Lacoma

Lacoma
Ortseingang von Lakoma, 2007

Lakoma (auch Lacoma, niedersorbisch: Łakoma) war ein zum Stadtteil Willmersdorf von Cottbus in Brandenburg gehörendes Dorf etwa 6 Kilometer nordöstlich der Cottbusser Innenstadt, das zu Beginn des 21. Jahrhunderts dem Braunkohle-Tagebau Cottbus-Nord weichen musste.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die letzten Häuser in Lakoma, 2007

Erstmals urkundlich erwähnt wurde Lakoma 1337 im Zusammenhang mit der „Alten Poststraße“, einem damals überregional wichtigen Fuhrmanns- und Handelsweg sowie späteren Postweg.[1] Um 1450 wurde im Siedlungsbereich der kulturhistorisch bedeutsame Hammergraben gebaut.[1]

1968 wurde das gewässerreiche Gebiet um Lakoma als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen.[2]

Die Bevölkerung von Lakoma wurde 1983 darüber informiert, dass ihr Dorf abgebaggert werden soll.[1] Der überwiegende Teil der damals etwa 150 Bewohner[1] wurde bereits vor der Wiedervereinigung 1989/90 trotz Protests umgesiedelt und einige Höfe wurden abgerissen. Anschließend stand das Dorf als Wüstung bzw. „Geisterstadt“ weitgehend leer.

Besetzung und Zwischennutzung

Im Mai 1992 wurden leer stehende Gebäude von Cottbusser Abiturienten und Umweltaktivisten besetzt.[1] Im Jahr darauf wurde der Verein Lacoma e.V. gegründet, der sich u.a. um die Legalisierung der Besetzungen und um eine gemeinnützige Dorfnutzung bemühte.[2] Dieser Verein erhielt 1994 von der Stadt Cottbus bis 2003 befristete Zwischennutzungsverträge für Lakoma.[2]

Im Rahmen des „kreativen Widerstands“ entstandene Holzskulptur in Lakoma

Ein Gebäude wurde ab 1996 von den ehemaligen Besetzern zum Kulturzentrum und neuen Dorfmittelpunkt umgewidmet. In der „Kulturscheune“ fanden fortan zahlreiche Konzerte (u.a. mit Gerhard Gundermann), Lesungen, Vorträge und Feste statt.[3] Weitere Aktionen und Veranstaltungen meist ökologischer und soziokultureller Natur wurden im Dorf organisiert, darunter Wanderungen zu den Lakomaer Teichen, allgemeine Umweltbildungsarbeit, Kunstwerkstätten und Veranstaltungen zur Förderung der sorbischen Kultur. Auch wohnten wieder mehrere Menschen im „Ökodorf Lacoma“, darunter viele Künstler und Studenten.[3] Bekannt wurde Lakoma in der Zeit der Zwischennutzung insbesondere für seine aktive Holzbildhauer-Szene (Holzwerkstätten mit internationaler Künstlerbeteiligung) und das jährlich im Juni zur Sommersonnenwende stattfindende Lacoma-Fest.

Neu gebaute Vattenfall-Betriebsstraße in Lakoma, im Hintergrund das „Wandernde Haus“, 2007

Eigentümer der Dorfflächen war als Betreiber des Tagebaus Cottbus-Nord zuletzt der Energiekonzern Vattenfall (und ist dies, Stand 2008, weiterhin). Nach Ablauf der Nutzungsverträge ließ Vattenfall das Dorf Ende 2003 trotz fortgesetzten Widerstands durch die Polizei räumen und anschließend – in den Jahren 2003 bis 2005 – alle bis auf zwei Häuser am Ortseingang in direkter Nähe zur Bundesstraße abreißen. Auf einem dieser letzten Randgrundstücke steht auch noch das „Wandernde Haus“, das einer der Ökodorf-Aktivisten in sorbischer Holzbau-Tradition errichtet und bewohnt hatte, und das in Folge der fortschreitenden Abrissarbeiten mehrfach auf dem Dorfgelände umziehen musste.

Anlagen zur Grundwasserabsenkung im Bereich des alten Dorfes, 2007

Nach der Dorfräumung begann Vattenfall – in Vorbereitung der zukünftigen Braunkohle-Abbaggerung – zudem mit der weitflächigen Errichtung von Entwässerungsanlagen zur Grundwasserabsenkung auf dem Gelände.[4]

Über die Auseinandersetzungen rund um Lakoma wurde 2004 ein zweistündiger Dokumentarfilm Lacoma und der Konzern – Ein energiepolitisches Gesellschaftsspiel gedreht.[5]

Auch nach der Räumung von Lakoma finden weiterhin regelmäßig privat organisierte Führungen durch Lakoma und insbesondere die nahe Teichlandschaft statt.[6] Im Juli 2008 fand letztmalig eine „Gedenkwanderung“ auf der „Alten Poststraße“ zwischen dem nördlich gelegenen Willmersdorf und Lakoma statt, denn ab 2009 wird die historische Straße als Teil des Vattenfall-Betriebsgeländes gesperrt.[7]

Lakomaer Teiche

Hinter dem Dorf liegen die Lakomaer Teiche, die 2003 gemeinsam mit dem Hammergraben durch die brandenburgische Landesregierung als Fauna-Flora-Habitat (FFH) an die EU gemeldet wurden. In dem 380 ha großen Gebiet wurden über 170 bedrohte Tier- und Pflanzenarten festgestellt, unter anderem Vorkommen des Eremitenkäfers (Osmoderma eremita) und eine der größten Populationen der Rotbauchunke (Bombina bombina) in Brandenburg. Außerdem kamen hier der Wiedehopf, die Rohrdommel und der Fischotter vor.[1]

Nachdem das Eilverfahren der gegen die Abbaggerung des Gebietes klagenden Umweltverbände abgewiesen wurde[8] und eine Entscheidung im Hauptverfahren erst nach der Zerstörung des FFH-Gebietes in Aussicht war[9], besetzten Aktivisten der Umweltschutzorganisation Robin Wood das Gebiet. Diese Besetzung wurde am 28. September 2007 durch einen von Vattenfall engagierten Sicherheitsdienst gewaltsam beendet. Unmittelbar danach begann die Abholzung des FFH-Gebietes.[10]

Weblinks

Holzkreuze am Lakomaer Ortseingang erinnern an Lakoma und andere abgebaggerte sorbische Dörfer

Einzelnachweise

  1. a b c d e f Eine Chronologie des Kampfes um das Dorf Lacoma und die benachbarte Teichlandschaft. Robin Wood, Februar 2007.
  2. a b c Zeittafel der Ereignisse in und um das Dorf Lacoma und die angrenzende Teichlandschaft Robin Wood, Februar 2007.
  3. a b BlickLicht Magazin 11/2003, S. 4-6
  4. Widerstand gegen Lausitzer Braunkohletagebau 26. September 2007
  5. Filminfo: Lacoma und der Konzern (Autorin: Vivien Treuleben; Tiamat Filmproduktion/Buchbäcker-Verlagsgesellschaft)
  6. www.lacoma.info, Stand Oktober 2008
  7. Gedenkwanderung durch Lacomaer Teichlandschaft; Cottbuser Postkutscher nimmt Abschied von Lacoma. Der Tagesspiegel Brandenburg. 5. Juli 2008
  8. http://www.lacoma.info/klage/OVG-kommentar.pdf
  9. http://www.lacoma.info/Vergleich.html
  10. http://www.umwelt.org/robin-wood/german/presse/index-070928.htm

51.7959714.382427Koordinaten: 51° 48′ N, 14° 23′ O


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