Katholische Aufklärung

Katholische Aufklärung

Die Katholische Aufklärung wird als eine Strömung im Zeitalter der Aufklärung verstanden, in der die klerikalen Machtstrukturen innerhalb der katholischen Territorien im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation durch rigorose Machtbeschneidungen seitens vom aufgeklärten Absolutismus geprägten Herrschern neu geordnet wurden. Darüber hinaus wurden Reformen in den verschiedenen kirchlichen und weltlichen Bereichen der jeweiligen Territorien vorgenommen.

Inhaltsverzeichnis

Historischer Hintergrund

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts trat ein Wandel in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens ein. Die Entstehung des bürgerlichen Selbstbewusstseins, die Neugestaltung der sozialen Ordnung und die Entwicklung der bürgerlichen Öffentlichkeit, wie wir sie heute kennen, gehörten zu diesem Umbruch. Während bisher Tradition, Sitte und Religion im Mittelpunkt des Lebens standen, wurde nun durch den Zeitgeist der Aufklärung die Forderung nach Vernunft, Kritik und Zweckmäßigkeit laut.

Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation kamen im Vergleich zum restlichen Europa mehrere Faktoren zusammen, die die Aufklärung besonders prägten. Das Reich war konfessionell gespalten, in das katholische und das protestantische Lager. Außerdem war das Heilige Römische Reich deutscher Nation kein Nationalstaat im heutigen Sinne, sondern regional sehr unterschiedlich gestaltet ohne viele gemeinsame Reichsinstitutionen. Hinzu kam, dass die Gelehrten und Fürsten noch Ende des 17. Jahrhunderts ihre Geschäfte und Anliegen nicht in deutsch, sondern in lateinisch und französisch abwickelten.

Der Prozess der Aufklärung wirkte sich auch auf Fragen des Glaubens aus. Die Ideen der Aufklärung trafen auf ein Weltbild, das sich bisher über Gott definierte. Das Verhältnis von Kirche und Staat wurde in den katholischen Ländern im Reich lange von Rom und den Jesuiten bestimmt. Durch die Fähigkeit zu lesen, die sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts vor allem in den Städten verbreitete, sahen sich die katholischen Seelsorger mit Gläubigen konfrontiert, die sich durch ihr neu erworbenes Wissen nicht mehr mit den bisher gegebenen Umständen zufriedengeben wollten. Sie begannen, an den gegebenen Umständen zu zweifeln, die Dinge zu hinterfragen und ihre Rechte und Pflichten nicht mehr als selbstverständlich hinzunehmen, sondern sie auf ihre Notwendigkeit zu prüfen. Viele Aufklärer waren nicht unreligiös, sie wendeten sich aber gegen die von Rom praktizierte, mit prunkvollen und abergläubigen Darstellungsformen verbundene Barockisierung des Katholizismus. Die Entwicklung war begleitet von der tief greifenden Umgestaltung der europäischen Gesellschaftsordnung. In den katholischen Bereichen des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation herrschte in dieser Zeit der Reichsadel. Seit Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden jedoch neue Gesellschaftsschichten, die in dem absolutistischen ständischen Gesellschaftssystem keinen Platz fanden und das System überforderten.

Die katholische Kirche besaß im Reich eine besondere Stellung, da sie seit dem Westfälischen Frieden von 1648 ein Teil der Reichsverfassung war. Sie stand gleichberechtigt an der Seite des Staates. In den Aufgabenbereich der deutschen Bischöfe fielen nicht nur geistliche Aufgaben, sondern auch weltliche. Da sie gleichberechtigte weltliche Fürsten waren, besaßen sie neben ihren Diözesen zusätzlich noch weltliche Territorien, vergleichbar mit dem Kirchenstaat des Papstes. Die geistlichen Kurfürsten von Kurmainz, Kurköln und Kurtrier wählten gemeinsam mit fünf weltlichen Fürsten den Kaiser. Ihnen kam also ein bedeutender Machtanteil zu. Darum spricht man auch von einem „Sonderweg“ der katholischen Aufklärung im Deutschen Reich beispielsweise gegenüber Frankreich. Denn im Reich fand die Katholische Aufklärung nicht gegen Theologie und Kirche, sondern mit ihr und durch sie statt.

Es lassen sich zwei Ursprünge der Katholischen Aufklärung benennen. Zum einen der Jansenismus, zum anderen die protestantische Aufklärung. Der Jansenismus bestärkte die Entwicklung einer religiösen Individualität. Er richtete sich vor allem gegen den vom Papst publizierten Barockkatholizismus. In erster Linie setzte er sich in Österreich zu einer Reformbewegung durch. Für das Reich und die Katholische Aufklärung war der Jansenismus von Bedeutung, weil er die Grundlage für die staatskirchlichen Reformen schuf. Der zweite Ursprung der katholischen Aufklärung lag in der norddeutschen protestantischen Aufklärung. Diese Art der Aufklärung wurde auf verschiedene Art und Weise aus Norddeutschland in die katholischen Länder verbreitet. Zum einen durch in Norddeutschland studierende süddeutsche und österreichische Katholiken. Als herausragendes Beispiel lässt sich hier die Universität Göttingen nennen, die als Zentrum der protestantischen Aufklärung galt. Zum anderen übernahmen die katholischen Bildungseinrichtungen seit Mitte des 18. Jahrhunderts die philosophischen Lehren der norddeutschen Aufklärer.

Ziele der katholischen Aufklärer und Strömungen wie Jansenismus, Episkopalismus, Febronianismus und Josephinismus waren die Verbesserung der Seelsorge, Umgestaltung der Gottesdienste, Verminderung der Prozessionen und Wallfahrten, Beseitigung der traditionellen Volksfrömmigkeit, Klosterreformen, Reformen des Rechtsverständnis, die Neugestaltung des weiblichen Ordenswesens und praktische Reformen. Grundsätzlich zielten die Aufklärer auf eine Loslösung der Bischöfe vom Papst, die Beseitigung der Adelsprivilegien innerhalb der Reichskirchen und die Errichtung von Landeskirchen.

Periodisierung

Die Katholische Aufklärung lässt sich nach Harm Klueting in drei Phasen gliedern. Ihre erste Phase dauerte etwa von 1740 bis 1770. Sie glich einer Vorbereitungszeit, während der Katholiken die bis dahin praktizierte theologische Lehre zu kritisieren begannen. Die Kritik richtete sich in erster Linie gegen die Jesuiten, denen die Leitung vieler Lehrstühle an den Universitäten oblag. Es wurde gefordert, die moderne Philosophie Christian Wolffs bei der kirchlichen Lehre zu berücksichtigen, um die katholische Lehre zu erneuern und dem modernen Zeitgeist entgegenzukommen. Betroffen waren davon vor allem die Universitäten in Würzburg, Salzburg und Trier.

Die zweite Phase begann mit der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 durch Papst Clemens XIV. und dauerte bis ca. 1780. Die Aufhebung war vor allem im höheren katholischen Bildungswesen zu spüren, da jetzt weltliche Gelehrte die Lehrstühle der Universitäten übernahmen. Im Zuge der Auflösung des Jesuitenordens wurden die Universitäten Münster (1780) und Bonn (1786) gegründet.

1780 markierte den Beginn der dritten Phase. Sie war charakterisiert durch den Josephinismus, der durch Kaiser Joseph II. in Österreich und den habsburgischen Territorien eingeführt wurde. Damals wurden in Österreich Landeskirchen gegründet, die es in den protestantischen Ländern schon seit der Reformation gab. Der Josephinismus zielte auf die Unabhängigkeit vom Papst in Bereichen wie Bildung, Soziales und Finanzen. Im Geiste des aufgeklärten Absolutismus betrieb Joseph II. verstärkte Staatskirchenpolitik und förderte die staatskirchlichen Reformen, die auch das katholische Reich beeinflussten.

