Kofferradio

Kofferradio
Tragbares Transistorradio Transita der Firma Nordmende aus den 1960er Jahren
Leistungsfähiges Transistor-Kofferradio "SuperPage" der Elektronikfirma Graetz von 1967
Taschenradio, geöffnet, typische gedrängte Anordnung bedrahteter Bauelemente (Betriebsspannung 3 V aus 2 Knopfzellen, Mittel- und Langwelle, vermutlich späte 1960er Jahre)

Ein Transistorradio ist ein Rundfunkempfangsgerät, bei dem ausschließlich Transistoren als aktive Bauelemente eingesetzt werden. Im Vergleich zum Röhrenradio ermöglichte die Transistorbestückung erstmals eine signifikante Gewichts-, Betriebskosten- und Größenreduktion der Geräte, was in erster Linie zum großen Markterfolg des Transistorradios beigetragen hat. Die ungewöhnlich kleinen Taschen-Radios mit monauraler Tonwiedergabe waren zwar wegen technischer Grenzen der ersten Serientransistoren typischerweise auf das AM-Mittelwellenband von 540 bis 1600 kHz oder den Langwellenempfang beschränkt - mit wachsenden Fortschritten von Transistortechnologie und Leistungsfähigkeit der neuen Bauteile eroberten sich die Transistorempfänger zusehends alle verfügbaren Rundfunkbänder.
Bekannt wurden die kleinen Radios auch unter den Bezeichnungen shirtpocket und coatpocket, deren geringe Größe es dem Besitzer im Unterschied zu den portables ermöglichte, sie in Hemden- oder Manteltaschen unterzubringen.

Inhaltsverzeichnis

Zur Geschichte

Die ersten Transistorradios

Regency TR-1.

Wie bei vielen technischen Entwicklungen der Nachkriegszeit begann die Geschichte des Transistorradios in den USA: der heutige amerikanische Elektronik-Riese Texas Instruments TI hatte 1954 noch eine sehr kleine Halbleiterabteilung, die erst 1951 von den Bell Laboratories, den Inhabern des Transistorpatents, für die geringe Summe von 25.000 $ eine Lizenz zur Herstellung von Germanium-Transistoren erworben hat. Die abwartend-zögerliche Haltung der Radio- und Fernsehindustrie im Hinblick auf die enormen Marktchancen der neuen Transistortechnik durchkreuzte aber zunächst die Pläne zu einer Transistor-Massenfertigung. Erst die entscheidende Idee des damaligen TI-Vizepräsidenten Pat Haggerty, zusammen mit der Regency Division of IDEA (ein Acronym für Industrial Development Engineering Associates in Indianapolis) einen neuartigen technischen Konsumartikel - heute würde man wohl eher 'Spaß-Produkt' sagen - in Form eines kleinen Transistor-Taschenradios für den Massenmarkt zu entwickeln, verhalf dem Germaniumtransistor zum Durchbruch: sieben Jahre nach der Erfindung des revolutionären Bauteils Transistor wurde das weltweit erste kommerzielle Transistorradio Regency TR-1 am 18. Oktober 1954 von der Regency Division angekündigt und zum Weihnachtsfest des gleichen Jahres äußerst erfolgreich auf den Markt gebracht – der Superhet mit lediglich vier Transistoren, mit seiner für damalige Verhältnisse winzigen Größe und den damit verbundenen äußerst begrenzten klanglichen Möglichkeiten, war als trendige und luxuriöse High-Tech-Novität dem damals noch mit Batterieröhren bestückten größeren Gerätetyp Kofferradio leistungsmäßig zwar in jeder Hinsicht hoffnungslos unterlegen, entwickelte sich aber trotz des hohen Preises rasant zum heiß begehrten modischen „Marktrenner“, was dazu führte, dass der TR-1 bis zum Frühjahr 1955 landesweit komplett ausverkauft war.
Im Sommer des gleichen Jahres erschien der von der Firma Raytheon entwickelte volltransistorierte 8TP mit acht Transistoren, der als erstes 'seriöses' Transistorradio in die Radiogeschichte einging: bedingt durch die wesentlich großzügigeren Abmessungen und die damit wegfallenden Beschränkungen der Konstruktion glänzte das volltransistorierte Kofferradio mit besseren Empfangsleistungen, Sparsamkeit beim Stromverbrauch und guten Klangeigenschaften.

