Karlheinz Grasser

Karlheinz Grasser

Karl-Heinz Grasser (* 2. Jänner 1969 in Klagenfurt) ist ein österreichischer Unternehmer und ehemaliger österreichischer Politiker (vormals FPÖ) und war von Februar 2000 bis Jänner 2007 österreichischer Finanzminister.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Karl-Heinz Grasser bestand 1987 die AHS-Matura mit Auszeichnung und erlangte durch das folgende Studium der Angewandten Betriebswirtschaftslehre 1992 an der Universität Klagenfurt den Magister-Grad. Seine Diplomarbeit trägt den Titel Die Klein-AG der Schweiz[1]. 1992 wurde Grasser wissenschaftlicher Fachreferent für Tourismuspolitik und parlamentarischer Mitarbeiter im Parlamentsklub der FPÖ und 1993 Geschäftsführer der freiheitlichen Akademie, der Bildungsorganisation der FPÖ.

Von 1994 bis 1998 war er Landeshauptmann-Stellvertreter in der Kärntner Landesregierung unter Landeshauptmann Christof Zernatto (ÖVP). Im Jahr 1998 erfolgte ein Wechsel in die Privatwirtschaft zum Magna-Konzern des Austrokanadiers Frank Stronach, wo Grasser Vizepräsident für Human Resources and Public Relations war. Im selben Jahr wurde seine erste Ehe geschieden.[2] Ab 1999 war er zusätzlich Geschäftsführer der zur Magna-Gruppe gehörenden Sport Management International (SMI). Bis Ende 1999 war Grasser auch Vorstandsmitglied der Sir Karl Popper Foundation, in der er heute noch Mitglied ist.

2000–2003

Im Jahr 1999 kehrte er als Kandidat der FPÖ in die Politik zurück. Nach der Nationalratswahl 1999 wurde eine ÖVP-FPÖ-Koalition gebildet. Grasser wurde als FPÖ-Finanzminister unter Bundeskanzler Schüssel angelobt. Im Herbst 2002 trat Grasser auf Grund des so genannten „Knittelfelder Putsches“, bei dem sich die FPÖ-Parteitagsdelegierten (einschließlich Jörg Haider) gegen die Regierungsmannschaft wandten, als Finanzminister zurück – gleichzeitig mit der damaligen Vizekanzlerin und FPÖ-Bundesparteichefin Susanne Riess-Passer und dem damaligen Klubobmann Peter Westenthaler. Diese Ereignisse veranlassten die ÖVP, Neuwahlen auszurufen.

2003–2006

Nach der Nationalratswahl 2002 trat Grasser aus der FPÖ aus und wurde im neuen Kabinett Schüssel als parteiloser Finanzminister angelobt. Obwohl er kein Parteimitglied war, wurde Grasser daraufhin von österreichischen Leitmedien, wie etwa der Austria Presse Agentur als ÖVP-Minister bezeichnet, weil er im Bundesvorstand der ÖVP tätig war, und damit eine Spitzenfunktion in dieser Partei ausübte. Am 22. Oktober 2005 heiratete Karl-Heinz Grasser die um einige Jahre ältere Swarovski-Erbin Fiona Pacifico Griffini in Weißenkirchen in der Wachau unter großer Aufmerksamkeit der Boulevardpresse; es ist Grassers zweite Ehe. Zuvor hatte er eine Verlobung mit einer argentinischen Diplomatentochter gelöst.

2007–2008

Am 9. Jänner 2007 verkündete Grasser nach wochenlangen Spekulationen seinen Abschied aus der Bundespolitik. Am 13. Juni 2007 gaben Karl-Heinz Grasser, Ex-Verbund-Chef Hans Haider und Bankier Julius Meinl bekannt, als Partner in dem neuen Energie-Investmentfonds Meinl International Power einzusteigen, der den Bau von Kraftwerken in Osteuropa finanzieren soll.[3] [4]

Die von Grasser gemeinsam mit Walter Meischberger 2007 gegründete Lobbying-Agentur Valora Solutions wurde nach einem Jahr wegen ausbleibender Geschäftserfolge aufgelöst. Grasser gründete daraufhin die Vermögensverwaltung SMW OG [5]

Am 3. September 2007 kam Grassers erstes Kind, eine Tochter, in Innsbruck zur Welt.[6]

