Konsumgenossenschaft Sachsen Nord

Konsumgenossenschaft Sachsen Nord
Konsumgenossenschaft Sachsen Nord eG
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Rechtsform Genossenschaft
Gründung 1850 als Lebensmittel-Association
1991 Neugründung
Sitz Eilenburg, Deutschland
Leitung Gabriele Grismajer
André Grohmann
Mitarbeiter 230 (2008)
Umsatz 30,4 Mio. EUR (2008)
Branche Immobilienwirtschaft
ehemals Einzelhandel
Website www.konsum-sachsen-nord.de

Die Konsumgenossenschaft Sachsen Nord e.G. ist ein deutscher Immobilienverwalter mit Sitz im sächsischen Eilenburg. Sie ist die Nachfolgerin der ersten Konsumgenossenschaft Deutschlands und war bis zum Verkauf von zuletzt 27 Einkaufsmärkten zum 1. November 2010 infolge einer Insolvenz ein in der Region bedeutender Lebensmitteleinzelhändler.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Aufgrund der Teuerungsunruhen 1848 und der daraus resultierenden sozialen Spannungen, die in einer von Industrie geprägten Stadt wie Eilenburg besonders ausgeprägt waren, gründete Friedrich Carl August Fritzsche eine Handelsorganisation auf Genossenschaftsbasis; damit gilt Fritzsche als einer der Begründer des deutschen Genossenschaftswesens. Mithilfe vieler lokaler Unternehmer baute er 1850 die „Eilenburger Lebensmittelassociation“ auf. Diese befand sich in der heutigen August-Fritzsche-Straße. Den Vorsitz hatte der Gastwirt August Brade inne. Sie war die erste Genossenschaft ihrer Art in Deutschland. Die Genossenschaft stieß jedoch auf Missbilligung sowohl bei lokalen Geschäftsleuten, denen Einnahmen wegbrachen, als auch bei der Regierung in Merseburg, die politisch extreme Gefahren sah. Diese erklärte in einem Erlass vom 3. August 1850:

Namentlich erregt die dortige Arbeiterverbrüderung [...] deshalb Bedenken, weil solche mit dem communistischen Central-Comité der deutschen Arbeiter zu Leipzig, [...], in der genauesten Verbindung steht. [...] Mit Rücksicht auf die von den Königlichen Ministerien neuerdings anbefohlenen strengen Maßregeln gegen die gedachten Arbeitervereine veranlassen wir daher den Magistrat, ungesäumt festzustellen, wie der gedachte Verein zu Eilenburg organisiert ist, wer seine Vorsteher und Mitglieder sind, wo er sich versammelt, über welche Mittel der gebietet, welche Verbindungen er unterhält und in wie weit derselbe bzw. der Magistrat den Vorschriften des Vereinsgesetzes vom 11. März cr. nachgekommen ist.

Zwar konnte die Organisation nicht verboten werden, jedoch stand sie fortan unter polizeilicher Überwachung. Mitglieder und der Vorstand der Association wurden wiederholt verhört. So ließen sich die selbst gesetzten Ziele der Einrichtungen nach Ansicht der Mitglieder nicht mehr erreichen. Auf der Mitgliederversammlung vom 25. August 1851 beschlossen die Mitglieder die Selbstauflösung. Die formelle Auflösung erfolgte kurz darauf.[1]

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1991 bis 2006

Zur Zeit der DDR wurde das Genossenschaftsprinzip im Lebensmittelhandel übernommen. (Siehe Konsum (Handelskette)) In den 1950er und 1960er wurde ein dichtes Netz von Lebensmittelmärkten und Gaststätten aufgebaut, welches bis 1990 bestand. Nach der politischen Wende 1990 gründeten sich in den neuen Bundesländern in einigen Regionen die Konsumgenossenschaften neu. So auch in Eilenburg. Das Betätigungsfeld der 1991 neu gegründeten Konsumgenossenschaft Sachsen Nord eG mit Sitz in Eilenburg umfasste nunmehr die Landkreise Eilenburg, Torgau und Wurzen. Von da an war der Lebensmitteleinzelhandel wieder das einzige Betätigungsfeld der Genossenschaft. Zahlreiche Filialen - vor allem in den Ortsteilen der Städte und der ländlichen Gemeinden - waren dennoch nicht rentabel und wurden aufgegeben.

Mit dem „Dorfkonsum“, wie er für die Orte der Region jahrzehntelang typisch war, verschwand 2010 in vielen Dörfern, - wie hier in Sitzenroda (September 2010) - die einzige Verkaufstelle.

Im Jahr 2000 wurde die 150-Jahrfeier der Gründung der ersten deutschen Konsumgenossenschaft in Eilenburg gefeiert. Zehn Jahre später wurde im Stadtmuseum Eilenburg eine Sonderausstellung zum 160. Gründungsjubiläum eröffnet.

