Konstantius I.

Konstantius I.
Auf der Rückseite dieses in Antiochia unter dem Caesar Constantius Chlorus geprägten Argenteus sind die Tetrarchen dargestellt. Sie bringen ein Opfer für den Sieg über die Sarmaten.

Flavius Valerius Constantius (* um 250; † 306; Beiname Chlorus, der Grüne, Blasse [nicht zeitgenössisch]), kurz Constantius I., war ein Kaiser der römischen Tetrarchie. Zunächst von 293 bis 305 untergeordneter Caesar, war er in den Jahren 305/306 Augustus. Als Kaiser sorgte er für die Niederschlagung des Britannischen Sonderreiches unter Carausius und Allectus. Mit seinem Sohn Konstantin begründete er die konstantinische Dynastie.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Follis des Constantius aus seiner Zeit als Augustus

In Illyrien geboren, machte Constantius im Heer Karriere. Dass er vom Soldatenkaiser Claudius Gothicus (268–270) abstammte, ist eine Legende, die vermutlich erst während der Bürgerkriege nach seinem Tod in die Welt gesetzt wurde, um die Legitimität der konstantinischen Dynastie durch Hinzufügung eines kaiserlichen Vorfahren zu vergrößern[1] – tatsächlich stammte Constantius wohl aus einfachen Verhältnissen. Die erste gesicherte Tatsache im Leben des Constantius ist seine Beziehung zu Helena, mit der er höchstwahrscheinlich nicht verheiratet war. Sie gebar ihm seinen ersten Sohn, Konstantin. Als er jedoch im Jahr 289 die Möglichkeit bekam, die Stieftochter des Kaisers Maximian, Theodora, zu heiraten, verließ er Helena. Er wurde von Maximian adoptiert und im Rahmen der Tetrarchie am 1. März 293 zum Mitkaiser (Caesar) ernannt. Als sein Privatsekretär fungierte zu dieser Zeit der gallische Redner Eumenius.

Zu Constantius’ Machtbereich zählten Hispanien, Gallien und Britannien, wobei Britannien und Teile Nordgalliens zunächst durch die Revolte des Carausius seinem Zugriff entzogen waren. Gleich nach seiner Thronbesteigung gelang ihm die Rückeroberung derjenigen Teile Galliens, die zum Britannischen Sonderreich gehörten. Nach Britannien übersetzen konnte er aber erst 296, nachdem er sich eine Flotte zusammengestellt hatte. In der Zwischenzeit besiegte er die Franken im Mündungsgebiet des Rheins und siedelte sie als Kolonen in Gallien an. 296 schließlich setzte er mit zwei Flotten über den Ärmelkanal, die eine unter seiner eigenen, die andere unter der Führung seines Prätorianerpräfekten Asclepiodotus. Diesem gelang es, mit seiner Flotte durch den dichten Nebel bei der Isle of Wight unbemerkt an der feindlichen Flotte vorbeizugelangen und in Britannien zu landen. Constantius kam allerdings im selben Nebel vom Weg ab und konnte erst an Land gehen, als Asclepiodotus bereits die gegnerische Hauptstreitmacht besiegt und deren Anführer, den Usurpator Allectus, getötet hatte.[2]

Constantius errang noch mehrere Siege gegen die Germanen: Er führte einen weiteren Feldzug gegen die Franken, in dessen Verlauf er tief in ihr Gebiet vordrang und weitere als Kolonen nach Gallien umsiedelte. 298 griffen ihn die Alamannen bei Langres an, wo er verletzt wurde und zunächst hinter die Stadtmauern der nahegelegenen civitas Andemattunum fliehen musste. Einige Stunden später traf jedoch ein großes Entsatzheer ein, und angeblich wurden 60.000 Alamannen niedergemacht. Kurz darauf besiegte Constantius ein weiteres Germanenheer bei Vindonissa. Durch neue Festungsanlagen sicherte er die Rheingrenze von Mainz bis zum Bodensee gegen die Angriffe der Germanen.

Die 303 ausbrechenden Christenverfolgungen trugen im Machtbereich des Constantius offenbar nicht den blutigen Charakter wie im übrigen Reich (möglicherweise entsteht dieser Eindruck aber auch deshalb, weil die christlichen Quellen später kein Interesse daran hatten, den Vater Konstantins des Großen als Christenverfolger zu zählen; davon, dass sich Constantius als Caesar dem Verfolgungsbefehl Diokletians widersetzt hätte, ist kaum auszugehen).

