Konfrontationstherapie

Konfrontationstherapie

Mit Konfrontationstherapie (auch: Konfrontationsverfahren) bezeichnet man spezielle psychotherapeutische Interventionen. Der Begriff ist insofern etwas irreführend, als die Konfrontation keine eigenständige „Therapieschule“ (wie zum Beispiel die Gesprächspsychotherapie) darstellt. Konfrontationsverfahren sind psychotherapeutische Methoden und ein häufiger Bestandteil in der verhaltenstherapeutischen Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen. In der verhaltenstherapeutischen Literatur wird der Begriff Exposition synonym verwendet, z. B. „Expositionsübungen“.

Die verhaltenstherapeutische Konfrontationstherapie hat sich in einer Vielzahl von wissenschaftlichen Studien als sehr wirksam in der Behandlung von Angsterkrankungen erwiesen.

Inhaltsverzeichnis

Beschreibung der Therapiemethode

Das grundlegende Prinzip dieser Behandlungsmethode ist die Konfrontation mit angstauslösenden Reizen.

Solche Reize können soziale Situationen (soziale Phobie), Kaufhäuser, Busse, U-Bahnen etc. (Agoraphobie) oder einzelne spezielle Reize sein, wie zum Beispiel Spinnen, große Höhe usw. (spezifische Phobie). Bei der Panikstörung sind eigene Körperempfindungen angstauslösend (z. B. ein beschleunigter Herzschlag), da sie als Vorstufe einer Panikattacke bewertet werden.

Kernmerkmal der meisten Angststörungen ist die Vermeidung der angstauslösenden Reize. Vermeidung wird von Verhaltenstherapeuten als eine die Störung aufrechterhaltende Bedingung verstanden, da sie neue Erfahrungen verhindert, und somit die Bewältigung der gefürchteten Reize/Situationen erschwert.

Vorgehensweise

In der Exposition konfrontiert der Patient sich mit den für ihn spezifischen angstauslösenden Reizen. Dies geschieht seitens des Therapeuten keinesfalls „überfallsartig“, sondern nur mit der ausdrücklichen Zustimmung des Patienten.

Gemeinsam mit dem Patienten wird bei der Vorbereitung der Konfrontation im Rahmen der Psychoedukation ein Erklärungsmodell für die jeweiligen Beschwerden erarbeitet. Aus dem Modell wird mittels lernpsychologischer Prinzipien das Konfrontationsrational abgeleitet: Dieses besagt, dass die Angststärke nicht, wie seitens des Patienten erwartet, ins Unendliche steigen kann, sondern durch Habituation mit der Zeit zwangsläufig ein Plateau erreicht und letztlich absinkt, auch wenn man den gefürchteten Reiz nicht vermeidet sondern „in der Situation bleibt“. Somit kann durch die reale Erfahrung der Konfrontation die Angst „verlernt“ werden.

Ausgehend von dem Erklärungsmodell wird die tatsächliche Konfrontation mit den gefürchteten Situationen therapeutisch vorbereitet. Dazu gehört die Klärung und Steigerung der Wichtigkeit eines Erfolgs für den Patienten, die Erhöhung seiner Erwartung, die Exposition bewältigen zu können und schließlich die Auswahl der Situationen und der konkreten Vorgehensweise.

Im Rahmen der Konfrontationstherapie werden insbesondere bei der Erarbeitung des Erklärungsmodells gedankliche Anteile der Angst therapeutisch bearbeitet: Ängstliche Gedanken werden in Form von Erwartungen und Befürchtungen bewusst gemacht, konkretisiert und anhand der Realität überprüft. Das emotionale Erleben des Patienten im Gespräch und in der Exposition erleichtert die Veränderung der zu Grunde liegenden neuronalen Engramme und steigert die Effizienz des Lernprozesses.

Eine im Sinne des „Verlernens der Angst“ erfolgreiche Konfrontation ist also ein komplexer psychologischer Prozess und keinesfalls damit gleichzusetzen, dass der Patient sich „einfach nur seiner Angst stellen muss“.

Die ersten Expositionsübungen finden typischerweise in Begleitung des Therapeuten statt. Mit zunehmender Sicherheit auf Seiten des Patienten führt dieser die Übungen im weiteren selbstständig ohne Begleitung des Therapeuten fort.

