Anpassungsstörung

Anpassungsstörung
Klassifikation nach ICD-10
F43 Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen
F43.2 Anpassungsstörungen
ICD-10 online (WHO-Version 2011)

Eine Anpassungsstörung ist eine Reaktion auf einmalige oder fortbestehende belastende Ereignisse.

Inhaltsverzeichnis

Formen

Das DSM-IV führt verschiedene Typen von Anpassungsstörungen auf wie Anpassungsstörungen mit Angst oder mit depressiver Verstimmung. Diese Diagnosen werden gestellt, wenn die Symptome innerhalb von drei Monaten nach Einsetzen der Belastung entstehen. Die Symptome können bis zu sechs Monaten, nachdem die Belastung zurückgegangen ist, andauern[1].

Synonyme für die Anpassungsstörung sind Hospitalismus bei Kindern, Trauerreaktion, Kulturschock, Heimweh, Nostalgie, neurotische Depression oder reaktive Depression.

Symptome

Die Symptome können sehr vielfältig sein und hängen individuell von der Person und dem als Belastung empfundenen Ereignis ab.

Folgende Symptome sind möglich:

  • Gefühl von Bedrängnis
  • emotionale Beeinträchtigung
  • verändertes Sozialverhalten
  • evtl. sozialer Rückzug
  • Gefühle der Leere
  • Gedankenkreisen
  • gesteigerte Sorge
  • Freudlosigkeit
  • Trauer
  • Angst
  • depressive Verstimmung

Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen depressive Stimmung, Angst oder Sorge (oder eine Mischung von diesen), ohne jedoch so markant zu sein, dass die speziellen Diagnosen gegeben werden können. Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches Problem sein.

Ursachen

Die Anpassungsstörungen sind Reaktionen auf Belastungen. Solche Belastungen können Beendigung einer Beziehung, Eheprobleme, Schwierigkeiten am Arbeitsplatz oder Mobbing sein. Aber auch sogenannte kritische Lebensereignisse wie Schulwechsel, Heirat, Geburt, Tod eines Angehörigen, Arbeitslosigkeit, Emigration, Pensionierung können bei mangelnder Bewältigungsfähigkeit eine Belastung sein und zu einer Anpassungsstörung führen. Weiterhin gilt dies für Ereignisse wie Flucht, Unfälle, Raub oder Operationen. Bei Kindern und Jugendlichen kann Vernachlässigung (siehe: Hospitalismus, Deprivationssyndrom, Deprivation) die Ursache sein.

Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung nicht entstanden wäre.

Häufigkeit

Anpassungsstörungen sind relativ häufig, Schätzungen sprechen von 5 bis 20% der Patienten in ambulanter psychotherapeutisch-psychiatrischer Behandlung. Wahrscheinlich gibt es eine hohe Dunkelziffer. Allerdings bestehen Zweifel, ob Anpassungsstörungen so häufig vorkommen, wie es dieser Befund nahe legt. Diese Diagnose scheint stattdessen eine der beliebtesten bei Klinikern zu sein, da sie auf eine Anzahl von Symptomen angewandt werden kann[1].

Differentialdiagnose

Es gibt verschiedene Störungen, die einer Anpassungsstörung auf den ersten Blick ähneln, so z. B. die Bindungsstörung, der Autismus, das Asperger-Syndrom und die schizoide Persönlichkeitsstörung.

Eine Unterscheidung zu anderen Störungen ist häufig nur möglich, wenn sich der Betroffene nicht in einem Heim, einem Krankenhaus oder einer Anstalt befindet, also nicht in einem Milieu, das den Hospitalismus fördert. Wird der Betroffene in ein „normales" Milieu gebracht, bessert sich das Verhalten häufig nach einigen Monaten.

Im Unterschied zur Bindungsstörung neigt der Betroffene nicht zu gewalttätigem oder aggressivem Verhalten und nicht zu einem „eingefrorenen“ Gesichtsausdruck bzw. zu erhöhter Wachsamkeit gegenüber der Umgebung.

Der Autismus unterscheidet sich von der Anpassungsstörung vor allem dadurch, dass das autistische Verhalten auch bei guter Pflege und genügend Anregung weiterbesteht. Außerdem findet sich bei Patienten mit einer Anpassungsstörung nicht das spezifische Verhalten autistischer Menschen. Menschen mit einer Anpassungsstörung weisen im Unterschied zu Autisten auch keine sprachlichen Defizite auf.

Eine Unterscheidung zum Asperger-Syndrom ist die Durchführung einer neurologischen Untersuchung, die bei Menschen mit Asperger-Syndrom häufig auffällige Befunde liefert.

Die Abgrenzung zur schizoiden Persönlichkeitsstörung kann manchmal schwierig sein.

Folgen und Komplikationen

Das subjektive Wohlbefinden der Betroffenen ist beeinträchtigt; es bestehen Gefühle von Angst, Depression und/oder Sorge. Es können Schwierigkeiten bestehen, den Alltag und seine Anforderungen zu bewältigen. Besonders bei Jugendlichen kann das Sozialverhalten beeinträchtigt sein, so dass es zu Vereinsamung und Isolation kommt. Die Folgen können Arbeitsunfähigkeit, Schwierigkeiten in der Beziehung oder Selbstmordgedanken sein.

Behandlung

Anpassungsstörungen werden psychotherapeutisch behandelt, in Einzelfällen werden unterstützend auch Antidepressiva gegeben.

Literatur

  1. a b Comer, R. J. (Hrsg.): Klinische Psychologie. Spektrum Verlag 2001, Seite 107
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