Das Ende der Katholischen Aufklärung ist zeitlich schwer festzulegen. Die Säkularisation von 1803 stellte eine Zäsur dar. Die Reformbewegungen wurden erst nach diesem Einschnitt von der katholischen Bevölkerung akzeptiert und konnten sich durchsetzen. Allerdings setzten schon zeitgleich Gegenbewegungen ein, wie zum Beispiel die katholische Romantik. 1814 wurde der Jesuitenorden wieder zugelassen und kehrte in der Folge nach Deutschland zurück. Am Ende des 19. Jahrhunderts führte Papst Pius IX. auf dem ersten Vatikanischen Konzil neben der Abschaffung der Meinungs-, Religions- und Wissenschaftsfreiheit die Unfehlbarkeit des Papstes ein. 1910 führte Papst Pius X. schließlich den sogenannten Antimodernisteneid ein, der von allen Klerikern der katholischen Kirche abgelegt werden musste und sich gegen die Lehren des Modernismus richtete. Erst das zweite Vatikanische Konzil brachte wieder gegenläufige Entwicklungen. Es wurde eine Erneuerung des katholischen Gottesdienstes beschlossen, der eine aktivere Beteiligung der Gläubigen fördern sollte. Außerdem wurde die Mitarbeit an der ökumenischen Bewegung beschlossen, zur Zusammenarbeit mit anderen Religionen aufgerufen und die Religionsfreiheit wieder anerkannt.

Gemischt-konfessionelle Aufklärung in Deutschland

Aufklärung in Deutschland war entscheidend von der konfessionellen Spaltung der Bevölkerung bestimmt. Diese spezielle Konstellation war abgesehen von der Schweiz in Europa einmalig. Die Wechselwirkungen und Verbindungen mit der protestantischen Aufklärung innerhalb der deutschen Territorien verliehen dem Aufklärungsprozess eine besondere Prägung. Die Existenz zweier konfessionell unterschiedlich gefärbter Kulturen, der intellektuelle Austausch zwischen ihnen, charakterisierte den Prozess der katholischen Aufklärung maßgeblich. Zugleich war die katholische Aufklärung nicht nur durch die aufklärerischen Impulse und Entwicklungen der protestantischen Kultur geprägt, sondern auch durch Vorläufer in anderen romanisch-katholischen Staaten Europas.

Umstritten ist vor allem, inwieweit es sich bei der katholischen Aufklärung um eine Übertragung von Prinzipien der protestantischen Aufklärung auf katholische Territorien, um einen nachgeholten intellektuellen Modernisierungsprozess oder um ein genuin eigenes Phänomen handelt, das auf eigenen geistigen Traditionen beruht.

Neben den unbestreitbar prägenden Einflüssen und Impulsen aus der zeitlich vorausgehenden protestantischen Aufklärung und deren geistigen Zentren besaß die katholische Aufklärung eigenständige Wurzeln und Charakteristika. Die Territorien, in denen geistliche wie weltliche Macht zusammenfiel, waren ausschließlich katholisch. In den protestantischen Staaten hatten die Herrscher zuvor bereits Landeskirchen eingerichtet, die der weltlichen Gewalt unterstanden. Insofern lagen der katholischen Aufklärung völlig andere Voraussetzungen und Bedingungen zugrunde. Katholische Aufklärung ist in Deutschland maßgeblich von der Kirche und ihren Würdenträgern selbst gestaltet und geprägt worden, was ihr einen verhältnismäßig moderaten und systemstabilisierenden Charakter verlieh.

Die Repräsentanten und Würdenträger der katholischen Kirche passten ihre Territorien den Erfordernissen der Zeit an, konnten an fundamentalen Veränderungen jedoch naturgemäß kein Interesse besitzen. Anders hingegen in Frankreich, wo die Aufklärung neben ihrer deutlich kirchen- und religionskritischeren Erscheinung auch durch einen starken politisch-sozialen Impetus bestimmt war, der schließlich in der Französischen Revolution mündete. An den Grundfesten des geistigen wie weltlichen Herrschaftssystems wurde im katholischen Deutschland nie gerüttelt. Die Tatsache, dass die Aufklärung im katholischen Deutschland gegenüber anderen europäischen Staaten und auch gegenüber protestantischen Aufklärungsbewegungen zeitlich verzögert erfolgte, mag ihren moderaten Charakter zudem erklären.

Protestantische Aufklärung erfolgte primär an den Universitäten und geistigen Zentren in den protestantischen Teilen Deutschlands wie Halle, Göttingen, Hamburg, Königsberg oder Berlin. Die Protagonisten katholischer Aufklärung waren hingegen größtenteils die Fürstbischöfe oder exponierte weltliche Herrscher wie Joseph II. (Josephinismus). Anders als der protestantische Vorläufer besaß die katholische Aufklärung auch nicht deren öffentlichkeitswirksame Verbreitung und Repräsentation in Publizistik und Literatur.

Spezifisch deutsch an der katholischen Aufklärung sind vielleicht die Vielzahl an Reformfeldern und auswärtigen Einflüssen auszumachen, die ihr eine gewisse Singularität zuweisen. Als katholische Aufklärungsphänomene lassen sich nennen: Die Auseinandersetzung mit Rom und dessen Barockfrömmigkeit, die daraus resultierende Absetzungsbewegung, waren naturgemäß Spezifika der katholischen Aufklärung. Innerkirchliche Reformen, die den katholischen Glauben und dessen Praxis tangierten, betrafen beispielsweise die Einschränkung von Wallfahrten. Die veränderte theologische Auslegung des katholischen Glaubens an den Universitäten, bisher überwiegend in der Hand romtreuer Jesuiten, war ebenso ein Alleinstellungsmerkmal wie die Stärkung der lokalen Ortspfarreien und Aufwertung der praktischen Seelsorge zuungunsten einer dogmatischen Glaubensauslegung. Die Konfrontation mit den einflussreichen und mächtigen Orden und ihre Entmachtung nahm in der katholischen Aufklärung einen zentralen Stellenwert ein.

Sie war in Deutschland immer auch gekennzeichnet von der Konfrontation mit Aufklärungsprozessen in protestantischen Landesteilen. Als deutsches Spezifikum erfolgte sie hier vor dem Hintergrund der Folie einer protestantischen Variante. Insgesamt tun sich jedoch mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede mit Aufklärungsprozessen in anderen katholischen Staaten Europas auf, wie beispielsweise im pragmatischen Italien, der ähnlich moderat verlief.

Die seit der Reformation nie völlig abgerissenen Versuche zu einer Wiedervereinigung der beiden Konfessionen, die in der Aufklärung mit Plänen zur Errichtung einer deutschen Nationalkirche vor allem von katholischer Seite ihren Ausdruck fanden, bildeten ein weiteres deutsches Alleinstellungsmerkmal.

Theologie

Ausgangslage und Hinführung

„Es heißt wegräumen die mancherlei Hüllen und Decken vor den Augen, Platz machen dem Licht in Verstand und Herz, dass es jenen erleuchte, dieser erwärme, und eintreten in die Gebiete der Wahrheit und der Ordnung, wo die Bestimmung des Menschen, die wahre Glückseligkeit thront.“ So definierte der Münchner Geistliche, Publizist und Historiker Lorenz von Westenrieder im Jahr 1780 seine Auffassung der Aufklärung. Erst drei Jahre nach ihm wird Immanuel Kant seine bis heute viel zitierte Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? vorlegen.

Doch im katholischen Deutschland war von Westenrieder zu dieser Zeit eher eine Ausnahme und Wegbereiter. Die Aufklärung konnte in der katholischen Theologie der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nur schwer, eingeschränkt und relativ kurz (ca. 1770 – 1815) Fuß fassen. Zu sehr schienen sich (katholische) Theologie und Aufklärung zu widersprechen: Während die Aufklärung die Wahrheit im Licht der Vernunft suchte, ergründete die Theologie die Wahrheit in einer göttlichen Offenbarung, im Glauben. Zusätzlich wurden Kirche und Theologie durch die antiklerikalen Züge der französischen und englischen Aufklärungsphilosophie (vgl. Deismus und Atheismus) verunsichert. Im damaligen kirchlichen Sprachgebrauch stand „Philosophie“ gar für Kirchenzerstörung und Gottlosigkeit. Zu all diesen Momenten, die die Auseinandersetzung mit Ideen der Aufklärungsphilosophie in der Theologie verhinderten, verzögerten und begrenzten, trat der schlechte Zustand des katholischen Theologiestudiums hinzu. Erst nach der Aufhebung des Jesuitenordens 1773 konnte das Theologiestudium reformiert werden (so an der Universität Dillingen, in Würzburg und Bonn). Denn die Jesuiten bildeten bis zu diesem Zeitpunkt die bestimmende Größe an den theologischen Fakultäten, in all ihrer Liebe zur (mittelalterlichen) Scholastik und ihrer Ablehnung des freien Denkens. Vorbereitend für die Theologie der katholischen Aufklärung wirkten vor allem die Anthropozentrik der Barocktheologie, die ein besonderes Augenmerk auf den „natürlichen Menschen“ und die Leistungsfähigkeit legte, und der Jansenismus mit seiner antimystischen und intellektuell bestimmten Spiritualität.

