegsministers der zweiten spanischen Republik Don Juan de La Cierva y Peñafiel, geboren. Am 10. Dezember 1918 heiratete er María Luisa Gómez Acebo und wurde Vater von sechs Kindern. Bereits im Alter von 16 Jahren berechnete und konstruierte er Flugzeuge.

Flugzeugbau

1910 begann Cierva mit seinen Freunden José Barcala und Pablo Díaz den Bau von Flugzeugen. Die drei gründeten gemeinsam die Firma B.C.D (für Barcala, Cierva und Díaz) in Madrid. Bereits in den Jahren 1911 bis 1913 baute B.C.D. Doppeldecker (BCD1 und BCD3) sowie einen Mitteldecker (BCD2) mit Umlaufmotoren der Firma Gnome aus Frankreich. In der Zeit von 1913 bis 1919 absolvierte Cierva ein Ingenieurstudium im Straßen-, Kanal- und Hafenbau.

Die gemeinsame Firma B.C.D präsentierte 1918 mit der BCD El Cangrejo ein dreimotoriges Flugzeug. Dieses war mit drei rot lackierten Motoren der Firma Hispano-Suiza bestückt, von denen jedes Triebwerk eine Leistung von 320 PS erbrachte. Das Flugzeug erreichte bei einem Abfluggewicht von rund fünf Tonnen eine Flughöhe von 6000 Metern und eine Reisegeschwindigkeit von 160 km/h. Es wurde am 8. Juni 1919 durch einen Pilotenfehler zerstört. Anschließend erwarb Juan de la Cierva eine eigene Fluglizenz.

Autogiro

1920 reiften erste Ideen zum Bau des Autogiro, eines Tragschraubers. Das Projekt C.1 begann. Am 20. Juni 1920 erfolgte der Eintrag in das Patentregister sowie der Eintrag der Marke Autogiro. Ein wesentlicher Teil des Patentes war das Schlaggelenk. Etliche seiner Projekte führte Cierva gemeinsam mit dem britischen Flugzeughersteller Avro durch.

Bei der starren Blattaufhängung kippten die Versuchsmodelle seitwärts zum rücklaufenden Blatt hin ab. Er setzte daher Schlaggelenke quer zur Längsrichtung des Rotorblatts ein, die dessen Kippen nach oben und unten ermöglichen. Die im ersten Autogiro C.6 eingesetzten Schlaggelenke werden bis heute prinzipiell unverändert eingesetzt. Einige modernere Entwürfe begegnen dem Blattschlagen durch elastische Lagerung in der Blattwurzel in Kombination mit elastischeren Rotorblättern aus Verbundwerkstoffen. Erst die Erfindung der drehbar gelagerten Rotorblätter mit verstellbarem Anstellwinkel, die Juan de la Cierva für seine Autogiros gemacht hatte, machte die Entwicklung ernst zu nehmender Hubschrauber möglich.

In den anschließenden Jahren folgte der Bau der Versuchsgeräte C.2 und C.3, die sich als instabil erwiesen, bis am 17. Januar 1923 bei einem Testflug der C.4-Serie der spanische Militärpilot Gómez Spencer die Flugfähigkeit beweisen konnte.

Der erste Tragschrauber von Cierva, den man als wirklich flugfähig bezeichnen konnte, flog dann am 31. Januar 1923 am Flughafen Cuatro Vientos, in der Nähe von Madrid, wieder mit Oberleutnant Gomez Spencer am Steuer, einen Kreis von vier Kilometern in 3 Minuten und 30 Sekunden. Am 12. Dezember 1924 folgte ein Tragschrauber des Typs C.6 mit einem 110 PS-Motor und einem Gesamtgewicht von 780 Kilogramm, diesmal unter Führung von Leutnant Loriga. Er startete vom selben Flugplatz und flog zum Flughafen Getafe, eine Entfernung von 12 Kilometern. Juan de la Cierva konnte dann am 18. September 1928 mit dem Autogiro Cierva C.8.II in einer Höhe von 1200 Metern und mit einer Flugdauer von insgesamt 18 Minuten den Ärmelkanal zwischen Lymphe und Calais (rund 40 Kilometer) überfliegen. Bei den hierbei durchgeführten Landungen bewies de la Cierva, dass man mit seinem Tragschrauber beim Landeanflug jeden Anflugwinkel zwischen 15 und 80 Grad zur Waagerechten einnehmen kann und sich somit die Landestrecke erheblich reduzieren ließen. Der Abstand zwischen Aufsetzpunkt und Ausrollstrecke betrug dabei nie mehr als 3 Meter, obwohl der Autogiro jeweils seinen steilen Sinkflug wie ein normales Flugzeug fortsetzte und erst kurz vor dem Aufsetzpunkt aus einer Höhe von 1 bis 2 Metern abgefangen wurde.

