Koreanische Wiedervereinigung

Koreanische Wiedervereinigung
Wiedervereinigung
koreanisches Alphabet: 통일
chinesische Schriftzeichen: 統一
Revidierte Romanisierung: tong-il
McCune-Reischauer: t'ong-il
Flaggenentwurf für ein vereintes Nord- und Südkorea
Die geteilte Koreanische Halbinsel

Mit dem Schlagwort Koreanische Wiedervereinigung werden Hypothesen und Theorien benannt, die sich mit verschiedenen Möglichkeiten einer Vereinigung der beiden Staaten der Koreanischen Halbinsel befassen. Voraussetzung wäre eine auch formale Beendigung des Koreakrieges mit einem Friedensvertrag zwischen dem diktatorischen Nordkorea im Norden und dem demokratischen Südkorea im Süden der Halbinsel.

Dass den Nord- und Südkoreanern die Wiedervereinigung ihres Landes ein Anliegen ist, zeigt allein die Tatsache, dass sich auf dem Gipfel des Seoraksan Menschen treffen, um laut das Wort „Tong-il“ (kor. „Wiedervereinigung“) über die Grenze zu rufen. Ähnlich wie im Deutschland der 1980er Jahre sind Familienzusammenführungen in begrenztem Maße möglich, auch eine grenzüberschreitende Straße und Eisenbahnlinie wurden eingerichtet. Die Beschallung der Soldaten mit Propaganda entlang der streng befestigten Grenze wurde eingestellt. Allerdings befinden sich beide Seiten nominell immer noch im Kriegszustand, seit Ende des Koreakrieges 1953 wurden lediglich ein Waffenstillstand und ein Nichtangriffspakt abgeschlossen; Raketentests und die Entwicklung von Atomwaffen durch die nordkoreanische Seite belasten das gespannte Verhältnis.

Am 4. Oktober 2007 wurde jedoch bei einem historischen Gipfeltreffen zwischen beiden Staaten eine Friedenserklärung unterschrieben. Beide Staatschefs riefen in der Erklärung zu Frieden, Wohlstand und engerer Wirtschaftszusammenarbeit auf der Koreanischen Halbinsel auf. Dies ist die bislang deutlichste Bewegung zu einem Friedensvertrag.[1]

Inhaltsverzeichnis

Konzepte

Beide Seiten haben unterschiedliche Konzepte, wie eine Wiedervereinigung aussehen soll. Es gibt die südkoreanische National Community Unification Formula (NCUF) und die Demokratische Föderative Republik Koryo, die hauptsächlich auf eine Konföderation abzielen. Die nordkoreanische Seite hingegen stellt sich ein Föderativsystem vor.

Das erste Wiedervereinigungskonzept kam von Kim Il-Sung, der schon 1960 – also sieben Jahre nach dem Koreakrieg – die Schaffung einer Demokratischen Föderativen Republik Koryo vorschlug. Koryo ist insofern ein neutraler Name, als das Land in Nordkorea Chosŏn und in Südkorea Hanguk genannt wird. Dies wird in der Übersetzung der Landesnamen in Fremdsprachen nicht in jeder Sprache deutlich.

Was den wirtschaftlichen Aspekt der Wiedervereinigung anbelangt, gibt es in Südkorea Bedenken. In jedem Falle wird man mit Engelhard sagen müssen:

„Je länger sich die Wiedervereinigung verzögert, desto größer dürften die wirtschaftlichen Belastungen für Südkorea werden.“[2]

