Kurfürstentum Trier

Kurfürstentum Trier
Wappen 1703

Kurtrier (auch: Erzstift und Kurfürstentum Trier) war eines der ursprünglich sieben Kurfürstentümer des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Das weltliche Herrschaftsgebiet des Erzbischofs von Trier existierte von spätkarolingischer Zeit bis zum Reichsdeputationshauptschluss von 1803. Seit der Wende zum 16. Jahrhundert gehörte es zum kurrheinischen Kreis und umfasste zur Zeit seiner größten Ausdehnung im Wesentlichen die Gebiete links und rechts der Unterläufe von Mosel und Lahn. Seine Hauptstadt war Trier, Residenzstadt seit dem 16. Jahrhundert Koblenz.

Die Erzbischöfe von Trier gehörten mit denen von Mainz und Köln zu den drei geistlichen Kurfürsten. Ihnen stand zusammen mit den Pfalzgrafen bei Rhein, den Markgrafen von Brandenburg, den Herzögen von Sachsen und den Königen von Böhmen seit der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert das Recht zur Wahl des deutschen Königs zu.

Die sieben Kurfürsten wählen Heinrich von Luxemburg zum König. Die Kurfürsten, kenntlich durch ihre Wappen, sind (v.l.n.r.) die Erzbischöfe von Köln, Mainz und Trier, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen, der Markgraf von Brandenburg und der König von Böhmen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Entstehung

Das Bistum Trier entstand bereits in spätrömischer Zeit, im 3. Jahrhundert. Seit dem 6. Jahrhundert waren ihm als Erzbistum, die Suffragane von Metz, Toul und Verdun unterstellt. In spätkarolingischer Zeit begannen die Erzbischöfe von Trier mit dem Aufbau einer weltlichen Territorialherrschaft. Dieser weltliche Besitz des Bischofs von Trier, das Erzstift, ist zu unterscheiden von seinem geistlichen Einflussbereich, dem Bistum. Dessen Grenzen waren erheblich weiter gefasst. Das Erzbistum umfasste z.B. auch Gebiete in Luxemburg und Frankreich. Andererseits gehörten zum Erzstift Gebiete, etwa das Amt Daun in der Eifel, die geistlich dem Bischof von Köln unterstanden.

Festung des Kurfürsten in der Trierer Konstantinbasilika (ab ca. 1000), farblich markiert
Kurfürstliches Palais Trier (1615–1676, Ausbau 1756)

Territoriale Entwicklung

Seit 902 waren die Erzbischöfe von Trier auch die weltlichen Herren ihrer Residenzstadt. Bis zum Beginn des 11. Jahrhunderts blieb der entstehende Kurstaat auf Gebiete um Trier herum beschränkt, das später so genannte obere Erzstift. Dieses wurde 1018 beträchtlich erweitert, als Kaiser Heinrich II. dem Trierer Erzbischof Poppo von Babenberg den fränkischen Königshof Koblenz mitsamt dem zugehörigen Reichsgut übertrug. Das Land am Zusammenfluss von Rhein und Mosel und im unteren Westerwald bildete von da an das untere Erzstift. Im 12. Jahrhundert gewannen die Bischöfe auch die weltlichen Besitzungen der Reichsabtei St. Maximin und die Vogteirechte des rheinischen Pfalzgrafen in ihrem Bistum.

Im 12. und 13. Jahrhundert führten eine Reihe von Auseinandersetzungen mit den rheinischen Pfalzgrafen zu Gebietsgewinnen für Trier. Streitpunkte waren unter anderem die Burg Arras, die Burg Treis und die Burg Thurant und führte als Ergebnis zur Verdrängung der Pfalzgrafen aus dem Eifel-Mosel Gebiet nach Süden.

Seit dem Jahr 1198 gehörten die Erzbischöfe von Trier zum Kurfürstenkollegium. Wie auch die beiden anderen geistlichen Kurfürsten waren auch sie Kanzler eines der drei Reichsteile. Das Amt des Erzkanzlers für Burgund wurde aber mit dem weitgehenden Verlust der französischsprachigen Gebiete des Heiligen Römischen Reichs in der frühen Neuzeit zu einem inhaltsleeren Titel.

Unter Erzbischof Balduin von Luxemburg, dem bedeutendsten Kurfürsten von Trier, gelang es zwischen 1307 und 1354, zum Teil durch kriegerische Gebietserwerbungen, eine geschlossene territoriale Verbindung zwischen dem oberen und dem unteren Erzstift herzustellen. 1309 verpfändete Kaiser Heinrich VII. die Städte Boppard und Oberwesel am Rhein an seinen Bruder Erzbischof Balduin.

