An diesem Dienstag

An diesem Dienstag

An diesem Dienstag ist eine Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert, die dieser im November 1947 kurz vor seinem Tod verfasste. Die Geschichte gilt wie die andere Kurzgeschichte Das Brot als Klassiker und wird häufig im Deutschunterricht behandelt. Die Kurzgeschichte war namensgebend für Borcherts zweiten Erzählband. Er hatte zuvor bereits eine Reihe seiner Kurzgeschichten im Erzählband Die Hundeblume veröffentlicht.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt und antithetischer Aufbau

Auf eine dreizeilige Präambel folgen 9 Einzelszenen, die antithetisch aufeinanderfolgen. Die Präambel lautet:

Die Woche hat einen Dienstag.
Das Jahr ein halbes Hundert.
Der Krieg hat viele Dienstage.

Jede Einzelszene beginnt mit dem Satz An diesem Dienstag. Geschildert wird abwechselnd eine Szene in der Heimat und eine Szene an der Ostfront. In der ersten Szene sitzt Ulla in einer Klasse mit 42 Mädchen und muss ein Diktat üben. Sie schreibt unter anderem den Satz Im Kriege sind alle Väter Soldat, baut allerdings einen Rechtschreibfehler ein. Sie schreibt Krieg mit ch, was von der Lehrerin prompt mit den Worten Krieg wird mit g geschrieben. G wie in Grube korrigiert wird. Ulla soll nun als Strafe den Satz zuhause zehnmal in ihr Heft schreiben. Zusammen mit der letzten Szene, wo Ulla diese Arbeit vornimmt, bildet dies eine äußere Klammer für die Kurzgeschichte.

In den einzelnen Episoden wird nun das Kriegserleben in der Heimat und an der Ostfront thematisiert. Der Vater von Ulla dient als Hauptmann an der Ostfront, auf seine Geschichte gehen die Augenblicksbilder 2, 4, 6 und 8 näher ein. In der zweiten Episode erfahren wir durch ein Gespräch zwischen dem Bataillonskommandant und Leutnant Ehlers, dass Hesse krank geworden ist. Ehlers selbst wird befördert und nimmt nun die Stelle von Hesse ein. Sein Bataillonskommandant warnt ihn noch vor Scharfschützen und bittet Ehlers darum seinen Leuten einzuschärfen, sich keine Zigarette anzuzünden. Sie würden damit ein zu leichtes Ziel für die Scharfschützen des Gegners. Auf dem Weg zu seiner neuen Truppe zündet sich Ehlers eine Zigarette an und wird direkt erschossen. In Episode 4 wird Hesse bereits mit Verdacht auf Fleckfieber in das Seuchenlazarett Smolensk eingeliefert. Zu diesem Zeitpunkt ist er bereits besinnungslos und in Episode 6 unterhalten sich zwei Ärzte über die hohe Mortalitätsrate im Lazarett. In Episode 8 ist Hesse bereits tot und wird von zwei Krankenträgern nach draußen getragen und dort in den Schnee zu den anderen Leichen geworfen.

In den Episoden 1, 3, 5, 7 und 9 wird demgegenüber das Kriegserleben und Leben in der Heimat geschildert. In Episode 3 überlegen Herr Hansen und seine Sekretärin, was sie dem guten Hesse denn nun als Geschenk an die Ostfront schicken könnten. Sie kommen darauf, ihm Zigaretten und Literatur zu schicken. In Episode 5 erhält Frau Hesse einen Brief von ihrem Mann, in dem er ihr von seiner Beförderung zum Hauptmann berichtet. Als Frau Hesse den Brief liest, liegt ihr Mann bereits schwer krank im Seuchenlazarett. In Episode 7 besucht sie die Oper. An der Ostfront ist ihr Mann dann bereits tot.

Die Szenen werden kontrastiv gegenübergestellt; die Kurzgeschichte lebt von solchen pointierten Kontrasten. Sie verdeutlichen damit sowohl die Grausamkeit des Krieges, zeigen aber auch, dass das Kriegserleben in der Heimat nicht mit den Schrecken an der Front Schritt halten kann.

Wichtige Elemente und Motive

Die kontrastive Gegenüberstellung der Szenen, abwechselnd Heimat und Front sowie die Wiederholung „An diesem Dienstag“ zu Beginn jeder Episode gemeinsam mit der äußeren Klammerfunktion der Szenen eins und neun (Ulla in der Schule und bei der Arbeit an den Schulaufgaben) sind wichtige Elemente dieser Kurzgeschichte. Wichtig erscheint auch der Kontrast zwischen „An diesem Dienstag“ und „alle Väter“.

Auch der Titel An diesem Dienstag kann symbolisch aufgefasst werden. So verweist Werner Bellmann darauf, dass sich der Wochentag Dienstag vom lateinischen martis dies ableitet, dem Tag des Kriegsgottes Mars.[1]

Literatur

  • Wolfgang Borchert: An diesem Dienstag. In: Klassische deutsche Kurzgeschichten. Hrsg. von Werner Bellmann. Stuttgart: Philipp Reclam jun. 2003 (RUB 18251) S. 25-29.
  • Werner Bellmann: Wolfgang Borchert: „An diesem Dienstag“. In: Werner Bellmann (Hrsg.): Klassische deutsche Kurzgeschichten. Interpretationen Reclam, Stuttgart 2004 (Reclams Universal-Bibliothek 17525), ISBN 978-3-15-017525-5, S. 39–45.

Einzelnachweise

  1. Werner Bellmann: Wolfgang Borchert: „An diesem Dienstag“, S. 42–43.

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