Kurhaus Wiesbaden

Kurhaus Wiesbaden
Kurhaus Wiesbaden mit Bowling Green, 2007

Das Kurhaus der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden gehört zu den schönsten Festbauten Deutschlands. Es ist der gesellschaftliche Mittelpunkt der Kurstadt Wiesbaden und bietet zahlreichen Veranstaltungen einen repräsentativen Rahmen. Neben einem großen und einem kleineren Festsaal beherbergt es die Kurhaus Gastronomie Gerd Käfer und Roland Kuffler GmbH & Co sowie die Spielbank Wiesbaden.

Inhaltsverzeichnis

Lage

Luftbild von Wiesbaden (ca. 2008), Blick nach Nordwesten mit dem Kurhaus (mittlere Bildhöhe, rechts)

Das Kurhaus Wiesbaden bildet den Mittelpunkt des Wiesbadener Kurecks am Ende der Wilhelmstraße.

Vor dem Haupteingang (Westseite) befindet sich das sogenannte Bowling Green, eine von den englischen Kurgästen seinerzeit so getaufte Rasenfläche mit zwei Springbrunnen, eingerahmt von Theater- bzw. Kurhauskolonnaden und vormals je einer Reihe alter Platanen. Diese Fläche wurde in den Jahren 2004–2006 mit einer Tiefgarage unterbaut. Vorher wurden sämtliche, zum Teil nicht mehr standsichere, Platanen gefällt. Sie wurden nach Beendigung der Baumaßnahme durch je eine Doppelreihe neu gepflanzter Platanen ersetzt. Die südlichen Theaterkolonnaden sind Teil des Hessischen Staatstheaters, in den nördlichen Kurhauskolonnaden – mit 129 m längste Säulenhalle Europas – ist das Kleine Spiel (Automatenspiel) der Spielbank untergebracht. Das Kurhaus bildet – von der Wilhelmstraße aus betrachtet – den prächtigen Abschluss des Bowling Greens.

Hinter dem Kurhaus (Ostseite) beginnt der langgestreckte Kurpark mit Konzertmuschel und Teich (Fontäne).

Geschichte

Das Alte Kurhaus, Stahlstich von William Tombleson (um 1840)
Das Alte Kurhaus, um 1900
Kurpark hinter dem Kurhaus, um 1900
Kurhaus Wiesbaden bei Nacht, 2006
Kurhaus-Foyer
Friedrich-von-Thiersch-Saal im Südflügel: Blick von hinten auf Stirnseite mit Podium und der Kurhausorgel hinter dem Ziergitter, Seitenemporen und Decke

Wiesbadens Bedeutung als Kurstadt blickt auf eine lange Geschichte zurück. Bereits die Römer kannten die Thermalquellen Wiesbadens. Auch der Name ‚Wiesbaden‘, entstanden aus Wisibadadas Bad in den Wiesen – lässt die Bekanntheit der Wiesbadener Quellen auch im Mittelalter erkennen.

Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Kur als Amüsementbetrieb der höheren Gesellschaftsschichten und des Adels immer populärer wurde, wuchs auch die Bedeutung Wiesbadens.

Im Jahr 1810 wurde das erste, das sogenannte Alte Kurhaus von Christian Zais errichtet. Dies war ein schöner, aber vergleichsweise bescheidener Bau mit einem Säulenportikus in klassizistischen Stil. Schon Johann Wolfgang Goethe lobte das Gebäude bei einem seiner zahlreichen Aufenthalte.

Wiesbaden gewann als Kurstadt im 19. Jahrhundert immer größeres Ansehen: die Zahl der Kurgäste stieg von 20.000 im Jahr 1840 auf das Zehnfache im Jahr 1910. Die Einwohnerzahl stieg im selben Zeitraum von 10.000 auf 100.000 im Jahr 1906. Ab etwa 1852 trug man stolz den Titel Weltkurstadt und hatte schon bald Baden-Baden als bedeutendste Kurstadt Deutschlands überholt.

Dies erforderte schließlich ein größeres, moderneres und repräsentativeres Kurhaus. In den Jahren 1905 bis 1907 wurde das Alte Kurhaus abgerissen, und der Architekt Friedrich von Thiersch errichtete an dessen Stelle für sechs Millionen Goldmark einen neuen prächtigen Bau im Stil des Neoklassizismus mit Jugendstilmotiven. Kaiser Wilhelm II., der alljährlich im Mai zu Besuch kam und den Bau förderte, nannte ihn bei seiner Eröffnung "das schönste Kurhaus der Welt".

Seit dem werden vor allem die beiden nach den Baumeistern benannten großen Säle – der größere Friedrich-von-Thiersch-Saal und der kleinere Christian-Zais-Saal für zahlreiche Veranstaltungen genutzt.

Seit 1949 ist im ehemaligen Weinsaal das Große Spiel der Spielbank Wiesbaden untergebracht.

In den Achtziger Jahren wurde das Gebäude einer umfassenden Renovierung unterzogen und mit moderner Veranstaltungstechnik ausgestattet.

Das Gebälk über den Säulen im Friedrich-von-Thiersch-Saal trägt folgende rundum laufende lateinische Inschrift:

IMP GUILELMO II AEDEM ANTE HOS CENTUM ANNOS CONSTITUTAM UT RECREARENTUR AEGROTANTES A SOLO IN MELIOREM STATUM ET ASPECTUM REFECERUNT EXORNAVERUNTQUE ORDO ET CIVES MATTIACI HYGIEAE CONSECRATA EST IPSO PRAESENTE IMPERATORE ANNO P CHR N MCMVII FUNDITUS RESTITUTA ANNO P CHR N MCMLXXXVII [1]

Architektur

Das Kurhaus Wiesbaden besteht aus zwei gleich großen Flügeln. Im Südflügel ist zentral der große säulenbestandene Festsaal (Friedrich-von-Thiersch-Saal) mit seinem Parkett und erstem Rang untergebracht. Der Konzert- und Veranstaltungssaal hat 1350 Sitzplätze und misst 40 x 18 x 17 m.

