Analemma

Analemma
Die Jahres-Figur der Sonnenposition am Himmel für konstante Mittlere Ortszeit ist ein Analemma

Der Begriff Analemma (griechisch für den Sockel einer Sonnenuhr) wird am häufigsten für die Figur gebraucht, die der Sonnenstand bei konstanter Mittlerer Ortszeit erzeugt. Diese Figur entsteht zum Beispiel durch die Montage von Fotos der Sonne, die man täglich zur gleichen mittleren Ortszeit (das heißt auch: zu gleicher Zonenzeit an gleichem Ort) über ein Jahr gemacht hat (siehe Abbildung). Wenn man am Ende des Jahres alle Sonnen-Bilder verbindet, erhält man das Analemma, eine langgestreckte Acht.

In der Gnomonik, der Lehre von den Sonnenuhren, ist das Analemma eine von Vitruv angegebene Vorschrift zur Konstruktion von Sonnenuhren.

Inhaltsverzeichnis

Die Sonnenpositionen als Analemma

Die Jahres-Figur der Subsolaren Punkte für mittlere Ortszeit 12Uhr ist ein Analemma. Auf dem Globus sind diese zum Analemma verbunden Punkte dargestellt, wenn auf dem Längengrad 127,5° West mittlerer Mittag ist.

Die zum Analemma führende scheinbare Schwankung der Sonne ist eine Folge zweier Bewegungen der Erde. Wenn die Bahn der Erde ein exakter Kreis wäre und wenn die Erdachse senkrecht auf der Bahn-Ebene stünde, dann stünde die Sonne täglich im gleichen Moment einer gleichmäßig ablaufenden Zeit stets an demselben Punkt am Himmel (auch nicht verschieden hoch, denn es gäbe auch keine Jahreszeiten). Die Bahn der Erde ist jedoch elliptisch, und die Abweichung der scheinbaren Bahnebene der Sonne, auch Ekliptik genannt, vom Himmelsäquator (Projektion des Äquators auf den Himmel) beträgt ca. 23,5°. Hierdurch weicht die Sonne während eines Jahres von diesem Punkt ab und wandert einmal durch eine Figur mit der Form einer „Acht“, durch das Analemma.

Die Fotomontage im oberen Bild zeigt diese übers Jahr verschiedenen Sonnenstände um ca. neun Uhr morgens vom 49. Breitengrad aus, wobei der Sonnenstand den rechten Teil der Bahn im Uhrzeigersinn, den linken entgegengesetzt durchläuft. Wie erwartet, geht die Sonne im Winter später und weiter im Süden auf als im Sommer. Aber ihre Jahresbewegung ist keine Gerade wie die in der Fotomontage eingezeichnete Hilfslinie. Der kürzeste Tag fällt auch nicht mit den Tagen zusammen, an denen die Sonne am spätesten auf- und am frühesten untergeht.

Die heute als Analemma bezeichnete Figur wurde erst nach dem Mittelalter bedeutend, denn im Altertum kannte man keinen Maßstab für die gleichmäßig ablaufende Zeit. Zeitmaßstab war die scheinbare Bewegung der Sonne selbst. Mit Hilfe der jetzt erfundenen gleichförmig laufenden mechanischen Uhr wurde der leicht ungleichförmige Ablauf der Sonnenzeit feststellbar und messbar. Seitdem wird zwischen der Sonnenzeit als wahre Zeit (wahre Ortszeit (WOZ)) und der mechanischen Zeit (mittlere Ortszeit (MOZ)) unterschieden. Die Abweichung zwischen mittlerer und wahrer Ortszeit ist die Zeitgleichung, die zum Beispiel graphisch als Analemma darstellbar ist.

Das Analemma auf Sonnenuhren

zwei Sonnenuhren mit Analemma-Teilschleifen (rechts im Bild)
Überlagerung (Foto-Montage) der zwei rechten Sonnenuhren aus linkem Bild

Bei Sonnenuhren mit Punktanzeige ist die Mittlere Ortszeit (MOZ) ablesbar, wenn anstatt gerader Stundenlinien Analemma-„Acht-Figuren“ aufgetragen sind. Um die Übersichtlichkeit dabei zu verbessern, teilt man die „Acht-Figur“ oft in zwei Teil-Schleifen, von denen jede für ein halbes Jahr gilt.

Die abgebildete Sonnenuhr wurde am 21. September, das heißt nahe der Tagundnachtgleiche, wenn die Datums-Linie eine Gerade ist (Tierkreiszeichen Waage und Widder), fotografiert. Es war etwa 17 Uhr am Nachmittag (MESZ), was knapp außerhalb dieser Sonnenuhr angezeigt wird.