Wirkmechanismen

Die Konfrontation soll Erstens eine Überprüfung der (extremen) Befürchtungen des Patienten ermöglichen. Im Gegensatz zur Vermeidung ermöglicht die Herangehensweise der Konfrontation mit der Realität dem Betroffenen, neue Erfahrungen und damit eine Veränderung der Befürchtungen, sowie im Erfolgsfall eine Stärkung seiner Bewältigungsfähigkeiten in der angstbesetzten Situation.

Zweitens dient insbesondere das fortgesetzte eigenständige Üben der Patienten der Gewöhnung an die angstauslösenden Reize und somit der weiteren und dauerhaften Verminderung der Angst.

Beides zusammengenommen beschreibt letztlich eine Lernerfahrung, die vergleichbar auch bei nicht krankheitswertigen Ängsten eine erfolgreiche Bewältigung der zuvor gefürchteten Herausforderung ermöglicht. Man denke hier zum Beispiel an das Schwimmenlernen, an Referate/Vorträge in Schule und Beruf, an Verkaufs- und Kundengespräche usw.

Differenzierung unterschiedlicher Vorgehensweisen

Je nachdem, ob sich der Patient mit seiner Angst in der Realität oder in der Vorstellung konfrontiert, wird zwischen einer Konfrontation in vivo bzw. in sensu unterschieden. Vorstellungsübungen können die Annäherung an die Angst erleichtern, aber auch zur Einübung veränderter Reaktionen genutzt werden.

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit wird zwischen der massierten und der graduierten Konfrontation getroffen. Bei der massierten Konfrontation konfrontiert sich der Patient nach der Vorbereitungsphase sofort mit seinen größten Ängsten, um schnellstmögliche Erfolge zu erzielen. Bei der graduierten Konfrontation wird zuerst eine Angsthierarchie erstellt und in Absprache mit dem Therapeuten zu Beginn der Konfrontationsübungen eine leichtere Problemsituation ausgewählt, bei der größere Erfolgserwartungen bestehen.

Ein Beispiel für eine massierte in vivo-Konfrontation ist das Flooding.

Literatur

  • Neudeck & Wittchen (Hrsg.): Konfrontationstherapie bei psychischen Störungen. Hogrefe 2004.
  • Hoffmann & Hofmann: Expositionen bei Ängsten und Zwängen. Beltz Verlag PVU 2004.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Verhaltenstherapie — Mit Verhaltenstherapie (VT) wird ein ganzes Spektrum von Formen der Psychotherapie bezeichnet. Allen Formen ist gemeinsam, dass die Hilfe zur Selbsthilfe für den Patienten im Mittelpunkt steht, ihm nach Einsicht in Ursachen und… …   Deutsch Wikipedia

  • Adrian Monk — Seriendaten Deutscher Titel: Monk Originaltitel: Monk Produktionsland: USA Produkti …   Deutsch Wikipedia

  • Expositionsübung — Dieser Artikel oder Abschnitt ist nicht hinreichend mit Belegen (Literatur, Webseiten oder Einzelnachweisen) versehen. Die fraglichen Angaben werden daher möglicherweise demnächst gelöscht. Hilf Wikipedia, indem du die Angaben recherchierst und… …   Deutsch Wikipedia

  • Panikstörungen — Klassifikation nach ICD 10 F41.0 Panikstörung (episodisch paroxysmale Angst) …   Deutsch Wikipedia

  • Spinnenangst — Klassifikation nach ICD 10 F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien Tierphobien …   Deutsch Wikipedia

  • Spinnenphobie — Klassifikation nach ICD 10 F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien Tierphobien …   Deutsch Wikipedia

  • Antichrist (Film) — Filmdaten Deutscher Titel Antichrist Produktionsland Dänemark, Deutschland, Frankreich …   Deutsch Wikipedia

  • Agoraphobie — Vergleichende Klassifikation nach ICD 10   DSM IV …   Deutsch Wikipedia

  • Arachnophobie — Klassifikation nach ICD 10 F40.2 Spezifische (isolierte) Phobien Tierphobien …   Deutsch Wikipedia

  • Die Fremde in Dir — Filmdaten Deutscher Titel: Die Fremde in dir Originaltitel: The Brave One Produktionsland: USA Erscheinungsjahr: 2007 Länge: 122 Minuten Originalsprache: Englisch …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”