Theologen der katholischen Aufklärung

Für die Theologie der katholischen Aufklärung stand das Verhältnis von Vernunft und Offenbarung im Vordergrund. Neben sehr wenigen radikalen, bibelkritischen und eine Vernunftreligion propagierenden Theologen, sah man keinen Widerspruch zwischen Vernunft und Offenbarung, sondern war um eine Harmonisierung beider bemüht. Die Ratio sollte als ein Geschenk Gottes aufgefasst werden. Man war geradezu verpflichtet, die Fähigkeit zu immer größerer Erkenntnis und Vollkommenheit zu nutzen. Von einigen Theologen wurde die Kirche als „göttliche Erziehungsanstalt“ in die aufgeklärte Theologie eingebunden, von anderen war eher ein Bestreiten des kirchlichen Unfehlbarkeitsanspruchs und ein Vertrauen in die eigenständige Erkenntnis der christlichen Wahrheiten durch das Individuum zu vernehmen. Wozu der einzelne Theologe auch tendieren mochte, es wurden doch allgemein die Grenzen der sehr geschätzten Vernunft gesehen. Einer der ersten katholischen Theologen, der nach der Aufhebung der Gesellschaft Jesu auf die Ideen der Aufklärung reagierte, war der Dogmatiker Benedikt Stattler (1728-1797). Er setzte sich in Ingolstadt mit der zeitgenössischen Philosophie auseinander, rechnete mit der Scholastik ab, die er als „morsch und veraltet“ zurückwies, und vertrat eine irenische Haltung gegenüber der protestantischen Theologie. Auf seinen reformerischen Eifer antwortete die Kirche mit dem Entzug seiner Professur (1782) und der Indizierung seiner Hauptwerke (1796). Stattlers Schüler, der spätere Bischof von Regensburg, Johann Michael Sailer (1751-1832), setzte die Auseinandersetzung mit dem Denken Kants erfolgreicher fort. Wie Lorenz von Westenrieder ist Sailer wohl als ein eher gemäßigter Aufklärer zu charakterisieren. Weder reduzierte er die gläubige Existenz auf Ethik und Volkserziehung, noch setzte er die Vernunft absolut. Im Gegenteil, er knüpfte an eine spätmittelalterliche Reformbewegung an, der Devotio moderna; er verankerte die Ratio in der Theologie und fundierte sie gleichzeitig „in der Frömmigkeit des Herzens und im gläubigen Fühlen“. Durch die Ratio sei der Mensch Ebenbild Gottes. Auch Jesus Christus habe Licht in die Welt gebracht und somit aufgeklärt. Sailer errang mit seiner Lehrtätigkeit großes Ansehen und wirkte durch seine zahlreichen Schüler schließlich weit über den bayrischen Raum hinaus. Einer dieser Schüler, der Luzerner Professor Alois Gügler (1782-1827), fasste das Verstehen des Glaubens als ein hermeneutisches Problem auf, führte die Ideen der Aufklärung weiter und ebnete so den Weg für die Theologie der Romantik.

Das Ende der Aufklärungstheologie und Ausblick

Mit der Wiederzulassung der Jesuiten 1814 und der politischen Restauration ab 1815 kam es zu einer reaktionären Bewegung in der katholischen Kirche mit großen Auswirkungen auf die Theologie. Es bildete sich eine Schulrichtung der „Neuscholastiker“, die die Aufklärungstheologie als Niedergang und Verflachung betrachtete und auf die Zeit vor der Aufklärung zurückgriff. Vor allem Papst Pius IX. bezog Stellung gegen die gesellschaftlichen Errungenschaften, gegen den eigenständigen Gebrauch der Vernunft, gegen den für ihn und viele andere Zeitgenossen überhaupt zu weit getriebenen Rationalismus. Die Autorität in Lehre und Leitung der Gläubigen, und besonders die des Papstes, hatten als unumstößlich und absolut zu gelten. Diese Abwehrhaltung war prägend für das gesamte 19. Jahrhundert. Erst das 2. Vatikanische Konzil (1962-1965) erkannte zentrale Ideen und Ansätze der Aufklärungstheologie an und setzte sie in Reformen um. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass sich die katholische Theologie zwar erst zwanzig Jahre später als die protestantische Theologie mit der Aufklärung auseinandersetzte und, nachdem sie sich gegen viele Widerstände endlich einigermaßen hatte etablieren können, schon wieder verdrängt wurde, sie aber dennoch eine große Wirkung auf die Theologie des 20. Jahrhunderts hatte.

Episkopalismus

Der reichskirchliche Episkopalismus war eine Bewegung zur Zeit der Aufklärung und stand dem Papalismus bzw. dem Kurialismus diametral entgegen. Er sah die Beschränkung der päpstlichen Rechte vor und forderte dafür die Stärkung der Bischöfe bzw. des bischöflichen Konzils. Begründet wurde dies dadurch, dass die bischöfliche Jurisdiktion direkt von Gott gegeben wurde und eben nicht durch den Papst verliehen worden sei. Somit stünde auch das bischöfliche Konzil hierarchisch gesehen noch über dem Papst und wäre damit die letzte Entscheidungsinstanz bzw. deren Zustimmung für die Rechtsgültigkeit einer päpstlichen Entscheidung unumgänglich. Entgegen dem Staatskirchentum oder dem Josephinismus ging es im Episkopalismus nicht um die Ansprüche der weltlichen sondern die der geistlichen katholischen Fürsten im 18. Jahrhundert.

Die Wurzeln des reichskirchlichen Episkopalismus gehen zurück auf das Spätmittelalter (14./15. Jahrhundert). Hier gab es bereits eine kirchliche Reformbewegung, die als praktischer Episkopalismus bezeichnet wird, ebenfalls gerichtet gegen die päpstlichen Ansprüche. Schriftlich festgehalten wurden diese Forderungen in den Basler Dekreten 1439, eine Umsetzung erfolgte jedoch nicht.

Durch die Reformation erlebte die katholische Kirche eine ihrer größten Krisen, gleichzeitig ging sie jedoch auch gestärkt aus dieser Zeit wieder hervor. Im Trienter Konzil wurde die leitende Stellung des Papstes ausdrücklich anerkannt und ihm gleichzeitig die Möglichkeit zur intensiven Einflussnahme auf das Leben der Gesamtkirche übertragen. Zunächst als unterstützende Hilfestellung willkommen, stieß die päpstliche Vormachtstellung im Laufe der Gegenreformation auf Widerstand und wurde dabei erneut in Frage gestellt. Es wurde eine geänderte Verfassung der Kirche gefordert, wonach - ähnlich der Verfassung des Reiches - diese aus monarchischen und aristokratischen Elementen bestehen sollte, das heißt aus päpstlichen und bischöflichen Rechten und Pflichten.

Stellte der Episkopalismus machtpolitisch auch keine große Gefahr für das Papsttum dar, so doch theologisch. Mit der Veröffentlichung des Buches „De statu ecclesiae et legitima potestate Romani Pontificis liber singularis ad reuniendos dissidenes in religione christianos compositus“ (1763) des Weihbischofs zu Trier, Johann Nikolaus von Hontheim, erreichte der reichskirchliche Episkopalismus seinen Höhepunkt. Er wird ab dieser Zeit auch als Febronianismus bezeichnet, zurückgeführt auf das Pseudonym des Trierer Weihbischofs Justinus Febronius. Hontheim/Febronius befürwortete hier eine Reduzierung der päpstlichen Macht zugunsten einer Stärkung der fürstbischöflichen Gewalt im Interesse einer Kirchenreform sowie der geistlichen Staaten. Dabei trat er für eine stark eingeschränkte Leitungsgewalt des Papstes ein und forderte an seiner Stelle die Einsetzung eines Generalkonzils, bestehend aus einer Vielzahl von autonomen Nationalkirchen als höchstes kirchliches Organ. Gleichzeitig befürwortete er die Independenz und Koexistenz von Staat und Kirche im Hinblick auf das gemeinsame Ziel, welches er in dem Heil der Seelen und dem Schutz der Religion sah. Dabei orientierte er sich an der mittelalterlichen Ordnung von Imperium und Sacerdotium des Mittelalters.