Das Analemma des Vitruv

Analemma des Vitruv, erweitert mit Stunden-Punkten und Tierkreis-Zeichen

Im neunten seiner "Zehn Bücher über die Architektur" deutet Vitruv an, wie Sonnenuhren mithilfe einer Figur, die er Analemma nennt, konstruiert werden können. Er beschreibt, wie das Analemma allein bei Verwendung von Lineal und Zirkel zu zeichnen ist. Sein Beispiel gilt für Rom, er beginnt mit dem Verhältnis Schattenlänge zu Gnomonhöhe, wie es zu den Äquinoktien dort gültig ist. Die Gnomonspitze befindet sich im Zentrum A des Kreises, welcher den Meridian des Standortes darstellt. Aus dem Tangens der geografischen Breite von Rom, d.h. aus dem äquinoktialem Längenverhältnis Schatten zu Gnomon (8:9; C-B:A-B) lässt sich der Äquator und damit der Verlauf des Sonnenstrahls N-A-C zum Sonnenhöchststand am Mittag auftragen. Parallele Sekanten L-G und K-H zum Äquator im Abstand von 1/15 Kreisumfang approximieren die jeweiligen Bahnebenen der Sonne zu den Solstitien (Deklination der Sonne ±24°). Zur Wintersonnenwende wird die Sonne von K über A nach T projiziert. Zur Sommersonnenwende wird sie von L über A nach R abgebildet. In der gewählten Ansicht bewegt sich die Sonne auf diesen Solstitien-Sekanten zwischen Horizont E-I und den Mittagspunkten L und K einmal am Tag auf und ab. Somit sind die Schnittpunkte S und V dieser Bahnen mit dem Horizont die Konstellationen bei Sonnenaufgang und –untergang. Die zugehörige Zeit zur Tagesposition der Sonne kann ermittelt werden, wenn um die jeweilige Sekante der Sonnenbahn ein (Halb-) Kreis geschlagen wird, der in Stundenwinkel zu je 15° unterteilt wird. Die Unterteilung wird von Vitruv bereits nicht mehr beschrieben. In nebenstehender Abbildung ist die Zeitablesung für den Sonnenauf- und -untergang am Tag der Sommersonnenwende durch die Linie S - SA-SU dargestellt. Für den Deklinations-Bereich zwischen Sommer– und Wintersonnenwende kann der von Vitruv beschriebene Menaeus, der Monats- oder Tierkreis unterteilt werden. Auf diesem wird die dem gewünschten Kalendertag eines Monates entsprechende Position aufgetragen und durch diesen Punkt eine Parallele zum Äquator gezogen. Das ergibt die Sekante der Sonnenbahn dieses Tages. Ihr oberer Schnittpunkt mit dem Meridiankreis ergibt den Projektionsstrahl für die Mittagssonne. Um die Position der Sonne während der Tagesstunden ermitteln zu können, wird wieder ein Halbkreis mit entsprechender Stundenteilung um diese Sekante geschlagen.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Analemma – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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  • ANALEMMA — Graece Α᾿νάλεμμα, apud Vitruvium l. 9. c. 4. est ratio conquisita Solis cursu, et umbrae crescentis, a Brumae observatione inventa, e qua per rationes Architectonicas circinique descriptiones, est inventus effectus in Mundo. Nempe umbra crescit a …   Hofmann J. Lexicon universale

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  • Analemma — An a*lem ma ( l[e^]m m[.a]), n. [L. analemma a sun dial on a pedestal, showing the latitude and meridian of a place, Gr. ana lhmma a support, or thing supported, a sun dial, fr. analamba nein to take up; ana + lamba nein to take.] 1. (Chem.) An… …   The Collaborative International Dictionary of English

  • analemma — [an΄ə lem′ə] n. [L, a sundial showing latitude and meridian < Gr analēmma, a support, substructure < analambanein: see ANALEPTIC] a curve in the form of an elongated 8 marked with a scale, drawn on a globe of the earth to show the sun s… …   English World dictionary

  • Analemma — (gr., Erhebung), 1) (Astron.), Vorstellung des Himmels auf der geraden Fläche des Meridians, in der Voraussetzung, das Auge befinde sich in einer unendlichen Ferne u. in dem Morgen od. Abendpunkte des Horizonts; 2) sonst ein Astrolabium, auf… …   Pierer's Universal-Lexikon

  • Analemma — (griech.), das Astrolabium …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Analemma — (grch.), s.v.w. Astrolabium …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Analemma — Analemma, Darstellung der Himmelssphäre auf der Ebene des Meridians, wobei das Auge in unendlicher Entfernung gedacht wird (Planisphäre). – Ein Instrument aus Holz oder Metall; auf dasselbe ist die Himmelssphäre auf der Ebene des… …   Herders Conversations-Lexikon

  • analemmă — ANALÉMMĂ s.f. Diagramă care dă declinaţia Soarelui şi ecuaţia timpului pentru orice zi a anului. [< fr. analemme]. Trimis de LauraGellner, 28.10.2004. Sursa: DN …   Dicționar Român

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