Kurfürstlich-Sächsische und Königlich-Polnische Kapelle

Kurfürstlich-Sächsische und Königlich-Polnische Kapelle

Die Sächsische Staatskapelle Dresden ist eines der ältesten und traditionsreichsten Orchester der Welt. Sie wurde am 22. September 1548 durch Kurfürst Moritz von Sachsen gegründet und darf wohl als einziges gelten, das über mehr als viereinhalb Jahrhunderte hinweg ununterbrochen musiziert hat und zugleich – wie zeitgenössische Berichte belegen – stets zu den führenden Klangkörpern der verschiedenen Epochen gehörte. Hervorragende Kapellmeister und international geschätzte Instrumentalisten haben seit ihrer Gründung die einstige Hof- und heutige Sächsische Staatskapelle geprägt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Kurfürstlich-Sächsische und Königlich-Polnische Kapelle erreichte im 17. Jahrhundert unter Heinrich Schütz ihre erste Blüte, aber am Ende des Dreißigjährigen Krieges auch einen Tiefstand. Die Hofkapelle war das bedeutendste Musikensemble seiner Zeit. Sie bestand zwischen 1697 und 1756 unter der Herrschaft von Friedrich August I. und seinem Sohn Friedrich August II. Die etwas umständliche Bezeichnung des Ensembles hat ihren Grund darin, dass beide Herrscher (mit kleineren Unterbrechungen) nicht nur Kurfürsten von Sachsen waren, sondern auch als Könige über Polen herrschten.

Am sächsischen Hof zu Dresden war vor allem unter den Kurfürsten Johann Georg II. (1656–1680) und Johann Georg III. (1680–1691) die Hofmusik bereits in hoher Blüte, diese nahm nun aber im Zeichen des Hochbarock einen weiteren Aufschwung. 1697, im Jahr der Königskrönung von Friedrich August, war das Deputat der Hofmusik zwar im Vergleich mit 1691 von über 15000 Talern auf nur mehr knapp 7600 Talern zusammengestrichen worden, steigerte sich dann aber über fast 17000 Taler bis 1719 sogar auf 26400 Taler. Darin enthalten ist allerdings auch der Etat für die nach Friedrich Augusts Konversion notwendig gewordene katholische Hofkirchenmusik. Kapellmeister war Johann Christoph Schmidt, der anfänglich immerhin schon über 31 Musiker (Kapellknaben mitgerechnet) verfügen konnte.

Als Glücksfall erwies sich die 1709 erfolgte Verpflichtung des Violinisten Jean-Baptiste Volumier zum Konzertmeister, dem das stolze Jahresgehalt von 1200 Talern zugesprochen wurde. 1712 wurde der junge aufstrebende Violinist Johann Georg Pisendel eingestellt, 1715 der damals bereits hochberühmte „Pantalonist“ Hebenstreit, 1716 als zweiter Kapellmeister Johann David Heinichen, 1717 als dritter Antonio Lotti. Dazu kamen u.a. dessen Frau, die Sopranistin Santa Stella, der Kastrat Francesco Bernardi, genannt „Senesino“ (für ein Gehalt von 70000 Talern) und der italienische Violinvirtuose Francesco Maria Veracini.

1716/1717 wurde Pisendel nach Italien geschickt, um sich über den neuesten Stand der Violinkunst zu informieren. Dort lernte er vor allem Antonio Vivaldi kennen, dessen Musik er sehr bewunderte. Am Hof zu Dresden betrachtete man sich damit allmählich für die anstehenden Vermählungsfeierlichkeiten des Thronfolgers mit der österreichischen Erzherzogin Maria Josepha gerüstet.

Nach 1763 nun wieder kurfürstlich-sächsische Kapelle wurde aus dieser ab 1807 die Königlich-sächsische musikalische Kapelle und nach 1918 die Sächsische Staatskapelle.

Die öffentliche Konzerttätigkeit des Orchesters begann gegen Ende des 18. Jahrhunderts; Abonnementskonzerte wurden 1858 eingeführt.

Die Sächsische Staatskapelle ist seit dem ersten Drittel des 17. Jahrhunderts Opernorchester – bis 1945 und nach der Wiedereröffnung 1985 spielt sie in der Semperoper.

Gegenwart

Von 1992 bis zu seinem plötzlichen Tod am 20. April 2001 stand Giuseppe Sinopoli an der Spitze des Orchesters. 2002 hat Bernard Haitink interimsmäßig nach Giuseppe Sinopolis Tod die Position des Chefdirigenten übernommen, verließ vorzeitig im Jahr 2004 das Orchester. Sein letztes Konzert als Chef gab er im November 2004 im Rahmen einer Tournee in Wien.

Am 26. April 2007 erhielt die Sächsische Staatskapelle Dresden im Palais Beaux-Arts in Brüssel den erstmals von der Europäischen Kulturstiftung ehrenhalber verliehenen „Preis für die Bewahrung des musikalischen Weltkulturerbes“.

Im September 2007 übernahm Fabio Luisi, Chefdirigent der Wiener Symphoniker, die Position des Generalmusikdirektors. Die Komponistin Isabel Mundry erhielt in der Saison 2007/2008 den Titel Capell-Compositeur, die Reihe wird 2009 mit dem österreichischen Komponisten Bernhard Lang fortgesetzt. In der Spielzeit 2009/2010 trägt die britische Komponistin Rebecca Saunders diesen Titel. Die Staatskapelle ist Mitglied im KlangNetz Dresden.

