Kleiner Wagen

Kleiner Wagen
Daten des Sternbildes Kleiner Bär
Deutscher Name Kleiner Bär,
Kleiner Wagen
Lateinischer Name Ursa Minor
Lateinischer Genitiv Ursae Minoris
Lateinische Abkürzung UMi
Lage am Himmelsnordpol
Rektaszension 0h 00m bis 24h 00m
Deklination +90° bis +65° 25'
Fläche 256 Quadratgrad
Rang 56
Sichtbar auf Breitengraden 90° Nord bis 10° Süd
Beobachtungszeitraum
für Mitteleuropa
Ganzjährig
Anzahl der Sterne mit
Größe < 3m
2
Hellster Stern,
Größe
Polaris
(α Ursae minoris),
1,97m
Meteorströme Ursiden
Nachbarsternbilder
(von Norden im
Uhrzeigersinn)
Kassiopeia
Giraffe
Drache
Großer Bär
Kepheus
Karte des Sternbildes Kleiner Bär
Karte des Sternbildes Kleiner Bär
Foto des Sternbildes
Polaris.ogg
Scheinbare Bewegung des kleinen Bären um den Himmelspol.

Der Kleine Bär (lateinisch Ursa Minor – eigentlich Kleinere Bärin) ist ein Sternbild des Nordhimmels. Es wird auch Kleiner Wagen genannt.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung

Der Kleine Bär ähnelt dem als Großen Wagen bezeichneten Teil des Großen Bären und wird daher auch als Kleiner Wagen bezeichnet. Im Unterschied zum Großen Wagen ist die Deichsel nach oben gebogen.

Der Kleine Bär ist von Europa und wenigen Breitegraden nördlich des Äquators über das ganze Jahr zu sehen und somit zirkumpolar.

Sein Hauptstern Polaris, auch Nordpolarstern genannt, steht derzeit ziemlich genau in der Nähe des Himmelsnordpols, der nördlichen Verlängerung der Erdachse. Das gesamte Firmament scheint sich um diesen Stern zu drehen. Zieht man eine Linie von Polaris zum Horizont, gibt dies ziemlich genau die Nordrichtung an. Man kann Polaris leicht finden, indem man eine gedachte Linie durch die hinteren beiden Sterne des Großen Bären (Merak und Dubhe) nach oben verlängert. In ungefähr fünffachem Abstand der beiden Sterne steht Polaris.

Aufgrund der Präzessionsbewegung der Erde beschreibt der Himmelsnordpol im Zeitraum von 25.700 Jahren eine Kreisbahn am Himmel. 2800 v. Chr. war Thuban, ein Stern im Drachen, der Polarstern und im Jahr 4000 wird es Errai, ein Stern im Kepheus sein.

Geschichte

Im frühen Griechenland sah man in dem Sternbild die Hesperiden, Nymphen, die Äpfel bewachten, die ewige Jugend verliehen. Die Äpfel wurden durch die drei Deichselsterne des heutigen Großen Wagens symbolisiert.

Einer anderen Deutung nach waren die Sterne Bestandteil des Sternbildes Drachen, und stellten dessen Flügel dar.

Thales von Milet nahm die Sterne um 600 v.Chr. als eigenständiges Sternbild in die Astronomie auf. Möglicherweise übernahm er es von den Phöniziern, denen das Sternbild des Kleinen Bären als Orientierung diente, weshalb es in der Antike auch als „Sterne der Phönizier“ bekannt war.

Das Sternbild oder der Polarstern werden im englischsprachigen Raum auch als Cynosure bezeichnet. Zum Ursprung dieses Namens existieren zwei Versionen:
So soll es sich bei dem Kleinen Bären in der frühen griechischen Mythologie um einen Hund gehandelt haben, der dem Bärenhüter folgte. Aratus nannte das Sternbild Κυνόσουρα (Kunosoura), „Hundeschwanz“. Die Bezeichnung wurde später als Cynosura ins Lateinische übernommen.
Einer anderen Quelle nach sollen der Große und der Kleine Bär die beiden Ammen Helike und Kynosura darstellen, die Zeus auf Kreta großzogen (Aglaosthenes: „Geschichten von Naxos“).

Der heutige Name Kleiner Bär geht auf den Sagenkreis um die Nymphe Kallisto und ihren Sohn Arkas zurück, die in Bären verwandelt wurden.