Ein reichskirchenrechtliches und kirchenpolitisches Programm wurde 1769 in Koblenz im Auftrag der drei geistlichen Kurfürsten aufgestellt, die Gravamina (Desideranda). Ebenfalls schriftliche Umsetzung fand der reichskirchliche Episkopalismus in der Emser Punktation von 1786 der vier deutschen Erzbischöfe.

Letztlich scheiterte der reichskirchliche Episkopalismus an der Uneinigkeit der deutschen Kirchenfürsten, am Widerstand der Kurie, an der mangelnden Unterstützung des Kaisers, der seine zugesagte Unterstützung wegen eigener staatskirchlicher Pläne letztlich versagte, und nicht zuletzt an dem durch die Französische Revolution verursachten gesellschaftlichen Umbruch.

Es ist in der Forschung strittig, ob der reichskirchliche Episkopalismus nun das Staatskirchentum stärken wollte oder aber diesem ursprünglich konträr entgegenstand und später von jansenistischem und aufklärerischem Gedankengut unterwandert wurde. Eindeutig ist jedoch, dass sowohl der Episkopalismus als auch das Staatskirchentum und der damit einhergehende Josephinismus die gleichen Ziele verfolgten, nämlich die Vormachtstellung des Papstes zugunsten einer Stärkung des Fürsten und des Reiches zurückzudrängen. Dabei ging es den geistlichen Fürsten vor allem um die Sicherung reichskirchlicher Rechte und Freiheiten und eine differenziertere Abgrenzung päpstlicher und bischöflicher Rechte im Hinblick auf die Doppelfunktion der geistlichen Fürsten, die gleichzeitig eben auch als weltliche Landesherren fungierten.

Staatliche Reformen

In den geistlichen Staaten wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts Reformen in Justiz, Wirtschaft, Verwaltung, sowie in Bildung und Wissenschaft auf den Weg gebracht. Im Reich vollzog sich ein Wandel, dem sich die geistlichen Fürstentümer nicht länger verschließen konnten. Durch Reformen reagierte man auf die neuen Ansprüche der Zeit. Besonders betroffen waren auch die kirchlichen Institutionen wie Klöster und Stifte, sowie einzelne Orden.

Bildung

Die Bildungsreform war hier von großer Bedeutung. Als wichtig schien es die einfache Bevölkerung aufzuklären, aber auch die Bedingungen des Lernens für alle zu verändern. Dazu bemühte man sich besonders um den Ausbau des höheren Bildungs- und Unterrichtswesens, ebenso gab es eine Reform in den Elementarschulen und die Ausbildung der Schullehrer sollte sich verbessern. Noch immer gab es eine enge Verbindung der Kirche und des Schulwesens, unterlag doch das niedere Schulwesen der Aufsicht der örtlichen Pfarrer. Der Schulunterricht war oftmals eine Nebentätigkeit der Küster. Dieser Mangel an qualifiziertem Lehrpersonal sollte behoben werden. Man wollte die Lehrtätigkeit den Geistlichen entziehen, damit das aufklärerische Gedankengut in den Bildungseinrichtungen Fuß fassen konnte. Es wurden Lehrerseminare geschaffen, die die Ausbildung von professionellen aufgeklärten Lehrern zum Ziel hatten. Auch wollte man in Zukunft zu großen Unterschieden in einzelnen Schulen, bezüglich Unterrichtsinhalten, Anzahl der Stunden und Schüler, entgegenwirken. Insgesamt wollte man das Niveau auch des Elementarunterrichts heben und klare Strukturen der verschiedenen Schularten schaffen. Im Zentrum der Bildungsreformen standen die Grundsätze der Aufklärung. Ein neuer aufgeklärter Geist sollte Einzug in die Bildungseinrichtungen erhalten.

Da die vorhandenen Ausbildungsstätten, besonders die Universitäten, diesen neuen Bedürfnissen noch nicht entsprachen und oftmals zum Beispiel adelige Söhne in protestantische Gebiete geschickt wurden, wo man sich eine bessere und zeitgemäßere Ausbildung versprach, musste man schnell reagieren. Hierbei ist besonders das Jahr 1773 zu nennen in dem der Jesuitenorden, der als nicht mehr zeitgemäß galt und zu sehr an alten Traditionen festhielt, aufgehoben wurde. Mit dem ihnen zugefallenen Jesuitenvermögen konnten die Landesherren in eine modernere, der Aufklärung angepasste Bildungspolitik investieren.

Jedoch waren die Jesuiten, die bisher die meisten Lehrkörper gestellt hatten, nicht so leicht zu ersetzen. Selbst in den neu gegründeten Universitäten musste man auf sie bei der Besetzung der Lehrstühle noch einige Zeit zurückgreifen. An den Universitäten hielten die katholischen Gelehrten trotz der Reformen noch recht lange an der lateinischen Sprache in Schrift und Wort fest, wodurch die Bildung zunächst wiederum nur einem Teil der Bevölkerung zugänglich war.

Insgesamt lassen sich die Reformen im Bildungswesen aus heutiger Sicht schwer bewerten. Problematisch war die oft weite Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Die Annahme der Neuerung hing von den damaligen Lebensumständen der Menschen ab. Auf dem Lande beharrte man auf alten, katholisch geprägten Traditionen. Durch immer noch weit verbreitete Kinderarbeit konnten die Kinder weder vor noch nach der Reform am Elementarunterricht teilnehmen, ihre Chancen blieben somit weiter begrenzt. Leute aus wohlhabenden, gebildeten Schichten konnten und wollten die neuen Chancen nutzen.

Allgemein stand man den Neuerungen kritisch gegenüber, da man die positiven Auswirkungen des Reformwerks noch nicht abschätzen konnte. Aus heutiger Sicht kann man sagen, dass sich die Qualität des Bildungssystems durch seine Modernisierung deutlich steigerte. Dies war ein erster wichtiger Schritt zu einem modernen Bildungssystem.

Klöster

Die Zahl der Klostergeistlichen wurde auf so viele Geistliche beschränkt, wie es für die seelsorgerische Betreuung des Bereiches, für den das Kloster zuständig war, notwendig schien. Die Anzahl der Klöster wurde reduziert. Klöster ohne karitative, seelsorgerische oder pädagogische Aufgaben galten als unnütz und wurden geschlossen. Die Reduzierung der Klöster wurde in der Folgezeit auch auf andere Orden ausgeweitet. Zahlreiche Bruderschaften, deren Bräuche als abergläubig und fanatisch beurteilt wurden, wurden aufgelöst.

Viele Klöster wurden in weltliche Ritter- und Damenstifte oder Weltpriesterinstitute umgewandelt. Nonnen mussten sich entweder der weiblichen Jugend, den Kranken, oder einem beschaulichen Leben widmen. Der Ordensklerus wurde reformiert z.B. durch die Verordnung über die Ablegung der feierlichen Gelübde nicht vor dem 24. Lebensjahr, Bestimmungen über den Aufenthalt von Mitgliedern eines katholischen Ordens außerhalb der Klöster und die Abschaffung der Klosterkerker. Erstebt wurde die Unabhängigkeit von bischöflicher und päpstlicher Gewalt.

Soziales

Im sozialen Bereich betrafen die Reformen vor allem den seelsorgerischen Aspekt. Eine bessere Versorgung der Gemeinde sollte erreicht werden, um die sich nun Pfarrer intensiv zu kümmern hatten.

Rechtswesen

Im rechtlichen Bereich wurde die Gewalt von den Kirchen auf den Staat übertragen. Es kam zur Abschaffung der Folter und der dazugehörigen Kerker. Dem Nuntius, Botschafter des Papstes bei weltlichen Regierungen, wurde die juristische Vertretbarkeit entzogen.

