Anti-Folter-Konvention

Anti-Folter-Konvention
Übereinkommen der Vereinten Nationen
gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Strafe
Kurztitel: UN-Antifolterkonvention
Titel (engl.): United Nations Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment
Datum: 10. Dez. 1984
Inkrafttreten: 26. Juni 1987
Fundstelle: Chapter IV Treaty 9 UNTS
Fundstelle (deutsch): BGBl. 1990 II S. 246
Vertragstyp: Multinational
Rechtsmaterie: Menschenrechte
Unterzeichnung: 76
Ratifikation: 146 (Aktueller Stand: 20. März 2009)
Deutschland: Ratifikation 1. Okt. 1990
Liechtenstein: Ratifikation 2. Nov. 1990
Österreich: Ratifikation 29. Juli 1987
Schweiz: Ratifikation 2. Dez. 1986
Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Vertragsfassung.
Weltkarte mit den Staaten bezüglich der Antifolterkonvention: Dunkelgrün: Unterzeichnet und ratifiziert; Hellgrün: Unterzeichnet, jedoch nicht ratifiziert; Grau: Nicht unterzeichnet und nicht ratifiziert

Die UN-Antifolterkonvention (engl. United Nations Convention against Torture and Other Cruel, Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, französisch Convention contre la torture et autres peines ou traitements cruels, inhumains ou dégradants) ist das von den Vereinten Nationen beschlossene Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10. Dezember 1984.

Es gibt auch eine Europäische Antifolterkonvention vom 26. November 1987.

Inhaltsverzeichnis

Gültigkeit

Die UN-Antifolterkonvention trat am 26. Juni 1987 nach der Ratifizierung durch 20 Mitgliedsstaaten in Kraft. Zurzeit haben 145 Staaten die Konvention ratifiziert. Die Einhaltung des Vertragswerks wird vom UN-Ausschuss gegen Folter überwacht.

Die Konvention ist völkerrechtlich verbindlich. Sie ergänzt die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte von 1948 und die Genfer Konventionen von 1949 und deren Zusatzprotokoll von 1977, indem sie "Folter" genau definiert und Maßnahmen zu ihrer Verhinderung, Verfolgung und Bestrafung regelt.

Am 18. Dezember 2002 hat die UN-Generalversammlung ein Protokoll zur UN-Antifolterkonvention angenommen. Das Optional Protocol to the Convention Against Torture (OPCAT) enthält einen präventiven Ansatz zum Schutz vor Folter und steht seit Anfang 2003 zur Ratifizierung bereit. Mit der 20. Ratifizierung ist das Fakultativprotokoll am 23. Mai 2006 in Kraft getreten. Es sieht die Einrichtung eines internationalen Gremiums vor, das dem UN-Ausschuss gegen Folter untersteht und Untersuchungen in Gefängnissen oder anderen Orten, an denen Gefangene festgehalten werden, durchführen kann. Besuche müssen allerdings angemeldet werden, so dass betroffene Regierungen auf Vorwürfe reagieren und sich vorbereiten können. Die Europäische Antifolterkonvention enthält dieses präventive Element bereits in ihrer Erstfassung.

Artikelauszüge

Laut Artikel 1 bezeichnet Folter „jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, zum Beispiel um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein Geständnis zu erlangen, um sie für eine tatsächlich oder mutmaßlich von ihr oder einem Dritten begangene Tat zu bestrafen oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. Der Ausdruck umfasst nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind.“

Artikel 2 bis 4 legen fest, dass jeder Vertragsstaat dafür sorgt, Folter in seinem Hoheitsgebiet zu verhindern und unter Strafe zu stellen. Er darf eine Person aber „nicht in einen anderen Staat ausweisen, abschieben oder an diesen ausliefern, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass sie dort Gefahr liefe, gefoltert zu werden. Außergewöhnliche Umstände wie Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden. Eine von einem Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt erteilte Weisung darf nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.“

Erhält der Anti-Folter-Ausschuss nach Artikel 20 „wohlbegründete Hinweise darauf [...], dass im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats systematisch Folterungen stattfinden, so fordert der Ausschuss diesen Vertragsstaat auf, bei der Prüfung der Informationen mitzuwirken und zu diesem Zweck Stellungnahmen zu den Informationen abzugeben.“ Wenn es der Ausschuss „für gerechtfertigt hält, kann er eines oder mehrere seiner Mitglieder beauftragen, eine vertrauliche Untersuchung durchzuführen und ihm sofort zu berichten.“

Artikel 16 verbietet jegliche sonstige grausame und unmenschliche Behandlung, die unterhalb der Schwelle zur in Artikel 1 definierten Folter liegt.

Nach Artikel 28 kann jeder Staat „bei der Unterzeichnung oder der Ratifikation dieses Übereinkommens oder dem Beitritt zu diesem erklären, dass er die in Artikel 20 vorgesehene Zuständigkeit des Ausschusses nicht anerkennt.“

Überwachung der Vertragsbedingungen

Die Einhaltung der Bestimmungen der Konvention überwacht das zuständige UN-Vertragsorgan, der UN-Ausschuss gegen Folter (Committee against Torture, CAT), der periodisch die Berichte der Unterzeichnerstaaten entgegennimmt und auswertet. Am 22. Juni 2006 ist ein Fakultativprotokoll (OPCAT) zur Anti-Folter-Konvention in Kraft getreten, welches u. a. einen Inspektionsmechanismus ins Leben ruft.

Kritik

Kritiker bemängeln im Folterbegriff lückenhafte Formulierungen, denn es erfolgen fragwürdige Ausnahmen:

  1. Als Folter gelte nur, „wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden.“ Folter könne in diesem Sinne nur von einem funktionierenden Staat ausgehen, der aber in Bürgerkriegen oft faktisch nicht mehr existiert. Folter, die während der Aufhebung der zivilen Ordnung stattfindet, fiele so nicht unter die UN-Konvention.
  2. Die Einschränkung, der Ausdruck umfasse nicht Schmerzen oder Leiden, die sich lediglich aus gesetzlich zulässigen Sanktionen ergeben, dazu gehören oder damit verbunden sind, schütze außerdem diejenigen Staaten, deren Gesetze z.B. das Auspeitschen oder die Steinigung als Bestrafung oder EKT als „Therapie“ vorsehen.
  3. Die Konvention lasse Staaten, in denen Folterregime an der Macht sind, die Möglichkeit offen, ihre Mitwirkung an diesen Verfahren sogar noch nach Unterzeichnung aufzukündigen.

Befürworter betonen eine Verbesserung des internationalen Menschenrechtsschutzes. Sie verweisen auf die Strafbarkeit des Folterns unter allen Umständen, sowie die Pflicht, überführte Täter auszuliefern. Abschreckend wirke auch die Möglichkeit unabhängiger Vor-Ort-Untersuchungen. Zudem seien die Staaten verpflichtet, nicht nur eigene Bürger strafrechtlich zu verfolgen, sondern im Zweifelsfall auch Bürger fremder Staaten, selbst wenn keine eigenen Staatsbürger die Opfer sind. Nach diesem Prinzip wurde z.B. in Deutschland der bosnische Staatsbürger Duško Tadić festgenommen, der anschließend an den Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien in Den Haag ausgeliefert wurde.

Siehe auch

Weblinks


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