Königreich Kurdistan

Königreich Kurdistan
Die Flagge des Königreichs Kurdistan

Das Königreich Kurdistan (kurdisch: Keyaniya Kurdistanê) war ein international nicht anerkanntes kurzlebiges Staatsgebilde im Nordirak von Oktober 1922 bis Juli 1924.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Hintergrund

Das Britische Königreich eroberte im Ersten Weltkrieg die osmanischen Provinzen Mosul, Bagdad und Basra. Nach dem Krieg erhielt Großbritannien vom Völkerbund ein Mandat über diese Provinzen und schuf 1920 das Britische Mandat Mesopotamien. Allerdings gab es mit der Türkei ein Problem über die Zugehörigkeit der Provinz Mosul zum Mandatsgebiet. Diese Mosul-Frage sollte erst 1926 gelöst werden. Die Briten richteten im kurdischen Teil der Provinz Mosul in Anlehnung an die Stammesregierung in den Stammesgebieten unter Bundesverwaltung in Britisch-Indien eine Regierung aus Stammesführern ein. Als Gouverneur des Sandschaks Sulaimaniyya wurde der Scheich Mahmud Berzanci[2] in Sulaimaniyya eingesetzt. Er benutzte seine Stellung für einen Aufstand gegen die Briten. 1919 wurde er besiegt und ins Exil geschickt. Während der britischen Herrschaft arbeitete die Kolonialverwaltung intensiv am Aufbau eines zuvor in der Bevölkerung kaum verbreiteten kurdischen Nationalbewusstseins [3], da es Pläne gab, aus dem türkischen und irakischen Teil Kurdistans einen von Großbritannien abhängigen, formal unabhängigen kurdischen Staat zu schaffen.

Gründung des Königreiches

1921 wurde Mahmud Berzanci in der Hoffnung, er werde die Briten im Kampf gegen mit der kemalistischen Regierung der Türkei verbündete Stämme unterstützen, begnadigt und wieder als Gouverneur von Sulaimaniyya eingesetzt, wo er am 10. Oktober (nach anderen Angaben im Oktober 1922 [4]) eine kurdische Regierung benannte und sich selbst zum König ausrief. Sulaimaniyya erklärte er zur Hauptstadt des Königreiches Kurdistan. [5]

Das Kabinett bestand aus folgenden Ministern:

Die Armee des Königreiches wurde Kurdische Nationale Armee genannt.

Krieg mit Großbritannien

Das Königreich wurde von Großbritannien nicht anerkannt und militärisch bekämpft. Der König versuchte seinen Herrschaftsbereich, der sich kaum über die Umgebung von Sulaimaniyya hinaus erstreckte, zu erweitern, scheiterte aber am Widerstand der Stämme der Caf und Pindar, die sich größtenteils gegen ihn stellten. Auch unter intellektuellen kurdischen Nationalisten machte er sich unbeliebt, indem er die Hoffnungen einiger aus Bagdad angereister Vertreter auf Beteiligung an der Regierung nicht erfüllte und einen von ihnen ermorden ließ.[4] Die Briten setzten gegen das Königreich die Royal Air Force ein. Im Rahmen der zur Aufstandsbekämpfung im Irak eigens entwickelten Doktrin der rule by bomb wurde Sulaimaniyya zwischen März 1923 und Mai 1924 viermal bombardiert, wodurch über 95 % der Einwohner vorübergehend aus der Stadt flohen.[4] Im Juli 1924 eroberten britische Truppen Sulaimaniyya zurück, 1926 sprach der Völkerbund die Provinz Mosul dem Irak zu; die irakische Regierung musste den Kurden allerdings Sonderrechte zusichern.

Chemische Angriffe

Noam Chomsky beschreibt in seinem Buch Deterring Democracy, dass die Briten auch chemische Waffen einsetzten:

„Churchill was in favour of using air power and poison gas against ’uncivilized tribes’ and ’recalcitrant Arabs’ i.e. Kurds and Afghans. (deutsch: „Churchill war dafür, die Luftwaffe und Giftgas gegen „unzivilisierte Stämme“ und „aufsässige Araber“, d.h. Kurden und Afghanen, einzusetzen“.)“

In den 1990ern ließ William Waldegrave, Mitglied der Regierung John Majors, die Einträge über diese Giftgaseinsätze 1919 gegen Iraker aus den Archiven löschen [6].

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Prince, J.: A Kurdish State in Iraq, In: Current History, Januar 1993
  2. Eskander, S.: Britain's policy in Southern Kurdistan: The Formation and the Termination of the First Kurdish Government, 1918-1919, In: British Journal of Middle Eastern Studies Vol. 27, No. 2. S. 139-163, 2000
  3. Behrendt, Günter: Nationalismus in Kurdistan. Vorgeschichte, Entstehungsbedingungen und erste Manifestationen bis 1925, Hamburg 1993, S. 348 ff.
  4. a b c Behrendt, Günter: Nationalismus in Kurdistan. Vorgeschichte, Entstehungsbedingungen und erste Manifestationen bis 1925, Hamburg 1993
  5. Fatah, R.: Mustafa Pasha Yamolki: his life and role in the Kurdish nationalist movement, Kurdishmedia.com 2005
  6. Chomsky, N.: Deterring Democracy, Hill and Wang, New York 1992, pp. 181-182.

Literatur

  • D. McDowell (1996): A Modern History of the Kurds, pp. 155-163, 194-196
  • N. Chomsky (1999): The New Military Humanism - Lessons from Kosovo. London: Pluto Press.

Weblinks


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