Andritzki

Andritzki

Alois Andritzki (Alojs Andricki) (* 2. Juli 1914 in Radibor; † 3. Februar 1943 in Dachau) war sorbischer katholischer Priester aus dem Bistum Meißen und ein entschiedener Gegner des Nationalsozialismus. Er wurde im Konzentrationslager Dachau ermordet und gilt als christlicher Märtyrer.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Alois Andritzki war der Sohn des Lehrerehepaars Magdalena und Johann Andritzki. Er hatte zwei Schwestern und drei Brüder. Seine drei Brüder studierten - wie er - Theologie. Der jüngste Bruder Alfons, der dem Jesuitenorden angehörte, ist als Soldat im Zweiten Weltkrieg gefallen.

Andritzki besuchte die Volksschule in Radibor, wechselte nach vier Jahren Grundschule auf die Katholische höhere Aufbauschule in Bautzen und legte seine Hochschulreifeprüfung mit Auszeichnung ab. Von 1934 bis 1937 studierte er an der Universität Paderborn Theologie und Philosophie. Im Anschluss an sein Studium absolvierte er das Priesterseminar des Bistums Meißen in Schmochtitz bei Bautzen.

Andritzki war als Schüler Mitglied des sorbischen Gymnasialverbandes „Włada“, zwei Jahre lang dessen Vorsitzender. Während seines Studiums war er Redakteur der sorbischen Studentenzeitschrift „Serbski student“ und Sprecher der sorbischen Studentenschaft.

Am 30. Juli 1939 wurde Alois Andritzki von Bischof Petrus Legge im St.-Petri-Dom zu Bautzen zum Priester geweiht. Die Primiz feierte er am 6. August 1939 in seiner Heimatgemeinde in Radibor. Er wurde Kaplan an der Hofkirche in Dresden. Dort hatte er die Aufgaben eines Jugendseelsorgers, des Präfekten der Dresdner Kapellknaben und des Präses der Dresdener Kolpingsfamilie.

Der sorbische Jugendseelsoger Alois Andritzki war der NSDAP und den staatlichen Stellen wegen seiner persönlichen Aufrichtigkeit und ablehnenden Haltung gegenüber der nationalsozialistischen Ideologie unbequem. Vermutlich war er den Rassenideologen auch wegen seiner betonten Zugehörigkeit zur slawischen Minderheit der Sorben suspekt. In Vorträgen und bei Zusammenkünften prangerte er die Verfolgung von Geistlichen und Gläubigen durch die Nationalsozialisten an und kritisierte die Schriften des NS-Ideologen Alfred Rosenberg.

Grab von Alois Andritzki in der Priestergruft auf dem Alten Katholischen Friedhof Dresden

Nachdem er zunächst durch Verhöre einzuschüchtern versucht wurde, erfolgte am 21. Januar 1941 seine Verhaftung durch die Gestapo. Nach Verhören wurde er am 7. Februar 1941 zur Untersuchungshaft in das Dresdener Untersuchungsgefängnis an der George-Bähr-Straße gebracht. Vor dem Dresdner Sondergericht wurde er im Juli 1941 wegen „heimtückischer Angriffe auf Staat und Partei“ („Heimtückegesetz“) angeklagt und zu einer Gefängnisstrafe von sechs Monaten verurteilt. Da er standhaft die Zusammenarbeit mit den Nationalsozialisten verweigerte, wurde er – ohne zwischenzeitlich seine Freiheit wiedererlangt zu haben – am 2. Oktober 1941 von Dresden in das Konzentrationslager Dachau abtransportiert. Dort war er mit anderen Geistlichen im „Pfarrerblock“ untergebracht. Von der Lagerleitung war ihm die Häftlingsnummer 27829 zugeteilt worden.

Während seiner Lagerzeit bemühte sich Kaplan Andritzki – trotz der widrigen Haftbedingungen – sehr bewusst um eine seiner Bildung und seines Priesterberufes entsprechende Haltung und Lebensführung. Mit anderen Priestern studierte er regelmäßig die Heilige Schrift und bildete mit ihnen einen Liturgiekreis.

