Kon-Tiki

Kon-Tiki
Kon-Tiki im Kon-Tiki-Museum, Oslo.

Kon-Tiki war ein Floß aus Balsaholz, mit dem der Norweger Thor Heyerdahl 1947 über den Pazifik segelte, um zu beweisen, dass die Besiedlung Polynesiens von Südamerika aus möglich war. Nach der Expedition schrieb Heyerdahl ein Buch mit dem Titel Kon-Tiki; der gleichnamige Dokumentarfilm über die Expedition gewann im Jahr 1951 einen Academy Award.

Namensgeber war Viracocha, der Sonnengott in der Mythologie der Inka. Dieser kam der Legende nach aus dem Osten und gründete als Kulturbringer Kon-Tiki die Zivilisation der Inka. Nach einem Krieg segelte er weiter nach Westen.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Der gängigen Theorie nach wurde Polynesien von Asien aus über Mikronesien und Melanesien entgegen dem Humboldtstrom von Westen nach Osten besiedelt. Heyerdahl ging von zwei Hauptbesiedlungswellen aus:

  • Von Südamerika aus, mit der starken Strömung des Humboldtstroms und dem Passatwind westwärts nach Polynesien.
  • Von Südostasien aus, dem Japanstrom folgend, über Britisch-Kolumbien nach Hawaii und von dort aus nach Polynesien.

Laut Heyerdahl war eine Besiedelung Polynesiens von Asien aus möglich, sie wäre jedoch ausschließlich gegen die Fließrichtung des Humboldtstroms und gegen den Passatwind erfolgt, die seiner Meinung nach wahrscheinlichere Richtung wurde überhaupt nicht diskutiert. Der Archäologe Dr. S. K. Lothrop hatte in einer Abhandlung über südamerikanische Seefahrt postuliert, dass es nicht möglich war, Polynesien mit den technischen Möglichkeiten der präkolumbischen Bevölkerung Südamerikas zu erreichen. Heyerdahl wollte daraufhin seine Theorie durch das Kon-Tiki-Experiment untermauern.

Die Expedition

Das Floß

Das Floß bestand aus neun Stämmen Balsaholz, die bis zu 13,7 m lang und 60 cm stark waren. Diese waren mit 317,5 m 1,25″ (ca. 32 mm) Hanfseilen verbunden. Die Querhölzer aus Balsastämmen, die 5,5 m lang waren und einen Durchmesser von 30 cm hatten, waren in Abständen von 1 m festgebunden, um Stabilität zu gewährleisten. Pinienholz diente am Bug als Wellenbord und 2,5 cm dicke und 60 cm lange Bretter wurden zwischen den Balsastämmen als Schwerter verwendet. Der 8,8 m hohe Hauptmast war aus zwei Stämmen aus Mangrovenholz zu einer A-Form zusammengebunden. Hinter dem Mast befand sich eine Hütte von 4,25 × 2,4 m Grundfläche, die 1,2-1,5 m hoch und mit Bananenblättern gedeckt war. Am Heck war ein 5,8 m langes Steuerruder aus Mangrovenholz mit einem Ruderblatt aus Fichtenholz angebracht. Das Hauptsegel war 4,6 x 5,5 m; Fotos zeigen auch ein Topsegel über dem Hauptsegel und ein Treibersegel. Das Deck bestand teilweise aus Bambus, in der ganzen Konstruktion wurden nur traditionelle Baumaterialien verwendet, am ganzen Floß gab es keine Metallteile. Als Baupläne dienten Berichte spanischer Konquistadoren.

Das Floß ist heute im Kon-Tiki-Museum in Oslo zu besichtigen.

Verpflegung

Die Kon-Tiki hatte 1100 Liter Trinkwasser in 56 Wasserkannen an Bord. Als Proviant dienten 200 Kokosnüsse, Süßkartoffeln, Flaschenkürbisse und andere Früchte und Wurzelgemüse. Die US Army stellte Essensrationen, Konservendosen und Survivalausrüstung zur Verfügung. Es gelang, ausreichend Fisch zu fangen, vor allem Fliegende Fische, Goldmakrelen, Gelbflossen-Thun und Haie.

Technische Ausstattung

Neben Navigationshilfsmitteln (Kompass und Sextant) und etwas medizinischer Ausrüstung gab es auch drei wasserdichte Funkgeräte an Bord, die an einer Drachenantenne betrieben werden konnten und so den Kontakt zur Außenwelt ermöglichten. Unter dem Rufzeichen LI2B gelangen den erfahrenen Funkern Haugland und Raaby regelmäßige Kontakte, am 5. August auch direkt nach Oslo über eine Entfernung von etwa 16.000 km. Die weitgehend baugleichen Geräte - je eines für 40/20 m, 10 m und 6 m - waren aus Röhren des Typs 2E30 aufgebaut und lieferten etwa 10 W HF-Leistung. Sie wurden aus Batterien versorgt, es stand aber auch ein handbetriebener Generator zur Verfügung.

