Komment

Komment

Der Comment (von frz. "wie"), auch Komment geschrieben, war die Gesamtheit der studentischen Regeln für das Zusammenleben an der Universität. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts war der Comment zwar ein Begriff, aber zum überwiegenden Teil nicht schriftlich festgehalten, sondern wurde vom jungen Studenten durch Beobachtung bei den Älteren erlernt.

Die älteste bekannte Erwähnung speziell studentischer Sitten stammt vom Rektor der Universität Orléans, der im Jahre 1368 den modus, quem [studiosi] vocant consuetudinem vel costumam („die Art und Weise, die sie [die Studenten] den Brauch oder die Sitte nennen“) erwähnt. Im 17. Jahrhundert schreibt Blasius Multibibus in seinem ius potandi („Zechrecht“) von ceremoniis academicis („studentischen Zeremonien“).

Die Regeln waren bereits im 18. Jahrhundert sehr kompliziert, Verstöße konnten ernsthafte Folgen haben, denn die Studenten liefen bewaffnet herum und scheuten sich nicht, im spontanen Duell von der Waffe Gebrauch zu machen, wenn sich jemand ihnen gegenüber nicht so benahm, wie sie das für richtig hielten.

Neulinge an der Universität waren mit dem Comment naturgemäß noch nicht vertraut, was in diesen Zeiten ein Grund war, sie abgrundtief zu verachten. Sie mussten von älteren Studenten, den Burschen, so lange beschützt werden, bis sie allein Verantwortung für ihr Verhalten übernehmen konnten. Dafür hatten sie sich mit Dienstleistungen wie Stiefelputzen zu revanchieren. Damals wie heute heißen die Neulinge Füchse.

Die älteste bekannte schriftliche Abfassung eines Comments war die Dissertatio de norma actionum studiosorum seu von dem Burschen-Comment edita ab renommista rerum bursicosarum experientissimo eodemque intrepido horribilique Martiali Schluck Raufenfelsensi aus Erlangen, erschienen 1780. Das unter Pseudonym veröffentlichte Werk wird heute einem gewissen Christian Friedrich Gleiß zugeschrieben, der 1772 in Erlangen für Rechtswissenschaften immatrikuliert worden war. Diese „Abhandlung“ war jedoch mehr in Form einer Beschreibung der studentischen Sitten und Gebräuche gehalten, geschrieben im Stil einer damaligen Dissertation und noch nicht als eine Art von Gesetzbuch mit normativem Charakter.

In der Zeit zwischen der Französischen Revolution und den Befreiungskriegen wurde in der deutschen Politik die Forderung nach „geschriebenen Gesetzen“ zur Eindämmung der Fürstenwillkür immer lauter. Die Studenten wollten mit guten Beispiel vorangehen und an ihrer Universität anfangen. Die sich zu der Zeit formierenden Corps schlossen sich an ihren jeweiligen Universitäten zu Senioren-Conventen (SC) zusammen, um studentische Belange zu beraten (sie vertraten damals praktisch die gesamte Studentenschaft) und um einen schriftlichen SC-Comment zu verabschieden, der für alle Studenten der Universität als verbindlich angesehen wurde. Einen großen Raum nahm im SC-Comment das Fecht- und Duellwesen ein, denn hier lag manches im Argen und bedurfte der Regelung. Der SC war natürlich auch in der Lage, Strafen zu verhängen.

Als in der Folgezeit andere Formen von Verbindungen entstanden, die den SC nicht anerkannten (zuerst die Burschenschaften ab 1815), wurde die Sache kompliziert. Es entstanden viele Arten von Comments.

Als Parodie des SC-Comments - speziell der Regelungen zum Duellwesen - entstand bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus jugendlichem Übermut der Bier-Comment, der die im SC-Comment vorgeschrieben Verfahren am Biertisch parodierte. So kam zum Beispiel das "Bier-Duell" (auch "Bier-Skandal" genannt) auf, das statt mit Mensurschlägern mit dem Trinken von Bier ausgetragen wurde. Die Sitte existiert heute noch als Bierjunge.

Der Bier-Comment - entstanden als Witz - wurde spätestens in der Kaiserzeit sehr ernst genommen und stark formalisiert. Auch im 20 uns 21 Jahrhundert ist der Bier-Comment weit verbreitet. Vor allem die nichtschlagenden christlichen Verbindungen im Europäischer Kartellverband wenden ihn an um Auseinandersetztungen untereinander zu regeln und ebenfalls gilt er immer noch als Parodie gegenüber den schlagenden Verbindungen.

Comment ist heute ein Ausdruck für alle Arten von Regelwerken, die von Studentenverbindungen aus verschiedensten Anlässen mit unterschiedlichem Wirkungsbereich verabschiedet werden. Bekannte Begriffe sind immer noch der SC-Comment, der Pauk- oder Fechtcomment, der Kneipcomment etc.

Literatur

  • Nikolaus Balger (Übersetzer und Kommentator), Vom Burschen-Comment. Eine Dissertation in lateinischer Sprache herausgegeben von Martialis Schluck, einem alten Renommisten aus Raufenfels. Ins Hochdeutsche übersetzt und mit einigen erläuternden Anmerkungen versehen, o.O. [Jena] 1798
  • Christian Friedrich Gleiß (zugeschrieben), Dissertatio de norma actionum studiosorum seu von dem Burschen-Comment edita ab renommista rerum bursicosarum experientissimo eodemque intrepido horribilique Martiali Schluck Raufenfelsensi, o.O. [Erlangen], 1780
  • Hans Peter Hümmer, Der „Burschen-Comment“ des Martialis Schluck von Raufenfels. Die lateinische Fassung von 1780 und ihre deutsche Übersetzung von 1798, in: Einst und Jetzt, Band 52, Jahrbuch 2007 des Vereins für corpsstudentische Geschichtsforschung, Neustadt an der Aisch 2007, ISSN 0420-8870
  • Michael Foshag (Herausgeber), Allgemeiner deutscher Bierkomment, Morstadt-Verlag, ISBN 3-88571-316-0

Siehe auch


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