Leopold I. (Anhalt-Dessau)

Leopold I. (Anhalt-Dessau)
Leopold von Anhalt-Dessau

Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau, genannt „Der Alte Dessauer“ (* 3. Juli 1676 in Dessau; † 9. April 1747 in Dessau), war Fürst von Anhalt-Dessau, der erste wichtige preußische Heeresreformer und einer der populärsten preußischen Generäle.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Leopold I., Fürst von Anhalt-Dessau
Darstellung Leopold I. durch Adolph Menzel (ca.1850) in der Uniform seines Regiments zu Fuß
Die Grablege des „Alten Dessauers“

Schon im Alter von 18 Jahren wurde er Oberst des brandenburgischen Regiments Anhalt zu Fuß, das er in der Folge zu einem Reformregiment ausbauen sollte. Im selben Jahr nach dem Tod seines Vaters Johann Georg II. wurde er auch regierender Fürst. Während seiner Teilnahme an diversen preußischen Militäroperationen wurden die Regierungsgeschäfte von seiner Mutter, Fürstin Henriette Katharina von Oranien wahrgenommen. Erst ab 1698 führte er tatsächlich die Regierung und unternahm viele Reformen in den Bereichen Landwirtschaft, Steuern, Infrastruktur und Ansiedlung von Manufakturen.

Berühmt jedoch wurde er vor allem für seine militärischen Leistungen. Er führte in der brandenburgisch-preußischen Armee den Gleichschritt und auch um 1700 den eisernen Ladestock (bis dahin aus Holz) ein. Er nahm als Heerführer der preußischen Truppen am Spanischen Erbfolgekrieg (1701–14) teil. Er zeichnete sich bei den Belagerungen von Kaiserswerth, Venlo und Bonnand, sowie insbesondere unter Prinz Eugen von Savoyen in der Schlacht von Höchstädt 1704 aus. Danach kämpfte er in den Schlachten bei Cassano (1705) und Turin (1706) in Norditalien. 1709 nahm er in Flandern mit Prinz Eugen und dem Herzog von Marlborough an der Belagerung Tournais und der Schlacht bei Malplaquet teil. 1712 wurde er Befehlshaber aller preußischen Truppen an der Front. Nachdem er die Festung von Moers genommen hatte, ohne dass ein Schuss gefallen war, wurde er zum preußischen Generalfeldmarschall ernannt. Er wurde später ein enger Vertrauter von Friedrich Wilhelm I. und - obwohl Nichtraucher - Mitglied des Tabakskollegiums. Im Großen Nordischen Krieg gegen Schweden eroberte er als Heerführer eines Invasionsheeres während der Belagerung von Stralsund 1715 Rügen und Stralsund.

Zwischen 1715 und 1740 widmete er sich vor allem der Ausbildung des preußischen Heeres. Durch seine Reformen wurde das preußische Heer das schlagkräftigste Europas. Er legte viel Wert auf Disziplin und technische Ausbildung der Infanterie, und ohne Zweifel verdankte Preußen ihm den Ruf als Militärmacht. Im Krieg um die polnische Thronfolge (1733 bis 1735) wurde er zum Feldmarschall des Reiches ernannt und kämpfte wiederum unter Prinz Eugen von Savoyen am Rhein gegen Frankreich.

Als Kronprinz Friedrich vor der harten, autoritären Erziehung seines Vaters floh und als Deserteur gefangen genommen wurde, war es Leopold, der den König überzeugte, Friedrich zu vergeben und ihn wieder in die preußische Armee aufzunehmen. Unter Friedrich dem Großen nahm er am Zweiten Schlesischen Krieg (1744 bis 1745) teil. Seit dem Tod Eugen von Savoyens galt Leopold als fähigster Soldat seiner Zeit und Friedrich hatte Probleme, ihn zu leiten.

Im Zweiten Schlesischen Krieg sollte Leopold, jetzt knapp 70 Jahre alt, den brillantesten Feldzug seiner langen Laufbahn führen. Sein vernichtender Sieg über Sachsen und Österreich in der Schlacht von Kesselsdorf am 15. Dezember 1745 beendete den Krieg vorzeitig. Nach diesem Sieg zog sich Leopold ins Privatleben zurück und verbrachte den Rest seines Lebens in Dessau. Als er 1747 starb, bemerkte Friedrich II. nur „Der Alte Dessauer ist verrecket.“

Er heiratete 1698 gegen den Widerstand seiner Eltern die bürgerliche Apothekertochter Anna Luise Föhse, seine Jugendliebe („die Anneliese“), die drei Jahre später (1701) vom Kaiser zur Reichsgräfin erhoben und für ihre Kinder mit Sukzessionsrechten belehnt wurde. Sie agierte als Regentin, wenn ihr Mann auf Feldzügen war. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Leopold II..