Die japanische Konkurrenz

Die im Zweiten Weltkrieg durch schwere Bombenangriffe weitgehend zerstörte Industrie Japans stieg durch umfangreiche amerikanische Hilfen zum Wiederaufbau binnen weniger Jahre in den Kreis der führenden Exportnationen auf: nachdem Japan 1952 seine volle Souveränität zurückerhielt, nahm das japanische Wirtschaftswunder - ähnlich wie im Nachkriegs-Deutschland - seinen Anfang.
Die typisch japanische Neigung zur peniblen Genauigkeit, Präzision und Miniaturisierung spielte dabei in der außerordentlichen Erfolgsgeschichte der japanischen Elektronikindustrie eine zentrale Rolle. In den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts existierte in Japan die kleine Elektronikfirma Tokyo Tsushin Kogyo.LTD, die ebenfalls im Besitz einer von Bell erworbenen Transistorlizenz war und das Marktpotential des neuen Transistorradios richtig einschätzte: als die Regency Division 1955 wegen des Rückzugs von TI die Herstellung des erfolgreichen Regency TR-1 aufgab, war das für die beiden japanischen Firmengründer Masaru Ibuka und Akio Morita die Initialzündung, auf dem US-amerikanischen Elektronikmarkt mit ihren Produkten Fuß zu fassen. Nachdem 1955 in Japan mit dem TR-55 das erste japanische Transistorradio erschien, gingen die Japaner zwei Jahre später mit dem legendären TR-63 in die Exportoffensive.
Mit seinen 112 x 71 x 32 mm - Maßen war es das damals kleinste Shirtpocket der Welt und eroberte sich mit seinem günstigen Preis, mit attraktivem Design, hoher Qualität und Leistungsfähigkeit sofort eine führende Marktposition sowohl in den USA als auch in anderen westlichen Ländern - und leitete die langdauernde weltweite Dominanz der japanischen Transistorradio-Ära ein.
Die Produktbezeichnung des TR-63 erhielt den eingängigen Namen SONY, der 1958 zum Firmennamen SONY avancierte und den Beginn des beispiellosen Markterfolgs eines der heute größten weltweit operierenden Medien- und Elektronik-Konzerne markierte.

Erste Serien-Transistorradios der deutschen Radioindustrie

Erstes Volltransistorradio Akkord Peggie (1957) der westdeutschen Radioindustrie.
Erstes Volltransistorradio Sternchen (1959) der ostdeutschen Radioindustrie.

Auf der Industriemesse in Hannover wurde 1957 das erste Transistorradio der westdeutschen Elektronikindustrie vorgestellt: die Firma Akkord-Radio, Gerätebau A.Jäger & Söhne aus Offenbach/Herxheim, Deutschlands erste Spezialfabrik für Kofferempfänger, brachte das MW-Radio Akkord-Peggie auf den Markt, damals noch ohne die inzwischen in der Transistortechnik überall eingeführte gedruckte Schaltung, sondern in der aus der Röhrentechnik übernommenen freien Verdrahtung.
Zwei Jahre später erschien auf dem ostdeutschen Elektronikmarkt das Sternchen, das erste transistorbasierte MW-Taschenradio aus dem VEB Stern-Radio Berlin und dem VEB Stern-Radio Sonneberg.