Kulturelle Aspekte (Literatur, Wissenschaft, Publizistik)

Literatur

Die Literatur der Aufklärung unterteilte sich regional in den norddeutschen protestantischen Idealismus und in den katholischen Kreationismus Süddeutschlands. Die Josephinische Literatur entstand während der Regierungszeit Kaiser Josephs II zwischen 1765 und 1795 im alten Reich. Die häufig stark antiklerikale Tendenz ihrer Polemiken, Satiren und Pamphleten ignorierte jedoch nicht ihre Gebundenheit an rhetorische Techniken und Ausdrucksformen, die einem barock-katholischen Ursprung zu Grunde lagen. Ebenfalls betonten die Autoren ihre katholische Herkunft als eine Reaktion auf den Vorwurf seitens Kollegen aus Norddeutschland, nur rückständige Katholiken zu sein. Als Charakteristikum für die aufgeklärte Literatur des alten Reiches dienten ein kreationistisches antiidealistisches Weltbild, sowie das Erstreben nach Objektivität, um somit eine Darstellung der gegebenen Realität zu ermöglichen. Demgegenüber existierte in der norddeutschen Literatur eine subjektivistische Tendenz wie sie im Sturm und Drang und in der Romantik von Berlin und Jena vorzufinden war.

Wissenschaft

Hochschulreformer stellten sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Aufklärung und Religion. Im Bereich der Wissenschaften und der Universitäten begann nun eine Debatte um Reformen und neuer Möglichkeiten der Aufklärung. Im Vordergrund standen das Praktische, das Konkrete vor Abstraktem. Dementsprechend übernahm die Wissenschaft die frühere Vormachtstellung der Theologie. Die Reformer katholischer Universitäten beabsichtigten, das Niveau der Wissenschaft in katholischen Reichsgebieten nach protestantischem Vorbild anzuheben und im Sinne der nationalen Glückseligkeit voranzutreiben. Die größten Erfolge wurden dabei in Würzburg erzielt. Als wesentlicher Bestandteil der wissenschaftlichen Disziplin galt es, kirchliche Traditionen in Frage zu stellen und aufklärerische Vorstellungen zu integrieren. Dies führte allerdings zu einem Konflikt mit dem Staatswesen, das auf der Existenz der Kirche als integraler Faktor basierte.

Die theologischen Fakultäten gehörten im 18. Jahrhundert trotzdem weiterhin zum Kanon der Universitäten. Sie behielten wissenschaftliche Mitsprache, obgleich sie auch ihre vorrangige Stellung abzugeben hatten. Wissenschaft sollte zu einem bedeutsamen Faktor des Staatswesens werden. Die protestantischen Vorbilder reformierter Universitäten waren zunächst Halle und Göttingen. Als leitende Wissenschaft setzte man die erneuerte Jurisprudenz (Rechtswissenschaft) neben der Kameralistik und der Medizin voraus.

Trotz Beibehaltung der Theologie wurde diese im Verlauf nicht mehr als maßgebliche Wissenschaft betrachtet. Die Kameralistik erachtete man für das Allgemeinwesen als außerordentlich nützlich, da sie neue Maßstäbe für die Einnahme- und Ausgabepolitik setzte und zu neuen Erkenntnissen ökonomischer und agrarischer Art führte. Neue Studienfächer wurden von den Gelehrten als Lehrbücher verfasst, und somit entstand ein literarischer Dialog der Wissenschaften.

Das neue geschlossene System von Wissenschaft wurde an protestantischen wie auch an katholischen Universitäten zum neuen Leitbild. Der Fortschritt der Wissenschaft veränderte das Denken im alten Reich.

Publizistik

Zu Beginn dienten theologisch-kirchliche Publikationen als sogenannte Informationsquellen innerhalb spezieller Leserkreise des Fachgebietes bevor sie die Öffentlichkeit erreichen konnten. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts unterlag die Publizistik der Zensur des absolutistischen Staates. Die Entwicklung theologischer Fachzeitschriften und wissenschaftlicher Magazine befähigte ihre Herausgeber die an Universitäten gebundene theologische Schulrichtung zu vertreten, wie beispielsweise Jena, Göttingen und Tübingen. Zu Ende des 18.Jahrhunderts orientierten sich die theologischen Zeitschriften an den „einzelnen Bürger“ dessen Bildung seitens der Religion gefördert werden soll. Eine zentrale Rolle der Publizistik während der Aufklärungsepoche repräsentierte Friedrich Nikolai als Herausgeber der Rezensionszeitschrift „Allgemeine Deutsche Bibliothek″ (1765-1805). Sie richtete sich im aufklärerischen Sinne an die Bürger und sollte die öffentliche Meinung unterstützen.

Regionale Ausprägungen

Österreich

In der Habsburgermonarchie war Kaiserin Maria Theresia von der Aufklärung wenig berührt. Ihr Sohn Joseph II. und einige ihrer Berater, wie Wenzel Anton Graf Kaunitz, Friedrich Wilhelm Graf von Haugwitz oder Gerard van Swieten, standen jedoch im Bann der Aufklärung, beträchtlichen Einfluss hatte auch der Kirchenrechtler Joseph Anton Riegger. Sie vertraten die Ansicht, der Staat müsse religiöse Toleranz üben, Hexenprozesse, Folter und Todesstrafe seien abzuschaffen. Die katholische Aufklärung, die im 17. Jahrhundert in Europa aufkam, wurde im 18. Jahrhundert in Österreich praktisch wirksam und wirkte bis in das 19. Jahrhundert fort.

Die Aufklärung geht von der Vorstellung aus, alle Menschen seien gleich, sie müssten sich aber aus Abhängigkeiten lösen. In Österreich wurden die Ideen der Aufklärung weniger über die Philosophie als über Kameralistik (moderne Buchführung, charakterisiert durch die ausschließliche Aufführung von Ein- und Ausgaben), Rechtswissenschaft, Medizin und Naturwissenschaft verbreitet; sie wurden vor allem von Beamten und im höheren Bürgerstand aufgenommen. Besondere praktische Auswirkungen hatte die Aufklärung in der Rechts- und Staatslehre, wo Karl Anton von Martini und Joseph Freiherr von Sonnenfels Hauptvertreter waren und die nachkommende Beamtengeneration in diesem Sinn prägten. Mit diesen Rechtsprinzipien wurden Reformen der Zeit Maria Theresias und Josephs II. begründet.

Joseph II. übertrug diese Ideen auf viele Bereiche des Staates: Im Zuge des Josephinismus wurde die katholische Kirche in Österreich vollständig der Staatshoheit unterstellt und Nichtkatholiken (Lutheranern, Reformierten und orthodoxen Griechen, kurz darauf auch den Juden in Wien) private Religionsausübung und bürgerliche Rechte zugestanden (Toleranzpatent 1781). Im weiteren Sinn ist der Josephinismus eine von den Reformideen des aufgeklärten Absolutismus und der katholischen Aufklärung bestimmte geistige Haltung, die besonders das österreichische Beamtentum bis weit ins 19. Jahrhundert formte und eine Wurzel des Liberalismus war. Die Aufklärung hat mit dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch Österreichs bis zur Gegenwart gültige Nachwirkungen. Das gilt auch im Wesentlichen für die Nachfolgestaaten, die im Rahmen der Trianon-Konferenz 1919 von Österreich abgespalten wurden.

Das Erziehungswesen stellte ein Hauptanliegen der Aufklärung dar, die Reform der Volksschule 1774 durch den Abt Johann Ignaz von Felbiger war von ihrem Geist getragen (dichtes Netz von staatlichen Schulen, Schulpflicht vom 6. bis zum 12. Lebensjahr, Klassenunterricht anstatt Einzelunterricht, Religionsunterricht, Gründung von Lehrerseminaren sowie Schaffung neuer Lehrpläne). Großen Einfluss hatte die Aufklärung auf die Literatur, die vornehmlich erzieherisch und lehrhaft, aber auch kritisch wirken wollte. Autoren wie Cornelius von Ayrenhoff, Aloys Blumauer, Johann Baptist von Alxinger oder Lorenz Leopold Haschka waren in diesem Sinne tätig. Die Aufklärung formte den Staat der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts in vielen Bereichen, wurde aber aufgrund der Auswirkungen der Französischen Revolution in Österreich wieder zurückgedrängt.