In der Folgezeit gewann Kurtrier weitere Gebiete in Eifel, Hunsrück, Westerwald und Taunus hinzu, etwa die Ämter Manderscheid, Cochem, Hammerstein und Limburg. Vor allem Kuno von Falkenstein und Werner von Falkenstein betrieben eine erfolgreiche Territorialpolitik.

Die Manderscheider Fehde 1430–1437 sorgte für erhebliche Zerstörungen und finanzielle Belastungen im Trierer Kurstaat. Ulrich von Manderscheid kämpfte gegen Raban von Helmstatt um den Trierer Bischofsstuhl. Mit dem Tod Ulrichs 1436 war die Auseinandersetzung im Wesentlichen entschieden.

Mit dem Erwerb der Grafschaft Virneburg 1545 und der Fürstabtei Prüm im Jahr 1576 war die territoriale Entwicklung des Erzstifts im Wesentlichen abgeschlossen. Anders als Kurköln und Kurmainz verfügte der Trierer Kurstaat über ein weitgehend geschlossenes Territorium. Es erstreckte sich vom Unterlauf der Saar bei Merzig beiderseits der Mosel bis Koblenz und lahnaufwärts bis Montabaur und Limburg.

Kurfürstliches Schloss in Koblenz, 1777–1793

Im Jahr 1669 erließ die kurtrierische Regierung ein für das ganze Territorium geltendes Landrecht. Der Kurstaat besaß mehrere Herrschaftszentren, wobei das verkehrsgünstig gelegene Koblenz ständig an Bedeutung gewann. Die Residenz wurde 1629 aus dem unsicher gewordenen Trier nach Schloss Philippsburg in Ehrenbreitstein und 1786 in das neu erbaute Kurfürstliche Schloss von Koblenz verlegt.

Pfälzischer Erbfolgekrieg

Im Juni und Juli des Jahres 1684 wurde die Stadt Trier nach der Eroberung Luxemburgs von französischen Truppen besetzt. Nach Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekriegs wurde Kurtrier fast komplett von Frankreich besetzt und stark zerstört. So gingen die Städte Cochem, Mayen, Wittlich und andere Städte in Flammen auf. Nachdem Koblenz 1688 nicht eingenommen werden konnte, wurde die Stadt aber durch Kanonenbeschuss stark beschädigt. Burg Stolzenfels am Rhein wurde 1689 völlig zerstört. Auf Grund des für das Reich unglücklichen Kriegsverlauf blieb das Erzstift in der Hand der Franzosen. 1697 wurde der Pfälzische Erbfolgekrieg durch den Frieden von Rijswijk beendet und die französischen Truppen verließen das Kurfürstentum.

Das Ende des Kurstaats

Unter dem letzten Trierer Kurfürsten, Clemens Wenzeslaus von Sachsen, wurde Koblenz zum Sammelpunkt gegenrevolutionärer, französischer Adliger. 1794, während des 1. Koalitionskriegs besetzten französischen Revolutionstruppen den größten Teil des Kurfürstentums. Seine linksrheinischen Gebiete wurden 1801 Frankreich angegliedert und im Wesentlichen auf die Départementa Sarre mit Sitz in Trier und Rhin-et-Moselle mit Sitz in Koblenz aufgeteilt. Die rechtsrheinischen Gebiete fielen 1803 an Nassau-Weilburg.

Beim Wiener Kongress wurden die kurtrierischen Gebiete größtenteils dem Königreich Preußen zugeschlagen. Bis auf die Region um Limburg gehören sie seit 1947 zu Rheinland-Pfalz. Das Wappen des damals neu gebildeten Bundeslandes zeigt neben dem kurpfälzischen Löwen und dem Mainzer Rad das rote Kreuz von Kurtrier.

Landesburgen

Zur Verwaltung und Kontrolle des Territoriums besaß Kurtrier Landesburgen. Im Gegensatz zur Lehensburg konnte der Erzbischof über Landesburgen unmittelbar verfügen. Die Anlagen waren mit erzbischöflichen Bediensteten besetzt (Amtmänner, Burgmänner, Kellner und Wächter).

Liste der Trierer Landesburgen:

Arras, Baldenau, Balduinseck, Balduinstein, Burg Bischofstein, Alte Burg Boppard, Cochem, Ehrenbreitstein, Grimburg, Hartenfels, Alte Burg Koblenz, Kyllburg, Oberburg Manderscheid, Malberg, Genovevaburg, Neuerburg, Pfalzel, Rauschenburg, Ramstein, Saarburg, Sterrenberg, Stolzenfels, Treis, Thurant, Trier (Palastaula), Welschbillig.

