Kortisol

Kortisol
Strukturformel
Allgemeines
Freiname Hydrocortison
Andere Namen
  • Cortisol
  • 11β-Hydroxycortison
  • 11β,17,21-Trihydroxypregn-4-en-3,20-dion
Summenformel C21H30O5
CAS-Nummer 50-23-7
PubChem 5754
ATC-Code
DrugBank APRD01019
Kurzbeschreibung bitter schmeckende, farblose Plättchen [1]
Eigenschaften
Molare Masse 362,47 g·mol−1
Schmelzpunkt

212–213 °C [1]

Löslichkeit

in Wasser etwas, in Dioxan leicht löslich [1]

Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung [2]

Xn
Gesundheits-
schädlich
R- und S-Sätze R: 63
S: 36/37
Bitte beachten Sie die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln
LD50

150 mg/kg (Maus, i.p.) [3]

WGK 3 (stark wassergefährdend) [2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Cortisol, auch Hydrocortison (nicht zu verwechseln mit Cortison, der inaktivierten Form des Cortisol), ist ein Steroidhormon, das in der Zona fasciculata der Nebennierenrinde gebildet wird und zur Gruppe der Glucocorticoide gehört. Die Cortisolausschüttung wird durch Adrenocorticotropin (adrenocorticotropes Hormon, ACTH) aus dem Hypophysenvorderlappen stimuliert. Eine Überfunktion führt zum klinischen Bild des Morbus Cushing, eine Unterfunktion (Hypocortisolismus) zum Morbus Addison. Kommt es zu einer angeborenen Störung der Enzyme, die zur Bildung von Cortisol aus Progesteron benötigt werden, beobachtet man ein adrenogenitales Syndrom.

Inhaltsverzeichnis

Biosynthese

Cortisol ist ein Steroidhormon der Nebennierenrinde. Es entsteht aus Cholesterin und ist daher abgeleitet von dem Isopentenylpyrophosphat (IPP). Dabei findet zunächst in den Mitochondrien der Nebennierenrinde die Synthese von Pregnenolon statt, einer gemeinsamen Vorstufe von Steroidhormonen (z. B. Cortisol), Mineralocorticoiden (z. B. Aldosteron), Androgenen (z. B. Testosteron) und Estrogenen (z. B. Estradiol). Das Enzym, welches die Bildung von Pregnenolon über die Zwischenverbindung 20α,20β-Dihydroxycholesterin katalysiert, heißt Cholesterindesmolase und ist eine Monooxygenase, die NADPH als Cofaktor benötigt. Bei dieser Sechs-Elektronen-Oxidation werden drei NADPH- und drei Sauerstoffmoleküle verbraucht. Sie benötigt als Coenzym das Häm-haltige Cytochrom P450. Der geschwindigkeitsbestimmende Schritt der Cortisolbiosynthese ist jedoch nicht die Cholesterindesmolase sondern eine Cholesterin-Translokase, die sich an der äußeren Mitochondrienmembran befindet und das an der inneren Mitochondrienmembran benötigte Cholesterin transportiert. Dieses als „StaR-Protein“ (steroidogenic acute regulatory-protein) bekannte Protein wird bei Anwesenheit von cAMP (zyklisches Adenosinmonophosphat) vermehrt exprimiert und ist daher der regulatorische Schritt an dem das ACTH unter anderem die Cortisolsynthese beeinflusst.

Die Synthese von Pregnenolon ausgehend von Cholesterin. Zur besseren Übersicht ist nur ein Ring (D) der jeweiligen Steroide abgebildet.

Pregnenolon verlässt das Mitochondrium und wird durch eine 3β-Hydroxysteroid-Dehydrogenase und eine Isomerase in Progesteron umgewandelt. Im endoplasmatischen Reticulum wird dieses Progesteron durch das Enzym 17-Steroidhydroxylase in 17α-Hydroxyprogesteron umgewandelt. Durch eine weitere Hydroxylierung unter Katalyse der 21-Hydroxylase entsteht 11-Desoxycortisol, welches dann wieder im Mitochondrium durch die 11-Hydroxylase in das Cortisol umgewandelt wird. Bei allen beschriebenen Enzymen handelt es sich um spezifische eisenhaltige Cytochrom P450-Enzyme. Bei einem Defekt von Enzymen der Cortisolbiosynthese (meist 21-Hydroxylase) wird die Sekretion von ACTH nicht über eine negative Rückkopplung durch Cortisol gehemmt und es sammeln sich die Vorstufen des 11-Desoxycortisols an. Diese können nun vermehrt zur Synthese von Androgenen genutzt werden und es tritt als Krankheitsbild ein adrenogenitales Syndrom auf.