Am 23. April 2010 meldete die Konsumgenossenschaft Sachsen Nord Insolvenz an. Eine stark unrentable Filiale in einem Dessauer Einkaufszentrum wurde unverzüglich geschlossen. Im Laufe des Insolvenzverfahrens wurde zur weiteren Sanierung des Unternehmens das Filialnetz durch Verkauf oder Schließung weiter ausgedünnt. Von den zu Beginn des Insolvenzverfahrens noch vorhandenen 40 Filialen wurden zwei an andere Händler übergeben und elf geschlossen, so dass zuletzt noch 27 vollwertige Filialen existierten. Es wurden 77 Kündigungen ausgesprochen und gemeinsam mit dem Betriebsrat ein Sozialplan erarbeitet. Gegen die Schließung von Filialen regte sich mitunter Widerstand in den betroffenen Orten.[2][3][4][5][6]

Im Oktober 2010 stimmte die Gläubigerversammlung dem Verkauf der verbliebenen 27 Verkaufsstellen an die eigens für die Übernahme gegründete Markant nah & frisch GmbH aus Zittau zu. Dabei wurden 190 ehemalige Konsum-Mitarbeiter übernommen, zehn Verwaltungsmitarbeitern von Konsum wurde gekündigt. Der neue Betreiber der Märkte hat sich in der Verwaltung der Genossenschaft eingemietet. Die Konsumgenossenschaft beschränkt ihre Tätigkeiten nunmehr auf die Verwaltung der eigenen Immobilien. Der Name Konsum sowie die 160jährige Tradition des genossenschaftlichen Einzelhandels in der Region sind damit Geschichte.[7][8]

Filialnetz

Die Filiale in der Breite Straße/Konsumgasse in Eilenburg wurde im Zuge des Insolvenzverfahrens im Oktober 2010 geschlossen.

Die Konsumgenossenschaft Sachsen Nord eG unterhielt zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens 41 Filialen in Eilenburg, Torgau und Wurzen und der Region sowie im Leipziger und Altenburger Land und in Dessau. In der Folge des Insolvenzverfahrens wurden die Filiale in Dessau sowie jene in Großtreben, Sitzenroda, Welsau, Trossin, Döbrichau, Langenreichenbach, Wurzen (Albert-Kuntz-Straße), Trebsen, Söllichau und Burkartshain geschlossen. Dabei handelte es sich oft um die einzige derartige Verkaufsstelle in dem jeweiligen Ort. Die zentrumsnahe Filiale in Eilenburg (Breite Straße) wurde nach einer kurzen Auslaufzeit als Restpostenmarkt ebenfalls geschlossen. Die Märkte in Treben und Dobitschen wurden an andere Betreiber abgegeben. Am 1. November 2010 wurden die verblieben 27  Filialen an Markant nah & frisch GmbH verkauft, so dass die Konsumgenossenschaft selbst keine Märkte mehr betreibt. Die Standorte der nunmehrigen Markant-Filialen befinden sich trotz mehrfacher Netzausdünnungen nach wie vor hauptsächlich im ländlichen Raum; in den drei städtischen Zentren befinden sich nur vier der Filialen. Somit übernimmt Markant noch immer - basierend auf dem genossenschaftlichen Einzelhandel zu DDR-Zeiten - die Flächenversorgung im Einzelhandel.

Im Eilenburger Stadtzentrum wurde im Jahre 2000 eine Straße nach der Konsumgenossenschaft als „Konsumgasse“ benannt. Dort befand sich bis Oktober 2010 eine Konsum-Filiale. Zuletzt hatte die Genossenschaft 16.000 Mitglieder, die Auszahlung der Genossenschaftsanteile, die die Mitglieder halten, erscheint indes unwahrscheinlich..

Literatur

  • Die Pioniere von Eilenburg; Heinrich Lersch - Berlin 1934 und 1936
  • Entstehungsgeschichte des deutschen Genossenschaftswesens; Dr. Otto Ruhmer - Hamburg 1937

Weblinks

Homepage der Konsumgenossenschaft

Einzelnachweise

  1. Dr. Otto Ruhmer: Entstehungsgeschichte des deutschen Genossenschaftswesens S. 87ff.
  2. Konsum Sachsen Nord eG beantragt Insolvenz am 27. April 2010 in der Torgauer Zeitung (abgerufen am 4. September 2010)
  3. dpa-Meldung: Insolvenzverfahren gegen Konsum Nordsachsen eröffnet am 16. Juli 2010 auf LVZ-Online (abgerufen am 4. September 2010)
  4. Uwe Gutzeit: Kein Konsum-Ausverkauf am 28. April 2010 in der Torgauer Zeitung (abgerufen am 4. September 2010)
  5. Kai Kollenberg: Konsum schließt Filialen - Eilenburg betroffen am 16. Juli 2010 auf LVZ-Online (abgerufen am 4. September 2010)
  6. Nico Wendt: Ein Dorf will seinem Konsum helfen am 22. Juli 2010 in der Torgauer Zeitung (abgerufen am 4. September)
  7. Allgemeine Informationen zum Insolvenzverfahren, 12. Oktober 2010 (abgerufen am 8. November 2010)
  8. Christian Wendt: 26 Konsum-Märkte sind gerettet, 15. Oktober 2010 in Torgauer Zeitung (abgerufen am 8. November 2010)

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