Karl Ritschl

Karl Ritschl

Carl Ritschl (* 1. November 1783 in Erfurt; † 18. Juni 1858 in Berlin) war ein evangelischer Theologe, Bischof und Generalsuperintendent von Pommern.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Carl Ritschl wurde als Sohn des Pfarrers und Professors am Erfurter Ratsgymnasium Georg Ritschl von Hartenbach und seiner (2.) Ehefrau Regina Christina Emminghaus geboren. Neben seinem Schulunterricht erhielt er eine Ausbildung in Gesang, Klavier- und Orgelspiel bei dem Organisten Johann Christian Kittel, dem letzten Schüler Johann Sebastian Bachs. Mit fünfzehneinhalb Jahren absolvierte er das Erfurter Gymnasium.

Ritschl begann in Erfurt das Studium der Theologie, das er in Jena fortsetzte und schon im Herbst 1802 als 19-Jähriger zum Abschluss brachte. Noch zu jung für die Anstellung als Geistlicher übernahm Ritschl im Jahre 1804 die Tätigkeit eines Hauslehrers der Kinder von Johann Joachim Bellermann, der als Leiter des Gymnasiums zum Grauen Kloster von Erfurt nach Berlin ging.

In Berlin besuchte Ritschl das Seminar für gelehrte Schulen und erteilte Gesangs- und Religionsunterricht am Cöllnischen Gymnasium, das mit dem Grauen Kloster verbunden war. Zuvor hatte ihm 1805 die Universität Erfurt das Diplom des Doktors der Philosophie verliehen.

In Berlin engagierte sich Ritschl sehr in der Musik. 1804 wurde er Mitglied von Carl Friedrich Zelters Liedertafel, für die er auch Liedkompositionen schrieb.

Nachdem er im Jahre 1806 vom Lutherischen Oberkonsistorium in Berlin eine Bestätigung seines in Erfurt abgelegten Ersten Theologischen Examens erhielt, wurde er 1807 zum Hilfslehrer (Kollaborator) und 1809 zum Subrektor des Cöllnischen Gymnasiums ernannt. 1808 bestand er gleichsam „zwischendurch“ sein Zweites Theologisches Examen in Potsdam.

Im Jahre 1810 endlich wurde er Dritter Prediger an der St. Marienkirche in Berlin, durfte aber eine Anzahl von Lehr- und Gesangsstunden beim Grauen Kloster und dem Cöllnischen Gymnasium beibehalten.

Am 25. September 1810 heiratete Carl Ritschl Juliane Meudtner, die Tochter eines Polizeikommissars. Sie waren Eltern von fünf Kindern, als die Ehefrau und Mutter 1820 plötzlich verstarb. Am 18. Juni 1821 heiratete Ritschl in zweiter Ehe Auguste Sebald, eine bedeutende Sängerin, deren Vater Justizrat und Mitbegründer der Sing-Akademie zu Berlin war.

Inzwischen war Ritschl in die Zweite Predigerstelle der St. Marienkirche avanciert und übernahm 1816 zusätzlich Aufgaben im Konsistorium der Provinz Brandenburg, das neu errichtet wurde und in dem er zunächst als Assessor, ab 1817 als Konsistorialrat tätig wurde.

1821 wurde er Mitglied im Vorstand der Sing-Akademie. Ein Jahr später verlieh ihm die Theologische Fakultät der Universität Berlin die Ehrendoktorwürde.

Im Jahre 1827 erhielt Carl Ritschl - in der Nachfolge von Friedrich Ludwig Engelken die Berufung zum Generalsuperintendenten von Pommern in Stettin, mit dessen Amt die Tätigkeit des Konsistorialpräsidenten und des Predigers an der Schlosskirche verbunden war. Wie Engelke erhielt auch Ritschl den persönlichen Titel eines Bischofs. 27 Jahre übte er dieses Amt aus in einer Zeit, die in der Kirche durch das Ringen um das lutherische Bekenntnis nach der preußisch-königlichen Verfügung der kirchlichen Union geprägt war. Im Agendenstreit stand Ritschl auf Seiten des Königs, versuchte zu vermitteln, konnte jedoch in Pommern nicht verhindern, dass es bei vielen lutherische Bekenntnistreuen zum Bruch mit der Landeskirche kam (von Below'sche Bewegung), die zunächst als „Separatisten“, später dann in einer eigenen Evangelisch-Lutherischen („altlutherischen“) Kirche in Preußen ihren Weg nahmen.

Ein wichtiges Datum im Wirken Ritschls war von September 1829 bis Mai 1830 eine Beurlaubung von seinem Dienst in Pommern: auf Wunsch der russischen Regierung unternahm er eine Dienstreise nach Sankt Petersburg, um an der Ausarbeitung eines allgemeinen Gesetzes für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Russland mitzuwirken.

Im Stettiner Musikleben, wo Ritschl eng mit dem Komponisten Karl Loewe auf dem Gebiet der Musikpflege zusammenwirkte, sind die wöchentlichen Gesangsabende im Ritschl'schen Pfarrhaus (Königsplatz 818) eine „Institution“ gewesen.

Am 1. Oktober 1854 ging Carl Ritschl auf eigenen Wunsch in den Ruhestand. Sein Nachfolger im Amt des Generalsuperintendenten wurde D. Albert Sigismund Jaspis. Seine letzten Jahre verlebte er in Berlin, bis er dort im 75. Lebensjahr verstarb.

Siehe auch

Literatur

  • Hugo Gotthard Bloth: Die Kirche in Pommern. Auftrag und Dienst der Evangelischen Bischöfe und Generalsuperintendenten der pommerschen Kirche von 1792 bis 1919 (=Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Pommern, hg. v. Roderich Schmidt, Reihe V: Forschungen zur pommerschen Geschichte, Heft 20), Köln/Wien, 1979 - ISBN 3-412-03478-9
  • Albrecht Ritschl: Ritschl, Georg Karl Benjamin. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 28, Duncker & Humblot, Leipzig 1889, S. 661–664.
  • Klaus-Gunther Wesseling: Carl Ritschl. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).

Weblinks



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