Kaysersberger Talbahn

Kaysersberger Talbahn
Historische Straßenansicht von Colmar mit Straßenbahnschienen auf der Fahrbahn

Die Straßenbahn in Colmar verkehrte von 1902 bis 1960. Schon seit 1885 bestanden im Umfeld der elsässischen Stadt Colmar, die von 1871 bis 1918 zum Deutschen Kaiserreich gehörte, mit der Kaysersberger Talbahn und der Elektrischen Bahn Türkheim - Drei Ähren zwei Kleinbahnen, die 1932 teilweise von der Colmarer Straßenbahn übernommen wurden.

Inhaltsverzeichnis

Kaysersberger Talbahn

Die Lokomotivfabrik Krauss baute und eröffnete 1885 drei meterspurige Bahnstrecken, die Colmar zum Ausgangspunkt hatten:

  • die 20,3 Kilometer lange Strecke über Kaysersberg nach Schnierlach (französisch: Lapoutroie) im Nordwesten Colmars
  • eine Verbindung nach Winzenheim im Südwesten mit einer Länge von 4,6 Kilometer
  • die Strecke ins 4,5 Kilometer östlich gelegene Horburg.

Die drei Strecken betrieb ab 1887 die „Kaysersberger Talbahn Aktien-Gesellschaft“ (KTB). 1890 übernahmen die Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringen die Verbindung nach Horburg und verlängerten sie bis Markolsheim, wo Anschluss an eine Überlandstrecke der Straßburger Straßenbahngesellschaft bestand. Die Reichseisenbahnen eröffneten zudem 1901 eine Schmalspurbahn von Colmar über Ensisheim nach Bollweiler.[1] Von 1907 bis 1914 bestand über diese Strecke eine Verbindung zum Netz der Straßenbahn in Mülhausen.

Fahrplan Colmar - Schnierlach 1944.

Für den Betrieb der Strecken nach Schnierlach und Winzenheim standen 1912 neun Dampflokomotiven, 24 Personenwagen, drei Postwagen und 78 Güterwagen zur Verfügung.[2] Im Sommerfahrplan 1914 verkehrten täglich sieben Züge nach Schnierlach und zehn Züge nach Winzenheim. Im Geschäftsjahr 1913/1914 wurden 531.104 Personen und 69.140 Tonnen Güter befördert.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kam das Elsass zu Frankreich, die Kaysersberger Talbahn stand ab 1919 unter dem Namen Chemin de fer de la Vallé de Kaysersberg unter der Verwaltung des Departements Haut-Rhin. 1932 wurde der Betrieb aufgelöst; die Strecke nach Wintzenheim wurde von der Städtischen Straßenbahn Colmar übernommen. Die Verbindung nach Lapoutroie gelangte in den Besitz der französischen Staatsbahn SNCF. In der Zeit der deutschen Besetzung Frankreichs zwischen 1940 und 1944 wurde sie von der Deutschen Reichsbahn betrieben; 1947 wurde der Betrieb eingestellt.

Straßenbahn Colmar

Die Städtische Straßenbahn in Colmar eröffnete am 16. März 1902 eine 2,3 Kilometer lange, meterspurige Strecke, die den Bahnhof über den Theaterplatz mit dem Hafen am Canal de Colmar im Osten der Stadt verband. Vor 1914 ging eine Linie 2 zur Straßburger Straße im Norden in Betrieb. Nach 1919 unter dem Namen Usines municipales de Colmar (UMC) betrieben, wurde 1932 die Kleinbahn nach Wintzenheim übernommen, elektrifiziert und als Linie 3 ins Straßenbahnnetz integriert.

Bei Inbetriebnahme der ersten Strecke standen 1902 neun zweiachsige Triebwagen zur Verfügung, für die zweite Strecke zur Straßburger Straße kamen sieben weitere Triebwagen hinzu. Für die Überlandstrecke nach Wintzenheim wurden 1933 zwei Triebwagen und vier Beiwagen von der „Société Anonyme du Tramway Moderne“ (SATRAMO) beschafft.

1935 wurde die Linie 2 eingestellt, die städtische Stammstrecke der Colmarer Tram konnte sich im schaffnerlosen Betrieb bis zum 17. März 1956 halten. Das Ende des Überlandbetriebs nach Wintzenheim kam am 31. Januar 1960. Im Sommer 1954 wurden alle ein bis zwei Stunden Züge nach Wintzenheim angeboten; die städtische Linie verkehrte werktags alle sechs und sonntags alle acht Minuten.

Elektrische Bahn Türkheim - Drei Ähren

Am 5. Juni 1899 verband die „Elektrische Bahn Türkheim - Drei Ähren“ die sechs Kilometer westlich von Colmar gelegene Kleinstadt Türkheim mit dem Wallfahrtsort Drei Ähren (französisch: Trois Épis). Der Bau der Bahn ging auf die Initiative des Elektrizitätsunternehmens Schuckert & Co zurück. Drei Ähren liegt gut 400 Meter höher als Türkheim, was der Bahn den Charakter einer Bergbahn, allerdings ohne Zahnradbetrieb, gab: Bei einer Gesamtlänge von 8,65 Kilometer betrug die Maximalsteigung 9,8 %. Für den Betrieb standen neben einem Güterwagen und einem Packwagen sieben Straßenbahnwagen zur Verfügung.

Zeitweise bestanden Pläne, die Strecke von Türkheim nach Winzenheim zu verlängern und so mit dem Colmarer Klein- und Straßenbahnnetz zu verbinden.[1] Eine Realisierung der Pläne unterblieb. Nach einer Betriebsunterbrechung im Ersten Weltkrieg seit 1919 unter dem Namen Société d´Electricité de Turckheim et Tramways de Turckheim aux Trois Epis (TTE) betrieben, wurde die Bahn am 1. April 1937 stillgelegt.

Literatur

  • Walter Söhnlein: Straßen- und Kleinbahnen im Raum Colmar. In: Straßenbahnmagazin 22. (November 1976), S. 293-304.

Einzelnachweise

  1. a b Erhard Born: Das elsässisch-mittelbadische Schmalspurnetz. In: Erhard Born (Bearb.): Schmalspur zwischen Vogesen und Schwarzwald. Selbstverlag, Schwäbisch Gemünd 1972, ISBN 3-9800-0140-7, S. 19.
  2. Zahlenangaben bei Söhnlein, S. 295.

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