Der Tragschrauber demonstrierte hierbei überzeugend, dass er niemals in die Phase eines Strömungsabrisses kam, wie er bei Flächen-Flugzeugen üblich ist. Jedoch benötigte er beim Start weiterhin eine längere Startstrecke als bei der Landung, weil die Rotoren nicht schnell genug in die nötige Rotation zu bringen waren. Ein weiteres Problem war der Start auf einer unebenen Startbahn, weil hierbei die Rotorblätter häufig das Leitwerk berührten und dieses beschädigten. 1929 entwickelte de la Cierva ein Leitwerk, das vor den Rotorblättern geschützt war. Im selben Jahr noch wurde von seinem amerikanischen Partner eine Vorrichtung entwickelt, die beim Start den Rotor schneller antrieb und somit die Startbahn auf 10 bis 20 Meter verringerte. Wesentlicher Bestandteil dabei war, dass beim Erreichen der Auftriebsgeschwindigkeit der Rotorantrieb abgestellt wurde und der Tragschrauber wie zuvor weiter fliegen konnte.

Noch im gleichen Jahr startete der Bau der Variante C.5 mit einem Dreiblatt-Rotor, um am Ende des Jahres bereits in die nächste C.6-Serie zu starten. 1924 präsentierte de la Cierva auf dem Aerosalon (Salon International de l'Aéronautique) in Paris die C.40 mit einem 420 PS-Umlaufmotor. Mit einer Steigleistung von 10 m/s, einer Gipfelhöhe von 6000 Metern, einer Reisegeschwindigkeit von 230 km/h sowie einer Reichweite von 530 Kilometern erregte das Modell großes Interesse bei den internationalen Militärs. Am 12. Dezember 1924 erfolgte der Erstflug der Cierva C.6-B. Der Einsitzer legte in nur acht Minuten eine Strecke von 10,5 Kilometern zurück.

Auslandsprojekte

Cierva wanderte 1925 nach England aus und gründete dort die Cierva Autogiro Company of Great Britain Ltd. mit Sitz in Southampton. Im Oktober erhielt das Modell C.6-C als Zweisitzer eine Zivilzulassung mit dem Kennzeichen G-EBTW. 1926 wurden die ersten C.6 an die Royal Air Force in England ausgeliefert.

1928 legte Cierva mit der Gründung der Autogiro Co. of América in den USA, finanziell unterstützt vom flugbegeisterten Multimillionär Harold Frederick Pitcairn, der auch als Namensgeber der Produktion unter der Abkürzung PCA stand, den Grundstein für die Serienproduktion der Baureihe PCA-2 in den USA. Die 300 PS starken Maschinen absolvierten Flüge nach Mexico und Kuba.

Autogiro Pitcairn PCA-2.

Am 29. Juli 1926 startete die C.6D zum ersten Flug, um bereits einen Tag später den ersten Flug mit zwei Personen durchzuführen; Juan de la Cierva selbst war der Passagier. Auch andere Nationen zeigten zu dieser Zeit Interesse an diesem Gerät: im selben Jahr am 5. September 1926 flog Ernst Udet die Cierva C.6D in Berlin auf dem Flugplatz Tempelhof. C.6D gebaut in England gilt als erster zweisitziger Autogiro der Welt. Wegen der höheren Nutzlast wurde ein stärkeres Triebwerk als bei den Vorgängertypen, ein sogenannter Clerget-Motor mit 97 kW (132 PS) eingebaut. Die Steuerung war nur vom hinteren Sitz aus möglich.