Transistorradio für das Ultrakurzwellenband

Im Jahr 1948 wurden in Kopenhagen die Sendefrequenzen für Rundfunksender im Lang- und Mittelwellenbereich neu verteilt. Da sich Deutschland als Verlierer des Zweiten Weltkriegs mit wenigen ungünstigen Frequenzen abfinden musste und somit eine angemessene Versorgung der Rundfunkteilnehmer in weite Ferne rückte, wurde im gleichen Jahr die Einführung des UKW-Bandes für den Hörfunk beschlossen und ein zügiger Ausbau des UKW-Sendenetzes betrieben - die ersten alltagstauglichen FM-Röhren-Seriengeräte bzw. 'Vorsatzgeräte' zum Umrüsten vorhandener AM-Empfänger erschienen aber erst Anfang der fünfziger Jahre.
Bedingt durch die hohen Übertragungsfrequenzen und die Frequenzmodulation hatte der neue UKW-Rundfunk den Radiohörern eine ganz neue akustische Dimension zu bieten: störungsfreier Empfang, verbesserte Dynamik und Verbreiterung des Tonfrequenzbandes leisteten einen gewichtigen Beitrag zum ständig steigenden Absatz von Rundfunkgeräten, waren aber der neuen Transistortechnologie zunächst noch nicht zugänglich. Wegen der niedrigen Grenzfrequenzen der Germanium-Transistoren in den frühen Entwicklungsstufen der Halbleiterherstellung wurden Geräte mit VHF-Empfangsbereichen aus technischen Gründen in einer Übergangsphase noch mit einer Röhre/Transistor-Hybridbestückung ausgerüstet – in den höherfrequenten Schaltungsteilen (Hochfrequenz-Vor- und Mischstufe, Lokal-Oszillator, UKW-Zwischenfrequenzstufen) waren Elektronenröhren weiterhin zunächst unersetzlich.
In einem umfangreichen Versuchsprojekt stellte sich die innovative westdeutsche Elektronikfirma Graetz im Jahr 1957 der Herausforderung, einen volltransistorierten UKW-Empfänger zu konstruieren. Als HF-Transistor verwendeten die Entwicklungsingenieure einen US-amerikanischen RCA-Typ, der auf der Basis der Grundlagenforschung des bei RCA beschäftigten Physik-Nobelpreisträgers Herbert Kroemer entwickelt wurde. Ein Prototyp des UKW-Radios wurde im gleichen Jahr vorgestellt, eine wirtschaftliche Realisierung der serienmäßigen Produktion scheiterte aber an einer damals noch vorhandenen erheblichen Qualitätsstreuung der RCA-Transistoren.
Erst ab 1958 waren stabile VHF-Transistoren in größeren Stückzahlen erhältlich - der japanischen Firma SONY gelang mit dem TFM-151 die erste Serienproduktion eines aufwändigen, mit 15 Transistoren bestückten UKW-MW Transistorempfängers.

Der Markterfolg des Transistorradios

Das Transistorradio löste allmählich den Röhrenempfänger ab, der mit mechanisch empfindlichen Elektronenröhren arbeitete, für die eine anspruchsvolle Stromversorgung notwendig war, die bei den mobilen Kofferradios für hohe Betriebskosten sorgte.
Trotz anfänglich großer Schwierigkeiten, die vorwiegend mit den noch ungünstigen technischen Eigenschaften und den hohen Kosten der Transistorproduktion zu tun hatten, war der sich abzeichnende Siegeszug des Transistors in der Radioelektronik nicht aufzuhalten, parallel dazu deutete sich der stetige Niedergang der bis dahin die Elektronik beherrschenden Röhrentechnik an.
Die außergewöhnlich hohen Verkaufszahlen von Transistorradios auf dem Elektronikmarkt verhalfen der Elektronikindustrie zu enormen Umsatzsteigerungen - darüber hinaus zeigte die mit der fortschreitenden Transistorisierung elektronischer Geräte verbundene zunehmende Miniaturisierung der Schaltungstechnik beispielhaft den Weg in die Zukunft der Halbleiterelektronik.