Pro Saison gibt die Sächsische Staatskapelle heute 12 bis 15 Sinfonie- und Sonderkonzerte und spielt bei sämtlichen Opernproduktionen, also nahezu täglich. Zu den Sonderkonzerten zählen Konzerte in der Frauenkirche sowie spezielle Aufführungsabende. Außerdem gibt es Matineen und Jugendprojekte.

Persönlichkeiten

Bekannte Kapellmeister und Dirigenten

Die wichtigsten Kapellmeister und Dirigenten im Laufe der Geschichte der Kapelle waren:

Ehrendirigent seit 1991: Sir Colin Davis

Viele prominente Gäste haben mit dem Orchester in neuerer Zeit musiziert. Dazu gehören u. a. Carlos Kleiber, Georges Prêtre, Christian Thielemann, Sir John Eliot Gardiner, Daniele Gatti, Myung-Whun Chung, Kent Nagano, Charles Dutoit, Daniel Harding, Nikolaus Harnoncourt und Sylvain Cambreling.

Bekannte Solisten und Instrumentalisten der Kapelle

Mitglieder der sächsischen Staatskapelle waren und sind immer wieder auch als virtuose Solisten hervorgetreten:

Geiger (Violinist)

Gambist

Cellist

Kontrabassist

Lautenist

Pantaleonist

Flötist

Oboist

  • François le Riche
  • Johann Christian Richter

Klarinettist

  • Johann Gottlieb Kotte (um 1817)

Hornist

Posaunist

Komponisten und Werke

Lang ist die Liste der von dem Orchester uraufgeführten oder ihm gewidmeten Werke: Sie reicht von Vivaldi über Wagner, Schumann, Liszt, Strauss, Hindemith, Weill, Blacher u. a. bis zu neueren Kompositionen von Fritz Geißler, Zimmermann, Matthus, Rihm, Kantscheli und Ruzicka.

Besonders Richard Strauss war dem Klangkörper, dessen internationaler Ruf als „Strauss-Orchester“ bis heute fortbesteht, über 60 Jahre als Komponist, Dirigent und Freund verbunden; neun seiner Opern wurden in Dresden uraufgeführt (darunter Salome, Elektra und Der Rosenkavalier). Die Alpensinfonie widmete er der Dresdner Kapelle.

Tourneen

Eine umfangreiche Tourneetätigkeit führt die Sächsische Staatskapelle regelmäßig in die Musikzentren von Europa, Nordamerika und Fernost. So gastierte das Orchester in den Jahren 2004 und 2005 in verschiedenen deutschen Städten, in Japan, der Schweiz, den Niederlanden, Österreich, Großbritannien, Spanien, in den USA, Griechenland, Ungarn und Frankreich sowie bei den Festivals in Luzern, Edinburgh, London Proms, Salzburg, Prag, Bukarest und auf den Kanarischen Inseln.

Kammermusik

Einer kontinuierlichen Kammermusikpflege mit einzigartiger ideeller Zielsetzung widmen sich Orchestermitglieder in der Kammermusik der Sächsischen Staatskapelle, die auf den 1854 gegründeten Tonkünstler-Verein zurückgeht.

Aufnahmen

Die Diskographie des Orchesters weist seit Anfang der 1920er Jahre eine Vielzahl von Aufnahmen des sinfonischen und des Opernrepertoires mit renommierten Dirigenten aus. Im Studio der Lukaskirche in Dresden entstanden zahlreiche Aufnahmen für das DDR-Label Eterna, auch heute wird die Kirche für Aufnahmen der Staatskapelle genutzt. Mit dem Echo Klassik-Preis wurde 2007 eine Edition von Hänssler gewürdigt, die archivierte Opern- und Konzertmitschnitte aus frühen Schallplattenzeiten bis heute dem Publikum wieder zugänglich machte. Daneben war und ist die Staatskapelle weiterhin Vertragspartner der großen Plattenlabel wie z.B. der Deutschen Grammophon und Sony Music.

Literatur

  • John Hunt: Sächsische Staatskapelle Dresden : complete discography. J. Hunt, [London] 2002, ISBN 1-901395-10-3
  • Hans-Günter Ottenberg: Der Klang der Sächsischen Staatskapelle Dresden : Kontinuität und Wandelbarkeit eines Phänomens ; Bericht über das Symposium vom 26. bis 27. Oktober 1998 im Rahmen des 450jährigen Jubiläums der Sächsischen Staatskapelle Dresden. Olms, Hildesheim/Zürich/New York 2001, ISBN 3-487-11454-2
  • Werner Schmidt: Wunderharfe : 450 Jahre Sächsische Staatskapelle Dresden ; Ausstellung im Georgenbau des Dresdner Schlosses vom 12. September bis 29. November 1998 und im Forum der Bausparkasse Schwäbisch Hall AG vom 12. Januar bis 19. Februar 1999]. Staatliche Kunstsammlungen, Dresden 1998, ISBN 3-932264-08-8
  • Eberhard Steindorf: 450 Jahre Sächsische Staatskapelle Dresden: „wie Glanz von altem Gold“. Bärenreiter, Kassel/Basel/London/New York/Prag 1998, ISBN 3-7618-1389-9

Weblinks


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