Juristenmonopol

Juristenmonopol

Als Juristenmonopol oder auch Juristenprivileg bezeichnet man die Tatsache, dass für den höheren Dienst in der öffentlichen Verwaltung vorwiegend Volljuristen eingestellt wurden und weiterhin von den öffentlichen Arbeitgebern in bestimmten Bereichen bevorzugt eingestellt werden.[1]

Es handelt sich dabei keineswegs um ein echtes Monopol, sondern um die Tatsache, dass für den höheren nichttechnischen Dienst überwiegend Juristen eingestellt werden.[2] Diese historisch gewachsene Praxis stammt noch aus den Zeiten, in denen sowohl die akademische Ausbildung als auch die staatliche Tätigkeit noch weniger ausdifferenziert war.

Obwohl seit mindestens 1950 davon gesprochen wird, dass das Juristenmonopol nicht mehr existiere[3], waren nach der Konstanzer Elitenstudie von 2005 immer noch 60,8 % aller Führungskräfte der obersten deutschen Bundesbehörden und nachgeordneter Bereiche Juristen, wobei sich deren Anteil seit 1987 nur um 1,8 Prozentpunkte vermindert hatte. Mit weitem Abstand die nächstgrößere Gruppe sind die Wirtschaftswissenschaftler (13,3 % gegenüber 17,7 % im Jahr 1987) und die Naturwissenschaftler (9,2 %).[4] Das „Juristenmonopol“ ist für den höheren Dienst in der deutschen Verwaltung empirisch belegt worden.[5] Dass der Trend ungebrochen ist, zeigt das Kabinett Merkel II, das fast zur Hälfte aus Juristen besteht.[6]

Dieses „Monopol“ hat seine Entsprechung in den Führungen großer Unternehmen, für die ebenfalls vorzugsweise Juristen rekrutiert wurden und in abnehmendem Maße noch werden.[7]

Als Argument für dieses Monopol wird häufig die Notwendigkeit, mit Gesetzen umgehen zu können, genannt. So bestimmt beispielsweise das Gesetz über den Rechnungshof des Landes Brandenburg, dass ein Drittel seiner Mitglieder, darunter der Präsident oder Vizepräsident, Volljuristen sein müssen. Behörden können vor Gerichten, bei denen Anwaltszwang besteht, nur durch einen Volljuristen mit Befähigung zum Richteramt vertreten werden. Allerdings sind umfassende juristische Kenntnisse nicht überall im höheren Verwaltungsdienst notwendig. Deshalb sind die technischen Bereiche von Ingenieuren, Physikern, Chemikern geprägt. Auch in Hochschulen und Schulen sind Juristen nur für speziell juristische Aufgaben beschäftigt.

Literatur

  • Walter Leisner: Das Juristenmonopol in der öffentlichen Verwaltung, in: Jurist und Staatsbewusstsein : Beiträge der Tagung "Jurist und Staatsbewußtsein" der Akademie für Politik und Zeitgeschehen der Hanns-Seidel-Stiftung, Heidelberg, v. Decker und Müller. - (Heidelberger Forum ; 46), 1987, S. 53-67

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Begriffslexikon der Fachhochschule Nordostniedersachsen
  2. Günter Püttner: Verwaltungslehre, 4. Aufl., München 2007, § 12, I, 7.
  3. DGB: „Das unangemessene Juristenmonopol“. In: Gewerkschaftliche Monatshefte 1950 S. 633
  4. Katja Schwanke und Falk Ebinger: „Politisierung und Rollenverständnis der deutschen administrativen Elite 1970 bis 2005. In: Bogumil/Jann/Nullmeyer (Hrsg): „Politik und Verwaltung. Sonderheft 37 der Politischen Vierteljahresschrift“ Verlag für Sozialwissenschaften Wiesbaden 2006 S. 233
  5. Jörg Auf dem Hövel: Politisierung und Parteipolitisierung der öffentlichen Verwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg. Eckpunkte einer empirischen Erhebung., S.4 (online, abgefragt am 30. Oktober 2009)
  6. Wolfgang Kaden: Juristen-Republik Deutschland in: Manager-magazin.de vom 28. Oktober 2009 (abgefragt am 30. Oktober 2009)
  7. Martin Greiffenhagen und Sylvia Greiffenhagen: „Handwörterbuch zur politischen Kultur der Bundesrepublik Deutschland“ VS Verlag, Wiesbaden 2002 S. 307

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