Kočevje

Kočevje
Kočevje
Wappen von Kočevje Karte von Slowenien, Position von Kočevje hervorgehoben
Basisdaten
Staat: Slowenien
Historische Region: Unterkrain (Dolenjska)
Statistische Region: Jugovzhodna Slovenija (Südostslowenien)
Koordinaten: 45° 38′ N, 14° 52′ O45.63972222222214.861388888889Koordinaten: 45° 38′ 23″ N, 14° 51′ 41″ O
Fläche: 564 km²
Einwohner: 16.999 (2008)
Bevölkerungsdichte: 30 Einwohner je km²
Kfz-Kennzeichen: KO
Struktur und Verwaltung
Webpräsenz:
Sonstiges
Schutzpatron: Sankt Bartholomäus

Kočevje (deutsch Gottschee, gottscheerisch Göttscheab oder Gətscheab, italienisch Cocevie) ist der Name einer Stadt sowie der dazu gehörenden Gemeinde (občina) im zentralen bzw. südlichen Slowenien. Die in einer sehr stark bewaldeten Gegend gelegene Gemeinde hat 16.999 Einwohner (2008) und eine Fläche von 564 km². Der gleichnamige Hauptort liegt am Fluss Rinse (Rinža) inmitten eines Karstfeldes (Kočevsko polje) und hat 8.868 Einwohner (2002). Die Gegend ist unter anderem ein Refugium für Braunbären. Das Gottscheer Land war eine bis zum Jahr 1941 bestehende deutsche Sprachinsel innerhalb des geschlossenen slowenischen Sprachgebiets.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Gottschee entstand in den ersten drei Jahrzehnten des 14. Jahrhunderts, als das Haus Ortenburg (eine Grafschaft in Oberkärnten) in diesem Gebiet deutsche Kolonisten ansiedelte, welche vor allem aus Tirol und Kärnten stammten. Diese rodeten zur damaligen Zeit den Urwald im Gebiet des Hornwalds (Kočevski Rog). 1377 wurde der Ort noch als Dorf mit Marktrechten erwähnt. Im 15. und 16. Jahrhundert mehrten sich Überfälle und Plünderungen durch die Türken. Nach Brandschatzung durch die Türken im Jahre 1461 wurde Gottschee wieder aufgebaut und erhielt 1471 Stadtrechte. Zum Schutz der Stadt wurde in dieser Zeit eine Stadtmauer errichtet, die allerdings im 18. Jahrhundert wieder abgebrochen wurde, damit die Stadt sich ausbreiten konnte.

Auf Grund der schweren Verwüstungen durch die Türken gewährte 1492 Kaiser Friedrich III. von Habsburg den Gewohnern Gottschees wie auch den Reifnitzern das Hausiererpatent zum Handel mit häuslichen Erzeugnissen, Vieh und Feldfrüchten. 1515 erschlugen Gottscheer Bauern den Baron Thurn und seinen Pfleger Stersen, so dass Gottschee Brennpunkt des Windischen Bauernkriegs wurde, der nur mit Mühe niedergeschlagen wurde. Ein späterer Versuch der Gottscheer Bauern, die Besitzungen durch Kauf zu übernehmen, scheiterte.

1618 erwarb Baron Johann Jakob Khisl Gottschee, das vier Jahre später Grafensitz wurde. 1641 übernahmen die Auersperger die Grafschaft und errichteten in der Folge in der Stadt ein mächtiges Schloss. 1791 erhielten die Auersperger den Titel Herzog von Gottschee.

1872 wurde in der Stadt das deutschsprachige Gymnasium Gottschee eröffnet.

Im Jahre 1893 wurde Gottschee an das Schienennetz angeschlossen. Dies machte es möglich, die im Gebiet vorkommende Braunkohle abzubauen. Im nahe gelegenen Hornwald wurde ein Sägewerk errichtet, das über eine normalspurige Kleinbahn (Hornwaldbahn) Bahnanschluss nach Straža auf der Gottschee gegenüberliegenden Seite des Höhenzugs erhielt. Im Braunkohletagebau und im Hornwalder Sägewerk arbeiteten zahlreiche Zuwanderer slowenischer Muttersprache.

