Kabinett Faymann

Kabinett Faymann

Die Bundesregierung Faymann, eine Große Koalition der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) mit der Österreichischen Volkspartei (ÖVP), wurde am 2. Dezember 2008 von Bundespräsident Heinz Fischer angelobt. Bundeskanzler wurde Werner Faymann (SPÖ), Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP).

Regierungsbildung

Den Sondierungs- und Koalitionsgesprächen ging die vorgezogene Nationalratswahl vom 28. September 2008 voraus. Dabei verzeichneten beide Großparteien massive Verluste von insgesamt 15 %, während die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) und das 2005 daraus hervorgegangene Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) deutliche Stimmenzuwächse erzielen konnten. Am 8. Oktober 2008 erhielt Faymann, als Bundesparteivorsitzender der stimmenstärksten Partei, von Bundespräsident Fischer den Auftrag zur Regierungsbildung.

Keine Partei hatte die erforderliche Mehrheit für eine Alleinregierung erhalten. Eine Koalition aus SPÖ und ÖVP war die einzig mögliche Zwei-Parteien-Koalition. Während Faymann sich von Beginn an für diese Variante aussprach und Koalitionsvarianten mit FPÖ und BZÖ ausschloss, waren Vertreter der ÖVP auch für eine ÖVP-FPÖ-BZÖ-Koalition bzw. für den Gang in die Opposition eingetreten. Nicht zuletzt die Finanzkrise ab 2007 und die Gefahr einer Rezession in Österreich waren Gründe, weshalb Faymann und der neue ÖVP-Bundesparteivorsitzende Pröll dennoch rasch Koalitionsgespräche begannen und in einem relativ kurzen Zeitraum von 56 Tagen zur Einigung auf eine neue Große Koalition kamen.

Zusammensetzung

Die Bundesregierung unter Werner Faymann wurde in folgender Zusammensetzung am 2. Dezember 2008 angelobt:

Die Ressortaufteilung wurde zum größten Teil von der Bundesregierung Gusenbauer übernommen. Nur das von Maria Berger geleitete Justizministerium wechselte von der SPÖ zur ÖVP und wurde der Richterin Claudia Bandion-Ortner unterstellt. Im Gegenzug erhielt die SPÖ das Gesundheitsministerium von der ÖVP (ehemalige Ministerin Andrea Kdolsky). Entgegen den Bedenken namhafter Verfassungsrechtler werden die Ministerien für Inneres und Justiz durch Minister derselben Partei geleitet.[1] Die bisherige Außenministerin Ursula Plassnik kündigte an, dass sie aus der Regierung ausscheiden werde. Als Grund gab sie Differenzen über die Frage an, ob künftige EU-Vertragsänderungen auf parlamentarischem Wege oder über Volksabstimmungen zu entscheiden sind. Werner Faymann soll als Kanzler kein Ressort haben. Innerhalb der Ministerien gibt es einige Umgruppierungen: Der Bereich Arbeit geht vom Wirtschaftsministerium wieder an das Sozialressort, der Sportbereich geht ins Verteidigungsministerium. Die Familien- und Jugendagenden werden vom Gesundheitsministerium an das Wirtschaftministerium übergeben. Gegenüber 2006 gibt es nur noch vier statt sechs Staatssekretäre.[2]

Bundesministerium (für) Amtsinhaber Partei Staatssekretär
Bundeskanzleramt (zugleich Frauen; eigene Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst zuständig) Werner Faymann (Bundeskanzler),
Gabriele Heinisch-Hosek (Bundesministerin)
SPÖ Josef Ostermayer (SPÖ)
Finanzen Josef Pröll (Vizekanzler) ÖVP Reinhold Lopatka (ÖVP)
Andreas Schieder (SPÖ)
Europäische und internationale Angelegenheiten Michael Spindelegger ÖVP
Gesundheit Alois Stöger SPÖ
Inneres Maria Fekter ÖVP
Justiz Claudia Bandion-Ortner** parteilos
Landesverteidigung und Sport Norbert Darabos SPÖ
Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Nikolaus Berlakovich ÖVP
Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer SPÖ
Unterricht, Kunst und Kultur Claudia Schmied SPÖ
Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures SPÖ
Wirtschaft, Familie und Jugend Reinhold Mitterlehner ÖVP Christine Marek (ÖVP)
Wissenschaft und Forschung Johannes Hahn ÖVP

* Heinisch-Hosek wird am 2. Dezember 2008 zur Bundesministerin ohne Portefeuille und am 18. Dezember 2008 zur Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Öffentlichen Dienst angelobt.[3]

** Bandion-Ortner wurde am 15. Jänner 2009 zur Bundesministerin für Justiz angelobt, da der Bawag-Prozess in erster Instanz erst abgeschlossen werden musste.[4]

Einzelnachweise

  1. Verfassungsexperten: Polizei und Justiz an ÖVP ist "Unfug" Der Standard vom 21.11.2008 abgerufen am 24.11.2008
  2. Der Standard: Im Detail: Die Ressortverteilung, 23. November 2008
    Rheinische Post: ÖVP und SPÖ einigen sich auf große Koalition, 23. November
    Die Zeit: Österreich: SPÖ und ÖVP bilden große Koalition, 23. November 2008
    Die Presse: konnte EU-Linie nicht folgen, 23. November 2008
    Der Standard: SPÖ-Regierungsteam, 24. November 2008
    Der Standard: ÖVP-Regierungsteam, 24. November 2008
  3. Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek am 18. Dezember 2008
  4. Verspätet angelobt am 15. Jänner 2009

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