Königsblau

Königsblau

Ultramarin (lat. ultramarinus für "überseeisch; über das Meer") ist eine Sammelbezeichnung für anorganische Pigmente unterschiedlicher Farben, aber sehr verwandter chemischer Struktur. Sie sind sehr lichtecht und basieren auf Mineralien, die nach Europa „über das Meer“ importiert werden mussten. Besonders wichtig war das blaue Pigment „Ultramarinblau“. Häufig wird der Begriff „Ultramarinblau“ (fälschlich) mit „Ultramarin“ gleichgesetzt. Abweichend handelt es sich bei Ultramarin yellow um einen anderen Namen für das gelbe Salz Bariumchromat, welches u. a. auch als Pigment eingesetzt wird.

Inhaltsverzeichnis

Ultramarinblau

Natürliches Ultramarinblau
Natürliches Ultramarinblau als Farbe auf Papier
Synthetisches Ultramarinblau
Synthetisches Ultramarinviolett

Die Farbvalenz Ultramarinblau ist das Blau, wie es am kurzwelligen Ende des Farbspektrums zu sehen ist. Das Pigment Ultramarinblau ist auch bekannt als: Universalblau, Königsblau, Lasurblau und Pfaublau.

Das Ultramarinblau ist sehr wichtig und war kostbar. In der Natur ist „flüchtiges“ Blau häufig zu sehen, etwa in Form des blauen Himmels oder des blau schimmernden Wassers. In der Malerei spielt es dadurch eine große Rolle, ein beständiges und werkstofftaugliches blaues Farbmittel ist in der Natur selten. Besonders relativ reine Blautöne ohne Violettstich wie die Farbe des Blaukrauts oder der Heidelbeere) noch solche mit Grünstich wie der Grünspan) sind selten.

RAL-Farbsystem

Im RAL-Farbsystem ist die Farbe RAL 5002 als Ultramarinblau definiert. Heute ist sie die Farbe des Technischen Hilfswerks und ganz allgemein die Signalfarbe für Hinweise und Schutzpflicht (DIN 4844).

Natürliches Ultramarinblau

Natürliches Ultramarin ist ein Pigment, das aus dem Halbedelstein Lapislazuli gewonnen wird. Es ist das komplexe schwefelhaltige Aluminiumsilikat, nämlich das Mineral Lasurit im Gestein Lapislazuli, das die blaue Farbe liefert. Das Gestein ist nur an einer einzigen Fundstelle im Norden Afghanistans in herausragender Qualität (hoher Lasuritanteil) zu finden. Von der Tatsache, dass dieser überaus wertvolle Rohstoff aus Übersee nach Zentraleuropa eingeführt werden musste, rührt auch die Bezeichnung des aus gemahlenem Lapislazuli mit verschiedenen Reinigungsverfahren hergestellten, besonders lichtechten blauen Farbpigments: ultramarinus (lat.) für „überseeisch“.

Synthetisches Ultramarin

Die Herstellung von künstlichem Ultramarin-Pigment war deshalb lange ein sehr komplizierter, aber Gewinn bringender Prozess. Ein französischer Ausschuss setzte noch im Jahre 1824 einen hohen Preis für denjenigen aus, der ein Verfahren zur künstlichen Herstellung von Ultramarinblau entwickeln könnte. 1828 gelang dem Franzosen Jean-Baptiste Guimet die künstliche Herstellung, sein Verfahren wurde jedoch nicht veröffentlicht. Gleichzeitig mit Guimet entwickelte Professor Gmelin in Tübingen ein Verfahren, das er veröffentlichte. Ebenso im Jahr 1828 erfand Friedrich August Köttig das Meißner Lasursteinblau, eine Variante des künstlichen Ultramarins. Dieses Herstellungsverfahren erlangte 1829 Fabrikationsreife.

1834 gründete Carl Leverkus die erste deutsche Fabrik zur Herstellung künstlichen Ultramarins. 1845 gelang Wilhelm Büchner die Entwicklung einer erheblich vereinfachten Produktionsweise, die zur Gründung seiner Ultramarinfabrik in Pfungstadt führte.

1836 begann Johannes Zeltner aus unternehmerischen Interesse, das von Thomas Leykauf und Friedrich Wilhelm Heyne (1804-85) entwickelte Verfahren zur Erzeugung von Ultramarin zu fördern. 1838 errichtet er an der heutigen Zeltnerstraße in Nürnberg die erste Ultramarinfabrik in Bayern, die Nürnberger Ultramarinfabrik. Zeltner meldete am 2. Juli 1877 sein ″Verfahren zur Herstellung einer rothen Ultramarinfarbe″ zum Patent an – das erste Patent in Deutschland überhaupt [1].

Folgende Rohmaterialien werden für die Herstellung von synthetischem, rein-blauem Ultramarin eingesetzt: (1) Eisen-freies Kaolin (Al2O3. 2SiO2. 2H2O), oder ein anderes reines Tonmineral; bei letzterem sollte aber für ein gutes Resultat das Verhältnis von Kieselsäure (SiO2) zu Aluminiumoxid (Al2O3) dem von Kaolin möglichst gleichen; (2) kalziniertes (wasserfreies) Natriumsulfat (Na2SO4); (3) kalziniertes Natriumkarbonat (Waschsoda) (Na2CO3); (4) Schwefel (pulverisiert) und (5) Aktivkohlepulver oder Kohle mit einem sehr geringen Ascheanteil, oder Kolophonium.