Königreich Jugoslawien

Mit der Gründung des Königreichs der Serben, Kroaten und Slowenen, später Königreich Jugoslawien, wurde der slowenische Name Kočevje einziger offizieller Name der Stadt. Die Unterrichtssprache am Gymnasium Gottschee wurde Slowenisch. Deutschsprachige Lehrer und Beamte wurden entlassen und verließen in großer Zahl die Stadt. Bereits die erste Volkszählung 1921 ergab für die Stadt Gottschee, deren Bewohner 1910 noch zu drei Vierteln Deutsch als Muttersprache angegeben hatten, eine slowenischsprachige Mehrheit. In den meisten ländlichen Regionen der Sprachinsel dominierte jedoch noch die Gottscheer Mundart.

In Folge der Wirtschaftskrise wurde in den 1930er Jahren das Hornwalder Sägewerk geschlossen und die Kleinbahn abgerissen, so dass viele Menschen ihre Arbeit verloren. Vor dem Hintergrund einer gezielten Bevorzugung von Slowenen gegenüber ethnischen Deutschen durch die Behörden verschärften sich die Gegensätze zwischen den beiden Sprachgruppen. Nationalsozialistische Propaganda fand bei den Gottscheern zunehmend Anklang.

Zweiter Weltkrieg

Die Geschichte der Gottscheer ist ein Beispiel für den Missbrauch von nationalen Minderheiten. Die während des Zweiten Weltkrieges noch größtenteils deutschen bzw. deutschstämmigen Einwohner (Gottscheer) wurden - ähnlich wie die Südtiroler - zum politischen Verhandlungsgegenstand zwischen Hitler und Mussolini. Der Grund war, dass das besetzte Königreich Jugoslawien (und damit auch Slowenien) im Zweiten Weltkrieg zwischen den Siegern aufgeteilt wurde.

Von der Umsiedlung betroffene deutschstämmige Familie in einer Ausweisstelle in Gottschee, 1941

Als Ergebnis der Verhandlungen verzichtete Hitler auf Unterkrain. Damit kam die Gottschee unter italienische Verwaltung, ähnlich wie auch das Küstenland Sloweniens und Laibach. Als Ergebnis wurde der größte Teil der Gottscheer Bewohner zwischen November 1941 und Januar 1942 tiefer in das "Reich" umgesiedelt. Das neue Siedlungsgebiet sollte in der annektierten Untersteiermark bzw. in Deutschland liegen. Die Gottscheer bekamen in der Steiermark Höfe von selbst wiederum vertriebenen Slowenen. Von den ca. 4%, etwa 600 zurückgebliebenen Deutschen schlossen sich viele den Partisanen an. Hiervon berichtet der slowenische Historiker Zdravko Troha, doch wird dies beispielsweise auch in der slowenischen politischen Wochenzeitschrift Mladina beschrieben[1] [2].

Die meisten der ehemals deutschen Siedlungen wurden schon durch die italienischen Besatzer absichtlich zerstört und die Natur nahm sich das Land zurück. Das Gebiet blieb menschenleer.[3]

Bedingt durch die Möglichkeiten, sich in den dichten Wäldern von Kočevje zu verbergen und weite Strecken zurückzulegen, unterhielten die Partisanen dort ein Partisanenbasislager (Baza 20) und ein Lazarett[4]. Nach der Kapitulation Italiens im September 1943 war Kočevje ein Teil des von Partisanen befreiten Gebietes. Vom 1. Oktober bis zum 3. Oktober 1943 fand hier die „Vollversammlung von Kočevje“ (Zbor odposlancev slovenskega naroda) statt, in der 650 Delegierte den Anschluss von Primorska (Küstenland) an Slowenien beschlossen und eine Delegation zum „Antifaschistischen Rat der Nationalen Befreiung Jugoslawiens“ (AVNOJ) entsandten, der am 29. November 1943 in Jajce stattfand.