Politik

Grassers Finanzpolitik wurde vom politischen Gegner oft als monetaristisch und als neoliberal bezeichnet. Auffallend war auch die von ihm selbst forcierte Verschlagwortung seiner Finanzpolitik ("Ein guter Tag beginnt mit einem sanierten Budget", "mehr privat, weniger Staat"). Das berühmteste der von ihm kreierten Schlagworte ist das so genannte "Nulldefizit" (der ausgeglichene Staatshaushalt), das er als höchstes Ziel seiner Finanzpolitik definierte. Dieses Ziel wurde im Jahr 2002 einmalig durch eine Erhöhungen der Steuern, Gebühren, Abgaben und Mauten (als einziges Land der EU erhöhte Österreich im Konjunkturtief die Steuern, die Abgabenquote erreichte in der Folge 2001 mit 46,5 % sogar den Rekordwert der Zweiten Republik) sowie Reduzierung der Verwaltungskosten und Staatsausgaben erreicht. Ebenfalls dazu beigetragen hat der Verkauf und die Teilprivatisierung von Staatsunternehmen wie der Österreichischen Tabakwerke, sowie der Verkauf von Gold- und Devisenreserven im Zuge der Euroeinführung durch die Österreichische Nationalbank; in den Jahren 2001-2003 zahlte die Nationalbank jeweils über 950 Millionen Euro an den Bund, doppelt so viel wie im langjährigen Schnitt.[7]

Grasser wurde von den Oppositionsparteien und einigen Medien vorgeworfen, dass er nur durch den Verkauf von liquiden und gewinnbringend wirtschaftenden Staatsbetrieben das Nulldefizit erreicht habe. Kritisiert wurde weiters, dass das Nulldefizit aufgrund des Einmaleffekts vorgezogener Steuereinnahmen sowie Überwälzung von Ausgaben auf die Bundesländer erreicht wurde. Außerdem sei der Zeitpunkt der Ausgabensenkungen während der wirtschaftlich schlechten Stimmung nach dem Platzen der "New Economy"-Blase sowie des 11. September falsch gewesen.

Das Budgetdefizit des Folgejahres 2004 betrug 4,4 % (der Wert wurde von den EU-Behörden nachträglich korrigiert, nachdem Grasser offiziell 1,2% gemeldet und dabei Staatsausgaben in der Höhe von 7,5 Milliarden Euro für die ÖBB nicht eingerechnet hatte)[8]; jenes des Jahres 2005 fiel mit 1,5 % geringer als veranschlagt (1,7 %) aus. Am 9. Jänner 2007 beendete Grasser seine politische Karriere und kündigte an, in die Privatwirtschaft zurückzukehren.

Kritik

Karl-Heinz Grasser wurde von Opposition und einigen österreichische Medien, darunter u.a. die Tageszeitungen Der Standard und Kurier sowie der Wochenzeitung Falter, stark kritisiert. Wichtigster Kritikpunkt an der Person und dem Politiker Karl-Heinz Grasser war dessen Amtsverständnis als Bundesminister der Republik. Grasser wurde auch vorgeworfen, sein Amt zur persönlichen Bereicherung benutzt zu haben. Die Opposition verlangte wiederholt seinen Rücktritt vom Ministeramt.

Homepage-Affäre

Die meistdiskutierte Causa war die so genannte „Homepage-Affäre“. Es wird ihm vorgeworfen, ca. 250.000 € an Spendengeldern der österreichischen Industriellenvereinigung zwecks Erstellung seiner offiziellen (nach anderen Angaben auch: privaten) Website nicht versteuert zu haben. Grasser betont, dass die Spenden nicht an ihn, sondern an den "Verein zur Förderung der New Economy" gegangen seien. Grasser selbst ist nicht Mitglied des Vereins; Vereinsobmann war Matthias Winkler, Grassers Kabinettschef.