Besatzung

Ablauf

Die Reise begann am 28. April 1947 in Callao/Peru, nachdem das Floß bei einer feierlichen Taufe am Tag zuvor seinen Namen erhalten hatte. Das Floß wurde anfangs 50 Meilen auf das offene Meer geschleppt. Die Kon-Tiki segelte westlichen Kurs auf dem Humboldtstrom.

Anfangs war es schwierig, das Floß zu steuern. Erst mit der Zeit lernte die Besatzung die alte Segeltechnik der Indianer. Die Benutzung der Steckkiele zeigte, dass mit dem Floß auch in einem deutlich von der Windrichtung abweichenden Winkel gefahren werden konnte.

Im Lauf der Wochen stellte Heyerdahl fest, dass der Saft in den Bäumen die Stämme imprägniert und das Eindringen von Meerwasser verhinderte, so dass entgegen einiger Voraussagen das Floß schwimmfähig blieb. Er kam auch zu der Erkenntnis, dass die vorher allseits empfohlene Verwendung moderner Technik, z. B. von Stahltrossen oder metallenen Beschlägen, die Balsastämme zerstört und den Untergang bedeutet hätte.

Jeden Morgen wurden Fliegende Fische vom Deck gesammelt und ergänzten die Nahrung. Als die Expeditionsgruppe in den Passat gelangte, konnte sie Regenwasser auffangen und die Trinkwasservorräte ergänzen. Unter dem Rufzeichen LI2B hatten Raaby und Haugland regelmäßig Kontakt mit Funkamateuren insbesondere in den USA. Am 30. Juli kam mit dem Atoll Puka-Puka zum ersten Mal Land in Sicht. Es gab einen kurzen Kontakt mit den Einwohnern von Fangataufa am 4. August, eine sichere Landung war aber nicht möglich. Drei Tage später, am 7. August, lief das Floß vor Raroia im Tuamotu-Archipel auf Grund. Es hatte ca. 3.770 sm (6.980 km) in 101 Tagen bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 1,5 Knoten zurückgelegt.

Die Aufbauten der Kon-Tiki wurden bei der Landung auf der Luvseite des Atolls schwer beschädigt, die Hauptstämme des Floßes blieben intakt. Die Crew konnte an Land gehen und wurde nach einer Woche von Polynesiern entdeckt, die auf der anderen Seite des Atolls lebten. Das Floß wurde schließlich über das Riff hinweg in das Innere der Lagune gespült. Anschließend wurde es nach Tahiti geschleppt und mit Hilfe der französischen Behörden und norwegischer Schiffseigner nach Norwegen zurückgebracht, wo man ihm schließlich ein Museum errichtete.

Wissenschaftliche Bedeutung

Meeresfauna

Die Schlangenmakrele wurde während der Kon-Tiki-Expedition entdeckt, als ein Exemplar nachts in den Schlafsack des Besatzungsmitglieds Thorstein gespült wurde. Eine weitere Schlangenmakrele wurde nachts dabei beobachtet, wie sie versuchte, eine Laterne anzugreifen. Außerdem kam es zu einer der seltenen Sichtungen eines Walhais.

Nautik

Es gelang Heyerdahl zu beweisen, dass die Wissenschaft die Seegängigkeit antiker Wasserfahrzeuge unterschätzt hatte. Im Fall des Floßes aus Balsaholz war ein baldiges Sinken prognostiziert worden, da sich die Stämme voll Meerwasser saugen und untergehen würden. Die Expedition bewies außerdem, dass es mit einem primitiven Floß möglich war, gegen den Wind zu kreuzen, was bis dahin nicht für möglich gehalten wurde.

Anthropologie

Grundsätzlich ist die Fahrt der Kon-Tiki nicht als wissenschaftlicher Beweis für die Theorie Heyerdahls zu werten. Alleine die Möglichkeit der Durchführung bedeutet noch nicht, dass ein Ereignis auch stattgefunden hat. Andererseits konnte Heyerdahl zumindest den Beweis erbringen, dass eine Besiedelung Polynesiens von Südamerika aus technisch möglich gewesen wäre. Der Ursprung der Polynesier ist bis heute nicht restlos geklärt, Heyerdahls Theorie gilt zwar als unwahrscheinlich, konnte aber auch nicht widerlegt werden.

Literatur

  • Thor Heyerdahl: Kon-Tiki. Ein Floß treibt über den Pazifik, ISBN 3550068603

Weblinks


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