Klassisches Quechua

Klassisches Quechua

"Klassisches Quechua" ist die Bezeichnung von SIL International für die Form des Quechua, die von den Inkas bzw. in der Kolonialzeit als Lingua franca (lengua general) verwendet wurde. Laut SIL, welches die Sprache als ausgestorben bezeichnet, lautet der Code ISO/DIS 639-3: qwc.

Da die Inkas keine Schrift kannten, gibt es schriftliche Belege des Quechua erst seit Beginn der Kolonialzeit. Geschrieben wurde nach spanischer Rechtschreibung, was den Lautstand des Quechua nur unvollkommen wiedergab. Erkennbar ist aber, dass es bereits damals kein einheitliches Quechua gab: So zeigen die Wörterbücher von Domingo de Santo Tomás, der das Quechua von Lima beschrieb, und Diego González Holguín, der die Variante von Cusco darstellte, im Wesentlichen schon die heute bekannten regionalen Unterschiede.

Frühe schriftliche Quellen zeigen, dass die im Gebiet des Tawantinsuyu verwendete Verkehrssprache, wie wir sie auch im Huarochirí-Manuskript vorfinden, in hohem Maße mit dem heutigen Chanka-Quechua übereinstimmte. Das in Cusco gesprochene, von Fray González beschriebene Quechua wies dagegen die noch heute im Quechua Qusqu-Qullaw gesprochenen, aus dem Aymara entlehnten ejektiven und aspirierten Plosive auf, wobei erstere damals durch Doppelschreibung der Konsonanten wiedergegeben wurden.

Die wichtigsten Unterschiede zu den Mundarten des heutigen Südlichen Quechua sind:

  • Es gab eine Unterscheidung zwischen [s] und [š], damals mit "c"/"ç"/"z" bzw. "s" wiedergegeben (heute noch im Waywash, Yunkay und Chinchay einschließlich des ecuadorianischen Kichwa, "s" und "sh" geschrieben).
  • Die Endung für Akkusativ lautete nach Vokalen -kta (heute noch im Wanka-Quechua), während sie nunmehr durchweg -ta lautet.
  • Die Plosive am Silbenende wurden auch in Cusco wie im heutigen Chanka-Quechua gesprochen. Die für das Quechua Qusqu-Qullaw typische Frikativierung der Plosive am Silbenende hatte noch nicht stattgefunden.
  • Es gibt keine Hinweise darauf, dass man schon eine narrative Vergangenheit auf Grundlage des Partizips auf -sqa (damals -šqa) kannte. Wie im Huarochirí-Manuskript wurde vielmehr stets die einfache Vergangenheit mit -rqa verwendet.

Bei dem so genannten "Klassischen Quechua" handelt es sich also um frühere Sprachentwicklungsstufen der heutigen Varianten Chanka und Qusqu-Qullaw, mithin um eine Frühform des Südlichen Quechua. Heute lebt das "Klassische Quechua" als gesprochene Sprache in diesen Mundarten weiter; als Schriftsprache lebt es im neuen schriftlichen Standard des Südlichen Quechua fort, dessen Rechtschreibung fast in Gänze (Ausnahme: [s]/[š] und -ta/-kta) die alte Aussprache wiedergibt.

Literatur

  • Cerrón-Palomino, Rodolfo (1987): Lingüística Quechua. Centro Bartolomé de Las Casas, Cuzco, Perú.
  • Diego González Holguín (1607): Gramatica y Arte nueva de la lengua general de todo el Perú, llamada Qquichua, o lengua del Inca Ciudad de los Reyes (Lima), 1607.
  • Diego González Holguín (1608): Vocabvlario de la Lengva General de todo Perv llamada lengua Qquichua, o del Inca. Ciudad de los Reyes (Lima), 1608. Online PDF

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