Andreas Freiherr von Riedel

Andreas Freiherr von Riedel

Andreas Riedel, ab 1792 Andreas Freiherr von Riedel, (* 12. September 1748 in Wien; † 15. Februar 1837 in Paris) war ein österreichischer Offizier und Mathematiker. 1791 arbeitete er einen Verfassungsvorschlag für ein konstitutionelles Habsburgerreich aus und war gemeinsam mit Franz Hebenstreit einer der Köpfe der Wiener Demokraten ("Wiener Jakobiner").

Inhaltsverzeichnis

Leben

Von 1764 bis 1770 besuchte er die Militärakademie in Wiener Neustadt, schlug aber aufgrund seiner schwachen Konstitution nicht die Militärlaufbahn ein sondern studierte Mathematik, Ingenieurswesen und Landvermessung. Er nahm an verschiedenen Expeditionen teil, u.a 1774 nach Ostgalizien, bevor er 1779 von Großherzog Peter Leopold, dem späteren Kaiser Leopold II., mit der Erziehung seiner Kinder beauftragt wurde und zu diesem Zweck bis 1790 in Florenz lebte. Bereits in dieser Zeit kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Riedel und Leopolds Sohn, Franz Joseph Karl, dem späteren Kaiser Franz II. 1790 begleitete er Leopold nach Wien und arbeitete 1791 einen Verfassungsvorschlag für ein konstitutionelles Habsburgerreich im Sinne der Aufklärung aus. Eine revolutionäre Umwandlung von Staat und Gesellschaft lehnte er allerdings noch ab. Mit dem Tod Kaiser Leopolds 1792 flammten seine Konflikte mit Franz erneut auf, der den aufklärerischen Ideen seines Vaters, und somit auch Riedel, ablehnend gegenüberstand.

Dieser Umstand, begleitet von einer Radikalisierung (welche parallel zur Französischen Revolution lief) der geheimen Zirkel, denen er angehörte, führte zu einem Umdenken Riedels der in seinem verfassten "Aufruf an alle Deutschen zu einem antiaristokratischen Freiheitsbund"[1] nun doch zum offenen Aufstand aufrief. 1794 wurde Riedel im Zuge der "Aufdeckung der Jakobinerverschwörung", einer Verhaftungswelle gegen alle demokratischen Elemente in der Habsburgermonarchie, verhaftet und zu 60 Jahren Festungshaft verurteilt. Seine Haft verbüßte er in Kufstein (bis 1796), in Graz (bis 1797) und in Munkács. Bei einer Amnestie im Jahre 1802 wurde er explizit ausgenommen. 1806 wurde er zu Klosterhaft begnadigt und ins Minoritenkloster Brünn überstellt wurde. Der französische Marschall Davout befreite ihn 1809 aus der Haft[2] und Riedel verließ in dessen Gefolge Österreich Richtung Paris, wo er 1837 im Alter von 89 Jahren starb. Er ist am Friedhof Montparnasse begraben und liegt unter einem Grabstein, den sein Freund, der Architekt Henri Labrouste gestaltet hat.

Bedeutung

Ebenso wie sein Mitstreiter Franz Hebenstreit war Riedel eine Symbolfigur der demokratischen Bewegung und "einer der frühesten und konsequentesten Vorkämpfer für eine demokratisch-republikanische Staatsform Österreichs."[3] Trotzdem erinnert nichts in Österreich an sein Wirken, nicht einmal eine Gedenktafel in der Wiener Schwertgasse 3, wo er viele Jahre lang gelebt hat.

Literatur

  • Karl Vocelka: Glanz und Untergang der höfischen Welt. Representation, Reform und Reaktion im habsburgischen Vielvölkerstaat. In: Herwig Wolfram (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1699–1815. Wien 2004.
  • Andreas Riedel: Der Untergang eines Revolutionärs. Tagebuch, Briefe und Denkschrift von Andreas Riedel aus seinen Gefängnisjahren im Minoritenkloster in Brünn (1806–1809). Budapest 1993.
  • Helmut Reinalter: Österreich und die Französische Revolution. Wien 1988.
  • Denis Silagi: Jakobiner in der Habsburger-Monarchie. Ein Beitrag zur Geschichte des aufgeklärten Absolutismus in Österreich. Wien 1962.
  • Alfred Körner: Andreas Riedel. Ein politisches Schicksal im Zeitalter der Französischen Revolution. Universität Köln, Dissertation 1969.

Fußnoten

  1. Artikel Riedel, Andreas Freiherr von im Österreich-Lexikon von aeiou.
  2. Wiener Zeitung online (Zugriff: 4. Juli 2007)
  3. Alfred Körner, Andreas Riedel (1748 - 1837). Zur Lebensgeschichte eines Wiener Demokraten.In: Jahrbuch des Vereins für die Geschichte der Stadt Wien 27.(1971) S. 83 - 114.

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