Kolnai

Kolnai

Aurel Thomas Kolnai (* 1900 in Budapest als Aurel Stein; † 1. Januar 1973 in Milwaukee, Wisconsin/USA) war ein ungarischer Philosoph und konservativer Denker, der vor allem mit Theorien zur Moral und zu den Emotionen bekannt geworden ist.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aurél Stein stammt aus einer jüdischen Familie. Noch als Gymnasiast war er massgeblich im linksintellektuellen Galilei-Kreis aktiv. 1918 nahm er den Namen Kolnai an, den er einer Erzählung Ferenc Molnars entnommen hatte (A Pal-utcai fiuk ~ Die Paul-Straßen-Jungen). 1919–1937 lebte Kolnai in Wien, wo er zunächst studierte. Nachdem er bis in seine Studienzeit hinein Atheist war, konvertierte er, beeinflusst von den Schriften Gilbert Keith Chestertons, 1926 (am Tag seiner Graduierung in Wien) zum Katholizismus. Nach verschiedenen Stationen ging Kolnai 1940 mit seiner Frau Elisabeth ins US-amerikanische Exil. Nach dem Zweiten Weltkrieg lehrte Kolnai zunächst an der Laval University in Quebec, Kanada. In den 1950ern kehrte er nach Europa zurück und arbeitete zeitweise am Bedford College in London sowie in Birmingham. Seine letzte Lehrtätigkeit übte Kolnai seit 1968 bis zu seinem Tod an der Marquette University in Wisconsin aus.

Philosophische Ausrichtung

Kolnai war zunächst ein Anhänger Sigmund Freuds und wandte sich in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre der phänomenologischen Strömung zu. Die Philosophie Edmund Husserls sowie die Wertethik Max Schelers wurden für Kolnai richtungsweisend. Neben der phänomenologischen Methode ist auch die Linguistik bedeutsam für die Herangehensweise Aurel Kolnais. Manche Denker, wie z.B. Karl Popper, zählten Kolnai zu den originellsten, aber auch herausforderndsten Philosophen des 20. Jahrhunderts. Kolnai wird heute besonders von Philosophen der analytischen Richtung rezipiert. Er gilt als einer derjenigen Denker, die früh den „Graben“ zwischen der so genannten kontinentalen Philosophie und der angelsächsischen Philosophie analytischer Prägung überwanden.

Siehe auch

Werke (Auswahl)

  • Psychoanalyse und Soziologie. Wien u.a.: Internationaler Psychoanalytischer Verlag 1920
  • Die geistesgeschichtliche Bedeutung der Psychoanalyse. In: Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, 9 (1923), S. 345-356
  • Der ethische Wert und die Wirklichkeit. Freiburg/Br.: Herder 1927
  • Sexualethik. Paderborn: Schöningh 1930
  • Gegenrevolution. In: Kölner Vierteljahrshefte für Soziologie, 10 (1932), S. 171–199 und 295–319.
  • The War Against the West. London: Gollancz 1938
  • Konservatives und revolutionäres Ethos. In: Gerd-Klaus Kaltenbrunner (Hg.): Rekonstruktion des Konservatismus. Freiburg/Br.: Herder 1972, S. 95–136
  • Ethics, Value, and Reality. Selected Papers. Indianapolis 1978
  • The Utopian Mind and Other Papers. A Critical Study in Moral and Political Philosophy. Francis Dunlop (ed.), London 1995.
  • Early Ethical Writings of Aurel Kolnai. (trans. Francis Dunlop) 2002. ISBN 0754606481
  • Sexual Ethics: The Meaning and Foundations of Sexual Morality. (trans. Francis Dunlop) 2005. ISBN 0754653129
  • Ekel, Haß, Hochmut. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle. (Nachwort Axel Honneth) Suhrkamp, Frankfurt/M. 2007 (Aufsätze) ISBN 978-3-518-29445-1 [1]

Literatur

  • Zoltán Balázs & Francis Dunlop: Exploring the world of human practice. Readings in and about the Philosophy of Aurel Kolnai. Central European University Press (CEU Press) 2005. ISBN 963-9241-97-0
  • Francis Dunlop: The Life and Thought of Aurel Kolnai. Aldershot: Ashgate 2002 ISBN 0-7546-1662-2

Weblinks

Nachweise

  1. DLF: „Schlimme Gefühle“, Rezension zu Ekel, Haß, Hochmut, 17. Januar 2008

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