Bayern

Regentschaft Maximilian III. Josef

In Bayern begannen Reformen im Sinne der katholischen Aufklärung mit der Herrschaft Maximilians III. Josef (Kurfürst von 1745 - 1777). Dieser hatte das Kurfürstentum von seinem Vater Karl Albrecht in einem äußerst schlechten Zustand geerbt, in den das Land durch den Ausgang des Österreichischen Erbfolgekrieg geraten war. Vor allem die Schulden des Staatshaushalts waren mit über 30 Millionen Gulden enorm hoch und bedurften drastischer Änderungen im kurbayerischen Staatswesen.

Im Bereich der Verwaltung mussten die schwerfälligen Behörden, die sich im 16. und 17. Jahrhundert entwickelt hatten, zentralisiert werden und Kompetenzen innerhalb und zwischen diesen geklärt werden, um die sehr viel umfangreicheren Aufgaben der merkantilistischen Zeit erfüllen zu können. In dieser Hinsicht blieben die Reformen unter Max III. Josef nur Stückwerk. Die klassische Verwaltungsstruktur mit kollegial geleiteten Behörden blieb erhalten, der für Rechtswesen und Policey verantwortliche Hofrat wurde in seiner antiquierten Organisation in Instruktionen vom 2. Juni 1750 bestätigt. Das Hauptaugenmerk der Reformen lag, den wirtschaftlichen Problemen Bayerns geschuldet, auf der Hofkammer, der zentralen Wirtschafts- und Finanzbehörde. Zur Lösung der Probleme wurden verschiedene Kommissionen und Kollegien innerhalb und außerhalb der Kammer geschaffen, sie wurden verselbständigt oder dieser wieder unterstellt. Insgesamt wurde vieles ausprobiert, und das nicht immer erfolgreich, grundsätzliche Einschnitte blieben jedoch aus.

Konsequenter war man auf einem anderen Gebiete, der Rechtspflege. Im 18. Jahrhundert herrschte in allen Territorien des Reichs Rechtsunsicherheit, verursacht durch ein Nebeneinander aus Rechtsquellen römisch- und deutschrechtlicher, geschriebener und ungeschriebener Art, verstärkt durch die Vielzahl landesherrlicher Einzelbestimmungen. Der Aufgabe, eine einheitliche Zusammenfassung und Kommentierung des geltenden bayerischen Rechts zu erstellen, nahm sich der Kanzler des Kurfürsten, Freiherr v. Kreittmayr, an. In einem Zeitraum von 20 Jahren erschienen der Codex Juris Bavarici Criminalis (7. Oktober 1751 – Strafrecht), der Codex Juris Bavarici Judiciarii (14. Dezember 1753 – Prozessordnung und Gerichtsverfassung), der Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis (2. Januar 1756 – Zivilrecht), 1769 der Grundriss des allgemeinen deutsch- und bayerischen Staatsrechts und schlussendlich 1771 die Sammlung d. neuest- u. merkwürdigen churbayer. Generalia u. Landesverordnungen (Verwaltungsrecht). Der aufklärerische Gehalt der Werke Kreittmayrs ist äußerst moderat, neben damals bahnbrechenden Neuerungen, wie der Abschaffung der Carolina von 1532 oder der Gleichheit von Mann und Frau vor Gericht, finden sich immer noch stark der Tradition verhaftete Teile, wie Bestimmungen gegen Ketzer und Hexen und die Beibehaltung der Folter. Allerdings war es auch nie seine primäre Absicht, aufklärerisch tätig zu sein, vielmehr wollte er das Recht systematisch in der eigenen Sprache sammeln und behutsam den Bedürfnissen der Zeit anpassen. Und zumindest für die im Folgenden zu behandelnde Kirchenreform legte er die staatsrechtliche Basis.

Für die umfassende Kirchenpolitik Kurbayerns unter Max III. Josef lassen sich verschiedene Gründe und Motive nennen. In finanzieller Hinsicht war die Errichtung einer Staatskirche besonders interessant, da über die Hälfte des bayerischen Bodens im Besitz des Klerus war und dieser traditionell über das Privileg der Steuerfreiheit verfügte. Hinzu kam, dass acht Bistümer (Salzburg inkl. Chiemsee, Freising, Regensburg, Passau, Bamberg, Eichstätt, Augsburg und Konstanz) in das bayerische Territorium hineinregierten. Nachdem das Aussterben der Linie der bayerischen Wittelsbacher und damit der Verlust des dynastischen Einflusses auf die Stifte absehbar wurde, wollte man diese entweder in den Staat integrieren oder sie aus dem Territorium herausdrängen. Die Basis der Reformen (1757 - 1766) bildeten mehrere päpstliche Genehmigungen zur außerordentlichen Besteuerung der Kirche (der Dezimationen) seit dem Siebenjährigen Krieg, ein erneuertes Verbot des Liegenschaftserwerbs durch geistliche Institutionen (das so genannte Amortisationsgesetz) und die radikalaufklärerischen Thesen des Direktors des Geistlichen Rats Peter von Osterwald, der diese unter dem Pseudonym Veremund von Lochstein veröffentlichte.

Darauf folgte eine ganze Welle von, wiederum von von Osterwald inspirierten, Gesetzen und Mandaten, die so genannten Reformmandate. Der Geistliche Rat erhielt eine Neuordnung (20. August 1768), die Belegungszahl der Klöster wurde reguliert (1. Klostermandat 29. September 1768), Ausländer von einheimischen geistlichen Pfründen ausgeschlossen (Indigenatsmandat 20. Dezember 1768) und eine kirchenunabhängige Zensurbehörde errichtet (16. Februar 1769). Die Ehe wurde der weltlichen Gerichtsbarkeit unterworfen (Sponsolienmandat 24. Juli 1769), die Orden strengerer Kontrolle unterstellt (2. Klostermandat 2. November 1769) und von ausländischen Oberen und Provinzen getrennt (3. Klostermandat 30. Dezember 1769). Zu guter Letzt wurden volkstümliche Prozessionen und die traditionellen Oberammergauer Passionsspiele verboten (31. März 1770) sowie kirchliche Verordnungen dem Vorbehalt eines staatlichen Plazet unterstellt (placetum regium 5. April 1770).

Parallel dazu wurden die Maßnahmen gegen die bayerischen Bistümer verschärft. Diese waren allerdings harmlos im Vergleich zu einem anonymen Schreiben aus aufklärerischen Kreisen in München, in dem die Errichtung eigener Landesbistümer und die Säkularisierung sämtlichen Kirchenguts gefordert wurde. Dieser offene Angriff auf die Reichskirche und Reichsverfassung alarmierte die bayerischen Bischöfe. Sie versammelten sich 1770 in Salzburg (Salzburger Konferenz) und entwarfen ein Gegenprogramm im Sinne des Episkopalismus. Angesichts der Einmütigkeit der Bischöfe musste Max III. Josef nun einlenken und kam zu einem Ausgleich mit dem Papst. Er schwächte die bereits getätigten Reformen ab, erhielt im Gegenzug erneut die Erlaubnis zur Dezimation und profitierte beträchtlich von der Auflösung des Jesuitenordens am 21. Juli 1773. Gegenüber dem starken Bündnis aus Kurie und Kurfürst zerfiel die Salzburger Konferenz, damit auch der stärkste Gegner einer weiteren Territorialisierung Bayerns auf Kosten der Bistümer.

Regentschaft Karl Theodors

Neue Impulse erhielten die Reformen mit der Herrschaft von Karl Theodor (1777 – 1799), einem Vertreter der pfälzischen Linie der Wittelsbacher und Kurfürst der Pfalz. Neben den immer noch bestehenden Motiven der Beschaffung neuer Finanzmittel für den Staatshaushalt und der weiteren territorialen Ausprägung Bayerns sollten nun noch die einzelnen Lande (Kurbayern, Kurpfalz, Jülich-Berg, Oberpfalz, Neuburg und Sulzbach) des Herrschers in einen Gesamtkomplex integriert werden. Letzteres scheiterte jedoch in umfassender Form am Widerstand der Stände der Einzelterritorien, partielle Zollunionen blieben als Teilerfolg. Die Stärke der Stände erklärte sich aus der finanziellen Abhängigkeit des Herrschers von diesen, so wurde auch die Bauernbefreiung von 1779 sehr stark eingeschränkt und die zentrale Eichung von Gewichten und Maßen verhindert. Ihrem Machtanspruch gemäß verstanden sie sich als „Repräsentanten der gesamten bayerischen Nation“ und involvierten sich immer stärker in die bayerische Innenpolitik, seit der französischen Revolution auch an der Außenpolitik. Nach dem Waffenstillstand von Pfaffenhofen vom 7. September 1796 hatte der Einfluss der kurbayerischen Stände seinen Höhepunkt erreicht, für das Kurfürstentum führten zwei ständische Vertreter die Friedensverhandlungen mit den Franzosen. Mit dem Rückzug der Franzosen aber endete auch diese letzte Hochphase der Stände in Bayern, sie bildete aber eine wichtige Grundlage für die Verfassungsbewegung der nächsten Jahre.

