Lisette Kornacher

Lisette Kornacher
Lisette Kornacher im Alter von etwa 40 Jahren
Grabmal von Christian Johann Klett und Elisabeth geb. Kornacher auf dem Alten Friedhof in Heilbronn

Elisabetha Gottliebin „Lisette“ Kornacher (* 4. November 1773; † 13. Mai 1858) galt in der Heilbronner Stadtgeschichtsforschung lange Zeit als Vorlage für die Figur des Käthchen von Heilbronn aus Heinrich von Kleists gleichnamigen Schauspiel.

Lisette Kornacher war die dritte von fünf Töchtern des Heilbronner Bürgermeisters Georg Christoph Kornacher und Katharina Uhl sowie Enkelin des damaligen Heilbronner Rosenwirts Johann G. Uhl, der selbst von einer Madame Tschiffeli mittels Tierischem Magnetismus erfolgreich behandelt worden war und seine an Entzündungen der Arm- und Beingelenke erkrankte Enkelin 1787 dem Heilbronner Arzt Eberhard Gmelin anvertraute, der ebenfalls tierischen Magnetismus propagierte. Gmelin scheint bei der Behandlung ihrer Beschwerden, die 1970 von Dr. Hermann Imhof als „Pubertätsneurose mit spastischen Bronchialbeschwerden und einer hypochondrischen Angst, schon im Jugendalter sterben zu müssen“ beurteilt wurden, erfolgreich gewesen zu sein. In einer Schrift mit dem Titel Materialien für die Anthropologie von 1793 veröffentlichte Gmelin die gutartig verlaufende Krankengeschichte. Lisette Kornacher heiratete am 1. Mai 1796 Gmelins Neffen,[1] den damaligen gräflich Erbacher Leibarzt und späteren Heilbronner Oberamtsarzt Christian Johann Klett (1770–1823). Der Ehe entsprangen neun Kinder, darunter der spätere Heilbronner Stadtschultheiß August Klett (1799–1869). Sie verstarb 1858 und ist auf dem Alten Friedhof in Heilbronn neben ihren Schwestern Margaretha und Wilhelmine (Frau von Georg Friedrich Scharffenstein) begraben.

Kleist selbst bezeugte den fiktiven Inhalt seines ab 1807 entstandenen und 1810 uraufgeführten Stückes Das Käthchen von Heilbronn. Dennoch setzte eine Suche nach einem „Ur-Käthchen“ ein, das Karl Eduard von Bülow in seiner Kleist-Biographie von 1848 in der Dresdnerin Julie Kunze zu sehen glaubte. Der Heilbronner Rektor und Chronist Friedrich Dürr stieß 1897 auf Lisette Kornacher, deren Krankengeschichte Kleist 1807 beim Studium in Dresden zu Ohren gekommen sein könnte. Die Holunderstrauchszene des Kleist-Stücks gab Anlass zu Vergleichen mit einer unter Hypnose verlaufenden „heilmagnetischen Befragung“. Zwar wurde diese Zuschreibung bereits 1938 von Otto Kienzle widerlegt, der dies mit dem knappen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Vortrag der Kornacher-Krankengeschichte in Dresden und der wenig später erfolgten Drucklegung des Schauspiels begründete, doch fand Lisette Kornacher weiterhin Eingang in verschiedene Publikationen und gilt als „liebgewordene historische Legende“.[1]

Literatur und Einzelnachweise

  • Uwe Jacobi: Käthchen von Heilbronn. Legende und Wirklichkeit. In: Heilbronn. Sie machten Geschichte. Zwölf Porträts aus dem Leben und Wirken berühmter Heilbronner. Druckerei und Verlagsanstalt Heilbronn, Heilbronn 1977 (Reihe über Heilbronn, 7). S. 35–42
  1. a b Helmut Schmolz, Hubert Weckbach: Heilbronn. Geschichte und Leben einer Stadt. 2. Auflage. Konrad, Weißenhorn 1973, ISBN 3-87437-062-3. S. 89

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