Kathedrale von Auxerre

Kathedrale von Auxerre
Die Kathedrale Saint-Étienne
Die Kathedrale dominiert die Altstadt, Stich von 1854
Saint-Étienne, Chor
Saint-Étienne, Querhaus

Die Kathedrale Saint-Étienne in Auxerre im Département Yonne in Burgund ist ein Hauptwerk der burgundischen Gotik. Seit 1823 ist sie Konkathedrale des Erzbistums Sens-Auxerre.

Inhaltsverzeichnis

Baugeschichte und Baubeschreibung

Die Kathedrale liegt im Zentrum der Altstadt auf einem Hügel über der Yonne mitten zwischen den Wohnhäusern, wie das früher üblich war ist. Nur die englischen gotischen Kathedralen wurden häufig bewusst auf freiem Feld errichtet. Saint-Étienne wurde 1215 begonnen, also ungefähr zur gleichen Zeit wie Reims und Amiens, hat dann aber mehrere Bauphasen erlebt. Die Fassade stammt aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert, der Nordturm wurde bis ins 16. Jahrhundert hinein gebaut. Diese Schaufläche der Spätgotik zeigt die damals starke Tendenz, alle freien Flächen mit aufgeblendetem Maßwerk zu überziehen, eine Variante der gotischen Ausdruckswut [1], die in Straßburg ihren Höhepunkt gefunden hat.

Entscheidend ist, dass die burgundische Kathedrale schon von der Abmessung der Arkadenzone her gar nicht jene ekstatische Steigerung sucht wie die nordfranzösischen Kathedralen. Der burgundische Sakralbau erstrebt eher eine den menschlichen Maßen vertrautere Haltung. Das Prinzip der Doppelschaligkeit ist hier besonders konsequent durchgeführt worden. Hinter den Diensten geht der Laufgang durch, so dass das stützende System des Baues als eine eigene Schicht vor die Raumschicht dahinter und vor die anschließende Fensterfläche gesetzt ist.

Der Obergadenlaufgang geht zurück auf die Wandsysteme der drei großen Kathedralen des oberen Rhônetales, Lausanne, Genf und Lyon, in deren Bauhütten sich kurz vor 1200 die Gotik durchsetzte. [2]

Im Chor finden wir das gleiche noch konsequenter angewandt. Hier werden Tendenzen deutlich, die darauf hinauslaufen, die Idee des aktiv nach oben strebenden Baugerüstes als eigenes System unabhängig von der Außenmauer für sich existieren zu lassen, gleichsam als Architektur-Idee losgelöst von jeder bautechnischen Funktion, also als reines Kunstwerk.

Gewölbemalerei der Krypta

Die sehr schöne Krypta von St-Étienne stammt noch vom Vorgängerbau aus der Zeit nach 1030 und besitzt bedeutende Fresken. Ein sehr ungewöhnliches Fresko stammt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts: „Christus auf einem weißen Pferd“, umgeben von vier Engeln, ebenfalls auf Pferden. Die formale Grundlage dieser Szene ist ein großes juwelengeschmücktes Kreuz, das die gesamte Bildfläche bestimmt. Die thematische Idee der „Engelreiter“ geht letztlich auf Erzählungen aus der Apokalypse des Johannes zurück, wo solche Wesen geschildert werden. Aber auch das Bild des „reitenden Kaisers“ mag hier eine Rolle gespielt haben, das zur damaligen Zeit sehr populär war und hier auf Christus übertragen sein kann [3]. Eine solche Art der Darstellung mit Christus als Reiter auf einem Pferd - und nicht auf einem Esel - ist jedenfalls extrem selten.

Musik

Von 1953 bis 1960 war Jacques Berthier Organist der Kathedrale. Berthier formte, zusammen mit Bruder Robert Giscard, ab 1974 das Genre "Gesänge von Taizé".

In der Kathedrale von Auxerre befindet sich eine Orgel aus der Werkstatt Oberthur. Sie wurde 1986 errichtet und hat 47 klingende Register auf vier Manualen und Pedal [4].

I Grand Choeur C–c4
Chamades (basses) 16'
Chamades (dessus) 16'
Chamades (basses) 8
Chamades (dessus) 8'
Chamades 4'
Chamades II 51/3'
II Grand Orgue C–c4
Bourdon 16'
Montre 8'
Bourdon conique 8'
Prestant 4'
Grosse tierce 31/5'
Doublette 2'
Cornet V
Grosse Fourniture III
Grosse Cymbale III
Fourniture III
Cymbale III
Bombarde 16'
Trompette 8'
Clairon 4'
Tremblant
III Positif C–c4
Principal 8'
Bourdon 8'
Montre 4'
Flûte 4'
Nasard 22/3'
Quarte 2'
Tierce 13/5'
Piccolo 1'
Mixtur IV
Cromorne 8'
Tremblant
IV Récit expressif C–c4
Dulciane 8'
Voix céleste 8'
Bourdon 8'
Flûte 4'
Principal 2'
Larigot 11/3'
Cornet III
Scharff III
Basson 16'
Trompette 8'
Voix humaine 8'
Clairon 4'
Tremblant
Pédale C–g1
Soubasse 32'
Soubasse 16'
Flûte 16'
Flûte 8'
Flûte 4'
Basson 32'
Bombarde 16'

Literatur

  • Otto Demus: Romanische Wandmalerei. Aufnahmen von Max Hirmer. München 1968
  • Norbert Nußbaum: Deutsche Kirchenbaukunst der Gotik. Entwicklung und Bauformen. Köln 1985
  • Ulrich Knop de Oppeln, Histoire de la restauration du chœur de la cathédrale Saint-Étienne d’Auxerre, Doktorarbeit Stuttgart 2003 (elib.uni-stuttgart.de)

Nachweise

  1. siehe Wilhelm Worringer: Abstraktion und Einfühlung
  2. Nußbaum, S. 29
  3. Demus, S. 145-146
  4. Beschreibung der Orgel

Weblinks

 Commons: Cathédrale Saint-Étienne d'Auxerre – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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