Sozio-kulturelle Hintergründe

Inmitten einer damals noch vorhandenen hochentwickelten Hörkultur, die sich vor allen Dingen in den akustischen Medien - und hier besonders im Hörfunk - der fünfziger und ersten sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts eine breite Plattform eroberte, noch vor dem sich allmählich abzeichnenden Siegeszug des optischen Mediums 'Fernsehen', erlebte das Transistorradio sein goldenes Zeitalter: die raumsparende, effiziente, sehr robuste und äußerst langzeitstabile Halbleitertechnik ermöglichte das kommerziell höchst erfolgreiche mobile Kofferradio, das insbesondere von der westdeutschen Elektronikindustrie zu einer äußerst leistungsfähigen Produktlinie in Europa ausgebaut wurde und sich allmählich zu einem klingenden Symbol für Unabhängigkeit, Freiheit und Rebellion der ersten jungen Nachkriegsgeneration etablierte.

Mit einer häufig zweistelligen und somit besonders prestigeträchtigen Anzahl von Transistoren bestückt, waren es die teuren, mit stilsicherem Geschmack und unzweifelhaftem Charme glänzenden „Flaggschiffe“ mancher längst vom Markt verschwundenen Hersteller, die größtenteils mit heute kaum noch vorstellbarem Aufwand an Gehäusedesign, Konstruktion und Qualitätsniveau der elektronischen Bauteile (u. a. gehörten damals Luft-Drehkondensatoren und Präzisions-Bandfilter zur Standardausrüstung) von geschickten weiblichen Arbeitnehmern in Handarbeit produziert wurden – ohne den geringsten elektrischen Neuabgleich funktionieren sorgfältig behandelte Exemplare aus den sechziger Jahren heute genauso wie vor einem halben Jahrhundert.

In dieser bewegten Zeit des boomenden Konsums, des bundesdeutschen Wirtschaftswunders mit seiner gesellschaftlichen Orientierung in Richtung USA, waren hochwertige Transistorkoffer bei Jugendlichen ein äußerst begehrtes Statussymbol und besaßen eindeutig Kultstatus: sie waren die akustischen Zeitzeugen des Siegeszugs der Rock- und Beatmusik, die man ohne die elterliche Kontrolle jederzeit überall mitnehmen konnte und standen obendrein den „Großsupern“ des häuslichen Wohnzimmers weder im Klang noch bei den auf allen Rundfunkbändern (auch in den häufig vernachlässigten AM-Bereichen, wo im Europawellenbereich so beliebte Sender wie etwa Radio Luxemburg zu finden waren...) vorhandenen enormen Empfangsleistungen nach.

Das Ingenieurswissen für die Konstruktion leistungsfähiger Transistorradios scheint mittlerweile in Vergessenheit geraten zu sein – trotz der rasanten Fortschritte der Elektronik sucht man bei aktuell gefertigten Exemplaren fast aller Radiohersteller derartige Eigenschaften vergeblich.

Moderne 9Volt Blockbatterie 006P

Transistorradios und ihre Vorteile

Transistorradios und insbesondere die reisefähigen Taschen- und Kofferradios haben bauartbedingt erhebliche Vorteile gegenüber den älteren Röhrenempfängern: geringes Gewicht und wenig Raumbedarf, Langzeitstabilität der Geräte durch hohe Lebensdauer der Transistoren und kaum vorhandene Verlustwärme, geringe Ansprüche an die Stromversorgung, da sie mit niedrigen Spannungen und geringer Stromaufnahme arbeiten - was einen problemlosen, preisgünstigen und ungefährlichen Batteriebetrieb ermöglicht, da die im Röhrenbetrieb übliche Anodenbatterie wegfällt.
Die 1956 von der amerikanischen Firma Energizer speziell für Transistorradios entwickelte, für damalige Verhältnisse geradezu winzige 006P 9-Volt-Batterie, ist ein typisches Beispiel.
Die allmähliche Ablösung des Halbleitermaterials Germanium durch Silizium sorgte durch die damit verbundene Zunahme der thermischen Stabilität der Elektronik für mehr Betriebssicherheit.
Im Gegensatz zu Elektronenröhren ist der Transistor ein äußerst anspruchsloses elektronisches Bauteil - Röhren sind hingegen grundsätzlich Verschleißteile, die insbesondere bei den mit Batterieröhren bestückten mobilen Kofferradios durch die filigranen und bruchempfindlichen Heizfäden nicht selten weit vor ihrer natürlichen Verschleißgrenze ausgetauscht werden mussten.

