Königsberger Tiergarten

Königsberger Tiergarten

Der Königsberger Tiergarten (später Kaliningrader Zoo) wurde 1896 in Königsberg eröffnet und ist somit einer der ältesten Tiergärten in Russland.

Im heutigen Zoo, der gleichzeitig ein Arboretum ist, leben mehr als 2200 Tiere. Auf dem Territorium stehen viele Tierskulpturen, einige Gebäude und Anlagen sowie eine Leuchtfontäne aus der deutschen Geschichte der Stadt sind bis heute erhalten geblieben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Schon in den 80. Jahren des 19. Jahrhunderts gab es Bestrebungen einen zoologischen Garten in Königsberg zu eröffnen, diese Idee konnte jedoch wegen fehlender Mittel nicht verwirklicht werden. Im Jahre 1895 fand auf dem Hufenpark nahe der Stadt die Nordostdeutsche Gewerbeausstellung statt. Auf Initiative des Leiters der Gewerbeausstellung Hermann Claaß und des Leiters des zoologischen Instituts der Albertina Professor Max Braun wurde am 28. August ein Verein zur Schaffung eines Tiergartens gegründet. Die Öffentlichkeit hat die Idee unterstützt, mit den angesammelten Spenden konnte der Verein einige Gebäude der Gewerbeausstellung nach deren Ende kaufen. Die Gebäude wurden für den neuen Zweck umgebaut, neue Anlagen wurden erstellt. Die meisten Tiere wurden von der Tierhandlung Hagenbeck in Hamburg erworben.

Am 21. Mai 1896 wurde der Königsberger Tiergarten feierlich eröffnet. 893 Tiere in 262 Arten konnten besichtigt werden. Es gab schon einige große Tiere: Löwen, Tiger, einen Leoparden, einen Puma, einen Bären, einen Elefanten, ein Dromedar und ein Känguru.

Um für Haltung der Tiere benötigte Mittel zu erwerben (der Tiergarten wurde vom Staat nicht finanziert), wurden den Besucher zahlreiche Vergnügungsveranstaltungen angeboten: exotische Ausstellungen, regelmäßige Musikkonzerte, täglich spielte ein Blasorchester. Darüber hinaus gab es ein Restaurant, ein Weinlokal, eine Konditorei, zehn Tennisspielplätze. 1898 bot der Zoo eine ungewöhnliche Attraktion an: für 3 Goldmark konnte man mit einem Heißluftballon auf 300 Meter Höhe aufsteigen. Zum Vergleich: 1910 kostete eine Tageskarte in den Zoo 50 Pfennig für Erwachsene, 20 Pfennig für Kinder. Mit dem erworbenen Geld konnten neue Tiere angekauft werden. 1910 besaß der Zoo 2.161 Tiere, diese Rekordzahl konnte fast 100 Jahre nicht überboten werden.

Mit dem Ersten Weltkrieg begannen schwierige Zeiten für den Zoo: alle verfügbaren Räume wurden vom Militär benutzt. Ein großer Teil des Personals musste Kriegsdienst leisten, der Tiergarten wurde für den öffentlichen Besuch geschlossen. Wegen der Futterknappheit musste der Tierbestand drastisch vermindert werden: einheimische Vögel und Kleintiere wurden in Freiheit gesetzt, einige Großtiere abgeschossen.

Im Jahre 1918 wurde der Tiergarten wieder geöffnet. In den zwanziger Jahren erholte sich der Tierbestand wegen der Wirtschaftsflaute nur langsam, 1920 gab es 380 Tiere, 1924 – 700 Tiere in 200 Arten. 1920 wurde im Tiergarten die erste Deutsche Ostmesse abgehalten und von Reichspräsident Friedrich Ebert eingeweiht.

In den dreißiger Jahren musste der Zoo wegen der Raumnot umgebaut werden. Aus dieser Zeit blieb bis heute das Eingangsgebäude im Bauhaus-Stil erhalten. Seit 1938 war der Zoo Eigentum der Stadt. Der Ausbau des Tiergartens konnte aber wegen des Zweiten Weltkrieges nicht fertig gestellt werden. Der Tiergarten-Verein hat sich aufgelöst.

Der letzte Leiter des Königsberger Zoos Dr. Hans-Georg Thienemann, Sohn des bedeutenden Ornithologen Johannes Thienemann, konnte mit einer großen Zahl von Mitarbeitern seine Arbeit im Zoo Duisburg nach dem Krieg fortsetzen.