Im Dezember 1942 brach unter den unterernährten Häftlingen infolge der schlechten hygienischen Verhältnisse im KZ Dachau Typhusepidemie aus. Kurz nach Weihnachten 1942 erkrankte auch Alois Andritzki. Er meldete sich aber erst am 19. Januar 1943 im Krankenrevier. Während dieser Zeit lag er dort zusammen mit dem Priester Hermann Scheipers in der Baracke für Bauchtyphuskranke. Nach dessen Bericht wurde Alois Andritzki, als er im Sterben liegend einen Häftlingspfleger bat, ihm einen katholischen Priester für Spendung der Sakramente zu rufen, von diesem mit den Worten: „Was, einen Pfaffen will er haben? Eine Spritze bekommt er!“ durch eine Giftinjektion getötet.

Die Beisetzung der Urne mit Asche des ermordeten Priester, die die Verwaltung des KZ Dachau der Familie zugeschickt hat, erfolgte am 15. April 1943 in Dresden auf dem Alten katholischen Friedhof an der Friedrichstraße.

Gedenken und Ehrungen

Zu Ostern 1946 enthüllten sorbische Studenten an der Kreuzkirche in Radibor eine Gedenktafel für Alois Andritzki. Sorbische Jugendliche, Studenten und Akademiker begehen den Todestag von Alois Andritzkis seither als Gedenktag. Bei der sorbischen Bevölkerung wurde das Andenken an Alois Andritzki in der DDR-Zeit, in der überzeugte Christen und andere nicht kommunistische Opfer des Faschismus in der Regel wenig gewürdigt wurden, stets gepflegt.

1984 errichteten sorbische Jugendliche ein Kreuz auf die Schanze nach Panschwitz-Kuckau. Die Kuckauer Schanze wurde seit dem zu einer Begegnungsstätte der sorbischen katholischen Jugend. Die Aufschrift des Jugendkreuzes ist dem Primizbild Alois Andritzkis entnommen.

Ebenfalls 1984 wurde am Geburtshaus Alois Andritzkis in Radibor eine Gedenktafel angebracht. (Das Kupferrelief prägte Werner Juza.) Der Radiborer katholische Kindergarten erhielt den Namen Dom Alojsa Andrickeho (Alois-Andritzki-Haus).

Die Städte Bautzen und Dresden benannten jeweils eine Straße nach Alois Andritzki. Die Grundschule von Rząsiny in Niederschlesien (Polen) ist nach ihm benannt.

Am 27. Januar 1998 widmete die Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft gemeinsam mit dem Münchner-Platz-Komitee e.V. in Dresden den Gedenktag zur Erinnerung an die Opfer des Nationalsozialismus Alois Andritzki und der tschechischen Journalistin Milena Jesenská.

Auf Antrag des Bischofs von Dresden-Meißen wurde 1998 in Rom der Seligsprechungsprozess für Alois Andritzki eingeleitet. Andritzki wäre der erste Selige sorbischer Nationalität.

Literatur

  • Hermann Scheipers: Gratwanderungen – Priester unter zwei Diktaturen. Leipzig 1997. ISBN 3-7462-1221-9
  • Maria Kubasch: Biographie Alois Andritzki. Bautzen 1967
    • Gekürzte Fassung dieser Biographie, Berlin 1974, (in der Reihe Christ in der Welt)
    • 1979, zweite Auflage in sorbischer Sprache
  • Joachim Reinelt: Ein Lichtzeichen für unsere Zeit. In: Kirchliches Amtsblatt für das Bistum Dresden-Meißen Jg. 8 (1998), H. 14, S. 188-192.
  • Siegfried Seifert: Kaplan Alois Andritzki. In: Zeugen für Christus. Das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts, hrsg. von Helmut Moll, Bd. 1, Paderborn 1999. S. 154-156.

Weblinks


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