Jüdisches Krankenhaus

Jüdisches Krankenhaus

Das Jüdische Krankenhaus Berlin (JKB) ist ein Krankenhaus in Berlin-Gesundbrunnen. Es hat die Rechtsform einer Stiftung des bürgerlichen Rechts und dient als akademisches Lehrkrankenhaus der Charité.

Ein Gebäude des JKB

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1756 wurde in Berlin das erste „Juden Lazarett“ an der Oranienburger Straße in der Spandauer Vorstadt errichtet. Getragen von der jüdischen Gemeinde, war es zu dieser Zeit das einzige größere Hospital in Deutschland, das von Juden geführt wurde. Aus Platzmangel erfolgte 1861 die Verlegung in die Auguststraße, in die unmittelbare Nähe der 1866 eingeweihten Neuen Synagoge. Eduard Knoblauch errichtete dort aus Klinkern einen Neubau im klassizistischen Stil. Wegen der am Krankenhaus tätigen international renommierten Mediziner, den modernen Behandlungsmethoden und wohl auch wegen der Nachbarschaft zum etwa einen Kilometer entfernt liegenden Universitätskrankenhaus Charité, wurde das Jüdische Krankenhaus gelegentlich „Kleine Charité“ genannt. Das Jüdische Krankenhaus genoss auch bei Nicht-Juden einen guten Ruf, so wuchs die Patientenzahl stetig an und machte 1914 einen Umzug notwendig, der von Berlin-Mitte nach Berlin-Gesundbrunnen in einen im Stil der beginnenden Moderne gehaltenen zeitgemäßen Klinikneubau an der Exerzierstraße (heute: Iranische Straße) führte. Architekten des Neubaus waren Konrad Reimer und Friedrich Körte, ihre Bauten stehen unter Denkmalschutz.[1]

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde 1933 zunächst die Behandlung von „Ariern“ verboten. Nicht-jüdische Angestellte wurden gezwungen, ihre Mitarbeit aufzugeben. Dem Krankenhaus drohte wiederholt die Schließung, mehrfache Plünderungen und eine schlechte Versorgungssituation ließen immer weniger einen geregelten Krankenhausbetrieb zu. Auch die Errichtung von Gestapo- und Polizeidienststellen erschwerte die Lage erheblich. Neben der Sperrung für die Allgemeinheit wurde das Haus schrittweise zum Ghetto umfunktioniert und als Sammellager zum Abtransport von Berliner Juden in die Konzentrationslager missbraucht. Als das Jüdische Krankenhaus 1945 durch die Rote Armee besetzt wurde, hielten sich dort rund 370 Patienten, knapp 1000 Internierte, 93 Kinder und 76 Gefangene der Polizeistation auf.

Sofort nach dem Zweiten Weltkrieg wird der reguläre Krankenhausbetrieb für die Allgemeinheit – wenn auch eingeschränkt – wieder aufgenommen. Seitdem hat es auf dem Gelände zahlreiche bauliche Um- und Neubauten gegeben, zuletzt wurde 1998 ein neues Wirtschaftsgebäude mit einer Cafeteria errichtet.

Behandlungsschwerpunkte

Das JKB ist ein Akutkrankenhaus mit 363 Betten und in den Krankenhausplan des Landes Berlin eingebunden.

Es verfügt über folgende Fachabteilungen:

Außerdem zusätzlich:

Rechtsform

Nach dem Holocaust stellte sich die Finanzierung des Krankenhauses zunehmend als Problem für die Jüdische Gemeinde zu Berlin dar: Jüdisches Leben in Berlin war fast gänzlich vernichtet worden, die Mitgliederzahl nur noch gering. Vor der Shoah hatten in Berlin mehr als 172.000 Juden gelebt, 1945 waren es etwas über 6000. Daher wurde der Krankenhausbetrieb 1963 in eine Stiftung des Bürgerlichen Rechts umgewandelt, deren Träger neben der Gemeinde auch das Land Berlin ist.

Literatur

  • Daniel B. Silver: Überleben in der Hölle. Das Berliner Jüdische Krankenhaus im „Dritten Reich“. Verlag für Berlin-Brandenburg, Berlin 2006, ISBN 3-86650-580-9 (alt) ISBN 978-3-86650-580-3 (neu)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Baudenkmale Krankenhaus der Jüdischen Gemeinde, im Bereich Berlin-Gesundbrunnen

52.55555555555613.3705555555567Koordinaten: 52° 33′ 20″ N, 13° 22′ 14″ O


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