1932 wurde die Cierva Autogiro GmbH in Berlin gegründet. In den folgenden Jahren bis 1938 baute die Firma Focke-Wulf unter der Lizenz der Cierva Autogiro GmbH insgesamt 43 Tragschrauber des Typs C30. Bekannt wurde diese Maschine unter dem Namen Heuschrecke. 1933 begann die Auslieferung des Typs C.30 an Endkunden in Frankreich, Schweden, Holland, Österreich, Australien, Schweiz, Japan und Deutschland. Nur ein Jahr später gründete Cierva mit der Lioré & Olivier eine Produktionsfirma in Frankreich. Ende 1936 veröffentlichte Juan de la Cierva die Publikation „Theory of Stresses on Autogiro Rotor Blades“.

Er starb kurz danach, am 19. Dezember 1936, im Alter von nur 41 Jahren, bei dem Absturz eines Linienflugzeugs auf dem Flugplatz von Croydon in der Nähe von London.

Auszeichnungen und Ehrungen

International

  • Medalla de Oro de la Federación Aeronáutica Internacional.
  • Gran Prix Scientifique de l'Air, 1925, de la Société Française de la Navigation Aérienne.
  • Miembro de la Société Française de Locomotion Aérienne.
  • Miembro honorario de la A.I.D.A., Italia.
  • "Fellow" de la Royal Aeronautical Society, Inglaterra.
  • Socio de honor del Aero Club Brasileño.
  • Medalla de John Scott, del Board of Directors of City Trust, Filadelfia, USA.
  • Caballero de la Orden de Léopold, Bélgica.
  • Caballero de la Legión de Honor, Francia.
  • Medalla de Oro de la Wakefield, concedida por la Royal Aeronautical Society (1934).
  • Grand Prix Academie des Sports (Fundation "Henry Deutsch de la Meurthe", 1928).
  • Socio de honor de los Aero Clubs de Gran Bretaña, Alemania, Francia y Bélgica.
  • Prix Latham, 1928, del Aero Club de Francia, por el viaje en Autogiro Londres-París (primera travesía del Canal de la Mancha).

Spanien

Monument Juan de la Cierva (Murcia).
  • Premio de la Fundación Duque de Alba.
  • Banda de la Orden de la República.
  • Medalla de Oro del Trabajo, 1930.
  • 1936, Premio de la Fundación Deu y Mata.
  • Miembro de honor de la Asociación de Ingenieros Aeronáuticos.
  • Medallas de Oro de las ciudades de Madrid y Murcia.

Postum

  • 1937, a título póstumo, Medalla de Oro de la Royal Aeronautical Society, Inglaterra.
  • 1937 bis 1940 wurde in Spanien eine Zwei-Peseten-Briefmarke herausgegeben, die einen Autogiro von Juan de la Cierva hoch über der Hauptstadt zeigt.
  • in Murcia wurde ein Monument zu Ehren von Juan de la Cierva errichtet.
  • 2003 wurde in Madrid eine Metro-Station in Betrieb genommen, die seinen Namen trägt.

Exponate

Einige Fluggeräte sind heute noch zu besichtigen. So findet sich im Museo de Aeronautica y Astronautica in Madrid ein Cierva C19 Mk IV Autogiro von 1932. Im Musée de l'Air et de l'Espace am Flughafen Le Bourget bei Paris stehen als Exponate ein Cierva C 8 Autogiro und ein Cierva CB 11 mit der Zulassung G-EBYY. Weitere Exponate finden sich im Royal Air Force Museum in Hendon.

Fotogalerie

Dokumente

Literatur

  • T. Martín-Barbadillo: El Autogiro, ayer, hoy y mañana. «Avión», Madrid 1935 enero 1956 y enero-abril 1963
  • Engelbert Zaschka: Drehflügelflugzeuge. Trag- und Hubschrauber. C.J.E. Volckmann Nachf. E. Wette, Berlin-Charlottenburg 1936
  • E. García Albors: Juan de la Cierva y su autogiro. Aeronática, Aviación, Aviones, Helicópteros. Bibl., Madrid 1965
  • Peter W. Brooks: Cierva Autogiros. Smithsonian Institution Press, Washington 1988
  • José Warleta: Autogiro. Juan de la Cierva y su obra. Colección Cultura y Ciencia, Instituto de España

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Juan de la Cierva – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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