Legenden

Der Legende nach soll der alte Dessauer die in seiner Heimat verbreitete Gose in Leipzig eingeführt haben. Die Bierspezialität wurde eines der beliebtesten Getränke in der Messestadt.

Vor der Schlacht von Kesselsdorf soll der alte Dessauer geschworen haben, Sachsen mit einem Gestank auszufüllen, der noch jahrelang zu riechen sein sollte [1]. Danach schloss er mit dem berühmten Gebet, in dem er Gott um Neutralität ersuchte: „Lieber Gott, stehe mir heute gnädig bei! Oder willst Du nicht, so hilf wenigstens die Schurken, die Feinde nicht, sondern siehe zu, wie es kommt!“ [2].

Eines Abends soll der Fürst die Dessauer Spittelstraße hinaufgeritten sein. Als er dabei an den Topfwarenhändlerinnen vorbeiritt, fragte er, wie denn das Geschäft gewesen sei. Die Topfhändlerinnen klagten und lamentierten. Daraufhin ritt der Fürst mitten in die Topfwaren hinein, so dass bald nur noch Scherben zu sehen waren. Die Marktfrauen schrien und heulten, doch so je mehr sie das taten, umso ungestümer verhielt sich ihr Landesherr. Am Ende war kein einziges Stück mehr ganz. Als der Fürst alles zerritten hatte, forderte er die Marktweiber auf, gleich mit aufs Schloss zu kommen und er bezahlte ihnen den angerichteten Schaden nach Heller und Pfennig, so dass die Weiber doch noch einen guten Markt gemacht haben.
Diese Geschichte soll in das Märchen vom König Drosselbart eingeflossen sein. Jedenfalls ist überliefert, dass die Brüder Grimm von dieser Begebenheit gehört haben. [3].

Denkmäler

  • Den Generälen seines großen Vorfahren Friedrich II. stiftete der Preußenkönig Friedrich Wilhelm III. erste Denkmäler, die 1860 auf dem Berliner Wilhelmplatz errichtet wurden. Das Marmorstandbild des Fürsten Leopold I. schuf der Bildhauer Johann Gottfried Schadow aus Carrara-Marmor. Witterungsschäden machten jedoch schon nach wenigen Jahrzehnten einen Austausch der Marmorstandbilder durch Bronzegüsse notwendig. Die Marmorstandbilder wurden zunächst magaziniert und nach der Fertigstellung des Kaiser-Friedrich-Museums im Jahre 1904 in den Nischen im Hinteren Treppenhaus, zusammen mit einem Standbild ihres Königs, aufgestellt.[4]
  • Das Modell zu dem Bronzestandbild des Altes Dessauers schuf der Bildhauer August Kiß nach dem Schadowschen Standbild, der Guss erfolgte im Königlichen Gewerbe-Institut. Das Bronzestandbild wurde 1859 an der Stelle des Marmordenkmals errichtet. Es überstand an dieser Stelle beide Weltkriege; die Machthaber des DDR-Regimes ließen die Denkmäler jedoch aus ideologischen Gründen abbauen und einlagern. Zur Zeit der Wende standen sie kurzzeitig auf dem Areal des Lustgartens. Auf Initiative der Schadow-Gesellschaft Berlin und durch Sponsorengelder ermöglicht, steht der bronzene Leopold seit 2005 aufgefrischt fast wieder an der originalen Stelle am Wilhelmplatz (U-Bahneingang Wilhelmstraße/Mohrenstraße).[5].
  • Am 18. Oktober 1860 wurde auf dem Großen Markt in Dessau vor der Adler-Apotheke ein weiteres Standbild des Alten Dessauers feierlich enthüllt. Stifter war der Herzog von Anhalt; bei dem Standbild handelt es sich um einen Zweitguss des Berliner Bronzedenkmals vom August Kiß nach dem Original von Johann Gottfried Schadow. Auch dieses Denkmal wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst entfernt. Inzwischen wurde es wieder aufgestellt und kann heute vor der Marienkirche auf dem Dessauer Schlossplatz besichtigt werden.
  • Der bei der Bombardierung von Dessau, am 7. März 1945, und durch nachfolgende Plünderungen zerstörte Prunksarg des „Alten Dessauers“ in der Fürsten- und Leopoldsgruft der Marienkirche wurde von 12 Zinnfiguren umringt, welche preußische Grenadiere in ihrer alten Uniform mit ihren Gardemützen darstellten.