Die Ständeordnung

Die Ständeordnung des Kurfürstentums Trier sah drei Organe vor: den Kurfürsten, das Domkapitel und die Versammlung der Landstände.

Der Kurfürst

Der Kurfürst war der oberste Landesherr des Kurfürstentums und in Personalunion Erzbischof des sehr viel größeren Erzbistums Trier. Nach der Wahl durch das Domkapitel wurde er vom Papst als Erzbischof und vom Kaiser als Kurfürst eingesetzt. In seiner weltlichen Funktion wurde er von einem Hofrat beraten und regierte seit dem 16. Jahrhundert weitgehend absolutistisch. Jedoch war er bei seinen Entscheidungen durch das so genannte Konsensrecht des Domkapitels und der Landstände häufig eingeschränkt.

Das Domkapitel

Eine wichtige Aufgabe des Domkapitels war die Wahl des Erzbischofs. An seiner Spitze stand der Dompropst. Der Kurfürst konnte ohne die Zustimmung des Domkapitels die Landstände nicht einberufen, des weiteren waren die Verträge des Kurfürsten ohne Gegenzeichnung durch das Domkapitel nicht gültig. In Zeiten der Sedisvakanz übernahm das Domkapitel die gesamte Regierung, konnte Münzen prägen und Kriege führen. Das Domkapitel nahm eine autonome Stellung ein, war von Steuern befreit und verwaltete seine Güter selbst.

Die Landstände

Seit 1501 gab es in Kurtrier Landstände, die für das gesamte Kurfürstentum zuständig waren. Ihre wichtigste Aufgabe war die Bewilligung neuer Steuern. Die Schaffung dieses Gremiums war nach der Reichsreform notwendig geworden, die erstmals die Erhebung einer reichsweiten Steuer, des Gemeinen Pfennigs, vorsah. Der Kurfürst rief den Landtag, der in der Regel einmal jährlich tagte, mit Zustimmung des Domkapitels ein. Auf den Landtagen wurde auch über Beschwerden und Forderungen der Stände beraten, die dann an den Kurfürsten weitergeleitet wurden.

Die Trierer Kurfürsten seit dem 13. Jahrhundert

Liste der Bischöfe von Trier im Trierer Dom
Name von bis
Johann I. 1190 1212
Theoderich von Wied 1212 1242
Arnold II. von Isenburg 1242 1259
Heinrich II. von Finstingen 1260 1286
Bohemond I. von Warnesberg 1289 1299
Diether von Nassau 1300 1307
Balduin von Luxemburg 1307 1354
Boemund II. von Saarbrücken 1354 1361
Kuno II. von Falkenstein 1362 1388
Werner von Falkenstein 1388 1418
Otto von Ziegenhain 1418 1430
Rhaban von Helmstätt 1430 1438
Jakob I. von Sierck 1439 1456
Johann II. von Baden 1456 1503
Jakob II. von Baden 1503 1511
Richard von Greiffenklau 1511 1531
Johann III. von Metzenhausen 1531 1540
Johann IV. Ludwig von Hagen 1540 1547
Johann V. von Isenburg 1547 1556
Johann VI. von der Leyen 1556 1567
Jakob III. von Eltz 1567 1581
Johann VII. von Schönenberg 1581 1599
Lothar von Metternich 1599 1623
Philipp Christoph von Sötern 1623 1652
Karl Kaspar von der Leyen 1652 1676
Johann VIII. Hugo von Orsbeck 1676 1711
Karl Joseph von Lothringen 1711 1715
Franz Ludwig von Neuburg bei Rhein 1716 1729
Franz Georg von Schönborn 1729 1756
Johann IX. Philipp von Walderdorff 1756 1768
Clemens Wenzeslaus von Sachsen 1768 1803

Siehe auch

Literatur

  • Ingrid Bodsch: Burg und Herrschaft. Zur Territorial- und Burgenpolitik der Erzbischöfe von Trier im Hochmittelalter bis zum Tod Dieters von Nassau (†1307). Boppard 1989
  • Laufner Richard: Das Erzstift Trier; in: Geschichte des Landes Rheinland-Pfalz, Hrsg.: Franz-Josef Heyen, Freiburg/Würzburg 1981; S. 42–49
  • Friderichs Alfons; Auf den Spuren Balduins im Kreis Cochem-Zell, in: Heimat zwischen Hunsrück und Eifel, monatl. Beilage der Rhein-Zeitung, Nr. 5, Mai 2008, Seite 4.

Weblinks


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