Bei der Einnahme der Stadt durch sowjetische Streitkräfte im Frühling 1945 wurden viele Gebäude und Anlagen beschädigt und zerstört. Nur vier Tiere haben den Zweiten Weltkrieg überlebt: Ein Damhirsch, ein Dachs, ein Esel und ein Nilpferd. Das Nilpferd, das man vor dem Krieg "Rosa" und nach dem Krieg "Hans" nannte, hatte bei Kämpfen 7 Granatsplitter abbekommen und war in einen Graben am Parkrand abgestürzt. Das Nilpferd war in einem kläglichen Zustand, da es fast zwei Wochen nichts zu trinken und fressen bekommen hatte. Nach zwei Monaten medizinischer Behandlung war "Hans" wieder gesund und war das erste Großtier des neuen Zoos. Ein Flusspferd ist Symbol des Kaliningrader Tiergartens.

Ab 1946, nach der Umbenennung Königsbergs in Kaliningrad, trägt der Zoo seinen heutigen Namen. Am 27. Mai 1947 wurde der Kaliningrader Zoo erstmals nach dem Krieg der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 50 Tierarten konnten dabei besichtigt werden, der Tierbestand konnte mit Hilfe anderer Zoos der Sowjetunion schnell erweitert werden. Auch Seeleute der sowjetischen Ostseeflotte brachten viele exotische Tiere mit und schenkten sie dem Zoo.

1973 wurde die Institution der Patenschaft eingeführt: mit Hilfe verschiedener Organisationen und Betriebe der Stadt wurden in den nächsten Jahren mehr als 130 Anlagen und Gebäude neu erstellt und renoviert, Staudämme und Brücken über den Parkbach gebaut, Wege, Strom-, Wasser- und Kanalisationsleitungen angelegt.

Aus dem Jahr 1982 stammt ein Kinderspielplatz mit bunten Holzbauten. Um diese Zeit wurden auf dem Eingangsgebäude Gruppen von Tierskulpturen aufgestellt.

Freilichtmuseum

Auf Initiative des Landeskonservators entstand 1912 im Tiergarten das Heimatmuseum, das erste deutsche Freilichtmuseum. Es umfasste eine Windmühle, einen Backofen, eine Dorfkirche und Bauernhäuser aller in Ostpreußen vorkommenden Bauformen. Da die Freigrabenschlucht für nötige Erweiterungen zu eng war, musste das Museum 1938 auf den Hexenberg nördlich von Hohenstein verlegt werden. Dort ist es noch vorhanden.[1]

Der Tiergarten heute

Der 16,5 Hektar große Tierpark ist gleichzeitig ein Arboretum mit exotischen Bäumen und Sträuchern. Am Parkeingang steht zum Beispiel ein Ginkgo, ein lebendes Fossil.

Bären- und Löwen-Freianlagen, Adlervoliere und Seetierhaus mit Außenbecken sind einige wenige erhaltene Vorkriegsbauten. Auch die Leuchtfontäne, die viele Jahrzehnte nicht funktionierte, wurde zum 100-jährigen Jubiläum des Tiergartens im Jahre 1996 restauriert und wieder in Betrieb genommen. Mit einem bis zu 18 Meter hohen Wasserstrahl ist sie eine der größten Fontänen Kaliningrads.

Erhalten geblieben ist auch das 1911 gebaute Gesellschaftshaus in neuzeitlichem Barockstil. Das von Otto Walter Kuckuck projektierte Gebäude mit zwei Stockwerken, Palmensaal und Terrassen wurde nach dem Zweiten Weltkrieg umgebaut und dient als Elefantenhaus.

Unweit der Hauptallee steht eine bronzene Figur zu Ehren des ersten Zooleiters Hermann Claaß. Die Skulptur wurde von Walter Rosenberg erstellt und zeigt einen Knaben, der einen Panther und zwei seiner Jungen füttert. Diese Skulptur wurde am 14. Juni 1913 enthüllt und galt nach dem Zweiten Weltkrieg lange Zeit als verschollen. Erst 1990 wurde sie aufgefunden, restauriert und auf ihren Sockel aufgestellt.

Im Tiergarten gibt es auch andere steinerne und bronzene Tierskulpturen.

Der Kaliningrader Zoo ist Mitglied der Euroasiatischen regionalen Assoziation von Tiergärten und Aquarien und nimmt an vielen internationalen Projekten zur Erhaltung und Zucht bedrohter Tierarten teil. Dem Zoo ist es unter anderem gelungen, Nachwuchs von folgenden Tieren zu bekommen: Schneeleopard, Zebra, Flachlandtapir, Gänsegeier.

Im Jahre 2005 gab es im Zoo mehr als 2200 Tiere in 315 Arten, davon stehen 56 Arten in der Roten Liste gefährdeter Arten.

Der Zoo ist heute wie vor 100 Jahren eine beliebte Erholungsstätte.

Bilder

Einzelnachweise

  1. H. M. Mühlpfordt: Königsberg von A bis Z. Ein Stadtlexikon. 1972

Weblinks

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