Kieselsäure-armes Ultramarin erhält man durch die Vereinigung eines Gemisches aus weichem Ton, Glaubersalz (Natriumsulfat), Aktivkohle, Soda und Schwefel. Das Produkt ist zunächst weiß, die Farbe schlägt aber rasch nach grün um (Grünes Ultramarin), wenn es nach Zugabe des Schwefels erhitzt wird. Das Gemisch entzündet sich und nach dem Ausbrennen erhält man das gewünschte blaue Pigment.

Kieselsäure-reiches Ultramarin erhält man im Allgemeinen durch das Erhitzen einer Mischung aus reinem Ton(mineral), sehr feinem weißem Sand, Schwefel und Aktivkohle in einem Muffelofen. Man erhält alsbald ein blaues Produkt, welches jedoch häufig auch einen rötlichen Farbton aufweist. Die verschiedenen Ultramarine – blau, grün, rot bzw. violett (Ultramarinviolett) – werden fein gemahlen und mit reinem Wasser ausgewaschen.

Der Colour Index führt Ultramarinblau als Pigment Blue 29, Ultramaringrün als Pigment Green 16, Ultramarinrot als Pigment Red 259 und Ultramarinviolett als Pigment Violet 15[2].

Chemische Struktur und die Farbe

Synthetische und natürliche Ultramarine - unabhängig von ihrer Farbe - basieren auf einer sehr ähnliche chemischen Struktur: Der Struktur des farblosen Sodalith-Minerals. Dieses Mineral gehört zu den Clathraten, die sich dadurch auszeichnen, über ein System von sehr kleinen Hohlräumen (Käfigen) zu verfügen. Bei Sodalith sind die Hohlräume so klein, dass nur wenige Atome in diese Käfige passen. Diese Gitterstruktur wird von Aluminium-, Silizium- und Sauerstoffatomen gebildet und enthält Natriumionen, die die Kanäle sozusagen verstopfen. Bei den Ultramarinen enthalten die Hohlräume einfach negativ geladene Polysulfidionen. Diese „eingesperrten“ Ionen verhalten sich anders als der normale, freie Schwefel. Sie schlucken (absorbieren) Licht bestimmter Energie (Wellenlänge). Sie bilden ein Farbzentrum. Licht anderer Wellenlänge wird nicht absorbiert und strahlt zurück. Fällt also weißes Licht (Sonnenlicht) auf das Pigment, fehlt nach der Reflexion durch das Pigment ein bestimmter Anteil des Lichts. Der Mensch empfindet nun eine Farbe. Welche Farbe das Pigment hat, hängt von der genauen Struktur und Anzahl der „eingesperrten“ Polysulfidionen ab. (Es handelt sich um Polysulfid-Radikalionen, das gelbgrüne S2-, das blaue S3- und das rote S4-). Die Besonderheit dieser Ultramarin-Pigmente ist ihre hohe Farbstabilität, da die an sich chemisch nicht stabilen einfach negativen Polysulfide durch die Sodalith-Käfige gegen chemische Angriffe (insbesondere durch Sauerstoff) geschützt sind. Die Farbzentren überleben dauerhaft das „Schlucken“ eines Teil des Lichts ohne zu verbleichen.

Wissenswertes

Der Evangelist Lukas, aus dem Stundenbuch des Herzogs von Berry, 1412-1416
Deckblatt des 1. Reichspatents
  • Die Verwendung von Ultramarin kann für Pompeji nicht nachgewiesen werden.
  • Ultramarin war ein wichtiges Pigment in der historischen Buchmalerei.
  • Johannes Zeltner errichtete 1838 an der heutigen Zeltnerstraße in Nürnberg die erste Ultramarin-Fabrik in Bayern. Ihm wurde auch das erste deutsche Reichspatent für ein „Verfahren zur Herstellung einer rothen Ultramarinfarbe“ am 2. Juli 1877 erteilt.
  • Wilhelm Büchner gelingt um 1841 eine Vereinfachung in der Produktion künstlichen Ultramarins, was er gegenüber seiner Mutter mit „Da haben wir die Million!“ kommentiert haben soll.
  • Einige Jahre bevor José Gutiérrez de la Concha 1868 für 12 Tage spanischer Regierungschef wurde, bekleidete er 1863 interimistisch das neuerschaffene Amt des Ultramarin-Ministers.
  • Ultramarin findet auch Verwendung als Körperfarbe in der Zeugdruckerei.
  • Bei der Verwendung in Ölfarben ist insbesondere bei Ultramarin, Erdfarben und Zinkweiß die Anwendung von Sikkativen (Trocknungsbeschleuniger) geboten.
  • Da es sich bei Ultramarin – ebenso wie bei Zinnober und Auripigment – um ein sulfidhaltiges Pigment handelt, ist es mit Bleiweiß nicht verträglich: in Aquarellen kommt es zur Verschwärzung, durch Bildung von Bleisulfid in Gegenwart von Schwefelwasserstoff.
  • „Ultramarin“ ist der Titel einer Erzählung von Malcolm Lowry.
  • Die Flagge von Barbados hat die Farben Ultramarinblau, Goldgelb und Ultramarinblau.
  • Die blauen Buntbären Zamoniens sind neben vielen anderen Blautönen auch Ultramarin-farben.
  • Der Maler und Performance-Künstler Yves Klein hat sein International Klein Blue (IKB), ein besonderes Ultramarin-Blau, 1957 patentieren lassen.

Quellen

  1. Pressedienst des Deutschen Patent- und Markenamts: 125 Jahre Deutsches Patent- und Markenamt
  2. Römpp CD 2006, Georg Thieme Verlag 2006

Weblinks


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