Ende Oktober 1943 griffen die Wehrmacht und die slowenische Landwehr (Domobranci) die Stadt Gottschee von der Kulpa aus an und eroberten sie am 23. Oktober. Am 9. Dezember 1943 begann ein Großangriff der Partisanen, welche die deutschen Truppen am 12. Dezember in das Schloss der Auersperger zurückwarfen. Eine Entsatzgruppe der Wehrmacht aus Laibach zwang schließlich die Partisanen noch am selben Tag zum Rückzug, wobei ein Großteil der Altstadt einschließlich des Schlosses der Auersperger zerstört wurde. 32 Domobranzen und neun deutsche Soldaten fielen bei diesen Kämpfen. Zu weiteren Zerstörungen in der Stadt kam es durch weitere Angriffe der Partisanen und alliierte Luftangriffe, die bis 1945 anhielten. Die Wehrmacht hielt die Stadt Gottschee bis kurz vor Kriegsende, übte aber darüber hinaus kaum Kontrolle über das Gottscheer Land aus. Am 3. Mai 1945 begann der letzte Partisanenangriff, der die Wehrmacht schließlich zum Rückzug zwang, so dass am 5. Mai 1945 die Partisanen endgültig die Stadt einnahmen.[5]

Sozialistisches Jugoslawien

Das zu großen Teilen menschenleere Gebiet wurde nach 1945 mit Menschen aus anderen Gebieten Sloweniens und ganz Jugoslawiens neu besiedelt. Anders als in vielen Dörfern gab es in der Stadt Gottschee eine Restbevölkerung, meist Slowenen. Während die Mehrheit der Dörfer verfiel, wuchs die Bevölkerung in der Stadt Kočevje und den umliegenden Dörfern. Das Zentrum der Stadt wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in moderner Architektur aufgebaut.

Gottscheer Altsiedler

Das Ergebnis von Umsiedlung und Vertreibung war, dass nach dem Krieg die deutsche Bevölkerung aus dem Gebiet größtenteils verschwunden ist. Heute gibt es nur noch wenige Deutschstämmige, die in Gottschee und Umgebung leben. Größer wird deren Zahl im Tal Moschnitze am östlichen Rand der einstigen Sprachinsel geschätzt, das aber nicht zur Gemeinde Kočevje, sondern zu den Gemeinden Dolenjske Toplice und Semič gehört. Im Dorf Občice (dt. Krapflern, Gemeinde Dolenjske Toplice) unterhalten sie eine Begegnungsstätte[6]. In den vergangenen Jahren wird in der slowenischen Öffentlichkeit vermehrt kritisch über die Vertreibung der Gottscheer berichtet und es wird versucht ihren Beitrag in der Geschichte zu würdigen[7].

Wirtschaft

Heute sind Textil-, Chemie- und Forstwirtschaft sowie Handel die wichtigsten Wirtschaftszweige. Bergbau findet inzwischen nicht mehr statt. Die während des Tagebaus entstandenen, mit Wasser gefüllten Gruben werden inzwischen als Naherholungsgebiete genutzt.

Sehenswürdigkeiten

Gottscheer See (Kočevsko jezero)
Bartholomäuskirche
Kirche Corpus Christi (Fronleichnamskirche), Trata, Stadt Gottschee