Constantius selbst war wohl eher henotheistisch oder vielleicht sogar monotheistisch eingestellt. So war er angeblich ein eifriger Verehrer des Sonnengottes Sol. Diese Ansicht geht allerdings primär auf die im Panegyricus von 307 dargestellte Version der Vergöttlichung des Constantius durch Sol zurück. Diese Version der Apotheose erlaubt aber keinerlei sicheren Rückschlüsse auf die tatsächliche Verehrung des Sonnengottes Sol durch Constantius, für die es keine weiteren Belege gibt, sondern ist eher als Ausdruck der Religionspolitik Konstantins des Großen zu verstehen, der zumindest bis in die 320er Jahre selbst eine besondere Beziehung zu Sol beanspruchte. Nach Ansicht vieler Forscher scheint Constantius eher ein Hercules-Verehrer gewesen zu sein. Außer mit dem eng mit der tetrarchischen Ideologie verbundenen Hercules wird Constantius zu Lebzeiten noch mit Mars in Verbindung gesetzt. Spätere Legende ist jedoch die Behauptung, dass er schon Christen an seinen Hof berufen habe oder gar selbst dem Christentum angehangen habe.

Constantius I. wurde nach dem Rücktritt Diokletians und Maximians am 1. Mai 305 gemeinsam mit Galerius selbst Oberkaiser (Augustus). Bereits im Jahre 306 (wahrscheinlich Ende Juli) starb Constantius in Eboracum (dem heutigen York) auf einem Feldzug gegen die Pikten und Skoten.[3] Er wurde in einem Mausoleum in Trier bei der heutigen Kirche St. Maximin beigesetzt. Die Truppen riefen seinen Sohn Konstantin zu seinem Nachfolger aus. Das war der Anfang vom Ende für das von Diokletian erdachte Mehrkaisermodell, das keine dynastische Thronfolge vorsah.

Das römische Grenzkastell Constantia am Bodensee, bestehend seit dem Anfang des 4. Jahrhunderts, wurde wahrscheinlich nach Constantius Chlorus benannt und sollte später zur Keimzelle der Stadt Konstanz werden.

Familie

Constantius I. gilt als Begründer der konstantinischen Dynastie (bis 363). Seit etwa 270 lebte er mit der Gastwirtin Helena zusammen, eine Heirat zwischen den beiden ist sehr unwahrscheinlich. Helena gebar Constantius einen Sohn, Konstantin. 289 oder früher heiratete Constantius dann Theodora, die Stieftochter des Tetrarchen Maximian – ein Mittel, um den Zusammenhalt in der Tetrarchie zu sichern (s. o.). Theodora schenkte ihrem Mann insgesamt sechs Kinder: die drei Söhne Julius Constantius, Flavius Dalmatius und Flavius Hannibalianus und die Töchter Constantia, Anastasia und Eutropia. Diese Familiengeschichte hatte eine gewisse Spaltung zwischen dem Familienzweig Helenas bzw. Konstantins und dem der Kinder Theodoras zur Folge. Noch Julian, der Sohn des Julius Constantius, warf Constantius II., dem Sohn Konstantins, nicht ganz zu Unrecht vor, er entstamme einer illegitimen Verbindung, denn sein Vater sei unehelich geboren gewesen und hätte gar nicht Kaiser werden dürfen.

Literatur

  • Arnold Hugh Martin Jones, John Robert Martindale, John Morris: Fl. Val. Constantius 12. In: The Prosopography of the Later Roman Empire (PLRE). Band 1, Cambridge University Press, Cambridge 1971, ISBN 0-521-07233-6, S. 227–228.
  • Dietmar Kienast: Römische Kaisertabelle. Grundzüge einer römischen Kaiserchronologie. 2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1996, ISBN 3-534-07532-3, S. 280–282.
  • Ingemar König: Die Berufung des Constantius Chlorus und des Galerius zu Caesaren. In: Chiron. Band 4, 1976, S. 567–576. 
  • Klaus Rosen: Zum Sonnenkult in der constantinischen Dynastie. In: Ad fontes! Festschrift für Gerhard Dobesch zum 65. Geburtstag am 15. September 2004, dargebracht von Kollegen, Schülern und Freunden. Hrsg. von Herbert Heftner und Kurt Tomaschitz. Phoibos, Wien 2004, S. 809–810.
  • Otto SeeckConstantius 1). In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band IV,1, Stuttgart 1900, Sp. 1040–1043.
  • Mark D. Smith: The religion of Constantius I. In: Greek, Roman and Byzantine Studies 38, 1997, S. 187–208.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Auf diese Fälschung hat zuerst Hermann Dessau, Über Zeit und Persönlichkeit der Scriptores Historiae Augustae, in: Hermes 24 (1889), S. 337–392, hier S. 342f. hingewiesen. Adolf Lippold, Constantius Caesar, Sieger über die Germanen – Nachfahre des Claudius Gothicus? Der Panegyricus von 297 und die Vita Claudii der HA, in: Chiron 11, 1981, S. 347–369, versucht, die Erfindung der Sage noch in die Regierungszeit des Constantius zu rücken.
  2. Vgl. Anthony R. Birley, The Roman Government of Britain, Oxford 2005, insbesondere S. 385ff., mit Quellenausschnitten und weiterer Literatur.
  3. Birley, The Roman Government, S. 406.

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