Eine sehr optimistische Prognose hat Goldman Sachs geboten.[3] An der 24-Seiten-Studie von Goohoon Kwon hat auch Jim O'Neil mitgearbeitet. Er hatte seinerzeit Brasilien, Russland, Indien und China als aufstrebende Wirtschaftsmächte identifiziert. Wie für diese Staaten, so sprächen für Nordkorea gut ausgebildete Arbeitskräfte, ein mit Uran, Kohle und Eisenerz reiches Rohstoffvorkommen und eine günstige demografische Entwicklung. Um dieses Potential nutzen zu können, meint Kwon, bedürfte es des Abschieds von der Diktatur sowie der Wiedervereinigung mit Südkorea. In der ersten Phase der Integration könnte die nordkoreanische Konjunktur von 2013 bis 2027 um jährlich bemerkenswerte sieben Prozent anziehen. Mitte des Jahrhunderts könne ein vereinigtes Korea dann sogar ein höheres Bruttosozialprodukt aufweisen als Frankreich, Deutschland und Japan.[4]

Dazu bemerkt Oliver Kloss:

„Gesetzt, diese Prognose sei zu optimistisch, so sollte zumindest bedacht werden: Sobald sich die Menschen Nordkoreas von der Diktatur befreien, muss ihnen ein Weg in die Wiedervereinigung geboten werden. Andernfalls entsteht aus schierer Angst eine Fluchtbewegung nach Südkorea, wie es sie auch vom Osten in den Westen Deutschlands anfangs gegeben hat. Der nordkoreanischen Bevölkerung muss dann durch Südkorea die Sicherheit geboten werden, dass die kommunistischen Eliten nicht wieder an die Macht gelangen können. Nur dies verhindert die Massenflucht, denn eine Barriere durch die Sprache besteht nicht.“[5]

Literatur

  • Kyu-Young Lee: Die Sonnenscheinpolitik und die koreanische Wiedervereinigung. In: Heiner Timmermann (Hrsg.): Die DDR in Europa. Zwischen Isolation und Öffnung. Lit Verlag, Münster 2005, ISBN 3-8258-8884-3, S. 208–226. (u. a. vollständiger Beitrag von Lee als Digitalisat bei Google Buchsuche frei verfügbar >>S. 208ff.)
  • Robert A. Scalapino: China and the Korean unification. A neighbor’s concerns. In: Nicholas Eberstadt, Richard J. Ellings (Hrsg.): Korea’s future and the great powers. The National Bureau of Asian Research, University of Washington Press, Seattle/Washington 2001, ISBN 0-295-98129-6, S. 107–124. (englisch)
  • Hyun-Ki Shin: Korea auf dem Weg zur friedlichen Wiedervereinigung und die vier Großmächte. Eine Analyse der Möglichkeiten zur Vereinigung im Spannungsfeld von Konfrontationspolitik und Dialogbereitschaft. Herbert Utz Verlag, München 1999, ISBN 3-89675-471-8. (zugl. Dissertation; LMU München 1999)

Weblinks

 Commons: Koreanische Wiedervereinigung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Christoph Neidhart: Ein neues Kapitel für Korea, Kommentar in der Süddeutschen Zeitung vom 4. Oktober 2007
  2. Karl Engelhard: Südkorea. Vom Entwicklungsland zum Industriestaat, (Schriften der Arbeitsstelle Eine-Welt-Initiative, Bd. 7) Münster, Waxmann Verlag, 2004, S. 382. ISBN 3-8309-1404-0.
  3. Goohoon Kwon: A United Korea? Reassessing North Korea Risks (Part I), Goldman Sachs Global Economics Paper No: 188, September 21 (2009), Commodities and Strategy Research.
  4. Vgl. Evan Ramstad: „Study sees gains in Korean unification. A combined North and South would create an economic powerhouse by midcentury, Goldman Sachs report says“, in: The Wall Street Journal, September 22, 2009, p. 12.
  5. Oliver Kloss: Die Behandlung der ostdeutschen Machteliten im Zuge der deutschen Wiedervereinigung. Referat zur Internationalen Konferenz der Koreanisch-Deutschen Gesellschaft für Soziologie und des Koreanischen Institutes für Nationale Vereinigung anlässlich des 20. Jahrestages des Berliner Mauerfalls. Dongguk Universität in Seoul 2009, S. 27.

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