Technische Grundlagen

Wie bei den älteren Röhrenempfängern besteht die einfachste Schaltung eines Transistorradios aus zwei Hauptkomponenten, einem Detektor-Empfänger und einem Verstärker. Etwas komplexer, dafür aber auch empfangsstärker und trennschärfer ist der Einsatz eines Audions – beide schaltungstechnischen Minimalkonzepte (Geradeausempfänger) waren in der Vorkriegszeit bei der preisgünstigen Massenherstellung der Volksempfänger von Bedeutung, spielten aber in der industriellen Fertigung der Nachkriegszeit wegen ihrer technischen Unzulänglichkeiten keine Rolle mehr, das vorrangig verwendete technische Empfangsprinzip hatte sich durch den Wechsel von der Elektronenröhre zum Transistor nicht verändert, die Elektronikindustrie setzte auch hier durchgängig das aufwändigere und elektronisch weitaus leistungsfähigere Konzept des Überlagerungsempfängers (Superheterodyn) ein.

Wie alle klassischen Radiogeräte ist das Transistorradio genauso wie das Röhrenradio für den Empfang des terrestrisch ausgestrahlten Analogrundfunks konzipiert – die komplette Radioelektronik arbeitet nach analogen Prinzipien. Lediglich im Bereich der Senderabstimmung konnte sich im Zusammenhang mit der zunehmenden Digitalisierung der Elektronik seit den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts eine gerasterte Abstimmung des lokalen Abstimm-Oszillators durchsetzen (PLL-Synthesizer), die mit modernen Kapazitätsdioden sowie digitalen Anzeige- und Speichermöglichkeiten die recht umständliche und äußerst unpräzise Einstellprozedur der Sendersuche mit Drehkondensator bzw. Variometer, Frequenzskala, Skalenzeiger und Skalenseil ganz wesentlich vereinfachte und eine frequenzgenaue Sendereinstellung ermöglichte. Das 1988 offiziell eingeführte digitale Radio Data System erweiterte die Anzeigemöglichkeiten im Bereich der UKW-Rundfunkbänder erneut beträchtlich.

Mit der zunehmenden Etablierung einer flächendeckenden Infrastruktur der Sendeanlagen und einer Erhöhung der Sendeleistungen wird sich wohl auch allmählich im Bereich des UKW-Hör-Rundfunks die wesentlich kostengünstigere digitale Übertragung (DAB) durchsetzen und den altehrwürdigen analogen Rundfunk in nicht allzuferner Zukunft ablösen.

Auch die heute üblichen Radios sind eigentlich Transistorradios, allerdings sind die meisten Transistoren zusammen mit anderen Bauteilen in integrierten Schaltungen zusammengefasst. Mit dem weitgehenden Wegfall der Röhrenradios verschwand die Notwendigkeit einer speziellen Unterscheidung und so wird heute das Wort „Transistorradio“ nur noch selten verwendet.

modernes Gerät von Sony (Walkman-Radio)

Gesellschaftliche Auswirkungen

Die Erfindung des Transistorradios brachte einen immensen Fortschritt für die weltweite Kommunikation: aufgrund massenhafter Herstellung und einfachster Stromversorgung sind diese noch immer in vielen Entwicklungsländern für fast jedermann erschwinglich und bieten sowohl Bewohnern der entlegensten Regionen als auch Menschen mit unzureichender Alphabetisierung oft die einzige Chance, den Kontakt mit dem Rest der Welt aufrecht zu erhalten.