Mythologie

In der klassischen griechischen Mythologie wird zum Ursprung des Kleinen Bären folgendes berichtet:

Die Nymphe Kallisto wurde von Zeus vergewaltigt. Sie wurde schwanger und brachte einen Sohn zur Welt, den sie Arkas nannte. Hera, die eifersüchtige Gattin des Zeus verwandelte Kallisto in einen Bären, der durch die Wälder ziehen musste. Jahre später traf Arkas bei der Jagd auf seine Mutter, ohne sie zu erkennen. Um den Mord an seiner Mutter zu verhindern, verwandelte Zeus Arkas ebenfalls in einen Bären. Er packte beide Bären an den Schwänzen und schleuderte sie in den Himmel – dadurch werden die übernatürlich langen Schwänze der Bären erklärt. Kallisto sehen wir als Großen Bären, Arkas als Kleinen Bären.

Himmelsobjekte

Sterne

B F Namen o. andere Bezeichnungen m Lj Spektralklasse
α 1 Polaris, Polarstern, Alruccabah, Cynosura, Phoenice, Tramontana, Navigatoria, Yilduz, Mismar, Polyarnaya 1,94 bis 2,05 430 F7 Ib-IIv
β 7 Kochab, Kokab, Kochah 2,07 126 K4 IIIvar
γ 13 Pherkad 3,00 480 A2 II-III
ε 22 4,21 347 G5 IIIvar
2 4,24
5 4,25 345 K4 III
ζ 16 Alifa Al Farkadain 4,29 376 A3 Vn
δ 23 Yildun, Gildun, Vildiur, Yilduz, Pherkard 4,36 183 A1 Vn
RR 4,63 398 M5 III
4 4,80 500 K3 III
η 21 Anwar Al Farkadain 4,95 97 F5 V
θ 15 5,00 830 K5 III
11 Pherkad Minor 5,02 390 K4 III
HR 5691 5,15 83 F9 IV
HR 5334 5,18 446 M2 III
19 5,48 670 B8 V
HR 5139 5,50 401 K2 III

Kochab (β Ursae Minoris), der zweithellste Stern im Kleinen Bären, ist ein 126 Lichtjahre entfernter, orange leuchtender Stern. Der Name Kochab leitet sich aus dem Arabischen ab: ‏الكوكبal-Kaukab oder al-Kokab bedeutet „der Stern“. Ursprünglich hieß er ‏الكوكب الشماليal-kaukab asch-schemali, „der Stern des Nordens“.

Der weiß leuchtende Stern γ Ursae Minoris ist etwa 480 Lichtjahre entfernt. Sein arabischer Name ‏فرقدPherkad leitet sich von alifa al-farqadain ab und bedeutet „das dunklere der beiden Kälber“ (mit dem helleren Kalb war der Stern Kochab gemeint).

Beobachtbare Mehrfachsterne

System m Abstand
α 2,0 / 9,0 18,3"

Polaris ist ein 430 Lichtjahre entferntes Mehrfachsternsystem, bei dem drei Sterne einen gemeinsamen Schwerpunkt umkreisen. Der Hauptstern ist ein gelblich leuchtender Riesenstern, dessen Helligkeit sich über einen Zeitraum von vier Tagen leicht ändert. Im Teleskop wird ein nur 9,0 m heller Begleitstern in 18,3 Bogensekunden Abstand sichtbar. Ein weiterer Begleiter, der das System in 29,6 Jahren umkreist, ist so lichtschwach, dass er nur spektroskopisch nachgewiesen werden kann.

Veränderliche Sterne

Stern m Periode Typ
α 1,94 bis 2,05 3,968 Tage Cepheid

Messier- und NGC-Objekte

Messier (M) NGC Name m Typ
5832 Galaxie
6217 Galaxie

Belletristik

Der griechische Name für den Kleinen Bären Kynosura (Κυνόσουρα) ist der Titel einer novellistische Liebesgeschichte des Thüringer Dichters und Kindergartenbegründers Ludwig Storch (1803–1881) aus der Biedermeierzeit (1840).

Die beiden „Kälber“, d.h. die Sterne Kochab und Pherkad, werden auch als die beiden Ferkadan bezeichnet. (Vgl: al-farqadain, der arabische Name für Pherkad). In den Makamen des arabischen Schriftstellers Ibn Al-Hariri ist Gadhimet Elebresch, der König von Hira, zu stolz, um mit menschlichen Partnern zu trinken, und so erkennt er einzig die beiden Ferkadan als seine Trinkgenossen an. Im deutschen Sprachraum wurde dies bekannt durch den Schriftsteller und Orientalisten Friedrich Rückert, der 1826 und 1837 eine Nachdichtung veröffentlichte: „Die Verwandlungen des Ebu Seid oder die Makamen des Hariri“. Und die heutigen Leser kennen dies, wie so vieles andere, natürlich durch Arno Schmidt, der in seinem erzählerischen Werk mehrfach eine Person auftreten lässt, die nur noch mit den Ferkadan anstoßen mag.

Siehe auch

Weblinks


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