An seinem Kopfende, den Südflügel abschließend, befindet sich der Muschelsaal. Der ursprüngliche „Südliche Lesesaal“ wurde vom Jugendstilmaler Fritz Erler[2] und Alexander von Salzmann [3] mit Fresken ausgestattet und mit Kieseln und Muscheln als Symbolen für Wasser und Erde ausgeschmückt. Mehrere kleinere Gesellschaftsräume, benannt nach Carl Schuricht, Carl von Ibell, Fjodor Dostojewski, Ferdinand Hey'l und dem Kaiser Wilhelm bieten, unterschiedlich ausgestaltet, Platz für Veranstaltungen. Ein Wintergarten schließt den Südflügel rückwärtig zum Kurhauspark ab.

Der Nordflügel beherbergt den kleineren Festsaal (Christian-Zais-Saal), das Restaurant Käfer’s sowie die Spielbank (Casino) mit deren Großem Spiel (Roulette, Black Jack, Poker).

Zwischen Nord- und Südflügel befindet sich das Foyer in Form einer großen Halle, überragt von einer 21 m hohen Kuppel. Betreten wird dieser Raum durch den Haupteingang auf der Westseite, auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der Ausgang zum Kurhauspark. Gebildet wird der Haupteingang aus einem ionischen Säulenportikus, dessen Gebälk die Inschrift Aquis Mattiacis (lat. „den Wassern der Mattiaker [geweiht]“) trägt, die an die römische Bezeichnung für die an der Stelle des heutigen Wiesbaden befindlichen warmen Quellen erinnert. Der Säulenportikus ist der Höhepunkt der 128 m langen Westfassade.

Im Kuppelraum des Foyers befinden sich vor den vier Wandmassiven überlebensgroße Kopien griechischer Götterstatuen, über ihnen runde Mosaikmedaillons mit farbigen Darstellungen aus der römischen Götterwelt.

Kurhausfoyer mit Mosaikmedaillons

Veranstaltungen

Das Kurhaus hat schon viele bedeutende nationale und internationale Veranstaltungen wie Konzerte, Bälle und Kongresse gesehen. Ferner halten diverse in Wiesbaden ansässige Aktiengesellschaften dort ihre jährliche Hauptversammlung ab.

Vor dem Kurhaus – auf dem Bowling Green – gab es zudem schon viele Freiluftkonzerte. Im Jahr 2004 trat hier Sting auf. Das Kurhaus wird dabei wirkungsvoll als Kulisse genutzt.

Auch der Kurpark hinter dem Kurhaus wird – neben den sonntäglichen Konzerten in der Konzertmuschel – zunehmend auch für größere Veranstaltungen genutzt. Im Jahre 1954 wurde eine Orgel der Firma Steinmeyer (Oettingen, Bayern) eingebaut. Diese ersetzte die im 2. Weltkrieg zerstörte Orgel der Firma Sauer aus dem Jahre 1907. Von 1987 bis 2004 versah Hans Uwe Hielscher das Amt des Kurhaus-Organisten. Seit 2004 ist Thomas J. Frank als Kurhausorganist tätig. Die Orgel hat 48 Register und über 3000 Pfeifen. Im Jahre 2004/2005 wurde das Instrument neu intoniert und erklingt seitdem regelmäßig in Abend- und Mittagskonzerten. Im Jahre 2004 gründete sich der Förderverein Kurhausorgel e. V.

Literatur

Manfred Gerber: Das Kurhaus Wiesbaden. Kaleidoskop eines Jahrhunderts. Monumente-Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Bonn, 2007. ISBN 978-3-936942-84-2

Einzelnachweise

  1. Langform: „Imperatore Guilelmo II Aedem ante hos centum annos constitutam ut recrearentur aegrotantes a solo in meliorem statum et aspectum refecerunt exornaveruntque ordo et cives Mattiaci Hygieiae consecrata est ipso praesente Imperatore anno post Christum natum MCMVII funditus restituta anno post Christum natum MCMLXXXVII.“ Übersetzt: Unter der Regierung von Kaiser Wilhelm II. haben der Rat und die Bürger der Stadt Wiesbaden das Kurhaus, das vor einhundert Jahren erbaut worden war, damit die Kranken geheilt werden, von Grund auf in besserem Zustand und Aussehen neu errichtet und ausgeschmückt. Es ist der Göttin Hygieia geweiht in Anwesenheit des Kaisers im Jahr 1907 nach Christi Geburt. Es wurde gründlich restauriert im Jahr 1987. Der letzte Satz wurde dem Original von 1907 hinzugefügt. Quelle: Manfred Gerber: Das Kurhaus Wiesbaden. Kaleidoskop eines Jahrhunderts. Monumente-Publikationen der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Bonn, 2007. S. 140
  2. Bernd Fäthke, Dekorativ und Konservativ, Die Fresken im Muschelsaal des Wiesbadener Kurhauses von Fritz Erler, in: Wiesbaden International, 4/1975, S. 22 ff
  3. Martin Hildebrand, Wer war Alexander von Salzmann, Eine Biographie mit Rätseln Spur führt auch nach Wiesbaden, Wiesbadener Leben, 10/92, S. 14 ff

Weblinks

 Commons: Kurhaus Wiesbaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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