Viele Familien konnten es sich leisten, ein zweites oder drittes Radio anzuschaffen. Das Radiohören, das zuvor in vielen Haushalten auf das Wohnzimmer begrenzt war, wurde nun auch in anderen Zimmern möglich und begleitete etwa die Hausarbeit in der Küche. Autoradios gab es schon vor Verfügbarkeit der Transistortechnik – erst durch sie erfuhren sie aber eine hohe Verbreitung, die wiederum neue Dienstleistungen wie den Verkehrsfunk anstieß. Auch viele Jugendliche erhielten Zugang zu einem eigenen Radio, mit dem sie auch eigene Sender hören konnten.

In der DDR ermöglichte das Transistorradio vielen Jugendlichen den Empfang von „unerwünschten“ Sendern, ohne dass es durch die Eltern oder andere so leicht kontrollierbar war. Das Hören von Westsendern auf der Straße konnte zu Kontrollen durch die Polizei oder freiwillige Helfer der Volkspolizei führen, gegebenenfalls zur Sperrung der Geräte. Bei der NVA und den Grenztruppen der DDR mussten auf der Skala die DDR-Sender als erlaubte Sender markiert werden, wenn andere gehört wurden, gab es Strafen und das Gerät konnte eingezogen werden.

Das Transistorradio brachte auch eine weitere Entwicklung in Gang: Stereofone Radioempfänger wurden handlicher und bezahlbarer, so dass die durch Stereofonie bedingte Qualitätssteigerung im Rundfunk weitere Verbreitung fand.

Der Einbau von Anschlussbuchsen für Plattenspieler und Magnetbandgeräte machte das Transistorradio zu einem preisgünstigen Verstärker. Durch die Entwicklung von kleinen Magnetbandkassetten (Compact Cassetten) anstelle der bisherigen Spulentonbänder konnten kleine Tonbandgeräte (Kassettenrecorder) gebaut werden. Dies führte seit Ende der 1960er Jahre zu Kombinationen mit Compaktkassettengeräten, die als Radiorecorder angeboten wurden. Dadurch wurde das Aufzeichnen und Wiedergeben von Rundfunksendungen und der Austausch von Musik mit nur einem Gerät ermöglicht. Später entwickelten sich aus Radiorecordern große tragbare Stereogeräte mit zwei Kassettenrecordern, die das Überspielen von Musik auch mit höherer Bandgeschwindigkeit von einer Cassette zur anderen zuließen. Hinzu kamen schließlich sogar Geräte mit zusätzlichem CD-Spieler. Der Entwicklung von tragbaren Großgeräten steht die Miniaturisierung gegenüber: zuerst baute die Firma Sony kleine Stereo-Cassettengeräte, Walkman genannt, denen bald ein eingebautes Radio hinzugefügt wurde. Dann wurden auch Miniradios ohne Cassettenteil entwickelt. Heute befinden sich kleine Radio-Empfänger in Mobilfunkgeräten (Handy).

Der niedrige Energiebedarf der Transistorempfänger ermöglicht alternative Energieversorgung, zum Beispiel mit Fotozellen oder mit einem Handdynamo. Das ist wichtig besonders in Gebieten, die nicht ans Energienetz angeschlossen sind.

Quellen

  • Helmut Bergold, Peter Drehmann, Adolf. Kraemer: Dorn-Bader Physik, Oberstufe, 12./13. Jahrgangsstufe, Grundkurse und Leistungskurse. Schroedel, ISBN 3-507-86205-0
  • Burkhard Kainka: Bastelecke – Das Lowpower-Radiomodul. Abgerufen am 11. September 2007.
  • The Regency TR-1 Family, Sony Transistor Radios, Vintage Micro Transistor Radios, American Shirt-Pocket Transistor Radios und mehr auf EricWrobbel.com (englisch, kostenpflichtig)

Literatur

  • Michael F. Wolff: "The secret six-month project. Why Texas Instruments decided to put the first transistor radio on the market by Christmas 1954 and how it was accomplished." IEEE Spectrum, December 1985, pages 64-69

Weblinks


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