Libertiner

Libertiner

Der Begriff Libertin (veraltet auch Libertiner, von lat. libertinus „zu den Freigelassenen gehörig“) wird für zwei unterschiedliche Bedeutungsinhalte gebraucht:

  • Der Libertin der Sitten (frz. libertin de mœurs) bezeichnet eine Person, die sich nicht an moralische und traditionelle sexuelle Normen gebunden fühlt und einen ausschweifenden Lebenswandel führt.[1] Libertinage bzw. Libertinismus bezeichnet davon abgeleitet den moralisch ausschweifenden Lebenswandel.[1] Beispiele hierfür wären Marquis de Sade und Aleister Crowley.
  • Der Libertin des Geistes (frz. libertin d’esprit) bezeichnet hingegen den Freidenker oder Freigeist.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

In seiner ursprünglicheren Bedeutung ist der Begriff eine Gruppenbezeichnung für Sklaven, denen man die Freiheit geschenkt hat. Der Begriff kommt vom spanischen libertino, ursprünglich hijo de liberto und bezeichnete den Sohn eines freigelassenen Sklaven[2].

Der Begriff wurde dann als Schmähbegriff für vermeintliche Ketzer und Menschen mit ausschweifendem Lebensstil verwendet. Einschlägig ist die ausführliche Abrechnung von Garasse (1623).

Im Frankreich des 17. Jahrhunderts waren Libertins Dichter oder Dichter-Philosophen wie Cyrano de Bergerac[3]. Ein Libertin war beispielsweise Cléanthe (aus Der Geizige von Molière): „C'est être libertin, que d'avoir de bons yeux.“ (Libertin sein heißt gute Augen zu haben.)

Pierre Gassendi, einer der wichtigstens Libertins des Barock, widerlegte mit seinem skeptisch-materialistisch/ -atomistisch geprägten Werk Teile der idealistischen Erkenntnistheorie Descartes', unter anderem seinen Gottesbeweis. Gassendis Lehre kann als Reaktion gesehen werden auf Restauration und den Eifer der Religionskriege, die beide auf einer Auseinandersetzung zwischen dogmatisch verhärteten Fronten basieren. Die Freiheit des Denkens eines jeden Individuums wird stärker fokussiert.

Literatur

  • Textausgaben
    • François Garasse: La doctrine curieuse des beaux esprits de ce temps (ou pretendus tels). Gregg, Westmead 1971, ISBN 0-576-12103-7 (2 Bde., Repr. d. Ausg. Paris 1623).
    • Jacques Prévot: Libertins du XVIIe siècle ("Bibliothèque de la Pléiade"; 450). Gallimard, Paris 2007, ISBN 2-07-011360-4 (2 Bde.).
    • Patrick Wald Lasowski: Romanciers libertins du XVIIIe siècle ("Bibliothèque de la Pléiade"; 472). Gallimard, Paris 2002-2005
  1. 2002, ISBN 2-07-011329-9
  2. 2005, ISBN 2-07-011570-4
  • Sekundärliteratur
    • Monographien
      • Martin Mulsow: Die unanständige Gelehrtenrepublik. Wissen, Libertinage und Kommunikation in der frühen Neuzeit. Metzler Verlag, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-476-02182-3.
      • Peter Prange: Das Paradies im Boudoir. Glanz und Elend der erotischen Libertinage im Zeitalter der Aufklärung. Hitzeroth, Marburg 1990, ISBN 3-89398-032-6 (zugl. Dissertation, Universität Tübingen).
      • Jean Goldzink: A la recherchedu libertinage. L'Harmattan, PAris 2005, ISBN 2-7475-9059-3.
    • Zeitschriften
      • Antony MacKenna (Hrsg.): Libertinage et philosophie au XVIIe siècle. Journée d'étude.

Siehe auch

Fußnoten

  1. a b Der Brockhaus in einem Band. ISBN 978-3765316838.
  2. Octavio Paz, Die doppelte Flamme, Liebe und Erotik, ISBN 3518222007, Seite 31
  3. Octavio Paz, Die doppelte Flamme, Liebe und Erotik, ISBN 3518222007, Seite 31

Weblinks


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