Im Bereich der Verwaltung gab es auch unter Karl Theodor einige Reformen. Die überforderten Oberkollegien wurden auf ihre wesentlichen Aufgabenbereiche reduziert, der Hofrat behielt lediglich die Justizangelegenheiten, die Hofkammer Zuständigkeiten für Finanzen und wenige Wirtschaftsfragen. Die restlichen Felder wurden der neuen Obersten Landesregierung übertragen, die insgesamt die Befugnisse eines Innen-, Kultus-, Arbeits-, Wirtschafts- und Landwirtschafts-Ministeriums innehatte. Karl Theodors Reformer nahmen sich auch der mittleren Verwaltungsebene an, hier wurden die Rentämter zu reinen Kameralrentdeputationen mit einheitlicherer Struktur umgeformt; ihre Kompetenzen beschränkten sich auf den Bereich der Finanzen, die im Bereich von Justiz und Policey wurden zentral in München bei der Oberen Landesregierung angegliedert. Auch auf der untersten Ebene der Staates waren Reformen notwendig, da bis zu zwei Drittel der Landgerichte in Hand Geistlicher und Adeliger waren, das Amt des Landrichters häufig in den ansässigen Familien vererbt wurde, deren Verweser und Untergebenen korrupt und für ihre Aufgaben nicht ausgebildet waren. Einerseits wurde der weitere Ausverkauf hoheitlicher Rechte an patrimoniale Kräfte unterbunden, andererseits zielten mehrere Mandate aus den Jahren 1779 und 1781 darauf ab, den Leerlauf der Verwaltung und die Korruption der dort Tätigen zu beenden. Allerdings mussten auch diese Reformen wegen des Widerstands der Landstände zum Großteil zurückgenommen werden.

Bei der Staatskirchenpolitik gab es einen Kurswechsel, da Karl Theodor im Gegensatz zu seinem Vorgänger wieder eine kirchliche Versorgungsanstalt für seine illegitimen Kinder und die nachgeborenen Söhne des bayerischen Adels benötigte. Diese sollte durch die Errichtung einer bayerischen Zunge des Malteserordens bereitgestellt werden, wofür die Unterstützung der Kurie notwendig war. Diese, im Vergleich zur Zeit Max' III. Josef, noch engere Allianz zwischen Landesherr und Rom sollte die wesentliche Linie der bayerischen Kirchenpolitik im ausgehenden 18. Jahrhundert darstellen. Die Ausstattung des Malteserordens sollte durch in Bayern ansässige Prälatenorden finanziert werden. Im Zuge der Planung kam auch die Idee auf, sämtlichen Klosterbesitz in die finanzielle Verfügung des Staates zu stellen. Diese konnte sich nicht durchsetzen, man einigte sich schließlich darauf, die Güter des aufgelösten Jesuitenordens zur Finanzierung des Malteserordens zu nutzen und im Gegenzug das höhere Schulwesen durch die Prälatenorden finanzieren zu lassen, so dass die bayerische Zunge des Malteserordens am 14. Dezember 1781 gegründet werden konnte.

Der bedeutendste Erfolg von Karl Theodors Kirchenpolitik war die Errichtung einer Nuntiatur am 7. Juni 1784 in München. Auch hier waren die guten Beziehungen zu Papst Pius VI., der dem Kurfürsten im April 1782 einen Besuch abstattete, von herausragender Bedeutung. Die Vorteile für Bayern waren groß, umso mehr als Cesare Zoglio, der erste Nuntius in München, finanziell vom bayerischen Herrscher abhängig war. Heftige Reaktionen folgten, Kaiser, Reichstag und Reichskirche entsagten der neuen Nuntiatur ihre Anerkennung, die geistlichen Reichsstände versuchten sich dagegen zu formieren. Der sich daraus entwickelnde, so genannte Nuntiaturstreit brachte zwar ein neues nationalkirchliches Reformprogramm für die Reichskirche hervor, blieb im Endeffekt aber grundsätzlich und speziell für Kurbayern ohne Folgen. Die Kehrseite dieser Partnerschaft mit der Kurie war die Zurücknahme einiger kirchenpolitischer Reformen, wie der Einführung von Kirchengesang in deutscher Sprache, dem wiederholten Verbot von Feiertagen und Prozessionen und der erneuten Reorganisation des Geistigen Rates. Die Maßnahmen gegen zu vordringliche Aufklärer, den Illuminatenorden (Verbot 22. Juni 1784) und nationalkirchliche Strömungen hingegen wurden sowohl in Hinblick auf den Papst als auch im eigenen, innenpolitischen Interesse getätigt. Das Ziel, die reichskirchliche Organisation im Süden Deutschlands aufzubrechen und eigene Landesbistümer in Bayern zu errichten, konnte Karl Theodor nicht mehr erreichen, wenn auch auf einen guten Weg bringen. Mit der neuen Nuntiatur in München konnte er sehr viel machtvoller gegen die umliegenden Bistümer vorgehen, zusätzlich wurde er durch Erlaubnisse des Papsts zur Dezimation unterstützt. So konnten in Regensburg und Freising gefügige Bischöfe eingesetzt werden, Teile des Salzburger Metropolitanverbandes wurden von diesem abgetrennt, um das Münchener Hofbistum zu gründen. Einen großen Schritt zur Säkularisierung erlebte Karl Theodor in seinem letzten Lebensjahr, als Papst Pius VI., bereits als Gefangener Napoleons auf dem Weg ins Exil, dem Kurfürsten am 7. September 1798 zur Deckung der Kriegslasten ein Siebtel des bayerischen Kirchenvermögens (nach der geschätzten Summe das so genannte Fünfzehn-Millionenprojekt) einzuziehen erlaubte.

Geistliche Staaten

Geistliche Staaten waren Territorien, in denen ein Bischof neben den geistlichen Tätigkeiten zugleich auch die weltliche Macht innehatte. Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation wurden die geistlichen Staaten im Zuge der Säkularisation 1803 aufgelöst. Die folgenden Beispiele wurden ausgewählt, weil Kurköln und Kurmainz mit dem Trierer Erzbistum zusammen die wichtigsten geistlichen Staaten darstellten, und hier die katholische Aufklärung besonders ausgeprägt war. Würzburg und Münster stehen für zwei der vielen kleineren katholisch aufgeklärten geistlichen Staaten.

Kurfürstentum Köln

Im Kurfürstentum Köln, welches um 1750 aus einem rheinischen und einem westfälischen Landesteil bestand, begann die Zeit der katholischen Aufklärung mit dem Amtsantritt von Erzbischof Maximilian Franz von Österreich im Jahre 1784. Sein Vorgänger Maximilian Friedrich Reichsgraf von Königsegg-Rothenfels im Amt des Erzbischofs von Köln kümmerte sich während seiner Regierungszeit 1761 – 1784 wenig um die katholische Aufklärung und die Regierung seines Kurfürstentums. Dies überließ er lieber seinem Premierminister Caspar Anton von Belderbusch, der auch für die Gründung der Akademie in Bonn zuständig war, Vorläufer der heutigen Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität, welche als aufgeklärte Akademie ein Gegenstück zur scholastisch geprägten Kölner Universität bilden sollte. Maximilian Franz von Österreich (* 1756 in Wien) war ein Sohn Maria Theresia von Habsburg und dem österreichischen Kaiser Franz I. Stephan. Sein ältester Bruder wurde später der absolutistisch, aufgeklärte Kaiser Joseph II. von Österreich. Am 8. Mai 1785 wurde er offiziell von Trierer Erzbischof Clemens Wenzeslaus von Sachsen zum Bischof geweiht und erhielt auch die Priesterweihe.