Weitere Kritikpunkte

  • 2005 sorgte Grassers Urlaub auf den Malediven für Aufregung, als er nach der Tsunamikatastrophe im indischen Ozean seinen Urlaub nicht abbrach und verschiedene Stellen Grassers Rechtfertigungsversuche umgehend dementierten: Zuerst erklärte Grasser, dass ihn die Regierung der Malediven bat zu bleiben, um mit den Hilfsmaßnahmen zu helfen. Das stellte sich als Lüge heraus. Danach erklärte er, dass kein Platz für einen Rückflug zur Verfügung gestanden sei. Dies wurde wiederum von den Austrian Airlines dementiert. Parallel dazu wurde berichtet, dass Grasser bei seiner Privatreise von der österreichischen Fluggesellschaft AUA bevorzugt behandelt worden war (sog. "Upgrading-Affäre")
  • 2006: Im Juli wurde bekannt, dass Grasser den in die BAWAG-Affäre involvierten Wolfgang Flöttl mehrmals getroffen hat. Unter anderem verbrachte Grasser im August 2005 zwei Tage mit Flöttl gemeinsam auf einer Yacht von Julius Meinl V.. Dies wurde von Grassers Sprecher zunächst öffentlich dementiert, nach zwei Tagen wurden die Treffen mit Flöttl jedoch bestätigt. Grasser bestreitet die persönliche Bekanntschaft mit Flöttl nun nicht mehr. Grassers früherer Pressesprecher Lepuschitz ist Staatskommissär bei der Julius Meinl Investment GmbH. Wolfgang Flöttl wiederum war in unterschiedlichen Aufsichtsratsfunktionen bei der Meinl-Bank tätig.
  • 2006: Weiters wurde eine Einladung Grassers zu einem Vortrag samt Nächtigung in St. Moritz auf Kosten der Constantia Privatbank bekannt, nachdem Grasser tags zuvor behauptet hatte, im Unterschied zu bekannten sozialdemokratischen Ex-Politikern wegen Unvereinbarkeit mit seinem Amt solche Einladungen von Banken nicht anzunehmen.
  • 2006: Grasser behauptete im November mehrfach, "vor kurzer Zeit in der Financial Times zu einem der besten europäischen Finanzministern gewählt worden" (Zitat Grasser) zu sein. Wie sich jedoch am 6. Dezember herausstellte, war dem nicht so. Ralph Atkins, Autor des betreffenden Artikels, dementierte diese Behauptungen mit den Worten: "Ich habe den österreichischen Finanzminister nicht erwähnt, weil die budgetpolitischen Indikatoren nicht für eine Top-Platzierung in puncto Leistung des Ministers ausreichen." Grasser scheint zwar in der Liste der "effektivsten" Finanzminister Europas an erster Stelle auf, jedoch nur, weil die Finanzminister alphabetisch gereiht wurden. Grassers Name wird hingegen im Artikel über Fachkompetenz und ökonomische Erfolge der EU-Finanzminister nicht einmal erwähnt. [9]
  • 2006: Ende November wurde Grasser in einer ZIB von Armin Wolf mit E-Mails konfrontiert, die belegen, dass Grassers Pressesprecher in seiner Dienstzeit auch die privaten Termine von Grassers Ehefrau koordinierte.
  • Auch vor der Kritik aus den eigenen (ÖVP) Reihen blieb Grasser nicht verschont. Ferdinand Maier, Abgeordneter der ÖVP und Raiffeisen-Generalsekretär, bezeichnete Grassers Verhalten sich von Entscheidungen, die er selbst mit zu verantworten hat, zu distanzieren, als menschlich inferior. Für Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) ist Grasser eine sonderbare Form der Ich-AG, wobei "Ich" für Karlheinz Grasser und AG für "alles geht" steht.
  • 2007: Im März 2007 wurde bekannt, dass Grasser im Frühjahr 2006 parteipolitische Zielvorgaben für die laufenden Ermittlungen im BAWAG-Skandal an die Finanzmarktaufsicht gab:
  • Die Schuld am BAWAG-Desaster ist einem (nicht näher genannten) SPÖ-Netzwerk anzulasten
  • Die Behörden müssen von jedem Anschein des Versagens in dieser Causa reingewaschen werden
  • Als Retter von BAWAG und Anlegern ist die damalige ÖVP/BZÖ-Regierungstruppe zu präsentieren
Namhafte Verfassungs- und Staatsrechtler sehen Grasser am Rande der Legalität agieren und meinen, sein Verhalten verdiene eine eingehende Prüfung auf strafrechtliche Relevanz (Amtsmissbrauch). ÖVP-Politiker und Grasser selbst wiesen dies zurück und erklärten, dass solche Aktionen durchaus legal sind, im Rahmen des politisch Alltäglichen liegen und der politischen Selbstverteidigung dienen.[10][11] Die Staatsanwaltschaft bestätigte bereits, gegen Grasser im Zusammenhang mit dem Vorwurf des Amtsmißbrauches zu ermitteln.

Trivia

  • Während seiner Amtszeit als Finanzminister war Karl-Heinz Grasser des Öfteren bei der Ausübung diverser Freizeitaktivitäten auf den Titelblättern mehrerer Boulevard-Blättern zu sehen.
  • In einem Rechtsstreit mit der deutschen Bild-Zeitung im Jahre 2006 wegen Veröffentlichung von Privat-Fotos wurden in erster Instanz dem Ehepaar Grasser jeweils € 20.000 wegen der erfolgten Bloßstellung zugesprochen.
  • Grasser war auch von einer sogenannten Google-Bombe betroffen.

Auszeichnungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eintrag im Gesamtkatalog des Österreichischen Bibliothekenverbundes
  2. Vanity Fair: Vanity Faces-Eintrag zu Karl-Heinz Grasser
  3. Haider und Grasser werden die Beteiligungsfirma „Meinl International Power“ leiten. Die Presse.com, 13. Juni 2007
  4. Meinl-Grasser-Haider: Ein Trio unter Strom WirtschaftsBlatt.at, 13. Juni 2007
  5. orf.at: Verwalter für anonymen "Wohlhabenden"
  6. ORF: Fiona Swarovski brachte Mädchen zur Welt, 3. September 2007
  7. Artikel in Die Presse, Economist vom 14. Dezember 2006
  8. http://www.oe24.at/zeitung/oesterreich/politik/Grasser-Budgetdefizit_von_2004_eskaliert__370648.ece
  9. orf.at: Ranking missverstanden
  10. orf.at: Auf Angriffe "reagiert"
  11. orf.at: Kein strafrechtliches Nachspiel?

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