Antoine-Laurent de Lavoisier

Antoine-Laurent de Lavoisier
Antoine Lavoisier

Antoine Laurent de Lavoisier (* 26. August 1743 in Paris; † 8. Mai 1794 ebenda) war ein französischer Chemiker und gilt als einer der Väter der modernen Chemie.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Lavoisier und seine Frau Marie, Jacques-Louis David (1788)

Studium und erste Experimente

Bereits in jungen Jahren interessierte sich Lavoisier für die Naturwissenschaften. Er besuchte ab 1754 die Eliteschule Collège Mazarin, wo er auf Wunsch seines Vaters zuerst Rechtswissenschaft studierte. Durch Lacaille wurden seine naturwissenschaftliche Begabung entdeckt und gefördert. Er studierte daraufhin Naturwissenschaften, richtete sich ein kleines Forschungslabor ein und begann mit ersten Experimenten. Im Alter von 22 Jahren veröffentlichte er seine erste Arbeit, eine Abhandlung über den Gips. 1766 erhielt er eine goldene Medaille für die Verbesserung der Pariser Stadtbeleuchtung und wurde bereits mit 25 Jahren in den edlen Kreis der Wissenschaftler der Französischen Akademie aufgenommen.

1771 heiratete er die erst 13-jährige Marie-Anne Pierette Paulze (spätere Marie Lavoisier) aus reichem Hause, was es ihm ermöglichte, nun ein großes Labor einzurichten, in dem seine Frau auch gerne experimentierte, das Laborbuch führte und wissenschaftliche Werke übersetzte. Eines seiner größten Verdienste war, bei seinen Experimenten alles genau zu notieren, zu messen und zu wiegen. Er ließ Apparate und Instrumente konstruieren, mit denen vor allem Gase genauer als bisher gemessen und gewogen werden konnten. Später war er in der Lage, größere Gasmassen zu speichern und Gasgewichte bis auf eine Genauigkeit von 50 Milligramm zu wiegen.

Das Prinzip der Oxidation

Im Jahre 1774 lernte Lavoisier den englischen Chemiker Joseph Priestley kennen, der beim Erhitzen von Quecksilberoxid oder Kaliumnitrat festgestellt hatte, dass Gase entweichen, die er „Feuerluft“ nannte. So angeregt fand Lavoisier durch eigene Experimente heraus, dass es sich bei den Gasen um einen Stoff handelt, der Bestandteil von Luft und Wasser ist. Er nannte diesen Stoff Oxygenium (Sauerstoff) und entwickelte die Theorie der Oxidation.

Bisher war man der Auffassung gewesen, dass beim Erhitzen von Substanzen das Element Phlogiston entweicht und als Gas an die Luft abgegeben wird. Weiterhin war man davon überzeugt, dass Wärme eine substanzielle Materie sei. Lavoisier stellte nun mit Hilfe seiner vielen Apparaturen fest, dass bei der Verbrennung von Metallkalken (Metallcarbonaten, z. B. Bleicarbonat oder Marmor) tatsächlich Gase freigesetzt wurden. Addierte er das Gewicht der Asche und der Gase, so stimmte das Gewicht der „Produkte“ mit dem Gewicht der Ausgangskomponenten, der „Edukte“, überein, auch beim Brennen von Calciumcarbonat, wobei er das gasförmige Kohlendioxid identifizierte. Mit großer Systematik erhitzte er nun auch andere Stoffe, beispielsweise Phosphor und Schwefel, und entdeckte dabei eine Gewichtszunahme. Er ließ durch seine Frau notieren:

Vor ungefähr acht Tagen habe ich entdeckt, dass Schwefel bei der Verbrennung keineswegs Gewicht verliert, sondern im Gegenteil Gewicht gewinnt. Das gleiche tritt beim Phosphor auf: Die Gewichtszunahme stammt aus einer beträchtlichen Menge Luft, die während der Verbrennung fixiert wird und die sich mit den Dämpfen verbindet. Diese Entdeckung hat mich zu der Annahme geführt, dass das, was man bei der Verbrennung von Schwefel und Phosphor beobachtet, auch bei allen anderen Körpern auftreten könnte, deren Gewicht bei der Verbrennung zunimmt.

Gesetz der Massenerhaltung

Am 1. November 1772 hinterlegte Lavoisier bei der Akademie der Wissenschaften eine versiegelte Note, in der er seine Beobachtung dokumentierte, dass Schwefel und Phosphor bei Verbrennung an Gewicht zunehmen. Er machte dafür die Luft verantwortlich und meinte, dass die Beobachtung auch auf alle anderen Körper zutreffe. Er revolutionierte damit die Wissenschaftsmeinung.[1] Seine Forschung widerlegte die bis dahin gültige Phlogistontheorie. 1789 stellte er das Prinzip der Massenerhaltung fest:

Nichts wird bei den Operationen künstlicher oder natürlicher Art geschaffen, und es kann als Axiom angesehen werden, dass bei jeder Operation eine gleiche Quantität Materie vor und nach der Operation existiert.

Lavoisier wurde somit der Begründer der Stöchiometrie, der „chemischen Mathematik“.

Die Entdeckung des Wasserstoffs

Aus England hörte Lavoisier im Jahre 1783, dass Henry Cavendish Wasser in zwei Gase zerlegt hatte. Er stellte die Versuche nach, gewann aus den beiden Gasen wiederum Wasser und stellte daraufhin die These auf:

Die Verbrennung der beiden Luftarten und ihre Umwandlung zu Wasser, Gewichtsteil für Gewichtsteil, erlaubt kaum noch Zweifel daran, dass diese Substanz, die bislang als Element betrachtet wurde, ein zusammengesetzter Stoff ist.