In seiner Amtszeit bis 1801 setzte er sich stark für einen aufgeklärten geistlichen Staat ein und setzte zahlreiche Reformen durch. Unter anderem verbesserte er das Schulwesen, indem er die Lehrer besser ausbilden ließ, versuchte das komplizierte und nicht klar geregelte Justizwesen des geistlichen Staates zu vereinfachen, entwirren und zu beschleunigen. Außerdem verbot er eine weitere Aufnahme von neuen Mitgliedern in die Bettelorden, deren Lebensweise er als überholt ansah. Zudem richtete er ein Priesterseminar in der Akademie Bonn ein, da im die bisherige konservative Ausbildung der Priester an der Universität Köln missfiel, und er so auch die Ausbildung seiner Priester besser überwachen und beeinflussen konnte.

Gleichzeitig war er ein Anhänger des Episkopalismus, was sich deutlich an seinen Auseinandersetzungen mit dem päpstlichen Nuntius in Köln zeigte und seine Beteiligung am Emser Kongress 1786 gemeinsam mit den Bischöfen von Mainz, Trier und Salzburg. Auch regierte der aufgeklärte Maximilian Franz von Österreich persönlich und nahm auch teilweise seine kirchlichen Pflichten selbst war, anstatt einen Vertreter zu entsenden. So spendete er häufig selbst die Sakramente und war für einen bescheidenen Lebenswandel bekannt. Mit seinem Tod am 26. Juli 1801 starb der letzte Kölner Kurfürst und zugleich der letzte Fürstbischof von Münster. Erst 1824 bekam er einen offiziellen geistlichen Nachfolger, nämlich Erzbischof Ferdinand August von Spiegel.

Kurfürstentum Mainz

Als Johann Friedrich Karl von Ostein am 22. April 1743 zum Mainzer Erzbischof und Kurfürst von Mainz gewählt wurde, begann damit eine neue Ära im Kurmainz. Denn Erzbischof von Ostein ließ als erster Mainzer Bischof zum ersten Mal aufgeklärte Gedanken mit in seine Regierungspolitik einfließen. Vor allem sein erster Staatsminister Anton Heinrich Friedrich von Stadion tat sich mit seinen aufgeklärten Reformwerken hervor, die unter dem Nachfolger Erzbischofs von Osteins, Emmerich Joseph von Breidbach zu Bürresheim weiter fortgeführt wurden. In der Regierungszeit Erzbischofs Johann Friedrich Karl von Ostein wurde das Schulwesen im Kurfürstentum Mainz reformiert (unter anderem wurde die Mädchenbildung vorangetrieben), dass Kurmainzer Landrecht wurde 1755 reformiert und die Universität wurde weiter gefördert und ausgebaut.

Nach seinem Tod 1763 wurde Emmerich Joseph Freiherr von Breidbach zu Bürresheim zum Mainzer Kurfürsten gewählt, der 1768 auch zugleich Bischof von Worms wurde. Er verfolgte die angefangenen Reformen seines Vorgängers weiter und tat sich auch in dem Ausbau einer Armenfürsorge hervor, was ihn sehr beliebt beim Volk machte. Auch tat er sich im kirchlichen Reformprozess hervor, indem er Feiertage beschränkte, das Schulwesen reformierte, indem er mit einer Lehrerakademie die Ausbildung der Lehrer verbesserte und indem er das Klosterwesen neu ordnete. So entmachtete er den Jesuitenorden in Mainz und ordnete die Universität neu. Außerdem zählte er zu einem Anhänger des Episkopalismus, und lehnte sich gegen eine zu starke Bevormundung durch den Papst auf.

Mit seinem Tod 1774 kam es nunmehr zu einem Stocken der katholischen Aufklärung im Kurfürstentum Mainz. Sein Nachfolger Friedrich Karl Joseph von Erthal besetzte zunächst viele Ämter mit konservativen und auf Restauration bedachten Männern neu. Doch auch er konnte sich der Aufklärung innerhalb der geistlichen Staaten nicht verschließen und reformierte während seiner Amtszeit das Landschulwesen, ließ Gesangsbücher auf Deutsch herausgeben und löste Klöster zugunsten der Mainzer Universität auf. Wie schon sein Vorgänger sprach er sich gegen die päpstlichen Nuntien aus und nahm am Emser Kongress teil.

1792 fielen die Franzosen in das Kurfürstentum Mainz ein, was faktisch seinen Untergang besiegelte.

Fürstbistum Würzburg

Die katholische Aufklärung begann im Fürstbistum Würzburg mit Bischof Friedrich Karl von Schönborn-Buchheim im Jahre 1729, der zugleich auch Fürstbischof von Bamberg war. Unter ihm wurden erste früh-aufklärerische Reformen in Verwaltung, Justiz und Wirtschaft durchgeführt. Außerdem förderte er die Erforschung der Medizin und der Naturwissenschaften an der Würzburger Universität. Ein weiterer Vertreter der Aufklärung auf dem Bischofsstuhl (1755-1779) von Bamberg und Würzburg war Adam Friedrich von Seinsheim. Er versuchte die Wirtschaft in seinen finanziell angeschlagenen Kurfürstentümern zu reformieren und führte hier 1762 die allgemeine Schulpflicht ein. Auch ernannte er die bisherige „Academica Ottonia“ in Bamberg zur Universität und förderte die musische Kunst. Sein direkter Nachfolger Franz Ludwig von Erthal verfolgte seinen aufklärerischen Kurs weiter, indem er die Priestererziehung reformierte und die Universität Bamberg weiter förderte. Jedoch lebte Franz Ludwig von Erthal im Gegensatz zu seinem Vorgänger eher bescheiden. Mit seinem Tod 1795 kam der letzte Würzburger Fürstbischof Georg Karl von Fechenbach ins Amt, der 1802 als weltlicher Herrscher abdankte.

Fürstbistum Münster

Im Fürstbistum Münster kam es zu keiner starken Polarisierung zwischen Religion und Aufklärung. Dialog, Öffnung und politische, persönliche sowie religiöse Toleranz waren die herrschenden Ideen des Fürstbistums. Etwa 1770 formierte sich der „Münstersche Kreis“ im Hause der Fürstin Amalie von Gallitzin. In ihrem Salon trafen sich Männer wie der Schulreformer Bernhard Heinrich Overberg, die Brüder Droste-Vischering, Johann Georg Hamann, Graf Friedrich Leopold zu Stolberg-Stolberg und der Dichter und Jurist Anton Matthias Sprickmann sowie der niederländische Philosoph Frans Hemsterhuis. Sie suchten nach der Synthese ihres Glaubens mit den neuen philosophisch-pädagogischen Strömungen der Zeit und versuchten dabei traditionellen Katholizismus, aufgeklärten Weltverbesserungsgeist und frühromantische Sensibilität zu verbinden. Treibende Kraft des Kreises war Franz Freiherr von Fürstenberg (1729-1810). Er saß im Domkapitel von Münster und Paderborn und übernahm 1763 das Amt des ersten Ministers, das er nach 17 Jahren wieder abtreten musste - zum Koadjutor wurde 1780 nicht Fürstenberg, sondern der Erzherzog Maximilian Franz von Österreich gewählt, der 1784 auch Erzbischof von Köln und zugleich Fürstbischof von Münster wurde. Fürstenberg erhielt seine Entlassung als Minister, behielt aber bis 1807 das Generalvikariat und die Leitung des Schulwesens. Nach dem siebenjährigen Krieg engagierte er sich stark für den Wiederaufbau der Stadt, schuf neue Verwaltungsstrukturen und führte eine Reform des Gesundheitswesens sowie des Bibliotheks-, Druckerei- und Verlagswesens durch. Als Mitglied des „Münsterschen Kreises“ galt sein erstes Interesse aber dem Bildungswesen. 1776 wurde im Fürstbistum die von ihm erarbeitete Schulordnung erlassen, außerdem erschienen eine Philosophie der Erziehung sowie ein Plan für einzelne Fächer. Diese Schulordnung machte ihn in ganz Deutschland bekannt. Zudem bemühte er sich um die Ausbildung der Lehrer. Auf sein Betreiben gingen auch die Gründung der Universität (1780) und des Priesterseminars (1776) zurück.

Literatur

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