Weitere Erinnerungen

  • Nach Leopold I. ist auch ein langsamer Infanteriemarsch, Dessauer Marsch, benannt.
  • Theodor Fontane widmete ihm ein Gedicht. Es heißt Der alte Dessauer.
  • Einige Straßen wurden nach ihm benannt, u.a. in Detmold oder Schlangen
  • Ein literarisches Denkmal setzte ihm Karl May mit insgesamt neun Humoresken (z.B. Ein Stücklein vom Alten Dessauer), die 1875 bis 1883 erschienen und z.T. mehrfache Nachdrucke (teilweise unter anderen Titeln) erfuhren.[6] Wiederkehrendes Motiv dieser Erzählungen ist das Inkognito: So tritt Leopold I. u.a. als Bäcker, Drehorgelspieler, Ameisenhändler, etc. auf. Noch im Jahre 1898 plante May ein Theaterstück über den Fürsten; es wurde nicht mehr verwirklicht.[7]

Kinder

  1. legitim mit Anna Luise Föhse (1677–1745):
    1. Wilhelm Gustav (1699–1737), Ahnherr der Grafen von Anhalt
    2. Leopold Maximilian (1700–1751), preußischer Generalfeldmarschall, folgte 1747 seinem Vater als Leopold II.
    3. Dietrich (1702–1769), preußischer Generalfeldmarschall
    4. Friedrich Heinrich Eugen, (1705–1781), preußischer Generalmajor
    5. Henriette Marie Luise (1707–1707), sie lebte nur fünf Tage
    6. Luise (1709–1732) - verheiratet mit Fürst Victor Friedrich von Anhalt-Bernburg (1700–1765)
    7. Moritz (1712–1760), preußischer Generalfeldmarschall
    8. Anna Wilhelmine (1715–1780), blieb unverheiratet und kinderlos, erbaute Schloss und Park Mosigkau
    9. Leopoldine Marie (1716–1782) - verheiratet mit Markgraf Heinrich Friedrich von Brandenburg-Schwedt (1709–1788)
    10. Henriette Amalie (1720–1793), lebte fast 40 Jahre in Bockenheim bei Frankfurt, baute in Bockenheim und Kreuznach kleine Schlösser, starb in Dessau
  2. illegitim mit Sophie Eleonore Söldner (1710–1779), welche später den Amtsmann Johann August Rode heiratete, aus dessen Ehe u. a. August von Rode hervorging.
    1. Georg Heinrich von Berenhorst (1733–1814). Über Berenhorst ist Fürst Leopold ein direkter Vorfahr des berühmten Jagdfliegers Manfred von Richthofen (1892–1918).
    2. Karl Franz von Berenhorst (1735–1804)

Literatur

  • Selbstbiographie des Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau von 1676 bis 1703, hrsg. v. Siebigk. Dessau 1876
  • Joachim Engelmann, Günter Dorn: Friedrich der Große und seine Generale. Nebel, Uttingen 2001, ISBN 3-89555-002-7.
  • Jürgen Hahn-Butry (Hrsg.): Preußisch-deutsche Feldmarschälle und Großadmirale. Safari, Berlin 1938.
  • Ferdinand Siebigk: Leopold I., (Fürst von Anhalt-Dessau). In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 18, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 336–352.
  • Des weltberühmten Fürstens Leopoldi von Anhalt-Dessau Leben und Thaten, Frankfurt und Leipzig 1742 (Digitalisat in der Google Buchsuche)
  • Das rühmliche Leben und die unvergleichlichen Helden-Thaten des Fürsten Leopolds zu Anhalt. Braunschweig und Leipzig 1747 (Digitalisat)
 Wikisource: Ein Soldatenfürst des vorigen Jahrhunderts – von F. v. D, illustriert von Theobald von Oer, in Die Gartenlaube (1866), Heft 40 und 42

Weblinks

 Commons: Leopold I. von Anhalt-Dessau – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Heiterer Anektotenschatz, Bindlach, 1996, S. 282.
  2. Friedrich der Große, Orbis Verlag 1991, S. 81.
  3. Dessau, Bauhausstadt im Gartenreich, Stadt Dessau - Amt für Kultur, Tourismus und Sport, 2006, S. 14.
  4. http://www.tagesspiegel.de/bildersuche/cme9093,120452.html?SORT=PRIO
  5. Susanne Kähler, Neuaufstellung des "Alten Dessauers" auf dem Wilhelmplatz. [1]
  6. Hainer Plaul: Illustrierte Karl-May-Bibliographie. Unter Mitwirkung von Gerhard Klußmeier. Saur. München, London, New York, Paris 1989.
  7. Christian Heermann: Winnetous Blutsbruder. Karl-May-Biografie. Karl-May-Verlag. Bamberg 2002.


Vorgänger Amt Nachfolger
Johann Georg II. Fürst von Anhalt-Dessau
1693–1747
Leopold II.

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