Physiologische Wirkung

Cortisol besitzt ein sehr breites Wirkungsspektrum und hat im Stoffwechsel vor allem Effekte auf den Kohlenhydrathaushalt (Förderung der Glukoneogenese in der Leber), den Fettstoffwechsel (Förderung der lipolytischen Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin) und den Proteinumsatz (katabol). Cortisol hat eine Aldosteron-ähnliche Wirkung und wird deshalb in Niere, Darm und einigen weiteren Geweben zu Cortison oxidiert, welches nicht an den Mineralcorticoid-Rezeptor bindet und daher keinen antidiuretischen Effekt besitzt, d. h. es behindert nicht die Ausscheidung giftiger Stoffe über den Harn. Bei einem Mangel an funktionstüchtigem Nebennierenrindengewebe muss Cortisol substituiert werden.

Cortisol ist für den Menschen und höhere Tiere lebensnotwendig. Es ist neben den Katecholaminen ein wichtiges Stresshormon. Das Cortisolsystem reagiert aber träger als das Katecholaminsystem, da es anders als Katecholamine und Glucagon nicht über G-Protein gekoppelte Rezeptoren, sondern über eine Regulation der Genexpression wirkt. Hierbei bindet Cortisol an den nukleären Glucocorticoidrezeptor. Dieser wird dadurch in seiner Eigenschaft als Transkriptionsfaktor aktiviert und führt zur Expression von verschiedenen Zielgenen, z. B. von Enzymen der Gluconeogenese oder auch von β2-Adrenozeptoren. So erklären sich die Wirkungen von Cortisol auf den Stoffwechsel. Daneben kann der Cortisol-gebundene Glucocorticoidrezeptor auch direkte Wechselwirkungen mit anderen Transkriptionsfaktoren (z. B. NF-κB) eingehen, dieser Mechanismus spielt für die Wirkung auf das Immunsystem eine Rolle (s.u.).

Die höheren Instanzen der Cortisolsausschüttung sind der Hypothalamus über die Hypophyse. Der Hypothalamus setzt hierbei das CRH (Corticotropin-releasing Hormone) frei, welches in der Adenohypophyse (Hypophysenvorderlappen) zur Freisetzung des ACTHs (Adrenocorticotropes Hormon) führt. Bemerkenswert bei diesen Hormonen ist eine pulsatile Freisetzung, das heißt sie werden in regelmäßigen Schüben (7–10/Tag) ausgeschüttet. Die Cortisolwerte im Blutserum liegen normal am Morgen bei 165–690 nmol/l (Cortisol total) bzw. bei 5–23 nmol/l (freies Cortisol) und weisen eine typische Schwankung im Tagesverlauf auf (Circadiane Rhythmik). Der höchste Wert wird morgens kurz nach dem Aufwachen erreicht (Cortisol Awakening Response, CAR). Wegen der starken circadianen Schwankung ist die einmalige Messung von Cortisol nicht sinnvoll. Für die Überprüfung der Nebennierenrindenfunktion ist daher die Bestimmung eines Cortisoltagesprofils notwendig.

Pharmakologische Anwendung

Cortisol wirkt in höheren Dosen entzündungshemmend und immunsuppressiv. Hydrocortison, wie die synthetische Form von Cortisol in der Pharmakologie genannt wird, wird zur Immunsuppression oral eingenommen oder intravenös injiziert. Hierbei muss aber beachtet werden, dass die intravenös applizierten Dosen die oral verabreichte Dosis deutlich übersteigen, da Cortisol in der Leber metabolisiert wird (Glukoronidierung und anschließend Ausscheidung über die Niere) (First-Pass-Effekt).

Zur entzündungshemmenden Wirkung (etwa bei Ekzemen) wird Hydrocortison als Salbe auf die betroffenen Hautpartien aufgetragen. Bei Gelenkentzündungen (beispielsweise durch Gicht) kann der Wirkstoff auch in das entzündete Gelenk injiziert werden.

Handelsnamen

  • Fenistil® Hydrocort Creme und Spray
  • Ebenol®
  • Soventol® HydroCort
  • Linola® Akut 0,5 %
  • Munitren® 0,5 % Creme
  • Systral® Hydrocort 0,5 % Creme
  • Hydrocortone® Hydrocortone Tabletten zu 10 mg
  • Alfason® Creme

Einzelnachweise

  1. a b c Thieme Chemistry (Hrsg.): Römpp Online. Version 3.1. Georg Thieme Verlag, Stuttgart 2007.
  2. a b Datenblatt für Hydrocortisone purum, ≥97.0% (HPLC) – Sigma-Aldrich 11. Juli 2008
  3. Cortisol bei ChemIDplus
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