Damit brachte Lavoisier die noch auf Aristoteles beruhenden alten Denkgebäude, die noch Luft und Wasser als unzerstörbare Elemente hielten, zum Einsturz. Er untermauerte seine Erkenntnis mit einem weiteren Experiment: Er erhitzte Eisenspäne bis zur Rotglut und leitete Wasserdampf darüber und stellte fest, dass sich das Eisen zu Eisenoxid verwandelt und dabei an Gewicht zugenommen hatte. Er stellte weiterhin fest, dass sich zwar ein Teil des Wasserdampfes wieder zu Wasser kondensiert hatte, ein anderer Teil sich jedoch zu „brennbarer Luft“ zersetzt hatte. Lavoisier erkannte, dass er reinen Wasserstoff in seinem Gasbehälter gewonnen hatte. Er nannte das Gas „Knallgas“.

Aktivitäten während der Revolution

Lavoisier wurde nun bewundert und 1784 zum Leiter der Akademie der Wissenschaften Frankreichs berufen. Nach der Französischen Revolution, 1789, beteiligte sich der liberale Lavoisier an Reformen; er förderte die einheitliche Einführung von Maßen (metrisches System) und Gewichten, wurde Abgeordneter der Stände und Organisator der „Pariser Mauer“, deren Zweck es war, eine Einfuhrsteuer auf Waren nach Paris zu erheben. Weiterhin wurde er Leiter der staatlichen Pulververwaltung und konnte die Produktion von Schießpulver erheblich steigern. Als Mitglied der „Steuerpächter“ der „Pariser Mauer“ wurde er im November 1793 gemeinsam mit 28 Kollegen inhaftiert, als Erpresser und „Steuereintreiber“ angeklagt und am 8. Mai 1794 auf der Guillotine hingerichtet. Sein Freund, der Mathematiker Joseph-Louis Lagrange resümierte verbittert:

Es dauert nur Sekunden, um einen Kopf abzuhacken, aber hunderte Jahre dürften keinen ähnlichen hervorbringen können wie diesen Lavoisier.

Dem Richter Jean-Baptiste Coffinhal wird oft das Zitat zugewiesen: „Die Republik braucht weder Wissenschaftler noch Chemiker. Der Lauf der Justiz darf nicht sistiert werden.“. Dies sieht man heute als apokryph an. [2]

Würdigung

Lavoisier erkannte als Erster, dass Wasser eine chemische Verbindung von Sauerstoff und Wasserstoff ist. Mit der Entdeckung des Sauerstoffs als Unterhalter von Verbrennungsvorgängen prägte er den Begriff Oxidation: die Vereinigung von Elementen und chemischen Verbindungen mit dem Element Sauerstoff (Oxygenium) zu Oxiden und leitete aus dieser Erkenntnis (durch genaues Wiegen und Messen) das Gesetz der Erhaltung der Massen ab. Darüber hinaus beschäftigte sich Lavoisier mit der alkoholischen Gärung und dem Phänomen des Pflanzenwachstums, wobei er erste Gesetzmäßigkeiten der pflanzlichen und tierischen Atmung (Kohlenstoffdioxid-Kreislauf) erkannte. Er stellte eine neue Namensliste der Elemente auf und reformierte deren lateinische Namensgebung.

In den 1940er Jahren sah der amerikanische Chemiker und Wissenschaftshistoriker Henry Guerlac in Paris ein unveröffentlichtes Manuskript von Lavoisier durch, das er unter dem Titel Lavoisier: The Crucial Year veröffentlichte. Für dieses Werk erhielt Guerlac 1958 den Pfizer Award von der von George Sarton und Lawrence Joseph Henderson gegründeten History of Science Society (HSS).

Anekdotisches

Folgendes ist eine unbestätigte Legende: Als Lavoisier zum Tode durch die Guillotine verurteilt wurde, entschied er sich, sein Leben mit einem Experiment zu beenden: Nachdem ihm der Kopf abgeschlagen wurde, wollte er versuchen so oft wie möglich mit den Augen zu blinzeln, bevor er das Bewusstsein verliert, um anderen zu zeigen, wie lange ein Mensch nach einer Enthauptung noch lebe. Lavoisier blinzelte elf Mal. (Quelle: Motion Mountain - Christoph Schiller, kostenloses Physikbuch)

Veröffentlichungen

  • Opuscules physiques et chimiques (1774)
  • Traité élémentaire de chimie (1789)

Literatur

  • Buck, Peter: Lavoisier, Untersuchungen über das Wasser. Bad Salzdetfurth 1983
  • Gmelin: Handbuch der anorganischen Chemie. Weinheim 1965
  • Ladenburg, Albert: Vorträge über die Entwicklungsgeschichte der Chemie, von Lavoisier bis zur Gegenwart. Darmstadt 1974
  • Lehmkuhl, Josef: Ha-Zwei-O und seine phantastische Reise mit Dichtern und Denkern in die Welt der Chemie. Würzburg 2006

Einzelnachweise

  1. http://www.uni-bielefeld.de/philosophie/personen/carrier/Lavoisier%20und%20die%20Chemische%20Revolution.pdf
  2. Jean-Pierre Poirier: Lavoisier: Chemist, Biologist, Economist, University of Pennsylvania Press 1996, ISBN 0-812-21649-0, S. 379.

Weblinks


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