An der Rinse (auch Rinnse, slowenisch Rinža) am Rande der Gottscheer Altstadt befindet sich die neoromanische Stadtpfarrkirche St. Bartholomäus, die zwischen 1901 und 1903 nach den Plänen von Friedrich von Schmidt aus Steinen gebaut wurde und einer der größten Kirchenbauten Sloweniens ist. Im Ortsteil Trata steht die Kirche Corpus Christi (Fronleichnamskirche) aus dem 17. Jahrhundert. Hier wurden 1989 in Erinnerung an die Geschichte der Gottscheer Steintafeln in slowenischer und deutscher Sprache sowie mit einer Inschrift in Gottscheer Dialekt angebracht. Das Stadtzentrum der Stadt Gottschee wurde einst vom Stadtschloss der Auersperger dominiert. Das Schloss wurde ebenso wie die Altstadt im Zweiten Weltkrieg zerstört und seine Ruine nach Kriegsende abgetragen. Heute stehen an seiner Stelle moderne Gebäude, darunter ein Kaufhaus und ein Partisanendenkmal. In der Nähe der Stadt befinden sich auf dem Friedrichsteiner Wald (970 m Meereshöhe) Überreste der Burg Friedrichstein (Grad Fridrihštajn), die der Cillier Graf Friedrich II. von Cilli seiner Geliebten Veronika von Desinze bauen ließ. Das Landschaftsmuseum (Pokrajinski muzej Kočevje, Šeškov dom) wurde 1936 als Haus des Sokol (Sokolski dom) gebaut. Hier fand vom 1. bis 4. Oktober 1943 die Versammlung der Abgesandten des slowenischen Volkes (zbor odposlancev slovenskega naroda) statt. Seit 1978 gibt es den Gottscheer See (Kočevsko jezero), der 1978 in einem verlassenen Braunkohletagebau entstanden ist.

Persönlichkeiten

  • Viktor Parma (1858−1924), Komponist, arbeitete in Kočevje (Gottschee)
  • Alois Loy (1860−1923), langjähriger Bürgermeister der Stadt Kočevje (Gottschee)
  • Michael Ruppe (1863−1951), Professor und Akademischer Maler, wurde in Ovčjak bei Kočevje (Schäflein bei Gottschee) geboren
  • Zofka Kveder (1878−1926), Schriftstellerin, arbeitete in Kočevje (Gottschee)
  • Franjo Uršič (1898−?), Geologe, lehrte vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gymnasium in Kočevje (Gottschee)
  • France Onič (1901−1975), Dichter, lehrte vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Gymnasium in Kočevje (Gottschee)
  • Roman Erich Petsche (1907−1993), Lehrer, Maler und Gerechter unter den Völkern, wurde in Kočevje (Gottschee) geboren
  • Jože Šeško (1908−1942), Gymnasialprofessor, Sozialrevolutionär, Kommunist und Widerstandskämpfer, arbeitete bis zu seiner Verhaftung und Ermordung in Kočevje (Gottschee)
  • Matej Bor (Vladimir Pavšič; 1913−1993), Dichter und Schriftsteller, arbeitete vor dem Zweiten Weltkrieg in Kočevje (Gottschee)
  • Rada Šuštar (1920−2007), akademische Malerin, arbeitete in Kočevje (Gottschee) nach dem Zweiten Weltkrieg
  • Milan Butina (1923−1999), akademischer Maler, Kunstpädagoge und -theoretiker, wurde in Kočevje (Gottschee) geboren
  • Ivan Jurkovič (* 1952), katholischer Erzbischof und Diplomat des Heiligen Stuhls

Literatur

Einzelnachweise

  1. Mladina, 23. Februar 2004: Nemci, ki so bili partizani (Deutsche, die Partisanen waren)
  2. Zdravko Troha (2004), Kočevski Nemci - partizani (Die Gottscheer - Partisanen (auf slowenisch), Kočevje, Arhiv Slovenije]. - Ljubljana : Slovensko kočevarsko društvo Peter Kosler. ISBN 961-91287-0-2
  3. Mitja Ferenc (2006): Kočevska, pusta in prazna - Nemško jezikovno območje na Kočevskem po odselitvi Nemcev (Die Gottschee, öde und leer - Die deutsche Sprachinsel in Kočevje nach dem Wegzug der Gottscheer (auf slowenisch). ISBN 961-6183-80-X
  4. http://www.burger.si/MuzejiInGalerije/DolenjskiMuzej/Baza20/Baza20_ENG.html
  5. Erich Petschauer: Jahrhundertbuch der Gottscheer, 1980. Kapitel Der Untergang der Stadt Gottschee.
  6. Offizielle Website: http://www.gottscheer.net/
  7. Drnovšek: Kočevarji so enakopravni državljani (Die Gottscheer sind gleichberechtigte Staatsbürger), Delo (slowenische Tageszeitung) vom 16. März 2006: http://www.delo.si/index.php?sv_path=41,35,125674

Weblinks


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